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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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meinen Mütterlichen Danck mündlich davor abzustatten." "Daß sie immer
beschüsftig sind weiß ich gar Wohl -- denn so eine fleisige -- thätige -- Sorgliche
Hanßfrau gibts wenige -- Sie sind aber much überzeugt wie sehr ich Ihnen schätze
und liebe." Das heitere, anspruchslose, bescheidene Wesen Christinnens gefiel
der Frau Rat ungemeiin "Sie ist wie der Polonius im Hamlet immer die
Überbringerin guter Nachrichten." ,,Tantzeu Sie immer liebes Weibgen"
schreibt sie ihr, da wohl auch zu Frau Rat die Kunde von der Liebhaberei
Christianens gedrungen war, ,,Tnntzeu Sie -- frölige Menschen die mag ich
gar zu gern -- und wenn sie zu meiner Familie gehören habe ich sie doppelt
und dreyfach lieb." Unaufhörlich ist sie darauf bedacht, Christianer für die
ihrem Sohne zugewandte Pflege und Sorgfalt zu beschenken. Sie warnt sie
sogar, in ihrem Eifer nicht zuviel zu thun. ,,Schonen Sie ich bitte Ihnen
Ihre uns allen so theure Gesundheit." So war denn auch ihr ,.Herzenswunsch
erfüllt," als der Sohn sich entschloß, seinem Bund im Oktober 1806 die
äußere Weihe zu geben. "Gott! Erhalte Euch! Meinen Seegen habt Ihr
hiemit in vollem Maas -- der Mutter Seegen erhält den Kindern die
Häußer -- wenn sie schon vor den jetzigen Augenblick nichts weiter in diesen
Hochbeinigen si)ochpeinlichen^ erbärmlichen Zeiten thun tun." ,,Grüße meine
Liebe Tochter hertzlich -- sage Ihr, daß ich Sie Liebe -- schätze -- verehre."
Besonders innig wurde die Zuneigung der Frau Rat, als ihr der Sohn die
Gattin im Frühjahr 1807 auf einige Wochen zum Besuch schickte. Auf deu
Brief Goethes, der die Rückkehr Christianens meldete, schreibt sie: ,,Ja wir
waren sehr vergnügt und glücklich beyeinander! Du kauft Gott baueten! So
ein Liebes -- herrliches unverdorbenes Gottes Geschöpf findet manu sehr
selten -- wie beruhigt bin ich jetzt (da ich Sie genau keime) über alles was
dich angeht -- und was mir unaussprechlich Wohl that, war, daß alle Men¬
schen -- alle meine Vekandten Sie liebten -- es war eine solche Hertzlichkeit
unter ihnen -- die nach 10Jähriger Bekandtschaft nicht inniger hätte sehn
können ^- mit einem Wort es war ein glücklicher Gebannte Sich nur und
allen meinen Freunden zu zeigen -- alle vereinigen sich mit mir dich glücklich
zu Preißen -- und wünschen Euch Leben -- Gesundheit -- und alles gute
was Euch vergnügt und froh machen kein Amen."

Für die noch immer fehlende objektive Charakteristik der viel gescholtenen
und geschmähten Christiane werden diese Briefe wohl als vollgiltige Zeugnisse
zu gelten haben. Aber nicht minder zeugen sie auch von der Herzensgüte und
dem liebevollen Charakter der Schreiberitt. Daß dieses treue Mutterherz die
Liebe womöglich noch in erhöhtem Maße ans die Enkel übertrug, für wen
bedürfte das noch des Beweises? Nachdem die übrigen Kinder Goethes nach
kurzem Dasein zum Leidwesen der Großmutter gestorben waren, blieb August
der Gegenstand ihrer zärtlichen Fürsorge. Kuren giebt es einen Brief, der nicht
unen Gruß und Kuß für den Enkel enthielte, kein Weihnachten geht vorüber,'


