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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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veranlaßt, der Schule den Rücken zu kehren, "in schneller zum Ziele zu
kommen? O ja, einige thun das, aber doch uur sehr wenige. Die meisten
versuchen sich lieber in der Schule diese Berechtigung zu erwerben. Das
Bersetztwerden von Unter- "ach Oberseklinda erscheint ihnen immer noch in
rvsigerm Lichte und als eine gewissere Sache, als eine Prüf""g vor der Kom¬
mission, die sich aus Lehrern zusammensetzt, die ihnen sast immer unbekannt
sind. Daher wird verhältnismäßig wenig Gebrauch davon gemacht. Es dürfen
aber auch die Anfvrder"ngen etwas geringer sein, als auf den höher" Schulen,
weil ab und zu unter den sich meldenden Leute sind, denen die Ungunst des
Schicksals es nicht gestattet hat, die Schule regelrecht zu besuchen und die
dann durch eignen Fleiß sich so gut als möglich die verlangte Bildung anzu¬
eignen gesucht haben. Außerdem ist nicht zu verkennen, daß eine Prüfung bei
unbekannten Lehrern für ,den Prüfung viel schwerer ist. Mit Rücksicht darauf
erscheint es also berechtigt, die Ansprüche etwas niedriger zu stellen. Es ver¬
langt dies aber anch noch ein andrer Umstand. Bei der Kommission melden
sich auch die Söhne vou Deutschen, die im Auslande leben, aber deutsche
Unterthanen geblieben sind. Wenn man bei solchen, die oft einen ganz unregel¬
mäßigen Bildungsgang durchgemacht haben, die größte Nachsicht übt, wenn
man ihnen trotz eines mangelhaften deutschen Aufsatzes und trotz mancher
andern Maugel, die in den einzelnen Fächern hervortreten, die wissenschaftliche
Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienste doch zuerkennt, wenn der zu
Prüfende sonst eiuen günstigen Eindruck macht, so wird kein billig denkender
etwas dagegen haben.

Leider bilden aber den Hauptbestandteil der Prüflinge (wohl drei Viertel)
Leute, die diese Rücksicht nicht verdienen. Es find ehemalige Schiller höherer
"statten, deren Eltern mit Glücksgüter" reichlich gesegnet sind, die sich aber
Unter die Schutzrede nicht fügen wollten und deshalb der Schule den Rücken
kehrten oder kehren mußten. Der Verfasser dieser Zeilen, der kurz nach ein-
""der an mehreren Anstalten desselben Regierungsbezirkes als Lehrer wirkte,
kannte mehrere Jahre hindurch den größten Teil der Prüflinge aus seiner
it'übern Thätigkeit. Manche hatten dann noch eine andre Anstalt, aber auch
ohne Erfolg, besucht, und schließlich versuchten sie, da sie auch so nicht zum
<^iele gekommen waren, ihr Heil bei der Kommission. Gegen solche Ele¬
mente müßte aufs schärfste vorgegangen werden. Gerade für diese, die sich
leder Zucht und Ordnung widersetzen, dürfte gerade eine dreijährige Dienst¬
zeit eine sehr heilsame und gute Lehrzeit sein. Soll doch das Vorrecht, ein¬
ährig zu dienen, nur solchen zuerkannt werden, die sich sittlich einer solchen
^vorzngung würdig gezeigt haben. In dieser Beziehung wird aber mancherlei
Erhebe". Folgendes mag zum Beweise diene". Es meldete sich z. B. el"
^einnliger Nnterseknndaner, der sich durch seinen Abgang einer schweren Diszi¬
plinarstrafe entzöge" hatte. Im Besitze seines Abgangszengnisses, hatte sich


veranlaßt, der Schule den Rücken zu kehren, »in schneller zum Ziele zu
kommen? O ja, einige thun das, aber doch uur sehr wenige. Die meisten
versuchen sich lieber in der Schule diese Berechtigung zu erwerben. Das
Bersetztwerden von Unter- »ach Oberseklinda erscheint ihnen immer noch in
rvsigerm Lichte und als eine gewissere Sache, als eine Prüf»»g vor der Kom¬
mission, die sich aus Lehrern zusammensetzt, die ihnen sast immer unbekannt
sind. Daher wird verhältnismäßig wenig Gebrauch davon gemacht. Es dürfen
aber auch die Anfvrder»ngen etwas geringer sein, als auf den höher» Schulen,
weil ab und zu unter den sich meldenden Leute sind, denen die Ungunst des
Schicksals es nicht gestattet hat, die Schule regelrecht zu besuchen und die
dann durch eignen Fleiß sich so gut als möglich die verlangte Bildung anzu¬
eignen gesucht haben. Außerdem ist nicht zu verkennen, daß eine Prüfung bei
unbekannten Lehrern für ,den Prüfung viel schwerer ist. Mit Rücksicht darauf
erscheint es also berechtigt, die Ansprüche etwas niedriger zu stellen. Es ver¬
langt dies aber anch noch ein andrer Umstand. Bei der Kommission melden
sich auch die Söhne vou Deutschen, die im Auslande leben, aber deutsche
Unterthanen geblieben sind. Wenn man bei solchen, die oft einen ganz unregel¬
mäßigen Bildungsgang durchgemacht haben, die größte Nachsicht übt, wenn
man ihnen trotz eines mangelhaften deutschen Aufsatzes und trotz mancher
andern Maugel, die in den einzelnen Fächern hervortreten, die wissenschaftliche
Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienste doch zuerkennt, wenn der zu
Prüfende sonst eiuen günstigen Eindruck macht, so wird kein billig denkender
etwas dagegen haben.

