Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
^chlicuwuns Ansglabuugen und Ägypten

Schliemann und seinen Ausgrabungen. Mit lautem Spott und kauni verhehltem
Mißtrauen sind anfangs Schliemanus Berichte über seine Funde, den "Schatz
des Priamos" und das "Grab des Agamemnon" aufgenommen "morden, und
nicht ohne Grund hat man gegen den unermüdlichen Forscher die Vorwürfe
eines allzu rücksichtslosen (Grabens, einer zu geringen Anfmerksamkeit auf die
nähern Fundnmstände erhoben. Seitdem sind mehr als zehn Jahre vergangen.
Schliemann selbst hat jene Ansichten jetzt zurückgenommen, die er früher in
Übereilung, in leicht begreiflicher Überraschung und Aufregung über die reichen
Ergebnisse seiner Ausgrabungen ausgesprochen hat. lind was zur Zeit der
Auffindung noch durchaus neu und fremdartig, ja vielfach geradezu uugriechisch
und barbarisch erscheinen mußte, das hat sich unterdessen mit neuern Funden
zusammenordnen lassen, und schon glaubt man die verbindenden Fäden zu
sehen, die von Mykenä aus in die homerische und geschichtliche Zeit Griechen¬
lands herabführen.

Bei der großen Bedeutung, die Schlieinanns Ausgrabungen für die
Geschichte nicht weniger wie für die Kunst- und Kulturgeschichte erlaugt haben,
kommt ein Buch zur rechten Zeit, das die Ergebnisse jener Grabnngen in
zusammenhängender, übersichtlicher und durch zahlreiche Abbildungen erlänterter
Darstellung, vor allem aber in zuverlässiger Darstellung bespricht: Schlie¬
inanns Ausgrnbnngen in Troja, Tiryns, Mykenä, Orchomenos, Jthakci
im Lichte der heutige" (!) Wissenschaft." Dargestellt von l>r. Carl Schund hardt.
Mit 2 Porträts jSchliemanns und seiner Gallius, <i Karten und Plänen und
290 Abbildungen (Leipzig, F. A. Brockhaus, 1890). Der größere Teil der
vorzüglichen Abbildungen ist den ebenfalls von F. A. Brockhaus verlegten
Werken "Ithaka" (1869). "Trojanische Altertümer" (1874). "Mykenä" (1877),
"Ilios" (1880), "Orchomenos" und "Reise in der Troas" (1881), "Troja"
l1884) und "Tiryns" (1885) entlehnt; zahlreiche Gegenstände aber werden
hier zum erstenmal abgebildet nach Photographien oder Zeichnungen des
Verfassers und andrer. Bei einem längern Aufenthalt in Griechenland und
Vorderasien und im freundschaftlichen Verkehr mit Schliemann und deu athe¬
nischen Gelehrten hat Schuchhardt Gelegenheit gehabt, das Wichtigste zu sehen
und nachzuprüfen; abgesehen von einigen Flüchtigkeiten und Ungleichheiten
^ die schlimmste ist wohl Seite 1l> verglichen mit Seite 343 -- kann das
Buch allen, die sich über die griechische Heidenzeit und die Verhältnisse, aus
denen die homerischen Gedichte hervorgegangen sind, belehren wollen, warm
empfohlen werden.

Ein Hinweis auf die oben erwähnte Siegesinschrift Rhamses des Dritten
wird bei Schuchhardt vermißt. Doch bietet sein Buch reichlichen Stoff zur
Beantwortung dreier Fragen, nämlich 1. Waren die Küsten des Archipels, die
"Inseln im großen Meere" wirklich schon einmal in vorhomerischer Zeit durch
gemeinsame Bildung verbanden? 2. Ist diese Bildung durch Ägypten beeinflußt


