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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Das wewrrätsel

Kenntnis ermöglicht, dürfte der einzig wissenschaftliche sein; hat man ihn betreten,
so kann von der Gesetzmäßigkeit auch leicht ans den Komplex von Ursachen
zurückgeschlossen und der tiefste Einblick in die verwickelten und verzweigten
Veränderungen erreicht werden. Wen" Nur diese Methode naher bezeichnen sollen,
so besteht sie darin, ans möglichst wenigen numerischen Angaben, die für ein
meteorologisches Element gegeben sind, eine regelmäßige Wiederkehr, eine Periodi-
zitcit zu finden." Diese Methode wird nicht zu bemängeln sein, wenn es sich
wirklich um gesetzmäßige in regelmäßiger Folge wiederkehrende Erscheinungen
handelt und wenn die in die Rechnung gezogenen Elemente richtig sind.

Herr Guido Lnmprecht macht sich nun daran, mit Hilfe der analytischen
Mathematik solche Perioden zu berechnen. Sein Beobachtungsstoff sind die
Meldungen größten monatlichen Niederschlages im Königreiche Sachsen
1872 bis 1881 von 94.'! Tagen, Beobachtungen des Zodiakallichtes von S97
Tagen, die Tage mit Sonnenhöfen 185.'! bis 1867 und Erdbebentage
1865 bis 1879. Die Zahlen der monatlichen Niederschläge bilden die Grund¬
lage der gesamten Rechnung. Aus ihnen leitet der Verfasser acht Perioden
von 12^/" bis 27^/2" Tagen ab, zu denen noch eine neunte von 10,5 Tagen
kommt. Diese Niedcrschlagsverioden vergleicht er mit denen der Sonnen¬
höfe, der Erdbeben und der Erscheinung des Zodiakallichtes und findet eine
merkwürdige Übereinstimmung. Sie selbst zeigen einen eigentümlichen, höchst
einfachen Zusammenhang: sie und noch fünf andre lassen sich aus fünf von
einander unabhängigen Zahlen ableiten. Wenn man nämlich annimmt, daß fünf
dieser Perioden die Umlaufszeiten von Wolkenringen darstellen, die die Erde
rechtläufig umkreisen, so ergeben sich die andern aus den Konjunktionen der
erstern. Diese hier angenommenen Nebelringe könnten allerdings auch die
Sonne innerhalb der Merkursbahn umkreisen, da jedoch ein Einfluß des Mondes
auf diese Wetternebel stattfindet, muß man annehmen, daß ihre Ringe zwischen
der Erde und der Mondbahn liegen. Dn nun die Ringe aus unregelmäßig
verteilten dichteren und weniger dichten Wolkenkernen bestehen, so kann der
Mond nicht allemal, sondern nur bei gewissen Stellungen starke Wettervorgäuge
bewirken. Die Körperchen unterliegen einer starken Ebbe und Flut; befindet
sich am Orte der Flut eine dichte Ningwolke, so wird ihr Einfluß auf das
Wetter bedeutend verstärkt, noch mehr wenn mehrere Kerne der verschiednen
Ringe zusammentreffen. Das bisweilen sichtbar werdende Tierkreis licht ist nichts
andres als ein sichtbar werdender Abschnitt dieser Ringe. Die wolkenartige
Gruppirung, die oft beobachtet worden ist, muß für die gewöhnliche Art feines
Auftretens erklärt werden. Demnach hat die Erde ähnliche, in sich veränderliche
Ringe wie der Saturn. Die Sonneneorona rührt nicht von einer die Souiw
umgebenden Nebelmasse her, sondern davon, daß unsre Nebelringe teilweise be¬
leuchtet werden, wofür neuere Beobachtungen und Photographien der Corona
sprechen. Die Sonneuhöfe und Nebensonnen haben die gleiche Ursache. Es sind


Das wewrrätsel

Kenntnis ermöglicht, dürfte der einzig wissenschaftliche sein; hat man ihn betreten,
so kann von der Gesetzmäßigkeit auch leicht ans den Komplex von Ursachen
zurückgeschlossen und der tiefste Einblick in die verwickelten und verzweigten
Veränderungen erreicht werden. Wen» Nur diese Methode naher bezeichnen sollen,
so besteht sie darin, ans möglichst wenigen numerischen Angaben, die für ein
meteorologisches Element gegeben sind, eine regelmäßige Wiederkehr, eine Periodi-
zitcit zu finden." Diese Methode wird nicht zu bemängeln sein, wenn es sich
wirklich um gesetzmäßige in regelmäßiger Folge wiederkehrende Erscheinungen
handelt und wenn die in die Rechnung gezogenen Elemente richtig sind.

