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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Treiben so richtig und mit so viel Treue und Liebe darzustellen, daß man mit
Henry James von seinen Dichtungen sagen kann: So würde ein Kind ge¬
schrieben haben, wenn es die Kindheit von außen sehen könnte. Stevenson
hat der englischen Knabenwelt wieder ihren Jugendroman gegeben; er hielt
den Versuch bei der heutigen Erziehungsweise mit ihrer Betonung des Ver¬
standesmäßigen für gewagt und schrieb deshalb in einem poetischen Vorwort
zu seinem ersten Jugendroman ^rsasuro lÄWä: "Wenn Seemanusgeschichteu
und Matrosenlieder, wenn Stürme und Abenteuer, Hitze und Kälte, wenn
Schooner, Inseln und unbewohnte Küsten, wenn Seeräuber und vergrabene
Schätze, wenn all diese Mären, genau auf alte Weise wiedererzählt, den
weisern Jüngsten unsrer Tage so gefallen, wie sie uns gefallen haben, so ist
es gut, dann stürzt euch drüber her! Wenn nicht, wenn unsre gelehrte Jugend
nicht mehr darnach fragt und ihre alten Lieblinge vergessen hat, Kingston und
den wackern Ballanthne, oder den Cooper der Urwälder und der Ozeane, so
ists auch gut! Ich und alle meine Seeräuber mögen dann das Grab teilen,
in dein jene und ihre Dichtungen ruhen!" Aber wider Erwarten ist I'rot"8ni'v
Ist-urcl nicht nur von den englischen Knaben, sondern merkwürdigerweise gerade
von deu Erwachsenen mit ungeteiltem Beifall aufgenommen worden. Es ist
das richtige do/s vook, voll von abenteuerlichen Erlebnissen, spannenden
Episoden, unheimlichen und biedern Gestalten, deren Schicksale die Phantasie
des jungen Lesers aufs lebhafteste beschäftigen müssen.

Im Gasthaus Admiral Benbow wohnt ein alter Kapitän, ein verschlossener,
geheimnisvoller Mensch mit einer verdächtigen Neigung zur Rumflasche und
einem noch verdächtigem Säbelhieb über der einen Backe. Der Sohn des
Wirtes, Ilm Hnwkins, ein halbwüchsiger Knabe, wird gewissermaßen sein Ver¬
trauter und soll ihm stets mitteilen, wenn seefahrende Leute eintreffen. Der
alte Lsackoss fürchtet die Menschen, besonders einen schrecklichen "Seemann mit
einem Bein." Als eines Tages ein scheußlicher blinder Kerl bei dein Kapitän
erscheint, fällt dieser vor Aufregung tot um. Ilm sucht nun mit seiner Mutter
den Kasten des Verstorbenen durch und findet eine Menge rätselhafter Papiere,
die er dem Doktor Liveseh übergiebt. Aus diesen Schriftstücken erfährt man, daß
der Kapitän ein gefährlicher Seeräuber gewesen ist, und daß er vor Jahren einen
großen Schatz auf der Insel Skeleton-Jsland vergraben hat, deren Lage auf der
Karte genau angegeben wird. Nun beginnt die abenteuerliche Fahrt nach der
Schatzinsel, llnglücklicherweise befindet sich auf dein Schiffe als Koch der Schurke
John silver, jener einbeinige Seemann, der ein Mitgenvsse des alten Kapitäns
gewesen war und um den vergrabenen Schatz weiß. Sein Plan, die Abenteurer
zu töten und sich allein des Schatzes zu bemächtigen, wird durch die Achtsam¬
keit und Schlauheit des jungen Ilm vereitelt. Nach vielen Fährnissen, Meutereien
Und Kämpfen aller Art gelangen der Doktor, Ilm und die übrigen Teilnehmer
in deu Besitz des Schatzes und kehren als reiche Leute nach Bristol zurück.


Treiben so richtig und mit so viel Treue und Liebe darzustellen, daß man mit
Henry James von seinen Dichtungen sagen kann: So würde ein Kind ge¬
schrieben haben, wenn es die Kindheit von außen sehen könnte. Stevenson
hat der englischen Knabenwelt wieder ihren Jugendroman gegeben; er hielt
den Versuch bei der heutigen Erziehungsweise mit ihrer Betonung des Ver¬
standesmäßigen für gewagt und schrieb deshalb in einem poetischen Vorwort
zu seinem ersten Jugendroman ^rsasuro lÄWä: „Wenn Seemanusgeschichteu
und Matrosenlieder, wenn Stürme und Abenteuer, Hitze und Kälte, wenn
Schooner, Inseln und unbewohnte Küsten, wenn Seeräuber und vergrabene
Schätze, wenn all diese Mären, genau auf alte Weise wiedererzählt, den
weisern Jüngsten unsrer Tage so gefallen, wie sie uns gefallen haben, so ist
es gut, dann stürzt euch drüber her! Wenn nicht, wenn unsre gelehrte Jugend
nicht mehr darnach fragt und ihre alten Lieblinge vergessen hat, Kingston und
den wackern Ballanthne, oder den Cooper der Urwälder und der Ozeane, so
ists auch gut! Ich und alle meine Seeräuber mögen dann das Grab teilen,
in dein jene und ihre Dichtungen ruhen!" Aber wider Erwarten ist I'rot»8ni'v
Ist-urcl nicht nur von den englischen Knaben, sondern merkwürdigerweise gerade
von deu Erwachsenen mit ungeteiltem Beifall aufgenommen worden. Es ist
das richtige do/s vook, voll von abenteuerlichen Erlebnissen, spannenden
Episoden, unheimlichen und biedern Gestalten, deren Schicksale die Phantasie
des jungen Lesers aufs lebhafteste beschäftigen müssen.

