Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Lin Griginal aus den Befreiungskriegen

ordnet er an, daß alle Leiterwagen, die in die Stadt kommen, angehalten
werden sollen, Dünger auf den Straßen aufzuladen; die Thorwärter sollen
streng darüber wachen, daß kein Leiterwagen die Stadt leer verlasse. Der
Dünger soll aber "nicht unmittelbar an den äußersten Thoren, sondern in
einiger Entfernung von denenselben, und nicht auf den Landstraßen selbst, sondern
auf den angrenzenden Feldern und Wiesen abgeladen werden." Um die Ver¬
breitung von Krankheiten zu verhüten, verbietet er am 10. November und am
22. Dezember den Ankauf von Momirungsstücken, die aus den Lazarethen
stammen, und erläßt am 28. Dezember ein scharfes Verbot gegen den Unfug,
daß infolge der Nachlässigkeit der französischen Lazarethkommandcmteu halb¬
genesene französische Soldaten sich bettelnd in der Stadt herumtreiben und auf
den Straßen lästig fallen. "Ich ersuche die Bewohner Leipzigs, falls sich
nicht eben eine Patrouille vorfindet, dergleichen Herumläufer gerade zu mir
bringen zu lassen, indem mir die Reinlichkeit und die Gesundheit der Stadt zu
viel am Herzen liegt." Im Frühjahr 1814, als Gerüchte von einer in der
Stadt herrschenden Epidemie verbreitet wurden, kommt er auf diese Anord-
nungen zurück. Am 24. März schreibt er: "Leipziger! Ich habe eine Bitte an
euch, welche einzig und allein euere Wohlfarth, euere Gesundheit bezweckt, und
deren Erfüllung die vielleicht aus Speculation verbreiteten Gerüchte von einer
hier herrschenden Epidemie ganz zu nichte machen wird. Die Reinlichkeit in
und außer den Häusern ist das Unentbehrlichste für die Gesundheit. Alles
Ungemach, welches der Krieg in und um euere Stadt geführet hat, habe ich
nie verkannt; dieses wurde uoch durch die euch hindernde Jahreszeit, euere
Höfe und Straßen so zu reinigen, wie ihr es vielleicht gerne gethan hättet,
vermehrt. Jetzt haben sich Zeit und Umstände geändert, die Witterung ist
günstig, also die euerer Reinlichkeitsliebe entgegenstehenden Hindernisse gehoben;
ich wünsche daher, daß bis zum 1. April alle Hofe und Straßen ohne Aus¬
nahme im wahren Sinne des Wortes rein gemacht werden." Der Rat -- fügt
er hinzu -- werde die nötigen Fuhren stellen, er selbst stelle vom Vorspann¬
park alle entbehrlichen Wagen zur Verfügung; er rechne nun aber auch sicher
darauf, daß bis zum 1. April Stadt und Vorstädte von Leipzig "zum Muster
der Reinlichkeit dienen können." Sollte sich unter so vielen guten Einwohnern
ein Widerspenstiger finden, so werde dieser der Mühe des Hinausschnffeus
überhoben werden, aber für jeden Schubkarren 5, für jede Fuhre .'SO Thaler
in die Armenkasse zahlen.