Herr Guido Lnmprecht macht sich nun daran, mit Hilfe der analytischen
Mathematik solche Perioden zu berechnen. Sein Beobachtungsstoff sind die
Meldungen größten monatlichen Niederschlages im Königreiche Sachsen
1872 bis 1881 von 94.'! Tagen, Beobachtungen des Zodiakallichtes von S97
Tagen, die Tage mit Sonnenhöfen 185.'! bis 1867 und Erdbebentage
1865 bis 1879. Die Zahlen der monatlichen Niederschläge bilden die Grund¬
lage der gesamten Rechnung. Aus ihnen leitet der Verfasser acht Perioden
von 12^/„ bis 27^/2» Tagen ab, zu denen noch eine neunte von 10,5 Tagen
kommt. Diese Niedcrschlagsverioden vergleicht er mit denen der Sonnen¬
höfe, der Erdbeben und der Erscheinung des Zodiakallichtes und findet eine
merkwürdige Übereinstimmung. Sie selbst zeigen einen eigentümlichen, höchst
einfachen Zusammenhang: sie und noch fünf andre lassen sich aus fünf von
einander unabhängigen Zahlen ableiten. Wenn man nämlich annimmt, daß fünf
dieser Perioden die Umlaufszeiten von Wolkenringen darstellen, die die Erde
rechtläufig umkreisen, so ergeben sich die andern aus den Konjunktionen der
erstern. Diese hier angenommenen Nebelringe könnten allerdings auch die
Sonne innerhalb der Merkursbahn umkreisen, da jedoch ein Einfluß des Mondes
auf diese Wetternebel stattfindet, muß man annehmen, daß ihre Ringe zwischen
der Erde und der Mondbahn liegen. Dn nun die Ringe aus unregelmäßig
verteilten dichteren und weniger dichten Wolkenkernen bestehen, so kann der
Mond nicht allemal, sondern nur bei gewissen Stellungen starke Wettervorgäuge
bewirken. Die Körperchen unterliegen einer starken Ebbe und Flut; befindet
sich am Orte der Flut eine dichte Ningwolke, so wird ihr Einfluß auf das
Wetter bedeutend verstärkt, noch mehr wenn mehrere Kerne der verschiednen
Ringe zusammentreffen. Das bisweilen sichtbar werdende Tierkreis licht ist nichts
andres als ein sichtbar werdender Abschnitt dieser Ringe. Die wolkenartige
Gruppirung, die oft beobachtet worden ist, muß für die gewöhnliche Art feines
Auftretens erklärt werden. Demnach hat die Erde ähnliche, in sich veränderliche
Ringe wie der Saturn. Die Sonneneorona rührt nicht von einer die Souiw
umgebenden Nebelmasse her, sondern davon, daß unsre Nebelringe teilweise be¬
leuchtet werden, wofür neuere Beobachtungen und Photographien der Corona
sprechen. Die Sonneuhöfe und Nebensonnen haben die gleiche Ursache. Es sind


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[0384] Das wewrrätsel Kenntnis ermöglicht, dürfte der einzig wissenschaftliche sein; hat man ihn betreten, so kann von der Gesetzmäßigkeit auch leicht ans den Komplex von Ursachen zurückgeschlossen und der tiefste Einblick in die verwickelten und verzweigten Veränderungen erreicht werden. Wen» Nur diese Methode naher bezeichnen sollen, so besteht sie darin, ans möglichst wenigen numerischen Angaben, die für ein meteorologisches Element gegeben sind, eine regelmäßige Wiederkehr, eine Periodi- zitcit zu finden." Diese Methode wird nicht zu bemängeln sein, wenn es sich wirklich um gesetzmäßige in regelmäßiger Folge wiederkehrende Erscheinungen handelt und wenn die in die Rechnung gezogenen Elemente richtig sind. Herr Guido Lnmprecht macht sich nun daran, mit Hilfe der analytischen Mathematik solche Perioden zu berechnen. Sein Beobachtungsstoff sind die Meldungen größten monatlichen Niederschlages im Königreiche Sachsen 1872 bis 1881 von 94.'! Tagen, Beobachtungen des Zodiakallichtes von S97 Tagen, die Tage mit Sonnenhöfen 185.'! bis 1867 und Erdbebentage 1865 bis 1879. Die Zahlen der monatlichen Niederschläge bilden die Grund¬ lage der gesamten Rechnung. Aus ihnen leitet der Verfasser acht Perioden von 12^/„ bis 27^/2» Tagen ab, zu denen noch eine neunte von 10,5 Tagen kommt. Diese Niedcrschlagsverioden vergleicht er mit denen der Sonnen¬ höfe, der Erdbeben und der Erscheinung des Zodiakallichtes und findet eine merkwürdige Übereinstimmung. Sie selbst zeigen einen eigentümlichen, höchst einfachen Zusammenhang: sie und noch fünf andre lassen sich aus fünf von einander unabhängigen Zahlen ableiten. Wenn man nämlich annimmt, daß fünf dieser Perioden die Umlaufszeiten von Wolkenringen darstellen, die die Erde rechtläufig umkreisen, so ergeben sich die andern aus den Konjunktionen der erstern. Diese hier angenommenen Nebelringe könnten allerdings auch die Sonne innerhalb der Merkursbahn umkreisen, da jedoch ein Einfluß des Mondes auf diese Wetternebel stattfindet, muß man annehmen, daß ihre Ringe zwischen der Erde und der Mondbahn liegen. Dn nun die Ringe aus unregelmäßig verteilten dichteren und weniger dichten Wolkenkernen bestehen, so kann der Mond nicht allemal, sondern nur bei gewissen Stellungen starke Wettervorgäuge bewirken. Die Körperchen unterliegen einer starken Ebbe und Flut; befindet sich am Orte der Flut eine dichte Ningwolke, so wird ihr Einfluß auf das Wetter bedeutend verstärkt, noch mehr wenn mehrere Kerne der verschiednen Ringe zusammentreffen. Das bisweilen sichtbar werdende Tierkreis licht ist nichts andres als ein sichtbar werdender Abschnitt dieser Ringe. Die wolkenartige Gruppirung, die oft beobachtet worden ist, muß für die gewöhnliche Art feines Auftretens erklärt werden. Demnach hat die Erde ähnliche, in sich veränderliche Ringe wie der Saturn. Die Sonneneorona rührt nicht von einer die Souiw umgebenden Nebelmasse her, sondern davon, daß unsre Nebelringe teilweise be¬ leuchtet werden, wofür neuere Beobachtungen und Photographien der Corona sprechen. Die Sonneuhöfe und Nebensonnen haben die gleiche Ursache. Es sind

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/384>, abgerufen am 23.07.2024.