Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Aus Nenösterreich Nachbarn fragen, ob sie es zu dem geforderten Preise kaufen wollen; haben Aus Nenösterreich Nachbarn fragen, ob sie es zu dem geforderten Preise kaufen wollen; haben <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0583" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206582"/> <fw type="header" place="top"> Aus Nenösterreich</fw><lb/> <p xml:id="ID_1923" prev="#ID_1922" next="#ID_1924"> Nachbarn fragen, ob sie es zu dem geforderten Preise kaufen wollen; haben<lb/> sie keine Lust dazu, so kann er es anderweit verkaufen, dies muß aber im<lb/> Kaufvertrag ausdrücklich bemerkt werden, sonst ist der Kauf ungiltig. Söhne<lb/> können sich von ihren Eltern bei Lebzeiten und ohne deren Bewilligung nicht<lb/> trennen. Denn der Vater kaun nach Gutdünken schon bei Lebzeiten sein Ver¬<lb/> mögen verteilen; stirbt er ohne Testament, so wird das Vermögen zu gleichen<lb/> Teilen unter die Kinder verteilt, wobei aber der Witwe die lebenslängliche<lb/> Nutznießung des Gesamtvermögens gesichert bleibt. Verheiratet sich ein Mäd¬<lb/> chen, so hat sie uur Anspruch auf die Mitgift, die ihr die Eltern freiwillig<lb/> geben. Eine kinderlose Witwe genießt, so lange sie unverheiratet bleibt, das<lb/> ganze Einkommen von dem Vermögen ihres Mannes, vermählt sie sich wieder,<lb/> so erhält sie nur eine Rente von höchstens 10 Thalern. Stirbt der Vater,<lb/> ohne Sohne zu hinterlassen, so erben die Töchter alles bis ans die Waffen,<lb/> die der nächste männliche Verwandte erhält; hat der Vater aber Schwestern,<lb/> so bekommen diese ein Drittel seines Nachlasses. Erhält ein junges Mädchen<lb/> Güter als Mitgift und bleibt in der Ehe kinderlos, so fallen nach ihrem Tode<lb/> ihre Gitter an ihre Geschwister. Will sich jemand verheiraten, so muß er<lb/> dies drei Tage vor der Hochzeit dein Ortsgeistlichen mitteilen, damit dieser<lb/> das Mädchen um ihre Zustimmung frage. Verweigert fie diese, so darf der<lb/> Geistliche nicht trauen, sonst wird er seines Amtes entsetzt. Nimmt jemand<lb/> die Frau eines andern, oder entführt er ein Mädchen, das ihm nicht von<lb/> dessen Eltern oder Verwandten verlobt worden ist, so wird er Landes ver¬<lb/> wiesen und sein Vermögen weggenommen. Vereinigt sich aber ein Mädchen<lb/> aus eigner Wahl, einem Manne, selbst gegen den Willen der Eltern, so kauu<lb/> ihr niemand etwas anhaben. Verführt ein Montenegriner ein Mädchen und<lb/> will er sie dann nicht heiraten, so zahlt er ihr 150 Thaler zum Unterhalt<lb/> des Kindes, und dieses tritt, nachdem es volljährig ist, in die Rechte der ehelich<lb/> gebornen Kiuder. Ueberrascht ein Montenegriner seine Frau beim Ehebruch so<lb/> kann er sie und ihren Liebhaber töten; entflieht sie, so wird sie Landes verwiesen.<lb/> Herrscht in der Ehe Unfrieden, so darf sich der Mann von der Frau trennen,<lb/> doch dürfen beide Teile nicht wieder heiraten, und er muß für den Unterhalt<lb/> der Frau Sorge tragen, giebt diese aber nach der Trennung Anlaß zu Ärgernis,<lb/> so füllt die Versorgung weg. Ein auf der That ergriffener Dieb erhält Stock¬<lb/> schläge, und zwar gebühren ihm für einen Waffendiebstcchl hundert, für ein<lb/> Pferd oder einen Ochsen fünfzig und für Hammel und kleinere Diebstähle<lb/> zwanzig Prügel. Wird er zum drittenmal beim Diebstahl abgefaßt, so wird<lb/> er erschossen; der, der ihn abfaßt, erhält zwanzig Thaler Belohnung. Ein<lb/> Raubanfall auf fremdem Gebiete hingegen wird nicht als Diebstahl angesehen,<lb/> nur wenn dem Staate dadurch diplomatische Schwierigkeiten erwachsen, wird<lb/> der Anführer eines solchen Raubzuges mit Staatsgefäuguis bis zu sechs Mo¬<lb/> naten gestraft, was aber als keine entehrende Strafe gilt. Jeder Flüchtling,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0583]
