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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Studien zur englischen Litteratur der Gegenwart

Die ganze Erzählung ist bei allen phantastischen Verwicklungen mit so viel
Natürlichkeit und psychologischer Feinheit durchgeführt, die Darstellung so
einfach und anschaulich, daß wir uns den Erfolg bei der englischen Jugend
sehr gut erklären können. Weniger verständlich ist es uns, daß auch Erwachsene
in diesen Abenteurergeschichten ihre litterarische Befriedigung finden können.
Ein begeisterter Verehrer Stevensons, der genannte Henry James, sagt:
,/Ir<zstsur" lÄMä wird ein in seiner Art klassisches Buch werden. Das scheint
es schon zu geworden sein und wird es bleiben, dank einer unbeschreiblichen
Mischung von Rätselhaftem und Menschlichem, von überraschenden Ereignissen
und vertrauten Stimmungen. Die Sprache, in der Stevenson seine Geschichte
erzählt, ist ein bewuudernswertes Ausdrucksmittel für diese Stimmungen; mit
ihren Humorvolleu Prahlereien und Sonderbarkeiten erinnert sie an die alten
Balladen und Sagen und setzt alle sympathischen Saiten in Schwingungen."

Dieselben Vorzüge weist auch Stevensons Erzählung XiÄiiaxxeä auf, die
ans einem geschichtlichen Hintergrunde sich abspielt. Stevenson versetzt nus in
jene für Schottland bewegte Zeit des vorigen Jahrhunderts, in der die An¬
hänger der Stunrts trotz der gewaltigen Niederlagen ihr Unwesen in Schott¬
land weiter trieben lind von den Rotröckeu aufs schärfste verfolgt wurden.
Der Held der Erzählung, David Balfour, eines armen Schulmeisters
Sohn, wandert im Jahre 1751 nach dem Tode seiner Eltern zu seinem
Onkel Ebenezer, der bei Edinburg eine Besitzung hat. Davids Bater hat
sich um sein Erbe von diesem habgierigen Bruder prellen lassen; dieser
sieht nun in David einen unangenehmen Mahner und sucht den Knaben
so schnell wie möglich zu beseitigen. Unheimliche Szenen spielen sich in dem
alten verfallenen Schlosse ab. Schließlich wird der Knabe mit List auf ein
Schiff gebracht, um entführt -- liiäimMkä - und uach Karolina in die
Sklaverei verkauft zu werden. Welchem jungen Leser stünden da nicht schon die
Haare zu Berge! Auf den: Schiffe treffen wir um die alten bekannten Ge¬
stalten, den rauhen, abgefeimten Kapitän, den stets betrunkenen Bootsmann,
den mitleidigen Steuermann u. f. w. David Balfour gewinnt sich dnrch Be¬
scheidenheit und Anstelligkeit die Zuneigung und das Vertrauen der Besatzung.
Das Schiff nimmt seinen Kurs um Kap Wrath, wird aber nach Süden ver¬
schlagen und überrennt während eines Nebels ein Boot, aus dein nur ein
Mann, Alan Breck, ans das Schiff gerettet wird. Der Gerettete, ein Jnkobit,
der aus Schottland eine große Summe Geldes geholt hat, begeht die Unvor¬
sichtigkeit, dem Kapitän und der Schiffsmannschaft seinen Reichtum zu zeigen;
sofort erwacht in der Bande der niederträchtige Gedanke, Alan Breck zu töten
und sein Geld zu verleitet,. David belauscht diesen verräterischen Plan und
teilt thu sofort dem Alan Breck mit. Sie verschanzen sich beide in dem ronml
tiouM, wo sich zufällig alle Schußwaffen befinden, und erwarten den Angriff
der Seeleute. Es kommt zu einem furchtbar aufregenden Kampfe, in dem David


Studien zur englischen Litteratur der Gegenwart

Die ganze Erzählung ist bei allen phantastischen Verwicklungen mit so viel
Natürlichkeit und psychologischer Feinheit durchgeführt, die Darstellung so
einfach und anschaulich, daß wir uns den Erfolg bei der englischen Jugend
sehr gut erklären können. Weniger verständlich ist es uns, daß auch Erwachsene
in diesen Abenteurergeschichten ihre litterarische Befriedigung finden können.
Ein begeisterter Verehrer Stevensons, der genannte Henry James, sagt:
,/Ir<zstsur« lÄMä wird ein in seiner Art klassisches Buch werden. Das scheint
es schon zu geworden sein und wird es bleiben, dank einer unbeschreiblichen
Mischung von Rätselhaftem und Menschlichem, von überraschenden Ereignissen
und vertrauten Stimmungen. Die Sprache, in der Stevenson seine Geschichte
erzählt, ist ein bewuudernswertes Ausdrucksmittel für diese Stimmungen; mit
ihren Humorvolleu Prahlereien und Sonderbarkeiten erinnert sie an die alten
Balladen und Sagen und setzt alle sympathischen Saiten in Schwingungen."

