Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Ans Nenösterreich nur an den Grenzwächtern Bosniens, an dem stolzen Maglie und Wvlnjak Nach etwa einstündigem Aufenthalt verließen wir die stolze Dormitor- In sast gehobener Stimmung (kein Wunder, denn es wurde ein 37 Liter Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist die Gesetzgebung eines Landes Ans Nenösterreich nur an den Grenzwächtern Bosniens, an dem stolzen Maglie und Wvlnjak Nach etwa einstündigem Aufenthalt verließen wir die stolze Dormitor- In sast gehobener Stimmung (kein Wunder, denn es wurde ein 37 Liter Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist die Gesetzgebung eines Landes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0581" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206580"/> <fw type="header" place="top"> Ans Nenösterreich</fw><lb/> <p xml:id="ID_1918" prev="#ID_1917"> nur an den Grenzwächtern Bosniens, an dem stolzen Maglie und Wvlnjak<lb/> verdeckte eine dichte Nebelschicht den Einblick in das böhmische Gebiet. Für<lb/> einen Augenblick standen wir sprachlos in stummem Entzücken über die Gro߬<lb/> artigkeit dieser Rundsicht, dann brachte ein donnerndes Zivio und einige weit¬<lb/> hinschallende Flintenschüsse dein König des Gebirges unsern Gruß dar. „Nicht<lb/> so hoch, wie ich glaubte und wie die Angaben lauteten, kaum 2660 Meter,"<lb/> sagte der immer gründliche Doktor; dann verlangte er zu meinem Erstannen<lb/> von seinem Diener sein Rasierzeug und ließ sich in aller Seelenruhe seinen<lb/> kleinen Stutzbart abnehmen. „Das kann mir nicht jeder nachmachen," sagte<lb/> er, und wir mußten ihm beistimmen. In eine der geleerten Flaschen steckten<lb/> wir dann eine auf Pergnmentpapier geschriebene Urkunde unsrer Besteigung<lb/> und vergruben sie zwischen den Steinen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1919"> Nach etwa einstündigem Aufenthalt verließen wir die stolze Dormitor-<lb/> IPitze und begannen den beschwerlichen Abstieg. Unterwegs stießen unsre Führer<lb/> auf ein Nudel harmlos grasender Gemsen, auf die sie eine regellose Jagd be¬<lb/> gannen, was uns etwa zwei Stunden Verzögerung, fünf Gemsen aber das<lb/> Leben kostete. Gegen elf Uhr erreichten wir unser Lager, wo ich Gelegenheit<lb/> hatte, ein neues Küchenrezept zu erHaschen, da des Doktors Bursche eben dabei<lb/> war, einen Ränberbraten, wie er es in seiner Heimat, in den dichtbewaldetcn<lb/> Karpathen gelernt hatte, für uns zuzubereiten. Ein beliebiges Stück Fleisch<lb/> wird in handtellergroße und fingerdicke Stücke geschnitten, diese werden dann<lb/> auf einen dünnen Stock, immer abwechselnd mit je einer Speckscheibe aufge¬<lb/> spießt, mit Salz und Pfeffer eingerieben und am offnen Feuer so lange ge¬<lb/> dreht, bis sich die einzelnen Scheiben aufzurollen beginnen. Zuletzt gießt man<lb/> Rotwein darüber, läßt sie nochmals einige Minuten rösten, und ein äußerst<lb/> schmackhaftes Gericht ist fertig. Uns allen mundete es so vorzüglich, daß binnen<lb/> kurzem eine halbe Gemse vollständig verschwunden war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1920"> In sast gehobener Stimmung (kein Wunder, denn es wurde ein 37 Liter<lb/> haltendes Fäßchen Rotwein, nebst beträchtlichen Mengen Rum und Schnaps,<lb/> ausgetrunken) erreichten wir gegen Abend Dobrujcck, wo uns zu Ehren ein<lb/> großes Fest veranstaltet wurde, das in einem allgemeinen Schmaus für das<lb/> ganze Dorf gipfelte, zu welchem außer den von uns gelieferten Gemsen noch<lb/> etliche Schafe geschlachtet wurden. Ich war froh, gegen Mitternacht endlich<lb/> meine todmüden Glieder ausstrecken zu können. Am andern Morgen hatte der<lb/> Doktor schon zu früher