Leider bilden aber den Hauptbestandteil der Prüflinge (wohl drei Viertel)
Leute, die diese Rücksicht nicht verdienen. Es find ehemalige Schiller höherer
»statten, deren Eltern mit Glücksgüter» reichlich gesegnet sind, die sich aber
Unter die Schutzrede nicht fügen wollten und deshalb der Schule den Rücken
kehrten oder kehren mußten. Der Verfasser dieser Zeilen, der kurz nach ein-
"»der an mehreren Anstalten desselben Regierungsbezirkes als Lehrer wirkte,
kannte mehrere Jahre hindurch den größten Teil der Prüflinge aus seiner
it'übern Thätigkeit. Manche hatten dann noch eine andre Anstalt, aber auch
ohne Erfolg, besucht, und schließlich versuchten sie, da sie auch so nicht zum
<^iele gekommen waren, ihr Heil bei der Kommission. Gegen solche Ele¬
mente müßte aufs schärfste vorgegangen werden. Gerade für diese, die sich
leder Zucht und Ordnung widersetzen, dürfte gerade eine dreijährige Dienst¬
zeit eine sehr heilsame und gute Lehrzeit sein. Soll doch das Vorrecht, ein¬
ährig zu dienen, nur solchen zuerkannt werden, die sich sittlich einer solchen
^vorzngung würdig gezeigt haben. In dieser Beziehung wird aber mancherlei
Erhebe». Folgendes mag zum Beweise diene». Es meldete sich z. B. el»
^einnliger Nnterseknndaner, der sich durch seinen Abgang einer schweren Diszi¬
plinarstrafe entzöge» hatte. Im Besitze seines Abgangszengnisses, hatte sich


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[0143] veranlaßt, der Schule den Rücken zu kehren, »in schneller zum Ziele zu kommen? O ja, einige thun das, aber doch uur sehr wenige. Die meisten versuchen sich lieber in der Schule diese Berechtigung zu erwerben. Das Bersetztwerden von Unter- »ach Oberseklinda erscheint ihnen immer noch in rvsigerm Lichte und als eine gewissere Sache, als eine Prüf»»g vor der Kom¬ mission, die sich aus Lehrern zusammensetzt, die ihnen sast immer unbekannt sind. Daher wird verhältnismäßig wenig Gebrauch davon gemacht. Es dürfen aber auch die Anfvrder»ngen etwas geringer sein, als auf den höher» Schulen, weil ab und zu unter den sich meldenden Leute sind, denen die Ungunst des Schicksals es nicht gestattet hat, die Schule regelrecht zu besuchen und die dann durch eignen Fleiß sich so gut als möglich die verlangte Bildung anzu¬ eignen gesucht haben. Außerdem ist nicht zu verkennen, daß eine Prüfung bei unbekannten Lehrern für ,den Prüfung viel schwerer ist. Mit Rücksicht darauf erscheint es also berechtigt, die Ansprüche etwas niedriger zu stellen. Es ver¬ langt dies aber anch noch ein andrer Umstand. Bei der Kommission melden sich auch die Söhne vou Deutschen, die im Auslande leben, aber deutsche Unterthanen geblieben sind. Wenn man bei solchen, die oft einen ganz unregel¬ mäßigen Bildungsgang durchgemacht haben, die größte Nachsicht übt, wenn man ihnen trotz eines mangelhaften deutschen Aufsatzes und trotz mancher andern Maugel, die in den einzelnen Fächern hervortreten, die wissenschaftliche Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienste doch zuerkennt, wenn der zu Prüfende sonst eiuen günstigen Eindruck macht, so wird kein billig denkender etwas dagegen haben. Leider bilden aber den Hauptbestandteil der Prüflinge (wohl drei Viertel) Leute, die diese Rücksicht nicht verdienen. Es find ehemalige Schiller höherer »statten, deren Eltern mit Glücksgüter» reichlich gesegnet sind, die sich aber Unter die Schutzrede nicht fügen wollten und deshalb der Schule den Rücken kehrten oder kehren mußten. Der Verfasser dieser Zeilen, der kurz nach ein- "»der an mehreren Anstalten desselben Regierungsbezirkes als Lehrer wirkte, kannte mehrere Jahre hindurch den größten Teil der Prüflinge aus seiner it'übern Thätigkeit. Manche hatten dann noch eine andre Anstalt, aber auch ohne Erfolg, besucht, und schließlich versuchten sie, da sie auch so nicht zum <^iele gekommen waren, ihr Heil bei der Kommission. Gegen solche Ele¬ mente müßte aufs schärfste vorgegangen werden. Gerade für diese, die sich leder Zucht und Ordnung widersetzen, dürfte gerade eine dreijährige Dienst¬ zeit eine sehr heilsame und gute Lehrzeit sein. Soll doch das Vorrecht, ein¬ ährig zu dienen, nur solchen zuerkannt werden, die sich sittlich einer solchen ^vorzngung würdig gezeigt haben. In dieser Beziehung wird aber mancherlei Erhebe». Folgendes mag zum Beweise diene». Es meldete sich z. B. el» ^einnliger Nnterseknndaner, der sich durch seinen Abgang einer schweren Diszi¬ plinarstrafe entzöge» hatte. Im Besitze seines Abgangszengnisses, hatte sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/143>, abgerufen am 03.07.2024.