^chlicuwuns Ansglabuugen und Ägypten

Schliemann und seinen Ausgrabungen. Mit lautem Spott und kauni verhehltem
Mißtrauen sind anfangs Schliemanus Berichte über seine Funde, den „Schatz
des Priamos" und das „Grab des Agamemnon" aufgenommen »morden, und
nicht ohne Grund hat man gegen den unermüdlichen Forscher die Vorwürfe
eines allzu rücksichtslosen (Grabens, einer zu geringen Anfmerksamkeit auf die
nähern Fundnmstände erhoben. Seitdem sind mehr als zehn Jahre vergangen.
Schliemann selbst hat jene Ansichten jetzt zurückgenommen, die er früher in
Übereilung, in leicht begreiflicher Überraschung und Aufregung über die reichen
Ergebnisse seiner Ausgrabungen ausgesprochen hat. lind was zur Zeit der
Auffindung noch durchaus neu und fremdartig, ja vielfach geradezu uugriechisch
und barbarisch erscheinen mußte, das hat sich unterdessen mit neuern Funden
zusammenordnen lassen, und schon glaubt man die verbindenden Fäden zu
sehen, die von Mykenä aus in die homerische und geschichtliche Zeit Griechen¬
lands herabführen.

Bei der großen Bedeutung, die Schlieinanns Ausgrabungen für die
Geschichte nicht weniger wie für die Kunst- und Kulturgeschichte erlaugt haben,
kommt ein Buch zur rechten Zeit, das die Ergebnisse jener Grabnngen in
zusammenhängender, übersichtlicher und durch zahlreiche Abbildungen erlänterter
Darstellung, vor allem aber in zuverlässiger Darstellung bespricht: Schlie¬
inanns Ausgrnbnngen in Troja, Tiryns, Mykenä, Orchomenos, Jthakci
im Lichte der heutige» (!) Wissenschaft." Dargestellt von l>r. Carl Schund hardt.
Mit 2 Porträts jSchliemanns und seiner Gallius, <i Karten und Plänen und
290 Abbildungen (Leipzig, F. A. Brockhaus, 1890). Der größere Teil der
vorzüglichen Abbildungen ist den ebenfalls von F. A. Brockhaus verlegten
Werken „Ithaka" (1869). „Trojanische Altertümer" (1874). „Mykenä" (1877),
„Ilios" (1880), „Orchomenos" und „Reise in der Troas" (1881), „Troja"
l1884) und „Tiryns" (1885) entlehnt; zahlreiche Gegenstände aber werden
hier zum erstenmal abgebildet nach Photographien oder Zeichnungen des
Verfassers und andrer. Bei einem längern Aufenthalt in Griechenland und
Vorderasien und im freundschaftlichen Verkehr mit Schliemann und deu athe¬
nischen Gelehrten hat Schuchhardt Gelegenheit gehabt, das Wichtigste zu sehen
und nachzuprüfen; abgesehen von einigen Flüchtigkeiten und Ungleichheiten
^ die schlimmste ist wohl Seite 1l> verglichen mit Seite 343 — kann das
Buch allen, die sich über die griechische Heidenzeit und die Verhältnisse, aus
denen die homerischen Gedichte hervorgegangen sind, belehren wollen, warm
empfohlen werden.

Ein Hinweis auf die oben erwähnte Siegesinschrift Rhamses des Dritten
wird bei Schuchhardt vermißt. Doch bietet sein Buch reichlichen Stoff zur
Beantwortung dreier Fragen, nämlich 1. Waren die Küsten des Archipels, die
„Inseln im großen Meere" wirklich schon einmal in vorhomerischer Zeit durch
gemeinsame Bildung verbanden? 2. Ist diese Bildung durch Ägypten beeinflußt


