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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Die Prüfungskommissionen für Einjährig-Freiwillige

der Bursche überdies nach der Wohnung eines ehemaligen Lehrers begeben
und ihn unter Bedrohen mit einem Stocke darüber zur Rede gesetzt, warum
er ihm in seinein Fache eine so schlechte Zensur gegeben habe. Diese Sache
kam später vor das Schöffengericht, und der Betreffende wurde mit Gefängnis
bestraft. Wahrend der Zeit, wo er von der Schule weg war und wo die
Sache beim Schöffengerichte noch anhängig war, meldete er sich zur Prüfung
bei der Kommission und wurde zugelassen. Nur dem Umstände war es zu
danken, daß er schließlich doch noch zurückgewiesen wurde, daß seine deutsche
Arbeit fast ungenügend war. Um solche und ähnliche Vorkommnisse unmöglich
zu machen, müßte unbedingt in Zukunft ein gewisser Zusammenhang zwischen
der .Kommission und den höhern Lehranstalten geschaffen werden.

Noch ein Übelstand soll hervorgehoben werden, der der Abänderung be¬
dürftig erscheint. Die Prüfung bei der Kommission kann so lange wiederholt
werden, bis der Betreffende dienstpflichtig geworden ist, also das zwanzigste
Lebensjahr erreicht hat. Manche, und das ist gar nicht so selten, wiederholen
sie dreimal, ohne daß sie zum Ziele kommeu. Der Verfasser hat von einem
gehört, der die edle Dreistigkeit hatte, sie fünfmal zu wiederholen! Es dürfte
angebracht sein, die allgemein giltigen Bestimmungen für Prüfungen auch auf
die Prüfung vor der Kommission auszudehnen und in Zukunft nur ein drei¬
maliges Erscheinen vor der Kommission zu gestatten. Manche schlecht vor¬
bereiteten Elemente würden vielleicht auch dadurch von ihrem Exameneifer
etwas abgebracht werden, daß in Zukunft eine bestimmte Prüfungsgebühr er¬
hoben würde, wie es ja sonst bei jeder Prüfung im preußischen Staate üblich
ist. So würden auch die dem Staate alljährlich zweimal erwachsenden, nicht
gering anAnschlagenden Kosten zum Teil gedeckt werden, Kosten, die der Staat
auf sich nimmt für Leute, die es größtenteils nicht viere sind, daß sie mit
solcher Nachsicht behandelt werden.

Hoffentlich wird bei einer Neueiurichtung der Prüfungskommissionen für
Einjährig-Freiwillige, die ja in kurzem bevorzustehen scheint, von deu hier
dargelegten Ansichten die eine oder andre zur Ausführung kommen!




Die Prüfungskommissionen für Einjährig-Freiwillige

der Bursche überdies nach der Wohnung eines ehemaligen Lehrers begeben
und ihn unter Bedrohen mit einem Stocke darüber zur Rede gesetzt, warum
er ihm in seinein Fache eine so schlechte Zensur gegeben habe. Diese Sache
kam später vor das Schöffengericht, und der Betreffende wurde mit Gefängnis
bestraft. Wahrend der Zeit, wo er von der Schule weg war und wo die
Sache beim Schöffengerichte noch anhängig war, meldete er sich zur Prüfung
bei der Kommission und wurde zugelassen. Nur dem Umstände war es zu
danken, daß er schließlich doch noch zurückgewiesen wurde, daß seine deutsche
Arbeit fast ungenügend war. Um solche und ähnliche Vorkommnisse unmöglich
zu machen, müßte unbedingt in Zukunft ein gewisser Zusammenhang zwischen
der .Kommission und den höhern Lehranstalten geschaffen werden.

