Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Buckle und Darwin mit wenn sie einen Stammbaum der chemischen Elemente aufstellten, in dem Zweitens beweist der Physiker die Richtigkeit seiner Hypothesen dnrch das Der Schlußsatz des oben angeführten Abschnittes aus Darwin enthält noch Buckle und Darwin mit wenn sie einen Stammbaum der chemischen Elemente aufstellten, in dem Zweitens beweist der Physiker die Richtigkeit seiner Hypothesen dnrch das Der Schlußsatz des oben angeführten Abschnittes aus Darwin enthält noch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0568" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206567"/> <fw type="header" place="top"> Buckle und Darwin</fw><lb/> <p xml:id="ID_1881" prev="#ID_1880"> mit wenn sie einen Stammbaum der chemischen Elemente aufstellten, in dem<lb/> der leichte Wasserstoff als Wurzel, Gold und Platin als Spitzen der Krone<lb/> erscheinen würden. Dergleichen Spekulationen werden ja von manchen Phy¬<lb/> siker» wirklich angestellt, aber mit dem klaren Bewußtsein, daß es philosophische<lb/> Spekulationen und nicht für die exakte Wissenschaft verwendbare Hypothesen seien.</p><lb/> <p xml:id="ID_1882"> Zweitens beweist der Physiker die Richtigkeit seiner Hypothesen dnrch das<lb/> Experiment. Die von Darwin selbst zum Vergleich herangezogene Hypothese<lb/> wird dadurch gerechtfertigt, daß man Lichtstrahlen gegen einander sendet und<lb/> voraussetzt, in welchen Fällen verstärktes Licht, geschwächtes Licht oder Dunkel¬<lb/> heit eintreten wird. Gelingen dem Physiker die Experimente nicht, mit denen<lb/> er eine Hypothese beweisen will, dann zieht jedermann ohne Schonung und<lb/> Erbarmen deu Schluß, daß entweder er ein ungeschickter Experimentator oder<lb/> seine Hypothese falsch sei. In der Wissenschaft darf man nichts glauben,<lb/> sondern darf uur für wahr annehmen, was durch handgreifliche und augen¬<lb/> scheinliche Beweisstücke erhärtet ist; das ist eben der Unterschied zwischen exakter<lb/> Wissenschaft und religiösem Glauben. Allerdings hat die Annahme des Äthers<lb/> einige Ähnlichkeit mit dem Glauben, aber sie ist nicht Glauben, sondern eben<lb/> Annahme. Die Äther- und Wellenhypothese würde ihren vollen Wert selbst<lb/> dann behalten, wenn es gar keinen Äther gäbe; denn sie setzt uns in den<lb/> Stand, den Lauf gewisser Naturerscheinungen nach unserm Willen und Be¬<lb/> dürfnis zu leiten. Giebt es keinen Äther, so dient seine Annahme dem Phy¬<lb/> siker, wie das x, die imaginäre Zahl oder eine andre solche Rechengröße dem<lb/> Mathematiker. Um ihre Hypothese einer solchen Physikalischen gleichwertig zu<lb/> machen, müßten die Darwinianer uns die Verwandlung einer Art in die andre<lb/> vormachen. Mit den Millionen Jahren, die dazu nötig sein sollen, lassen wir<lb/> uns nicht abspeisen, denn die Tierzüchter vermögen die Umwandlung ganz<lb/> außerordentlich zu beschleunigen. Wer eine Geflügelallsstellung besucht, er¬<lb/> staunt immer aufs neue über die sonderbaren Gestalten, in die des Züchters<lb/> Laune Tauben und Hühner hineinzwängt. Warum also nicht eine wissen¬<lb/> schaftliche Zuchtcmstnlt gründen und sich die Züchtung von Hühnern ans<lb/> Tauben und von Fasanen aus Hühnern zum Ziele setzen? Binnen weniger<lb/> als fünfzig Jahren braucht ja das Ziel nicht erreicht zu werden. Gelingt der<lb/> Versuch, so ist der Hauptsatz des Darwinismus bewiesen. Mißlingt er, so ist<lb/> bewiesen, daß die Natur bei der Bildung der Arten über Kräfte verfügt hat,<lb/> die heute nicht mehr wirksam sind, und Kunstgriffe angewendet hat, die sie<lb/> uns nicht verrät.</p><lb/> <p xml:id="ID_1883" next="#ID_1884"> Der Schlußsatz des oben angeführten Abschnittes aus Darwin enthält noch<lb/> einen dritten Fehler, den Häckel zum Angelpunkte seiner Bestrebungen gemacht<lb/> hat, die Ansicht nämlich, es sei Aufgabe der Wissenschaft, zu erklären, wie die<lb/> Welt geworden ist, und eine Lehre, die das nicht leiste, sei keine Wissenschaft.<lb/> In seinem Vortrage „Über Entwicklungsgang und Aufgabe der Zoologie"</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0568]
Buckle und Darwin
mit wenn sie einen Stammbaum der chemischen Elemente aufstellten, in dem
der leichte Wasserstoff als Wurzel, Gold und Platin als Spitzen der Krone
erscheinen würden. Dergleichen Spekulationen werden ja von manchen Phy¬
siker» wirklich angestellt, aber mit dem klaren Bewußtsein, daß es philosophische
Spekulationen und nicht für die exakte Wissenschaft verwendbare Hypothesen seien.