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0463" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207108"/>
          <fw type="header" place="top"> ^chlicuwuns Ansglabuugen und Ägypten</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1241" prev="#ID_1240"> Schliemann und seinen Ausgrabungen. Mit lautem Spott und kauni verhehltem<lb/>
Mißtrauen sind anfangs Schliemanus Berichte über seine Funde, den &#x201E;Schatz<lb/>
des Priamos" und das &#x201E;Grab des Agamemnon" aufgenommen »morden, und<lb/>
nicht ohne Grund hat man gegen den unermüdlichen Forscher die Vorwürfe<lb/>
eines allzu rücksichtslosen (Grabens, einer zu geringen Anfmerksamkeit auf die<lb/>
nähern Fundnmstände erhoben. Seitdem sind mehr als zehn Jahre vergangen.<lb/>
Schliemann selbst hat jene Ansichten jetzt zurückgenommen, die er früher in<lb/>
Übereilung, in leicht begreiflicher Überraschung und Aufregung über die reichen<lb/>
Ergebnisse seiner Ausgrabungen ausgesprochen hat. lind was zur Zeit der<lb/>
Auffindung noch durchaus neu und fremdartig, ja vielfach geradezu uugriechisch<lb/>
und barbarisch erscheinen mußte, das hat sich unterdessen mit neuern Funden<lb/>
zusammenordnen lassen, und schon glaubt man die verbindenden Fäden zu<lb/>
sehen, die von Mykenä aus in die homerische und geschichtliche Zeit Griechen¬<lb/>
lands herabführen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1242"> Bei der großen Bedeutung, die Schlieinanns Ausgrabungen für die<lb/>
Geschichte nicht weniger wie für die Kunst- und Kulturgeschichte erlaugt haben,<lb/>
kommt ein Buch zur rechten Zeit, das die Ergebnisse jener Grabnngen in<lb/>
zusammenhängender, übersichtlicher und durch zahlreiche Abbildungen erlänterter<lb/>
Darstellung, vor allem aber in zuverlässiger Darstellung bespricht: Schlie¬<lb/>
inanns Ausgrnbnngen in Troja, Tiryns, Mykenä, Orchomenos, Jthakci<lb/>
im Lichte der heutige» (!) Wissenschaft." Dargestellt von l&gt;r. Carl Schund hardt.<lb/>
Mit 2 Porträts jSchliemanns und seiner Gallius, &lt;i Karten und Plänen und<lb/>
290 Abbildungen (Leipzig, F. A. Brockhaus, 1890). Der größere Teil der<lb/>
vorzüglichen Abbildungen ist den ebenfalls von F. A. Brockhaus verlegten<lb/>
Werken &#x201E;Ithaka" (1869). &#x201E;Trojanische Altertümer" (1874). &#x201E;Mykenä" (1877),<lb/>
&#x201E;Ilios" (1880), &#x201E;Orchomenos" und &#x201E;Reise in der Troas" (1881), &#x201E;Troja"<lb/>
l1884) und &#x201E;Tiryns" (1885) entlehnt; zahlreiche Gegenstände aber werden<lb/>
hier zum erstenmal abgebildet nach Photographien oder Zeichnungen des<lb/>
Verfassers und andrer. Bei einem längern Aufenthalt in Griechenland und<lb/>
Vorderasien und im freundschaftlichen Verkehr mit Schliemann und deu athe¬<lb/>
nischen Gelehrten hat Schuchhardt Gelegenheit gehabt, das Wichtigste zu sehen<lb/>
und nachzuprüfen; abgesehen von einigen Flüchtigkeiten und Ungleichheiten<lb/>
^ die schlimmste ist wohl Seite 1l&gt; verglichen mit Seite 343 &#x2014; kann das<lb/>
Buch allen, die sich über die griechische Heidenzeit und die Verhältnisse, aus<lb/>
denen die homerischen Gedichte hervorgegangen sind, belehren wollen, warm<lb/>
empfohlen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1243" next="#ID_1244"> Ein Hinweis auf die oben erwähnte Siegesinschrift Rhamses des Dritten<lb/>
wird bei Schuchhardt vermißt. Doch bietet sein Buch reichlichen Stoff zur<lb/>
