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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Zur Geschichte von dein kranken Aönigssohne

zu suchen. Ernsitratus und Pvlhbia werden geholt. Diagnose und List des
Arztes, alles wie bei Marino. Daun heißt es weiter im sosilMum:

Fünfter Aufftritt

Seleucus entdecket den Reichs - Räthen seinen Schluß, so ihme nach Überlegung dieser
Sache beypflichten und die Vermählung Antiochi mit der Stratonica rathen.

Sechster Aufftritt

Seleucus zeiget der Stratonica sein Vorhaben an, darüber sie sich erstlich entsetzet, her¬
nach bequemet.

Siebenter und Letzter Aufftritt.

Übergiebet derowegen Seleucus Strcitonicam seinem cintzigen und vor Liebe sterbenden
Sohne Antiocho zur Gemahlin, worüber der Printz ob allzu großer Freude aus einer Ohn¬
macht in die andere sincket, durch die kluge Vorsichtigkeit Erasitrati aber zu völliger Gesundheit
gelanget. Und werden also diese traurigen Verwirrungen mit Vergnügung des Hoffes in ein
anmuthiges Freuden Spiel verkehrt.

Im Reyer der pananetirendcn Syrier wird Science merckwürdige Vaterliebe gepriesen,
auch zugleich Antiochi und Strntonicae Vermählung fröhlich vorgebildet.

Die Vorbildungen im innern Schau-Platze sind folgende:

1. Seleucus verehret dem von Antiocho umarmten Erasistrato in einer Schale 60000
Ducaten.

3. Stratonica wird Antiocho durch Ternpcmdera (das ist der Priester, dem der sterbende
Arzt sein Bekenntnis ablegt) vermählet.

3. Seleucus übergiebt Antiocho Kron und Szepter.

4. Dein auf dem Throne sitzenden Antiocho schweren die Syrier.

5. Antiochus und Stratonica küssen einander.

6. Antiochus und Stratonica schlaffen auf einem Purpur-Bette, auf welches die Cupidiues
allerhand Blumen streuen.

Man sieht, der deutsche Dichter hat uoch eine Zugabe bereit, um die ihn
sein italienisches Vorbild beneiden könnte. Das Schlnßtableciu zeugt von ver¬
schwenderischer Erfindungskraft, und daß der König dem Erasistratus den be¬
scheidnen Lohn von 60 000 Dukaten auf offner Bühne überreicht, ist praktisch
und aller Ehren wert. Sonst aber sind die Abweichungen des Dramas von
^er Vorlage gering; die erheblichste möchte die sein, daß Stratonica als
Schäferin erscheint. So hat der Dichter den Vorteil gewonnen, auch das so
beliebte Schäferspiel in seine Handlung zu verweben und die Tonleiter der
Gefühle von der süßlichsten Tändelei bis zu den Schrecken des Meuchelmords
und der Hinrichtung durchlaufen zu können.

Es versteht sich von selbst, daß Anspielungen auf Personen und Be¬
gebenheiten der antiken Mythologie und Sage in Hülle und Fülle begegnen,
^e gehörten damals zu dem notwendigen Vorrat des poetischen Ausdrucks,
Und ihre stehende Verwendung hat sich bekanntlich bis ans die Anfänge Goethes
und Schillers erhalten. Außer den bekannten Götternamen, die durch Neu¬
bildungen wie Mnrtispiter und Cypripvr noch vermehrt werden, finden wir,
um nur einiges herauszugreifen, die Namen Adonis, Aktäon, Amphion,


Zur Geschichte von dein kranken Aönigssohne

zu suchen. Ernsitratus und Pvlhbia werden geholt. Diagnose und List des
Arztes, alles wie bei Marino. Daun heißt es weiter im sosilMum:

Fünfter Aufftritt

Seleucus entdecket den Reichs - Räthen seinen Schluß, so ihme nach Überlegung dieser
Sache beypflichten und die Vermählung Antiochi mit der Stratonica rathen.

Sechster Aufftritt

Seleucus zeiget der Stratonica sein Vorhaben an, darüber sie sich erstlich entsetzet, her¬
nach bequemet.

Siebenter und Letzter Aufftritt.

Übergiebet derowegen Seleucus Strcitonicam seinem cintzigen und vor Liebe sterbenden
Sohne Antiocho zur Gemahlin, worüber der Printz ob allzu großer Freude aus einer Ohn¬
macht in die andere sincket, durch die kluge Vorsichtigkeit Erasitrati aber zu völliger Gesundheit
gelanget. Und werden also diese traurigen Verwirrungen mit Vergnügung des Hoffes in ein
anmuthiges Freuden Spiel verkehrt.

Im Reyer der pananetirendcn Syrier wird Science merckwürdige Vaterliebe gepriesen,
auch zugleich Antiochi und Strntonicae Vermählung fröhlich vorgebildet.

Die Vorbildungen im innern Schau-Platze sind folgende:

1. Seleucus verehret dem von Antiocho umarmten Erasistrato in einer Schale 60000
Ducaten.

3. Stratonica wird Antiocho durch Ternpcmdera (das ist der Priester, dem der sterbende
Arzt sein Bekenntnis ablegt) vermählet.