Stunde mit seinen Kranken zu thun, ich wohnte<lb/> »nterdeß einer Gerichtssitzung bei, an der außer unserm Gnstfreund einige<lb/> Ortsältesten und der Geistliche Teil nahmen. Später, nach herzlichster Ver¬<lb/> abschiedung, traten wir gegen Mittag unsern Heimweg an und erreichten spät<lb/> in der Nacht unser Blockhaus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1921" next="#ID_1922"> Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist die Gesetzgebung eines Landes<lb/> das sicherste Kennzeichen seiner Entwicklungsstufe, seines innern Gesamtlebens</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0581]
Ans Nenösterreich
nur an den Grenzwächtern Bosniens, an dem stolzen Maglie und Wvlnjak
verdeckte eine dichte Nebelschicht den Einblick in das böhmische Gebiet. Für
einen Augenblick standen wir sprachlos in stummem Entzücken über die Gro߬
artigkeit dieser Rundsicht, dann brachte ein donnerndes Zivio und einige weit¬
hinschallende Flintenschüsse dein König des Gebirges unsern Gruß dar. „Nicht
so hoch, wie ich glaubte und wie die Angaben lauteten, kaum 2660 Meter,"
sagte der immer gründliche Doktor; dann verlangte er zu meinem Erstannen
von seinem Diener sein Rasierzeug und ließ sich in aller Seelenruhe seinen
kleinen Stutzbart abnehmen. „Das kann mir nicht jeder nachmachen," sagte
er, und wir mußten ihm beistimmen. In eine der geleerten Flaschen steckten
wir dann eine auf Pergnmentpapier geschriebene Urkunde unsrer Besteigung
und vergruben sie zwischen den Steinen.
Nach etwa einstündigem Aufenthalt verließen wir die stolze Dormitor-
IPitze und begannen den beschwerlichen Abstieg. Unterwegs stießen unsre Führer
auf ein Nudel harmlos grasender Gemsen, auf die sie eine regellose Jagd be¬
gannen, was uns etwa zwei Stunden Verzögerung, fünf Gemsen aber das
Leben kostete. Gegen elf Uhr erreichten wir unser Lager, wo ich Gelegenheit
hatte, ein neues Küchenrezept zu erHaschen, da des Doktors Bursche eben dabei
war, einen Ränberbraten, wie er es in seiner Heimat, in den dichtbewaldetcn
Karpathen gelernt hatte, für uns zuzubereiten. Ein beliebiges Stück Fleisch
wird in handtellergroße und fingerdicke Stücke geschnitten, diese werden dann
auf einen dünnen Stock, immer abwechselnd mit je einer Speckscheibe aufge¬
spießt, mit Salz und Pfeffer eingerieben und am offnen Feuer so lange ge¬
dreht, bis sich die einzelnen Scheiben aufzurollen beginnen. Zuletzt gießt man
Rotwein darüber, läßt sie nochmals einige Minuten rösten, und ein äußerst
schmackhaftes Gericht ist fertig. Uns allen mundete es so vorzüglich, daß binnen
kurzem eine halbe Gemse vollständig verschwunden war.
In sast gehobener Stimmung (kein Wunder, denn es wurde ein 37 Liter
haltendes Fäßchen Rotwein, nebst beträchtlichen Mengen Rum und Schnaps,
ausgetrunken) erreichten wir gegen Abend Dobrujcck, wo uns zu Ehren ein
großes Fest veranstaltet wurde, das in einem allgemeinen Schmaus für das
ganze Dorf gipfelte, zu welchem außer den von uns gelieferten Gemsen noch
etliche Schafe geschlachtet wurden. Ich war froh, gegen Mitternacht endlich
meine todmüden Glieder ausstrecken zu können. Am andern Morgen hatte der
Doktor schon zu früher Stunde mit seinen Kranken zu thun, ich wohnte
»nterdeß einer Gerichtssitzung bei, an der außer unserm Gnstfreund einige
Ortsältesten und der Geistliche Teil nahmen. Später, nach herzlichster Ver¬
abschiedung, traten wir gegen Mittag unsern Heimweg an und erreichten spät
in der Nacht unser Blockhaus.
Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist die Gesetzgebung eines Landes
das sicherste Kennzeichen seiner Entwicklungsstufe, seines innern Gesamtlebens
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