Im Gasthaus Admiral Benbow wohnt ein alter Kapitän, ein verschlossener,
geheimnisvoller Mensch mit einer verdächtigen Neigung zur Rumflasche und
einem noch verdächtigem Säbelhieb über der einen Backe. Der Sohn des
Wirtes, Ilm Hnwkins, ein halbwüchsiger Knabe, wird gewissermaßen sein Ver¬
trauter und soll ihm stets mitteilen, wenn seefahrende Leute eintreffen. Der
alte Lsackoss fürchtet die Menschen, besonders einen schrecklichen „Seemann mit
einem Bein." Als eines Tages ein scheußlicher blinder Kerl bei dein Kapitän
erscheint, fällt dieser vor Aufregung tot um. Ilm sucht nun mit seiner Mutter
den Kasten des Verstorbenen durch und findet eine Menge rätselhafter Papiere,
die er dem Doktor Liveseh übergiebt. Aus diesen Schriftstücken erfährt man, daß
der Kapitän ein gefährlicher Seeräuber gewesen ist, und daß er vor Jahren einen
großen Schatz auf der Insel Skeleton-Jsland vergraben hat, deren Lage auf der
Karte genau angegeben wird. Nun beginnt die abenteuerliche Fahrt nach der
Schatzinsel, llnglücklicherweise befindet sich auf dein Schiffe als Koch der Schurke
John silver, jener einbeinige Seemann, der ein Mitgenvsse des alten Kapitäns
gewesen war und um den vergrabenen Schatz weiß. Sein Plan, die Abenteurer
zu töten und sich allein des Schatzes zu bemächtigen, wird durch die Achtsam¬
keit und Schlauheit des jungen Ilm vereitelt. Nach vielen Fährnissen, Meutereien
Und Kämpfen aller Art gelangen der Doktor, Ilm und die übrigen Teilnehmer
in deu Besitz des Schatzes und kehren als reiche Leute nach Bristol zurück.


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[0190] Treiben so richtig und mit so viel Treue und Liebe darzustellen, daß man mit Henry James von seinen Dichtungen sagen kann: So würde ein Kind ge¬ schrieben haben, wenn es die Kindheit von außen sehen könnte. Stevenson hat der englischen Knabenwelt wieder ihren Jugendroman gegeben; er hielt den Versuch bei der heutigen Erziehungsweise mit ihrer Betonung des Ver¬ standesmäßigen für gewagt und schrieb deshalb in einem poetischen Vorwort zu seinem ersten Jugendroman ^rsasuro lÄWä: „Wenn Seemanusgeschichteu und Matrosenlieder, wenn Stürme und Abenteuer, Hitze und Kälte, wenn Schooner, Inseln und unbewohnte Küsten, wenn Seeräuber und vergrabene Schätze, wenn all diese Mären, genau auf alte Weise wiedererzählt, den weisern Jüngsten unsrer Tage so gefallen, wie sie uns gefallen haben, so ist es gut, dann stürzt euch drüber her! Wenn nicht, wenn unsre gelehrte Jugend nicht mehr darnach fragt und ihre alten Lieblinge vergessen hat, Kingston und den wackern Ballanthne, oder den Cooper der Urwälder und der Ozeane, so ists auch gut! Ich und alle meine Seeräuber mögen dann das Grab teilen, in dein jene und ihre Dichtungen ruhen!" Aber wider Erwarten ist I'rot»8ni'v Ist-urcl nicht nur von den englischen Knaben, sondern merkwürdigerweise gerade von deu Erwachsenen mit ungeteiltem Beifall aufgenommen worden. Es ist das richtige do/s vook, voll von abenteuerlichen Erlebnissen, spannenden Episoden, unheimlichen und biedern Gestalten, deren Schicksale die Phantasie des jungen Lesers aufs lebhafteste beschäftigen müssen. Im Gasthaus Admiral Benbow wohnt ein alter Kapitän, ein verschlossener, geheimnisvoller Mensch mit einer verdächtigen Neigung zur Rumflasche und einem noch verdächtigem Säbelhieb über der einen Backe. Der Sohn des Wirtes, Ilm Hnwkins, ein halbwüchsiger Knabe, wird gewissermaßen sein Ver¬ trauter und soll ihm stets mitteilen, wenn seefahrende Leute eintreffen. Der alte Lsackoss fürchtet die Menschen, besonders einen schrecklichen „Seemann mit einem Bein." Als eines Tages ein scheußlicher blinder Kerl bei dein Kapitän erscheint, fällt dieser vor Aufregung tot um. Ilm sucht nun mit seiner Mutter den Kasten des Verstorbenen durch und findet eine Menge rätselhafter Papiere, die er dem Doktor Liveseh übergiebt. Aus diesen Schriftstücken erfährt man, daß der Kapitän ein gefährlicher Seeräuber gewesen ist, und daß er vor Jahren einen großen Schatz auf der Insel Skeleton-Jsland vergraben hat, deren Lage auf der Karte genau angegeben wird. Nun beginnt die abenteuerliche Fahrt nach der Schatzinsel, llnglücklicherweise befindet sich auf dein Schiffe als Koch der Schurke John silver, jener einbeinige Seemann, der ein Mitgenvsse des alten Kapitäns gewesen war und um den vergrabenen Schatz weiß. Sein Plan, die Abenteurer zu töten und sich allein des Schatzes zu bemächtigen, wird durch die Achtsam¬ keit und Schlauheit des jungen Ilm vereitelt. Nach vielen Fährnissen, Meutereien Und Kämpfen aller Art gelangen der Doktor, Ilm und die übrigen Teilnehmer in deu Besitz des Schatzes und kehren als reiche Leute nach Bristol zurück.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/190>, abgerufen am 25.08.2024.