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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Karl Albrecht von Baiern, der spätere Kaiser Karl VII. Freilich dem Herzog
wagte er mit dergleichen Behauptungen nicht unter die Angen zu kommen: ihm
gegenüber tritt er ein gutes Teil bescheidener, wenn auch immer noch mit einen:
starken Anfluge von Großmäuligkeit auf. In seinem ersten an "Serenissimus"
gerichteten Schreiben (pr. den 21. September 1756) stellt er sich mit folgenden
Worten vor: "Durchlauchtigster Herzog, es wirft sich Ew. Durchlaucht mit
tiefster Unterthünigkeit zu Füßen Carl Johann Anton von Cichin, welchen die
günstige Natur dein Geschlechte nach uuter die Venetianischen I'!tu'loin)Z, der
Geburt nach aber unter die Chnrbayerischen Edelleute gesetzet hat. Ich hatte
die hohe Gnade, von dem durchlauchtigsten Churfürsten aus Bayern, nachmals
Römischem Kayser Carl Albrecht dem Siebenten, aus dem Neinignngsbad der
heiligen Taufe gehoben zu werden, an dessen Hofe ich auch mit denen durch¬
lauchtigsten Prinzen und Prineessinnen cinferzogen worden und endlichen bey
der Princessin Maria Antonia, dermahligen Churprineessin in Sachsen, nach¬
mals aber bey Sr. Durchlaucht dem Churfürsten selbsten die Stelle eines
Cammer-Pagen zu vertretten das Glück hatte, allein gewisse fatale Umstände,
die mich meines Vatters Willen widerstehen machten, und die vielen
Schmcichelungen der Mönche brachten es so weit, daß ich mich "nun 174t)
zur Verwunderung des ganzen Bayerischen Hofes in dein 17. Jahre meines
Alters resolvirte den Hof und die mir von dem Durchlauchtigstem Churfürsten
in der Taufe eingebundene Fähndrichsstelle zu verlassen, und den strengt
Orden deren ^"moisesrner-Mönche anzunehmen. Und war ich in selbem mich
Art der Mönche nicht minder glücklich, indem verschiedene Ehrenstellen, als
eines Priesters, Beichtvatters, I^övtoris oder l'roiesLoris MIo8"x1nil.s und
öffentlichen Predigers begleitete, ja wenn ich nicht dem Triebe meines Gewissens
gefolgt hätte, anjetzo ohne Zweifel würklicher (IN-irclmn wäre. Allein jener
Große Gott, welcher mich eben darum vom Hofe in das Closter berufen, bannt
Er mich von da aus zum Erkenntniß seines heiligen Wortes bringen könnte,
verordnete, daß ich als I^oetor vlliloMnbmu in Regensburg durch Gelegenheit
einer vitiMtMoa mit dem berühmten I>rokeWorv ?atro (Z-regM'lo RoiMsoM
nicht nur bekannt, sondern nach der Zeit auch so vertrauet wurde, daß er
selber endlich seinen würklich gefaßten Vorsatz,, zur KvanMlischen Kirche über¬
zutreten, offenbahrete, und durch beygebrachte Bücher und eigene Unterweisung
den ersten Grundstein zu meiner Bekehrung in meinem Herzen legte. Ich en^
Sprunge aus dem Closter -urno 1750 den 23 April und hatte 1000 Gefahre"
auszustehen, ehe ich vou Neukirchen bis Negeuspurg und im Mönchs-H^^
gekommen bin, doch schickte mir der Gütigste Gott mildreiche Vatterhilfe dure)
den Chursächsischen Gesandten Herrn von ?onilig.ii welcher mich aus de'"
Kloster übernommen und nach Wittenberg und Leipzig a,ä 8tu"Zig. überschick^
hatte. Da ich aber von meinem Vatter (welcher sich in Dresden ein
Zuk-um all die Universität nie x^demi" dr^ollii" öxtrg,elLn<Il ansgewürcket hatte)