Grenzboten I8S0 1 6

meinen Mütterlichen Danck mündlich davor abzustatten." „Daß sie immer
beschüsftig sind weiß ich gar Wohl — denn so eine fleisige — thätige — Sorgliche
Hanßfrau gibts wenige — Sie sind aber much überzeugt wie sehr ich Ihnen schätze
und liebe." Das heitere, anspruchslose, bescheidene Wesen Christinnens gefiel
der Frau Rat ungemeiin „Sie ist wie der Polonius im Hamlet immer die
Überbringerin guter Nachrichten." ,,Tantzeu Sie immer liebes Weibgen"
schreibt sie ihr, da wohl auch zu Frau Rat die Kunde von der Liebhaberei
Christianens gedrungen war, ,,Tnntzeu Sie — frölige Menschen die mag ich
gar zu gern — und wenn sie zu meiner Familie gehören habe ich sie doppelt
und dreyfach lieb." Unaufhörlich ist sie darauf bedacht, Christianer für die
ihrem Sohne zugewandte Pflege und Sorgfalt zu beschenken. Sie warnt sie
sogar, in ihrem Eifer nicht zuviel zu thun. ,,Schonen Sie ich bitte Ihnen
Ihre uns allen so theure Gesundheit." So war denn auch ihr ,.Herzenswunsch
erfüllt," als der Sohn sich entschloß, seinem Bund im Oktober 1806 die
äußere Weihe zu geben. „Gott! Erhalte Euch! Meinen Seegen habt Ihr
hiemit in vollem Maas — der Mutter Seegen erhält den Kindern die
Häußer — wenn sie schon vor den jetzigen Augenblick nichts weiter in diesen
Hochbeinigen si)ochpeinlichen^ erbärmlichen Zeiten thun tun." ,,Grüße meine
Liebe Tochter hertzlich — sage Ihr, daß ich Sie Liebe — schätze — verehre."
Besonders innig wurde die Zuneigung der Frau Rat, als ihr der Sohn die
Gattin im Frühjahr 1807 auf einige Wochen zum Besuch schickte. Auf deu
Brief Goethes, der die Rückkehr Christianens meldete, schreibt sie: ,,Ja wir
waren sehr vergnügt und glücklich beyeinander! Du kauft Gott baueten! So
ein Liebes — herrliches unverdorbenes Gottes Geschöpf findet manu sehr
selten — wie beruhigt bin ich jetzt (da ich Sie genau keime) über alles was
dich angeht — und was mir unaussprechlich Wohl that, war, daß alle Men¬
schen — alle meine Vekandten Sie liebten — es war eine solche Hertzlichkeit
unter ihnen — die nach 10Jähriger Bekandtschaft nicht inniger hätte sehn
können ^- mit einem Wort es war ein glücklicher Gebannte Sich nur und
allen meinen Freunden zu zeigen — alle vereinigen sich mit mir dich glücklich
zu Preißen — und wünschen Euch Leben — Gesundheit — und alles gute
was Euch vergnügt und froh machen kein Amen."

Für die noch immer fehlende objektive Charakteristik der viel gescholtenen
und geschmähten Christiane werden diese Briefe wohl als vollgiltige Zeugnisse
zu gelten haben. Aber nicht minder zeugen sie auch von der Herzensgüte und
dem liebevollen Charakter der Schreiberitt. Daß dieses treue Mutterherz die
Liebe womöglich noch in erhöhtem Maße ans die Enkel übertrug, für wen
bedürfte das noch des Beweises? Nachdem die übrigen Kinder Goethes nach
kurzem Dasein zum Leidwesen der Großmutter gestorben waren, blieb August
der Gegenstand ihrer zärtlichen Fürsorge. Kuren giebt es einen Brief, der nicht
unen Gruß und Kuß für den Enkel enthielte, kein Weihnachten geht vorüber,'


Grenzboten I8S0 1 6
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/41>, abgerufen am 01.07.2024.