Noch ein Übelstand soll hervorgehoben werden, der der Abänderung be¬
dürftig erscheint. Die Prüfung bei der Kommission kann so lange wiederholt
werden, bis der Betreffende dienstpflichtig geworden ist, also das zwanzigste
Lebensjahr erreicht hat. Manche, und das ist gar nicht so selten, wiederholen
sie dreimal, ohne daß sie zum Ziele kommeu. Der Verfasser hat von einem
gehört, der die edle Dreistigkeit hatte, sie fünfmal zu wiederholen! Es dürfte
angebracht sein, die allgemein giltigen Bestimmungen für Prüfungen auch auf
die Prüfung vor der Kommission auszudehnen und in Zukunft nur ein drei¬
maliges Erscheinen vor der Kommission zu gestatten. Manche schlecht vor¬
bereiteten Elemente würden vielleicht auch dadurch von ihrem Exameneifer
etwas abgebracht werden, daß in Zukunft eine bestimmte Prüfungsgebühr er¬
hoben würde, wie es ja sonst bei jeder Prüfung im preußischen Staate üblich
ist. So würden auch die dem Staate alljährlich zweimal erwachsenden, nicht
gering anAnschlagenden Kosten zum Teil gedeckt werden, Kosten, die der Staat
auf sich nimmt für Leute, die es größtenteils nicht viere sind, daß sie mit
solcher Nachsicht behandelt werden.

Hoffentlich wird bei einer Neueiurichtung der Prüfungskommissionen für
Einjährig-Freiwillige, die ja in kurzem bevorzustehen scheint, von deu hier
dargelegten Ansichten die eine oder andre zur Ausführung kommen!




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[0144] Die Prüfungskommissionen für Einjährig-Freiwillige der Bursche überdies nach der Wohnung eines ehemaligen Lehrers begeben und ihn unter Bedrohen mit einem Stocke darüber zur Rede gesetzt, warum er ihm in seinein Fache eine so schlechte Zensur gegeben habe. Diese Sache kam später vor das Schöffengericht, und der Betreffende wurde mit Gefängnis bestraft. Wahrend der Zeit, wo er von der Schule weg war und wo die Sache beim Schöffengerichte noch anhängig war, meldete er sich zur Prüfung bei der Kommission und wurde zugelassen. Nur dem Umstände war es zu danken, daß er schließlich doch noch zurückgewiesen wurde, daß seine deutsche Arbeit fast ungenügend war. Um solche und ähnliche Vorkommnisse unmöglich zu machen, müßte unbedingt in Zukunft ein gewisser Zusammenhang zwischen der .Kommission und den höhern Lehranstalten geschaffen werden. Noch ein Übelstand soll hervorgehoben werden, der der Abänderung be¬ dürftig erscheint. Die Prüfung bei der Kommission kann so lange wiederholt werden, bis der Betreffende dienstpflichtig geworden ist, also das zwanzigste Lebensjahr erreicht hat. Manche, und das ist gar nicht so selten, wiederholen sie dreimal, ohne daß sie zum Ziele kommeu. Der Verfasser hat von einem gehört, der die edle Dreistigkeit hatte, sie fünfmal zu wiederholen! Es dürfte angebracht sein, die allgemein giltigen Bestimmungen für Prüfungen auch auf die Prüfung vor der Kommission auszudehnen und in Zukunft nur ein drei¬ maliges Erscheinen vor der Kommission zu gestatten. Manche schlecht vor¬ bereiteten Elemente würden vielleicht auch dadurch von ihrem Exameneifer etwas abgebracht werden, daß in Zukunft eine bestimmte Prüfungsgebühr er¬ hoben würde, wie es ja sonst bei jeder Prüfung im preußischen Staate üblich ist. So würden auch die dem Staate alljährlich zweimal erwachsenden, nicht gering anAnschlagenden Kosten zum Teil gedeckt werden, Kosten, die der Staat auf sich nimmt für Leute, die es größtenteils nicht viere sind, daß sie mit solcher Nachsicht behandelt werden. Hoffentlich wird bei einer Neueiurichtung der Prüfungskommissionen für Einjährig-Freiwillige, die ja in kurzem bevorzustehen scheint, von deu hier dargelegten Ansichten die eine oder andre zur Ausführung kommen!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/144>, abgerufen am 28.09.2024.