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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Die Aündigung der Banknotenprivilegien

in die Welt gesetzt und fast ununterbrochen gepflegt, anstatt nach dem von
selbst sich aufdrängenden obersten Grundsatze zu handeln: daß, wo auf Grund
des staatlich eingeräumten Nvtenprivilegs Kredit gewährt werden kann, dieser
allen Beteiligten gleichmäßig, zu gleichem Zinsfuße einzuräumen sei, daß über¬
haupt alle Einrichtungen der Notenbanken der ganzen ihre Thätigkeit und
Hilfe mit Recht beanspruchenden Bevölkerung gleichmäßig zur Verfügung zu
stellen seien.

Die Neichsbank hat, in den soliden Bahnen der Preußischen Bank sich
fortbewegend, solche Bevorzugungen für unthunlich erklärt und unsers Wissens
vor Jahren beim Bundesrate beantragt, daß er sie den Privntnotenbanken ver¬
biete. Der Bundesrat hat aber leider geglaubt, anßer stände zu sein, nach
dem gegenwärtig geltenden Bankgesetze den Privatnotenbanken solche Be¬
vorzugung ihrer Vettern und Freunde sowie der Großfinanz zu verbieten.
Dadurch ist die Reichsbank geradezu genötigt worden, in Zeiten großen Geld-
überflusfes Wechsel zu einem etwas niedrigern als dem offiziellen Zinsfuße
um offnen Markte anzukaufen, jedoch in einer Weise, daß die Bevorzugung
einzelner Kreditnehmer möglichst ausgeschlossen blieb.

Wir Deutschen sehen mit Verachtung und Entrüstung auf eine" großen
Nachbarstaat herab, wo das Unwesen der Frachtrückvergütnngen (Refaktien)
bei den Eisenbahnen eine trotz aller Gegenanstrengnngen unausrottbare Seite
der weit verbreiteten .Korruption bildet, zum Schade" der Eisenbahnen und
der meisten Verkäufer wie der meisten Abnehmer, namentlich der kleinen Ge¬
schäfttreibenden und zum alleinigen Nutzen der (durchweg aus einem auf¬
dringlichen fremdartigen Vevölkernngsteile hervorgehenden) Grvßspediteure.
Und doch ist das Geschäftsgebaren der Privatnotenbanken derart, daß unsre
geschmähten Nachbarn füglich das Sprichwort vom Splitter und vom Balken
anwenden könnten.

Aber anch in andrer Weise als durch die Ermäßigung des Zinsfußes
bestehen bei den Privatnotenbanken Einrichtungen, durch die die großen Finanz¬
männer, insbesondre die Bankiers, vor dem übrigen Publikum bevorzugt werden.
Die Neichsbank hat, um Handel und Verkehr zu unterstützen, den Giroverkehr
eingeführt und dadurch allerdings diesen Seiten des Geschüftslebens viel ge¬
nützt. Als Teil des Giroverkehrs kam später die völlig spesenfreie Einkassiruug
von Wechseln hinzu. Die Neichsbank besorgte ihren Girokunden am Platze
die Einkassirung ihrer Wechsel, indem sie die nicht eingegangenen innerhalb der
Protestfrist an den Auftraggeber zurückgab. Für diese Geschäftsbesvrgung


anstellt, die mit den einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrats als Kunde" der Bank Geschäfte
abschließen, so ergiebt sich, dasj unfte Privatnotenbanken das allerstärkste Beispiel dafür bieten,
wie in: allgemeinen Interesse erteilte Stnntsprivilcgien im wesentlichen einigen wenigen reichen
Leuten dienen, um diese durch weitere lawinenartige Vermehrung ihres Reichtums ans der
ganzen BeLvlternng herauszuheben und diese ihnen immer mehr unterthan zu machen.
Die Aündigung der Banknotenprivilegien

in die Welt gesetzt und fast ununterbrochen gepflegt, anstatt nach dem von
selbst sich aufdrängenden obersten Grundsatze zu handeln: daß, wo auf Grund
des staatlich eingeräumten Nvtenprivilegs Kredit gewährt werden kann, dieser
allen Beteiligten gleichmäßig, zu gleichem Zinsfuße einzuräumen sei, daß über¬
haupt alle Einrichtungen der Notenbanken der ganzen ihre Thätigkeit und
Hilfe mit Recht beanspruchenden Bevölkerung gleichmäßig zur Verfügung zu
stellen seien.

Die Neichsbank hat, in den soliden Bahnen der Preußischen Bank sich
fortbewegend, solche Bevorzugungen für unthunlich erklärt und unsers Wissens
vor Jahren beim Bundesrate beantragt, daß er sie den Privntnotenbanken ver¬
biete. Der Bundesrat hat aber leider geglaubt, anßer stände zu sein, nach
dem gegenwärtig geltenden Bankgesetze den Privatnotenbanken solche Be¬
vorzugung ihrer Vettern und Freunde sowie der Großfinanz zu verbieten.
Dadurch ist die Reichsbank geradezu genötigt worden, in Zeiten großen Geld-
überflusfes Wechsel zu einem etwas niedrigern als dem offiziellen Zinsfuße
um offnen Markte anzukaufen, jedoch in einer Weise, daß die Bevorzugung
einzelner Kreditnehmer möglichst ausgeschlossen blieb.