Beantwortung dreier Fragen, nämlich 1. Waren die Küsten des Archipels, die<lb/>
&#x201E;Inseln im großen Meere" wirklich schon einmal in vorhomerischer Zeit durch<lb/>
gemeinsame Bildung verbanden? 2. Ist diese Bildung durch Ägypten beeinflußt</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0463] ^chlicuwuns Ansglabuugen und Ägypten Schliemann und seinen Ausgrabungen. Mit lautem Spott und kauni verhehltem Mißtrauen sind anfangs Schliemanus Berichte über seine Funde, den „Schatz des Priamos" und das „Grab des Agamemnon" aufgenommen »morden, und nicht ohne Grund hat man gegen den unermüdlichen Forscher die Vorwürfe eines allzu rücksichtslosen (Grabens, einer zu geringen Anfmerksamkeit auf die nähern Fundnmstände erhoben. Seitdem sind mehr als zehn Jahre vergangen. Schliemann selbst hat jene Ansichten jetzt zurückgenommen, die er früher in Übereilung, in leicht begreiflicher Überraschung und Aufregung über die reichen Ergebnisse seiner Ausgrabungen ausgesprochen hat. lind was zur Zeit der Auffindung noch durchaus neu und fremdartig, ja vielfach geradezu uugriechisch und barbarisch erscheinen mußte, das hat sich unterdessen mit neuern Funden zusammenordnen lassen, und schon glaubt man die verbindenden Fäden zu sehen, die von Mykenä aus in die homerische und geschichtliche Zeit Griechen¬ lands herabführen. Bei der großen Bedeutung, die Schlieinanns Ausgrabungen für die Geschichte nicht weniger wie für die Kunst- und Kulturgeschichte erlaugt haben, kommt ein Buch zur rechten Zeit, das die Ergebnisse jener Grabnngen in zusammenhängender, übersichtlicher und durch zahlreiche Abbildungen erlänterter Darstellung, vor allem aber in zuverlässiger Darstellung bespricht: Schlie¬ inanns Ausgrnbnngen in Troja, Tiryns, Mykenä, Orchomenos, Jthakci im Lichte der heutige» (!) Wissenschaft." Dargestellt von l>r. Carl Schund hardt. Mit 2 Porträts jSchliemanns und seiner Gallius, <i Karten und Plänen und 290 Abbildungen (Leipzig, F. A. Brockhaus, 1890). Der größere Teil der vorzüglichen Abbildungen ist den ebenfalls von F. A. Brockhaus verlegten Werken „Ithaka" (1869). „Trojanische Altertümer" (1874). „Mykenä" (1877), „Ilios" (1880), „Orchomenos" und „Reise in der Troas" (1881), „Troja" l1884) und „Tiryns" (1885) entlehnt; zahlreiche Gegenstände aber werden hier zum erstenmal abgebildet nach Photographien oder Zeichnungen des Verfassers und andrer. Bei einem längern Aufenthalt in Griechenland und Vorderasien und im freundschaftlichen Verkehr mit Schliemann und deu athe¬ nischen Gelehrten hat Schuchhardt Gelegenheit gehabt, das Wichtigste zu sehen und nachzuprüfen; abgesehen von einigen Flüchtigkeiten und Ungleichheiten ^ die schlimmste ist wohl Seite 1l> verglichen mit Seite 343 — kann das Buch allen, die sich über die griechische Heidenzeit und die Verhältnisse, aus denen die homerischen Gedichte hervorgegangen sind, belehren wollen, warm empfohlen werden. Ein Hinweis auf die oben erwähnte Siegesinschrift Rhamses des Dritten wird bei Schuchhardt vermißt. Doch bietet sein Buch reichlichen Stoff zur Beantwortung dreier Fragen, nämlich 1. Waren die Küsten des Archipels, die „Inseln im großen Meere" wirklich schon einmal in vorhomerischer Zeit durch gemeinsame Bildung verbanden? 2. Ist diese Bildung durch Ägypten beeinflußt

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/463
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/463>, abgerufen am 23.07.2024.