Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Allerhand Sprachdummheiten sind ini^'istii "einiÄnivi, aber Leipziger Lehrer sind IiixsiöN8mir Ganz kläglich steht es jetzt um die Deklination der Eigennamen. Daß Allerhand Sprachdummheiten sind ini^'istii «einiÄnivi, aber Leipziger Lehrer sind IiixsiöN8mir Ganz kläglich steht es jetzt um die Deklination der Eigennamen. Daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0483" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206482"/> <fw type="header" place="top"> Allerhand Sprachdummheiten</fw><lb/> <p xml:id="ID_1638" prev="#ID_1637"> sind ini^'istii «einiÄnivi, aber Leipziger Lehrer sind IiixsiöN8mir<lb/> MÄAistri, nicht Lipsicii^LS. Nun weiß aber jedes Kind, daß beim un¬<lb/> bestimmten Artikel der Genetiv in der Mehrzahl, wenn er nicht durch ein<lb/> attributives Adjektiv des Genetivs kenntlich gemacht wird, überhaupt nicht<lb/> kenntlich ist; er muß durch die Präposition von umschrieben werden. Wenn<lb/> man sagt: eine Versammlung großer Künstler, so ist der Genetiv durch<lb/> den Zusatz großer genügend kenntlich gemacht; aber sovisws artikivnm<lb/> läßt sich ° nimmermehr übersetzen Verein Künstler, sondern nur Verein<lb/> von Künstlern; erst durch das von entsteht ein Genetiv. Ebenso ist es<lb/> aber, wenn zu dem Substantiv ein Attribut tritt, das nicht deklinirbar ist,<lb/> z- B. ein Zahlwort oder ein abhängiger Genetiv. So unmöglich es ist, zu<lb/> sagen: ein Bund sechs Städte, die Lieferung fünftausend Gewehre,<lb/> in der ersten Zeit dessen Leitung, der Verkauf ihres Mannes Bücher,<lb/> Genüsse mancherlei Art, eine Quelle allerlei Verlegenheiten, eine Samm¬<lb/> lung allerhand Sprachdummheiten, wie in allen diesen Fällen nnr mit<lb/> Hilfe der Präposition von der Genetiv kenntlich gemacht werden kann (ein<lb/> Bund von sechs Städten, der Verkauf von ihres Mannes Büchern),<lb/> so darf es auch einzig und allein nur heißen: Radirungen von Düsseldorfer<lb/> Künstlern, Verein von Leipziger Lehrern. Das ist so klar, daß, wer<lb/> auch nur noch eine Spur von Sprachgefühl hat, es unmittelbar fühlt; aber<lb/> auch wer es nicht mehr fühlt, müßte sichs doch durch ein wenig Überlegung<lb/> wieder deutlich machen können. Daß es unter andern ein Lehrcrverein ist, der<lb/> gleich in seinem Namen einen so abscheulichen grammatischen Fehler hat, ist<lb/> sehr bezeichnend und ein schlagender Beweis für das, was ich oben über gewisse<lb/> Deutschlehrer gesagt habe. Da laß ich mir die Leipziger Köche gefallen; die<lb/> schreiben sich Verein „Leipziger Köche," deuten also durch die Anführungs¬<lb/> zeichen wenigstens sttrs Auge an. daß sie Köche als Nominativ aufgefaßt<lb/> wissen wollen. Beim Hören kann ihnen freilich niemand diesen Gefallen thun,<lb/> da hört man eben auch nur den Fehler.</p><lb/> <p xml:id="ID_1639" next="#ID_1640"> Ganz kläglich steht es jetzt um die Deklination der Eigennamen. Daß<lb/> der Genetiv von Friedrich Friedrichs heißt, wissen die Leute allenfalls<lb/> noch. Aber man frage sie einmal nach dem Genetiv von Friedrich der<lb/> Große! Die Hälfte aller Gefragten wird ihn Friedrich des Großen<lb/> bilden. Massenhaft begegnet man jetzt solchen schändlichen Genetiven wie<lb/> Heinrich des Erlauchten, Albrecht des Beherzten, Georg des<lb/> Bärtige». Ich machte vor kurzem einen sehr gescheiten und unterrichteten<lb/> Mann, der gleich auf dem Titelblatte eines Buches Friedrich des Großen<lb/> drücken lassen wollte, auf den groben Fehler aufmerksam; es war zum Glück<lb/> noch Zeit, ihn zu verbessern. Was erwiderte er mir? Er sei mir sehr dankbar<lb/> für die Belehrung, aber woher er das habe wissen sollen? In der Schule<lb/> habe ihm niemand dergleichen gesagt (!), er habe immer geglaubt, Verbindungen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0483]