Neben der Reinlichkeit fordert er von vornherein die vollkommenste Ruhe
in der Stadt. Ebenfalls am 29. Oktober kündigt er an, daß von nun an
stärkere Infanterie- und Kavalleriepatrouillen vor Anbruch der Nacht alle
Straßen durchstreichen und jeden arretiren würden, der sich nach zehn Uhr
"ohne Nothwendigkeit" auf der Straße betreffen lasse. Vier Tage später giebt
er, um Mißverständnissen vorzubeugen, einen Nachtrag zu dieser Ankündigung:


Lin Griginal aus den Befreiungskriegen

ordnet er an, daß alle Leiterwagen, die in die Stadt kommen, angehalten
werden sollen, Dünger auf den Straßen aufzuladen; die Thorwärter sollen
streng darüber wachen, daß kein Leiterwagen die Stadt leer verlasse. Der
Dünger soll aber „nicht unmittelbar an den äußersten Thoren, sondern in
einiger Entfernung von denenselben, und nicht auf den Landstraßen selbst, sondern
auf den angrenzenden Feldern und Wiesen abgeladen werden." Um die Ver¬
breitung von Krankheiten zu verhüten, verbietet er am 10. November und am
22. Dezember den Ankauf von Momirungsstücken, die aus den Lazarethen
stammen, und erläßt am 28. Dezember ein scharfes Verbot gegen den Unfug,
daß infolge der Nachlässigkeit der französischen Lazarethkommandcmteu halb¬
genesene französische Soldaten sich bettelnd in der Stadt herumtreiben und auf
den Straßen lästig fallen. „Ich ersuche die Bewohner Leipzigs, falls sich
nicht eben eine Patrouille vorfindet, dergleichen Herumläufer gerade zu mir
bringen zu lassen, indem mir die Reinlichkeit und die Gesundheit der Stadt zu
viel am Herzen liegt." Im Frühjahr 1814, als Gerüchte von einer in der
Stadt herrschenden Epidemie verbreitet wurden, kommt er auf diese Anord-
nungen zurück. Am 24. März schreibt er: „Leipziger! Ich habe eine Bitte an
euch, welche einzig und allein euere Wohlfarth, euere Gesundheit bezweckt, und
deren Erfüllung die vielleicht aus Speculation verbreiteten Gerüchte von einer
hier herrschenden Epidemie ganz zu nichte machen wird. Die Reinlichkeit in
und außer den Häusern ist das Unentbehrlichste für die Gesundheit. Alles
Ungemach, welches der Krieg in und um euere Stadt geführet hat, habe ich
nie verkannt; dieses wurde uoch durch die euch hindernde Jahreszeit, euere
Höfe und Straßen so zu reinigen, wie ihr es vielleicht gerne gethan hättet,
vermehrt. Jetzt haben sich Zeit und Umstände geändert, die Witterung ist
günstig, also die euerer Reinlichkeitsliebe entgegenstehenden Hindernisse gehoben;
ich wünsche daher, daß bis zum 1. April alle Hofe und Straßen ohne Aus¬
nahme im wahren Sinne des Wortes rein gemacht werden." Der Rat — fügt
er hinzu — werde die nötigen Fuhren stellen, er selbst stelle vom Vorspann¬
park alle entbehrlichen Wagen zur Verfügung; er rechne nun aber auch sicher
darauf, daß bis zum 1. April Stadt und Vorstädte von Leipzig „zum Muster
der Reinlichkeit dienen können." Sollte sich unter so vielen guten Einwohnern
ein Widerspenstiger finden, so werde dieser der Mühe des Hinausschnffeus
überhoben werden, aber für jeden Schubkarren 5, für jede Fuhre .'SO Thaler
in die Armenkasse zahlen.