3. Seleucus übergiebt Antiocho Kron und Szepter.

4. Dein auf dem Throne sitzenden Antiocho schweren die Syrier.

5. Antiochus und Stratonica küssen einander.

6. Antiochus und Stratonica schlaffen auf einem Purpur-Bette, auf welches die Cupidiues
allerhand Blumen streuen.

Man sieht, der deutsche Dichter hat uoch eine Zugabe bereit, um die ihn
sein italienisches Vorbild beneiden könnte. Das Schlnßtableciu zeugt von ver¬
schwenderischer Erfindungskraft, und daß der König dem Erasistratus den be¬
scheidnen Lohn von 60 000 Dukaten auf offner Bühne überreicht, ist praktisch
und aller Ehren wert. Sonst aber sind die Abweichungen des Dramas von
^er Vorlage gering; die erheblichste möchte die sein, daß Stratonica als
Schäferin erscheint. So hat der Dichter den Vorteil gewonnen, auch das so
beliebte Schäferspiel in seine Handlung zu verweben und die Tonleiter der
Gefühle von der süßlichsten Tändelei bis zu den Schrecken des Meuchelmords
und der Hinrichtung durchlaufen zu können.

Es versteht sich von selbst, daß Anspielungen auf Personen und Be¬
gebenheiten der antiken Mythologie und Sage in Hülle und Fülle begegnen,
^e gehörten damals zu dem notwendigen Vorrat des poetischen Ausdrucks,
Und ihre stehende Verwendung hat sich bekanntlich bis ans die Anfänge Goethes
und Schillers erhalten. Außer den bekannten Götternamen, die durch Neu¬
bildungen wie Mnrtispiter und Cypripvr noch vermehrt werden, finden wir,
um nur einiges herauszugreifen, die Namen Adonis, Aktäon, Amphion,


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[0245] Zur Geschichte von dein kranken Aönigssohne zu suchen. Ernsitratus und Pvlhbia werden geholt. Diagnose und List des Arztes, alles wie bei Marino. Daun heißt es weiter im sosilMum: Fünfter Aufftritt Seleucus entdecket den Reichs - Räthen seinen Schluß, so ihme nach Überlegung dieser Sache beypflichten und die Vermählung Antiochi mit der Stratonica rathen. Sechster Aufftritt Seleucus zeiget der Stratonica sein Vorhaben an, darüber sie sich erstlich entsetzet, her¬ nach bequemet. Siebenter und Letzter Aufftritt. Übergiebet derowegen Seleucus Strcitonicam seinem cintzigen und vor Liebe sterbenden Sohne Antiocho zur Gemahlin, worüber der Printz ob allzu großer Freude aus einer Ohn¬ macht in die andere sincket, durch die kluge Vorsichtigkeit Erasitrati aber zu völliger Gesundheit gelanget. Und werden also diese traurigen Verwirrungen mit Vergnügung des Hoffes in ein anmuthiges Freuden Spiel verkehrt. Im Reyer der pananetirendcn Syrier wird Science merckwürdige Vaterliebe gepriesen, auch zugleich Antiochi und Strntonicae Vermählung fröhlich vorgebildet. Die Vorbildungen im innern Schau-Platze sind folgende: 1. Seleucus verehret dem von Antiocho umarmten Erasistrato in einer Schale 60000 Ducaten. 3. Stratonica wird Antiocho durch Ternpcmdera (das ist der Priester, dem der sterbende Arzt sein Bekenntnis ablegt) vermählet. 3. Seleucus übergiebt Antiocho Kron und Szepter. 4. Dein auf dem Throne sitzenden Antiocho schweren die Syrier. 5. Antiochus und Stratonica küssen einander. 6. Antiochus und Stratonica schlaffen auf einem Purpur-Bette, auf welches die Cupidiues allerhand Blumen streuen. Man sieht, der deutsche Dichter hat uoch eine Zugabe bereit, um die ihn sein italienisches Vorbild beneiden könnte. Das Schlnßtableciu zeugt von ver¬ schwenderischer Erfindungskraft, und daß der König dem Erasistratus den be¬ scheidnen Lohn von 60 000 Dukaten auf offner Bühne überreicht, ist praktisch und aller Ehren wert. Sonst aber sind die Abweichungen des Dramas von ^er Vorlage gering; die erheblichste möchte die sein, daß Stratonica als Schäferin erscheint. So hat der Dichter den Vorteil gewonnen, auch das so beliebte Schäferspiel in seine Handlung zu verweben und die Tonleiter der Gefühle von der süßlichsten Tändelei bis zu den Schrecken des Meuchelmords und der Hinrichtung durchlaufen zu können. Es versteht sich von selbst, daß Anspielungen auf Personen und Be¬ gebenheiten der antiken Mythologie und Sage in Hülle und Fülle begegnen, ^e gehörten damals zu dem notwendigen Vorrat des poetischen Ausdrucks, Und ihre stehende Verwendung hat sich bekanntlich bis ans die Anfänge Goethes und Schillers erhalten. Außer den bekannten Götternamen, die durch Neu¬ bildungen wie Mnrtispiter und Cypripvr noch vermehrt werden, finden wir, um nur einiges herauszugreifen, die Namen Adonis, Aktäon, Amphion,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/245>, abgerufen am 23.07.2024.