Dieselben Vorzüge weist auch Stevensons Erzählung XiÄiiaxxeä auf, die
ans einem geschichtlichen Hintergrunde sich abspielt. Stevenson versetzt nus in
jene für Schottland bewegte Zeit des vorigen Jahrhunderts, in der die An¬
hänger der Stunrts trotz der gewaltigen Niederlagen ihr Unwesen in Schott¬
land weiter trieben lind von den Rotröckeu aufs schärfste verfolgt wurden.
Der Held der Erzählung, David Balfour, eines armen Schulmeisters
Sohn, wandert im Jahre 1751 nach dem Tode seiner Eltern zu seinem
Onkel Ebenezer, der bei Edinburg eine Besitzung hat. Davids Bater hat
sich um sein Erbe von diesem habgierigen Bruder prellen lassen; dieser
sieht nun in David einen unangenehmen Mahner und sucht den Knaben
so schnell wie möglich zu beseitigen. Unheimliche Szenen spielen sich in dem
alten verfallenen Schlosse ab. Schließlich wird der Knabe mit List auf ein
Schiff gebracht, um entführt — liiäimMkä - und uach Karolina in die
Sklaverei verkauft zu werden. Welchem jungen Leser stünden da nicht schon die
Haare zu Berge! Auf den: Schiffe treffen wir um die alten bekannten Ge¬
stalten, den rauhen, abgefeimten Kapitän, den stets betrunkenen Bootsmann,
den mitleidigen Steuermann u. f. w. David Balfour gewinnt sich dnrch Be¬
scheidenheit und Anstelligkeit die Zuneigung und das Vertrauen der Besatzung.
Das Schiff nimmt seinen Kurs um Kap Wrath, wird aber nach Süden ver¬
schlagen und überrennt während eines Nebels ein Boot, aus dein nur ein
Mann, Alan Breck, ans das Schiff gerettet wird. Der Gerettete, ein Jnkobit,
der aus Schottland eine große Summe Geldes geholt hat, begeht die Unvor¬
sichtigkeit, dem Kapitän und der Schiffsmannschaft seinen Reichtum zu zeigen;
sofort erwacht in der Bande der niederträchtige Gedanke, Alan Breck zu töten
und sein Geld zu verleitet,. David belauscht diesen verräterischen Plan und
teilt thu sofort dem Alan Breck mit. Sie verschanzen sich beide in dem ronml
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der Seeleute. Es kommt zu einem furchtbar aufregenden Kampfe, in dem David


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[0191] Studien zur englischen Litteratur der Gegenwart Die ganze Erzählung ist bei allen phantastischen Verwicklungen mit so viel Natürlichkeit und psychologischer Feinheit durchgeführt, die Darstellung so einfach und anschaulich, daß wir uns den Erfolg bei der englischen Jugend sehr gut erklären können. Weniger verständlich ist es uns, daß auch Erwachsene in diesen Abenteurergeschichten ihre litterarische Befriedigung finden können. Ein begeisterter Verehrer Stevensons, der genannte Henry James, sagt: ,/Ir<zstsur« lÄMä wird ein in seiner Art klassisches Buch werden. Das scheint es schon zu geworden sein und wird es bleiben, dank einer unbeschreiblichen Mischung von Rätselhaftem und Menschlichem, von überraschenden Ereignissen und vertrauten Stimmungen. Die Sprache, in der Stevenson seine Geschichte erzählt, ist ein bewuudernswertes Ausdrucksmittel für diese Stimmungen; mit ihren Humorvolleu Prahlereien und Sonderbarkeiten erinnert sie an die alten Balladen und Sagen und setzt alle sympathischen Saiten in Schwingungen." Dieselben Vorzüge weist auch Stevensons Erzählung XiÄiiaxxeä auf, die ans einem geschichtlichen Hintergrunde sich abspielt. Stevenson versetzt nus in jene für Schottland bewegte Zeit des vorigen Jahrhunderts, in der die An¬ hänger der Stunrts trotz der gewaltigen Niederlagen ihr Unwesen in Schott¬ land weiter trieben lind von den Rotröckeu aufs schärfste verfolgt wurden. Der Held der Erzählung, David Balfour, eines armen Schulmeisters Sohn, wandert im Jahre 1751 nach dem Tode seiner Eltern zu seinem Onkel Ebenezer, der bei Edinburg eine Besitzung hat. Davids Bater hat sich um sein Erbe von diesem habgierigen Bruder prellen lassen; dieser sieht nun in David einen unangenehmen Mahner und sucht den Knaben so schnell wie möglich zu beseitigen. Unheimliche Szenen spielen sich in dem alten verfallenen Schlosse ab. Schließlich wird der Knabe mit List auf ein Schiff gebracht, um entführt — liiäimMkä - und uach Karolina in die Sklaverei verkauft zu werden. Welchem jungen Leser stünden da nicht schon die Haare zu Berge! Auf den: Schiffe treffen wir um die alten bekannten Ge¬ stalten, den rauhen, abgefeimten Kapitän, den stets betrunkenen Bootsmann, den mitleidigen Steuermann u. f. w. David Balfour gewinnt sich dnrch Be¬ scheidenheit und Anstelligkeit die Zuneigung und das Vertrauen der Besatzung. Das Schiff nimmt seinen Kurs um Kap Wrath, wird aber nach Süden ver¬ schlagen und überrennt während eines Nebels ein Boot, aus dein nur ein Mann, Alan Breck, ans das Schiff gerettet wird. Der Gerettete, ein Jnkobit, der aus Schottland eine große Summe Geldes geholt hat, begeht die Unvor¬ sichtigkeit, dem Kapitän und der Schiffsmannschaft seinen Reichtum zu zeigen; sofort erwacht in der Bande der niederträchtige Gedanke, Alan Breck zu töten und sein Geld zu verleitet,. David belauscht diesen verräterischen Plan und teilt thu sofort dem Alan Breck mit. Sie verschanzen sich beide in dem ronml tiouM, wo sich zufällig alle Schußwaffen befinden, und erwarten den Angriff der Seeleute. Es kommt zu einem furchtbar aufregenden Kampfe, in dem David

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/191>, abgerufen am 23.07.2024.