Allerhand Sprachdummheiten
sind ini^'istii «einiÄnivi, aber Leipziger Lehrer sind IiixsiöN8mir
MÄAistri, nicht Lipsicii^LS. Nun weiß aber jedes Kind, daß beim un¬
bestimmten Artikel der Genetiv in der Mehrzahl, wenn er nicht durch ein
attributives Adjektiv des Genetivs kenntlich gemacht wird, überhaupt nicht
kenntlich ist; er muß durch die Präposition von umschrieben werden. Wenn
man sagt: eine Versammlung großer Künstler, so ist der Genetiv durch
den Zusatz großer genügend kenntlich gemacht; aber sovisws artikivnm
läßt sich ° nimmermehr übersetzen Verein Künstler, sondern nur Verein
von Künstlern; erst durch das von entsteht ein Genetiv. Ebenso ist es
aber, wenn zu dem Substantiv ein Attribut tritt, das nicht deklinirbar ist,
z- B. ein Zahlwort oder ein abhängiger Genetiv. So unmöglich es ist, zu
sagen: ein Bund sechs Städte, die Lieferung fünftausend Gewehre,
in der ersten Zeit dessen Leitung, der Verkauf ihres Mannes Bücher,
Genüsse mancherlei Art, eine Quelle allerlei Verlegenheiten, eine Samm¬
lung allerhand Sprachdummheiten, wie in allen diesen Fällen nnr mit
Hilfe der Präposition von der Genetiv kenntlich gemacht werden kann (ein
Bund von sechs Städten, der Verkauf von ihres Mannes Büchern),
so darf es auch einzig und allein nur heißen: Radirungen von Düsseldorfer
Künstlern, Verein von Leipziger Lehrern. Das ist so klar, daß, wer
auch nur noch eine Spur von Sprachgefühl hat, es unmittelbar fühlt; aber
auch wer es nicht mehr fühlt, müßte sichs doch durch ein wenig Überlegung
wieder deutlich machen können. Daß es unter andern ein Lehrcrverein ist, der
gleich in seinem Namen einen so abscheulichen grammatischen Fehler hat, ist
sehr bezeichnend und ein schlagender Beweis für das, was ich oben über gewisse
Deutschlehrer gesagt habe. Da laß ich mir die Leipziger Köche gefallen; die
schreiben sich Verein „Leipziger Köche," deuten also durch die Anführungs¬
zeichen wenigstens sttrs Auge an. daß sie Köche als Nominativ aufgefaßt
wissen wollen. Beim Hören kann ihnen freilich niemand diesen Gefallen thun,
da hört man eben auch nur den Fehler.
Ganz kläglich steht es jetzt um die Deklination der Eigennamen. Daß
der Genetiv von Friedrich Friedrichs heißt, wissen die Leute allenfalls
noch. Aber man frage sie einmal nach dem Genetiv von Friedrich der
Große! Die Hälfte aller Gefragten wird ihn Friedrich des Großen
bilden. Massenhaft begegnet man jetzt solchen schändlichen Genetiven wie
Heinrich des Erlauchten, Albrecht des Beherzten, Georg des
Bärtige». Ich machte vor kurzem einen sehr gescheiten und unterrichteten
Mann, der gleich auf dem Titelblatte eines Buches Friedrich des Großen
drücken lassen wollte, auf den groben Fehler aufmerksam; es war zum Glück
noch Zeit, ihn zu verbessern. Was erwiderte er mir? Er sei mir sehr dankbar
für die Belehrung, aber woher er das habe wissen sollen? In der Schule
habe ihm niemand dergleichen gesagt (!), er habe immer geglaubt, Verbindungen
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