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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Entschluß, ein Bündnis zwischen den Westmächten gegen den amerikanischen
Niesen wie kurz vorher gegen den russischen, kräftige Unterstützung der Sezessio-
nisten durch eine Armada mit Landungstruppen, und die Union wäre sür immer
zerfallen, und zwar nicht bloß in zwei, sondern über kurz oder lang mindestens
in vier Stücke: die atlantischen und Uankeestaaten, die des Mississippibeckens
bis an Dixons und Masons Line, die am Stillen Meere und die im Süden
dieser Grenze, die allesamt mehr oder minder verschiedne Interessen hatten und
eine Bevölkerung verschiednen Charakters zeigten.

Unfähigkeit, sich rasch zu einem großen Schritte zu entschließen, Über¬
schätzung der Schwierigkeiten, die ihn immerhin als ein gefährliches Wagnis
auffaßte, ließen es nicht zu rechter Zeit zur Intervention kommen, und inzwischen
begann sich die Wagschale des Krieges, in der die lmudesstaatlichen Interessen
und Bestrebungen lagen, schon sichtlich zu neigen, und damit erhob die Monroe-
Doktrin, positiv der Ausdruck des Kraftgefühls der Mnkees, wieder ihr Haupt.
In Mexiko war eingetreten, was Mvnroe in seiner oben angeführten Botschaft
für unmöglich gehalten hatte: man hatte sich im Erzherzog Maximilian einen
Kaiser gegeben, Napoleon der Dritte unterstützte ihn mit einem ansehnlichen
Heere, dem sich englische und spanische Truppen anschlössen. Aber die Ge¬
legenheit war nicht zu der einzig geeigneten Zeit und nicht nur rechten Orte,
d. h, nicht am Potomac oder sonstwo in den Vereinigten Staaten selbst, wahr¬
genommen worden, und so erwies sich die Expedition als eine Halbheit, die
über kurz oder laug mißglücken mußte. England und Spanien zogen sich sehr
bald vor dein nun drohenden <^no8 <ZKo aus Washington zurück, Napoleon
räumte etwas später, nicht ohne Schaden für sein Ansehen, aus gleicher Rück¬
sicht das Feld, und Kaiser Max, dessen Ehrgeiz das Sprichwort: Wer sich in
Gefahr begiebt, kommt darin um, außer Acht gelassen hatte, wurde hingerichtet,
mit demselben Rechte ungefähr, mit dem nun amerikanische Eindringlinge er¬
schossen oder gehenkt hätte, die irgendwo in einem europäischen Staate dem
Volke die Republik zu bringen gewagt hätten. Die Monrve-Doktrin war es,
wenigstens mittelbar, gewesen, die ihn auf deu Sandhaufen geschickt und seinen
dreiköpfigen europäischem Beistand heimgefegt hatte. Sie hatte sich als hin¬
reichend kräftig bewährt, es gab fortan für die nordische Republik keinen
monarchischen Nachbar mehr, an deu sich die Südstaaten, die bei lungern Be¬
stehen oder etwaigem Wiederaufleben der Sezession, dein Charakter der in ihnen
herrschenden Klasse folgend, wahrscheinlich selbst eine Monarchie geworden wären,
Hütten anlehnen tonnen, und nachdem man sich gewehrt und gesichert hatte,
konnte man wieder, wenn auch jetzt nur diplomatisch, die aggressive Seite der
Doktrin hervorkehren und bei Gelegenheit der Welt den Pannmerikanismus,
das Streben mindestens nach der Hegemonie der Vereinigten Staaten über Amerika
fühlen lassen und unter der Hand langsam die Einverleibung der übrigen
Republiken des Weltteils vorbereiten.


Entschluß, ein Bündnis zwischen den Westmächten gegen den amerikanischen
Niesen wie kurz vorher gegen den russischen, kräftige Unterstützung der Sezessio-
nisten durch eine Armada mit Landungstruppen, und die Union wäre sür immer
zerfallen, und zwar nicht bloß in zwei, sondern über kurz oder lang mindestens
in vier Stücke: die atlantischen und Uankeestaaten, die des Mississippibeckens
bis an Dixons und Masons Line, die am Stillen Meere und die im Süden
dieser Grenze, die allesamt mehr oder minder verschiedne Interessen hatten und
eine Bevölkerung verschiednen Charakters zeigten.

Unfähigkeit, sich rasch zu einem großen Schritte zu entschließen, Über¬
schätzung der Schwierigkeiten, die ihn immerhin als ein gefährliches Wagnis
auffaßte, ließen es nicht zu rechter Zeit zur Intervention kommen, und inzwischen
begann sich die Wagschale des Krieges, in der die lmudesstaatlichen Interessen
und Bestrebungen lagen, schon sichtlich zu neigen, und damit erhob die Monroe-
Doktrin, positiv der Ausdruck des Kraftgefühls der Mnkees, wieder ihr Haupt.
In Mexiko war eingetreten, was Mvnroe in seiner oben angeführten Botschaft
für unmöglich gehalten hatte: man hatte sich im Erzherzog Maximilian einen
Kaiser gegeben, Napoleon der Dritte unterstützte ihn mit einem ansehnlichen
Heere, dem sich englische und spanische Truppen anschlössen. Aber die Ge¬
legenheit war nicht zu der einzig geeigneten Zeit und nicht nur rechten Orte,
d. h, nicht am Potomac oder sonstwo in den Vereinigten Staaten selbst, wahr¬
genommen worden, und so erwies sich die Expedition als eine Halbheit, die
über kurz oder laug mißglücken mußte. England und Spanien zogen sich sehr
bald vor dein nun drohenden <^no8 <ZKo aus Washington zurück, Napoleon
räumte etwas später, nicht ohne Schaden für sein Ansehen, aus gleicher Rück¬
sicht das Feld, und Kaiser Max, dessen Ehrgeiz das Sprichwort: Wer sich in
Gefahr begiebt, kommt darin um, außer Acht gelassen hatte, wurde hingerichtet,
mit demselben Rechte ungefähr, mit dem nun amerikanische Eindringlinge er¬
schossen oder gehenkt hätte, die irgendwo in einem europäischen Staate dem
Volke die Republik zu bringen gewagt hätten. Die Monrve-Doktrin war es,
wenigstens mittelbar, gewesen, die ihn auf deu Sandhaufen geschickt und seinen
dreiköpfigen europäischem Beistand heimgefegt hatte. Sie hatte sich als hin¬
reichend kräftig bewährt, es gab fortan für die nordische Republik keinen
monarchischen Nachbar mehr, an deu sich die Südstaaten, die bei lungern Be¬
stehen oder etwaigem Wiederaufleben der Sezession, dein Charakter der in ihnen
herrschenden Klasse folgend, wahrscheinlich selbst eine Monarchie geworden wären,
Hütten anlehnen tonnen, und nachdem man sich gewehrt und gesichert hatte,
konnte man wieder, wenn auch jetzt nur diplomatisch, die aggressive Seite der
Doktrin hervorkehren und bei Gelegenheit der Welt den Pannmerikanismus,
das Streben mindestens nach der Hegemonie der Vereinigten Staaten über Amerika
fühlen lassen und unter der Hand langsam die Einverleibung der übrigen
Republiken des Weltteils vorbereiten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/70>, abgerufen am 04.07.2024.