Aus Nenösterreich
Nachbarn fragen, ob sie es zu dem geforderten Preise kaufen wollen; haben
sie keine Lust dazu, so kann er es anderweit verkaufen, dies muß aber im
Kaufvertrag ausdrücklich bemerkt werden, sonst ist der Kauf ungiltig. Söhne
können sich von ihren Eltern bei Lebzeiten und ohne deren Bewilligung nicht
trennen. Denn der Vater kaun nach Gutdünken schon bei Lebzeiten sein Ver¬
mögen verteilen; stirbt er ohne Testament, so wird das Vermögen zu gleichen
Teilen unter die Kinder verteilt, wobei aber der Witwe die lebenslängliche
Nutznießung des Gesamtvermögens gesichert bleibt. Verheiratet sich ein Mäd¬
chen, so hat sie uur Anspruch auf die Mitgift, die ihr die Eltern freiwillig
geben. Eine kinderlose Witwe genießt, so lange sie unverheiratet bleibt, das
ganze Einkommen von dem Vermögen ihres Mannes, vermählt sie sich wieder,
so erhält sie nur eine Rente von höchstens 10 Thalern. Stirbt der Vater,
ohne Sohne zu hinterlassen, so erben die Töchter alles bis ans die Waffen,
die der nächste männliche Verwandte erhält; hat der Vater aber Schwestern,
so bekommen diese ein Drittel seines Nachlasses. Erhält ein junges Mädchen
Güter als Mitgift und bleibt in der Ehe kinderlos, so fallen nach ihrem Tode
ihre Gitter an ihre Geschwister. Will sich jemand verheiraten, so muß er
dies drei Tage vor der Hochzeit dein Ortsgeistlichen mitteilen, damit dieser
das Mädchen um ihre Zustimmung frage. Verweigert fie diese, so darf der
Geistliche nicht trauen, sonst wird er seines Amtes entsetzt. Nimmt jemand
die Frau eines andern, oder entführt er ein Mädchen, das ihm nicht von
dessen Eltern oder Verwandten verlobt worden ist, so wird er Landes ver¬
wiesen und sein Vermögen weggenommen. Vereinigt sich aber ein Mädchen
aus eigner Wahl, einem Manne, selbst gegen den Willen der Eltern, so kauu
ihr niemand etwas anhaben. Verführt ein Montenegriner ein Mädchen und
will er sie dann nicht heiraten, so zahlt er ihr 150 Thaler zum Unterhalt
des Kindes, und dieses tritt, nachdem es volljährig ist, in die Rechte der ehelich
gebornen Kiuder. Ueberrascht ein Montenegriner seine Frau beim Ehebruch so
kann er sie und ihren Liebhaber töten; entflieht sie, so wird sie Landes verwiesen.
Herrscht in der Ehe Unfrieden, so darf sich der Mann von der Frau trennen,
doch dürfen beide Teile nicht wieder heiraten, und er muß für den Unterhalt
der Frau Sorge tragen, giebt diese aber nach der Trennung Anlaß zu Ärgernis,
so füllt die Versorgung weg. Ein auf der That ergriffener Dieb erhält Stock¬
schläge, und zwar gebühren ihm für einen Waffendiebstcchl hundert, für ein
Pferd oder einen Ochsen fünfzig und für Hammel und kleinere Diebstähle
zwanzig Prügel. Wird er zum drittenmal beim Diebstahl abgefaßt, so wird
er erschossen; der, der ihn abfaßt, erhält zwanzig Thaler Belohnung. Ein
Raubanfall auf fremdem Gebiete hingegen wird nicht als Diebstahl angesehen,
nur wenn dem Staate dadurch diplomatische Schwierigkeiten erwachsen, wird
der Anführer eines solchen Raubzuges mit Staatsgefäuguis bis zu sechs Mo¬
naten gestraft, was aber als keine entehrende Strafe gilt. Jeder Flüchtling,
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