Zweitens beweist der Physiker die Richtigkeit seiner Hypothesen dnrch das
Experiment. Die von Darwin selbst zum Vergleich herangezogene Hypothese
wird dadurch gerechtfertigt, daß man Lichtstrahlen gegen einander sendet und
voraussetzt, in welchen Fällen verstärktes Licht, geschwächtes Licht oder Dunkel¬
heit eintreten wird. Gelingen dem Physiker die Experimente nicht, mit denen
er eine Hypothese beweisen will, dann zieht jedermann ohne Schonung und
Erbarmen deu Schluß, daß entweder er ein ungeschickter Experimentator oder
seine Hypothese falsch sei. In der Wissenschaft darf man nichts glauben,
sondern darf uur für wahr annehmen, was durch handgreifliche und augen¬
scheinliche Beweisstücke erhärtet ist; das ist eben der Unterschied zwischen exakter
Wissenschaft und religiösem Glauben. Allerdings hat die Annahme des Äthers
einige Ähnlichkeit mit dem Glauben, aber sie ist nicht Glauben, sondern eben
Annahme. Die Äther- und Wellenhypothese würde ihren vollen Wert selbst
dann behalten, wenn es gar keinen Äther gäbe; denn sie setzt uns in den
Stand, den Lauf gewisser Naturerscheinungen nach unserm Willen und Be¬
dürfnis zu leiten. Giebt es keinen Äther, so dient seine Annahme dem Phy¬
siker, wie das x, die imaginäre Zahl oder eine andre solche Rechengröße dem
Mathematiker. Um ihre Hypothese einer solchen Physikalischen gleichwertig zu
machen, müßten die Darwinianer uns die Verwandlung einer Art in die andre
vormachen. Mit den Millionen Jahren, die dazu nötig sein sollen, lassen wir
uns nicht abspeisen, denn die Tierzüchter vermögen die Umwandlung ganz
außerordentlich zu beschleunigen. Wer eine Geflügelallsstellung besucht, er¬
staunt immer aufs neue über die sonderbaren Gestalten, in die des Züchters
Laune Tauben und Hühner hineinzwängt. Warum also nicht eine wissen¬
schaftliche Zuchtcmstnlt gründen und sich die Züchtung von Hühnern ans
Tauben und von Fasanen aus Hühnern zum Ziele setzen? Binnen weniger
als fünfzig Jahren braucht ja das Ziel nicht erreicht zu werden. Gelingt der
Versuch, so ist der Hauptsatz des Darwinismus bewiesen. Mißlingt er, so ist
bewiesen, daß die Natur bei der Bildung der Arten über Kräfte verfügt hat,
die heute nicht mehr wirksam sind, und Kunstgriffe angewendet hat, die sie
uns nicht verrät.
Der Schlußsatz des oben angeführten Abschnittes aus Darwin enthält noch
einen dritten Fehler, den Häckel zum Angelpunkte seiner Bestrebungen gemacht
hat, die Ansicht nämlich, es sei Aufgabe der Wissenschaft, zu erklären, wie die
Welt geworden ist, und eine Lehre, die das nicht leiste, sei keine Wissenschaft.
In seinem Vortrage „Über Entwicklungsgang und Aufgabe der Zoologie"
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