Neben der Reinlichkeit fordert er von vornherein die vollkommenste Ruhe
in der Stadt. Ebenfalls am 29. Oktober kündigt er an, daß von nun an
stärkere Infanterie- und Kavalleriepatrouillen vor Anbruch der Nacht alle
Straßen durchstreichen und jeden arretiren würden, der sich nach zehn Uhr
„ohne Nothwendigkeit" auf der Straße betreffen lasse. Vier Tage später giebt
er, um Mißverständnissen vorzubeugen, einen Nachtrag zu dieser Ankündigung:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0508" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207153"/>
          <fw type="header" place="top"> Lin Griginal aus den Befreiungskriegen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1438" prev="#ID_1437"> ordnet er an, daß alle Leiterwagen, die in die Stadt kommen, angehalten<lb/>
werden sollen, Dünger auf den Straßen aufzuladen; die Thorwärter sollen<lb/>
streng darüber wachen, daß kein Leiterwagen die Stadt leer verlasse. Der<lb/>
Dünger soll aber &#x201E;nicht unmittelbar an den äußersten Thoren, sondern in<lb/>
einiger Entfernung von denenselben, und nicht auf den Landstraßen selbst, sondern<lb/>
auf den angrenzenden Feldern und Wiesen abgeladen werden." Um die Ver¬<lb/>
breitung von Krankheiten zu verhüten, verbietet er am 10. November und am<lb/>
22. Dezember den Ankauf von Momirungsstücken, die aus den Lazarethen<lb/>
stammen, und erläßt am 28. Dezember ein scharfes Verbot gegen den Unfug,<lb/>
daß infolge der Nachlässigkeit der französischen Lazarethkommandcmteu halb¬<lb/>
genesene französische Soldaten sich bettelnd in der Stadt herumtreiben und auf<lb/>
den Straßen lästig fallen. &#x201E;Ich ersuche die Bewohner Leipzigs, falls sich<lb/>
nicht eben eine Patrouille vorfindet, dergleichen Herumläufer gerade zu mir<lb/>
bringen zu lassen, indem mir die Reinlichkeit und die Gesundheit der Stadt zu<lb/>
viel am Herzen liegt." Im Frühjahr 1814, als Gerüchte von einer in der<lb/>
Stadt herrschenden Epidemie verbreitet wurden, kommt er auf diese Anord-<lb/>
nungen zurück. Am 24. März schreibt er: &#x201E;Leipziger! Ich habe eine Bitte an<lb/>
euch, welche einzig und allein euere Wohlfarth, euere Gesundheit bezweckt, und<lb/>
deren Erfüllung die vielleicht aus Speculation verbreiteten Gerüchte von einer<lb/>
hier herrschenden Epidemie ganz zu nichte machen wird. Die Reinlichkeit in<lb/>
und außer den Häusern ist das Unentbehrlichste für die Gesundheit. Alles<lb/>
Ungemach, welches der Krieg in und um euere Stadt geführet hat, habe ich<lb/>
nie verkannt; dieses wurde uoch durch die euch hindernde Jahreszeit, euere<lb/>
Höfe und Straßen so zu reinigen, wie ihr es vielleicht gerne gethan hättet,<lb/>
vermehrt. Jetzt haben sich Zeit und Umstände geändert, die Witterung ist<lb/>
günstig, also die euerer Reinlichkeitsliebe entgegenstehenden Hindernisse gehoben;<lb/>
ich wünsche daher, daß bis zum 1. April alle Hofe und Straßen ohne Aus¬<lb/>
nahme im wahren Sinne des Wortes rein gemacht werden." Der Rat &#x2014; fügt<lb/>
er hinzu &#x2014; werde die nötigen Fuhren stellen, er selbst stelle vom Vorspann¬<lb/>
park alle entbehrlichen Wagen zur Verfügung; er rechne nun aber auch sicher<lb/>
darauf, daß bis zum 1. April Stadt und Vorstädte von Leipzig &#x201E;zum Muster<lb/>
der Reinlichkeit dienen können." Sollte sich unter so vielen guten Einwohnern<lb/>
ein Widerspenstiger finden, so werde dieser der Mühe des Hinausschnffeus<lb/>
überhoben werden, aber für jeden Schubkarren 5, für jede Fuhre .'SO Thaler<lb/>
in die Armenkasse zahlen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1439" next="#ID_1440"> Neben der Reinlichkeit fordert er von vornherein die vollkommenste Ruhe<lb/>