Karl Albrecht von Baiern, der spätere Kaiser Karl VII. Freilich dem Herzog
wagte er mit dergleichen Behauptungen nicht unter die Angen zu kommen: ihm
gegenüber tritt er ein gutes Teil bescheidener, wenn auch immer noch mit einen:
starken Anfluge von Großmäuligkeit auf. In seinem ersten an „Serenissimus"
gerichteten Schreiben (pr. den 21. September 1756) stellt er sich mit folgenden
Worten vor: „Durchlauchtigster Herzog, es wirft sich Ew. Durchlaucht mit
tiefster Unterthünigkeit zu Füßen Carl Johann Anton von Cichin, welchen die
günstige Natur dein Geschlechte nach uuter die Venetianischen I'!tu'loin)Z, der
Geburt nach aber unter die Chnrbayerischen Edelleute gesetzet hat. Ich hatte
die hohe Gnade, von dem durchlauchtigsten Churfürsten aus Bayern, nachmals
Römischem Kayser Carl Albrecht dem Siebenten, aus dem Neinignngsbad der
heiligen Taufe gehoben zu werden, an dessen Hofe ich auch mit denen durch¬
lauchtigsten Prinzen und Prineessinnen cinferzogen worden und endlichen bey
der Princessin Maria Antonia, dermahligen Churprineessin in Sachsen, nach¬
mals aber bey Sr. Durchlaucht dem Churfürsten selbsten die Stelle eines
Cammer-Pagen zu vertretten das Glück hatte, allein gewisse fatale Umstände,
die mich meines Vatters Willen widerstehen machten, und die vielen
Schmcichelungen der Mönche brachten es so weit, daß ich mich »nun 174t)
zur Verwunderung des ganzen Bayerischen Hofes in dein 17. Jahre meines
Alters resolvirte den Hof und die mir von dem Durchlauchtigstem Churfürsten
in der Taufe eingebundene Fähndrichsstelle zu verlassen, und den strengt
Orden deren ^"moisesrner-Mönche anzunehmen. Und war ich in selbem mich
Art der Mönche nicht minder glücklich, indem verschiedene Ehrenstellen, als
eines Priesters, Beichtvatters, I^övtoris oder l'roiesLoris MIo8«x1nil.s und
öffentlichen Predigers begleitete, ja wenn ich nicht dem Triebe meines Gewissens
gefolgt hätte, anjetzo ohne Zweifel würklicher (IN-irclmn wäre. Allein jener
Große Gott, welcher mich eben darum vom Hofe in das Closter berufen, bannt
Er mich von da aus zum Erkenntniß seines heiligen Wortes bringen könnte,
verordnete, daß ich als I^oetor vlliloMnbmu in Regensburg durch Gelegenheit
einer vitiMtMoa mit dem berühmten I>rokeWorv ?atro (Z-regM'lo RoiMsoM
nicht nur bekannt, sondern nach der Zeit auch so vertrauet wurde, daß er
selber endlich seinen würklich gefaßten Vorsatz,, zur KvanMlischen Kirche über¬
zutreten, offenbahrete, und durch beygebrachte Bücher und eigene Unterweisung
den ersten Grundstein zu meiner Bekehrung in meinem Herzen legte. Ich en^
Sprunge aus dem Closter -urno 1750 den 23 April und hatte 1000 Gefahre"
auszustehen, ehe ich vou Neukirchen bis Negeuspurg und im Mönchs-H^^
gekommen bin, doch schickte mir der Gütigste Gott mildreiche Vatterhilfe dure)
den Chursächsischen Gesandten Herrn von ?onilig.ii welcher mich aus de'"
Kloster übernommen und nach Wittenberg und Leipzig a,ä 8tu«Zig. überschick^
hatte. Da ich aber von meinem Vatter (welcher sich in Dresden ein
Zuk-um all die Universität nie x^demi» dr^ollii» öxtrg,elLn<Il ansgewürcket hatte)


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/162>, abgerufen am 22.07.2024.