Wir Deutschen sehen mit Verachtung und Entrüstung auf eine» großen
Nachbarstaat herab, wo das Unwesen der Frachtrückvergütnngen (Refaktien)
bei den Eisenbahnen eine trotz aller Gegenanstrengnngen unausrottbare Seite
der weit verbreiteten .Korruption bildet, zum Schade» der Eisenbahnen und
der meisten Verkäufer wie der meisten Abnehmer, namentlich der kleinen Ge¬
schäfttreibenden und zum alleinigen Nutzen der (durchweg aus einem auf¬
dringlichen fremdartigen Vevölkernngsteile hervorgehenden) Grvßspediteure.
Und doch ist das Geschäftsgebaren der Privatnotenbanken derart, daß unsre
geschmähten Nachbarn füglich das Sprichwort vom Splitter und vom Balken
anwenden könnten.

Aber anch in andrer Weise als durch die Ermäßigung des Zinsfußes
bestehen bei den Privatnotenbanken Einrichtungen, durch die die großen Finanz¬
männer, insbesondre die Bankiers, vor dem übrigen Publikum bevorzugt werden.
Die Neichsbank hat, um Handel und Verkehr zu unterstützen, den Giroverkehr
eingeführt und dadurch allerdings diesen Seiten des Geschüftslebens viel ge¬
nützt. Als Teil des Giroverkehrs kam später die völlig spesenfreie Einkassiruug
von Wechseln hinzu. Die Neichsbank besorgte ihren Girokunden am Platze
die Einkassirung ihrer Wechsel, indem sie die nicht eingegangenen innerhalb der
Protestfrist an den Auftraggeber zurückgab. Für diese Geschäftsbesvrgung


anstellt, die mit den einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrats als Kunde» der Bank Geschäfte
abschließen, so ergiebt sich, dasj unfte Privatnotenbanken das allerstärkste Beispiel dafür bieten,
wie in: allgemeinen Interesse erteilte Stnntsprivilcgien im wesentlichen einigen wenigen reichen
Leuten dienen, um diese durch weitere lawinenartige Vermehrung ihres Reichtums ans der
ganzen BeLvlternng herauszuheben und diese ihnen immer mehr unterthan zu machen.
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[0076] Die Aündigung der Banknotenprivilegien in die Welt gesetzt und fast ununterbrochen gepflegt, anstatt nach dem von selbst sich aufdrängenden obersten Grundsatze zu handeln: daß, wo auf Grund des staatlich eingeräumten Nvtenprivilegs Kredit gewährt werden kann, dieser allen Beteiligten gleichmäßig, zu gleichem Zinsfuße einzuräumen sei, daß über¬ haupt alle Einrichtungen der Notenbanken der ganzen ihre Thätigkeit und Hilfe mit Recht beanspruchenden Bevölkerung gleichmäßig zur Verfügung zu stellen seien. Die Neichsbank hat, in den soliden Bahnen der Preußischen Bank sich fortbewegend, solche Bevorzugungen für unthunlich erklärt und unsers Wissens vor Jahren beim Bundesrate beantragt, daß er sie den Privntnotenbanken ver¬ biete. Der Bundesrat hat aber leider geglaubt, anßer stände zu sein, nach dem gegenwärtig geltenden Bankgesetze den Privatnotenbanken solche Be¬ vorzugung ihrer Vettern und Freunde sowie der Großfinanz zu verbieten. Dadurch ist die Reichsbank geradezu genötigt worden, in Zeiten großen Geld- überflusfes Wechsel zu einem etwas niedrigern als dem offiziellen Zinsfuße um offnen Markte anzukaufen, jedoch in einer Weise, daß die Bevorzugung einzelner Kreditnehmer möglichst ausgeschlossen blieb. Wir Deutschen sehen mit Verachtung und Entrüstung auf eine» großen Nachbarstaat herab, wo das Unwesen der Frachtrückvergütnngen (Refaktien) bei den Eisenbahnen eine trotz aller Gegenanstrengnngen unausrottbare Seite der weit verbreiteten .Korruption bildet, zum Schade» der Eisenbahnen und der meisten Verkäufer wie der meisten Abnehmer, namentlich der kleinen Ge¬ schäfttreibenden und zum alleinigen Nutzen der (durchweg aus einem auf¬ dringlichen fremdartigen Vevölkernngsteile hervorgehenden) Grvßspediteure. Und doch ist das Geschäftsgebaren der Privatnotenbanken derart, daß unsre geschmähten Nachbarn füglich das Sprichwort vom Splitter und vom Balken anwenden könnten. Aber anch in andrer Weise als durch die Ermäßigung des Zinsfußes bestehen bei den Privatnotenbanken Einrichtungen, durch die die großen Finanz¬ männer, insbesondre die Bankiers, vor dem übrigen Publikum bevorzugt werden. Die Neichsbank hat, um Handel und Verkehr zu unterstützen, den Giroverkehr eingeführt und dadurch allerdings diesen Seiten des Geschüftslebens viel ge¬ nützt. Als Teil des Giroverkehrs kam später die völlig spesenfreie Einkassiruug von Wechseln hinzu. Die Neichsbank besorgte ihren Girokunden am Platze die Einkassirung ihrer Wechsel, indem sie die nicht eingegangenen innerhalb der Protestfrist an den Auftraggeber zurückgab. Für diese Geschäftsbesvrgung anstellt, die mit den einzelnen Mitgliedern des Aufsichtsrats als Kunde» der Bank Geschäfte abschließen, so ergiebt sich, dasj unfte Privatnotenbanken das allerstärkste Beispiel dafür bieten, wie in: allgemeinen Interesse erteilte Stnntsprivilcgien im wesentlichen einigen wenigen reichen Leuten dienen, um diese durch weitere lawinenartige Vermehrung ihres Reichtums ans der ganzen BeLvlternng herauszuheben und diese ihnen immer mehr unterthan zu machen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/76>, abgerufen am 22.12.2024.