in der Stadt. Ebenfalls am 29. Oktober kündigt er an, daß von nun an<lb/>
stärkere Infanterie- und Kavalleriepatrouillen vor Anbruch der Nacht alle<lb/>
Straßen durchstreichen und jeden arretiren würden, der sich nach zehn Uhr<lb/>
&#x201E;ohne Nothwendigkeit" auf der Straße betreffen lasse. Vier Tage später giebt<lb/>
er, um Mißverständnissen vorzubeugen, einen Nachtrag zu dieser Ankündigung:</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0508] Lin Griginal aus den Befreiungskriegen ordnet er an, daß alle Leiterwagen, die in die Stadt kommen, angehalten werden sollen, Dünger auf den Straßen aufzuladen; die Thorwärter sollen streng darüber wachen, daß kein Leiterwagen die Stadt leer verlasse. Der Dünger soll aber „nicht unmittelbar an den äußersten Thoren, sondern in einiger Entfernung von denenselben, und nicht auf den Landstraßen selbst, sondern auf den angrenzenden Feldern und Wiesen abgeladen werden." Um die Ver¬ breitung von Krankheiten zu verhüten, verbietet er am 10. November und am 22. Dezember den Ankauf von Momirungsstücken, die aus den Lazarethen stammen, und erläßt am 28. Dezember ein scharfes Verbot gegen den Unfug, daß infolge der Nachlässigkeit der französischen Lazarethkommandcmteu halb¬ genesene französische Soldaten sich bettelnd in der Stadt herumtreiben und auf den Straßen lästig fallen. „Ich ersuche die Bewohner Leipzigs, falls sich nicht eben eine Patrouille vorfindet, dergleichen Herumläufer gerade zu mir bringen zu lassen, indem mir die Reinlichkeit und die Gesundheit der Stadt zu viel am Herzen liegt." Im Frühjahr 1814, als Gerüchte von einer in der Stadt herrschenden Epidemie verbreitet wurden, kommt er auf diese Anord- nungen zurück. Am 24. März schreibt er: „Leipziger! Ich habe eine Bitte an euch, welche einzig und allein euere Wohlfarth, euere Gesundheit bezweckt, und deren Erfüllung die vielleicht aus Speculation verbreiteten Gerüchte von einer hier herrschenden Epidemie ganz zu nichte machen wird. Die Reinlichkeit in und außer den Häusern ist das Unentbehrlichste für die Gesundheit. Alles Ungemach, welches der Krieg in und um euere Stadt geführet hat, habe ich nie verkannt; dieses wurde uoch durch die euch hindernde Jahreszeit, euere Höfe und Straßen so zu reinigen, wie ihr es vielleicht gerne gethan hättet, vermehrt. Jetzt haben sich Zeit und Umstände geändert, die Witterung ist günstig, also die euerer Reinlichkeitsliebe entgegenstehenden Hindernisse gehoben; ich wünsche daher, daß bis zum 1. April alle Hofe und Straßen ohne Aus¬ nahme im wahren Sinne des Wortes rein gemacht werden." Der Rat — fügt er hinzu — werde die nötigen Fuhren stellen, er selbst stelle vom Vorspann¬ park alle entbehrlichen Wagen zur Verfügung; er rechne nun aber auch sicher darauf, daß bis zum 1. April Stadt und Vorstädte von Leipzig „zum Muster der Reinlichkeit dienen können." Sollte sich unter so vielen guten Einwohnern ein Widerspenstiger finden, so werde dieser der Mühe des Hinausschnffeus überhoben werden, aber für jeden Schubkarren 5, für jede Fuhre .'SO Thaler in die Armenkasse zahlen. Neben der Reinlichkeit fordert er von vornherein die vollkommenste Ruhe in der Stadt. Ebenfalls am 29. Oktober kündigt er an, daß von nun an stärkere Infanterie- und Kavalleriepatrouillen vor Anbruch der Nacht alle Straßen durchstreichen und jeden arretiren würden, der sich nach zehn Uhr „ohne Nothwendigkeit" auf der Straße betreffen lasse. Vier Tage später giebt er, um Mißverständnissen vorzubeugen, einen Nachtrag zu dieser Ankündigung:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/508
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/508>, abgerufen am 23.07.2024.