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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Flugschriften aus Österreich

die aus ihrer Mitte hervorgegangen"! Regierungen gethan haben, um das
Machtgebiet der deutschen Sprache zu schlitzen. Die Stremayrische Sprachen¬
verordnung könne doch unmöglich alle Befestigungen mit einem Schlage zer¬
stört haben. "Es bedürfte einer genauen statistischen Untersuchung um fest¬
zustellen, ob das Machtgebiet der deutsche" Sprache größere Verluste erlitten
hat unter den frühern Ministerien oder unter dem Ministerium Tcmffe. Von
größter Wichtigkeit ist jedoch der Umstand, daß unter dein Ministerium Taafse
nur ein Prozeß sich fortsetzte, der längst im Gange war."

Wir gehen hier nicht auf eine Kritik dieser Ausführungen ein, es kommt
uns hier nur darauf an, einige von den in Österreich vorhnndnen politischen
Richtungen zu kennzeichnen. Hier vernehmen wir, wie die Negierung selbst
die Dinge ansieht oder angesehen wissen will. Es widerspricht durchaus
dem, was der Verfasser von "Nenösterreich" darüber sagt. Wenn wir nun
auch zugeben, daß das Ministerium! nicht alle seine Absichten in die Welt
hinausschreien wird, so mögen wir doch auch nicht denken, daß sie sich
für das Gegenteil von dein ausgeben wolle, was sie wirklich ist. Sie
stünde dann einzig da unter allen Regierungen in Europa. Soviel dürfen
wir aus dieser offiziösen Kundgebung doch entnehmen, daß sie nicht auf,
Slawisirung Österreichs, auf eine Vernichtung des deutschen Elementes
ausgeht.

Es erübrigt noch der Nachweis, daß wir es hier wirklich mit einer
offiziösen Kundgebung zu thun haben. Der Ton des Ganzen ist apolv-
getisch, die Verdienste des Ministeriums Taafse auf dein Gebiete des Finanz-
und Verkehrswesens sowie der sozialen Gesetzgebung werden hoch gerühmt und
nicht mir von Erfolgen gesprochen, die Graf Taaffe als Staatsmann zu ver¬
zeichnen habe, sondern auch von seinen "Reformen im Geiste reiner Menschliche
teil (Sonntagsruhe) die für ausgedehnte Bevölkerungsklassen dauernd wohl¬
thätig sich erweisen." Er habe sich in den Dienst einer großen Sache gestellt,
sodciß ihm die Sympathien aller gesichert seien, die an dein österreichische"
Gedanken festhalten, und wie bisher, werde ihm fortan seine Mission die Kraft
verleihen, der Zeit und ihre" Ereignissen mutig und selbstvertrauend ins Ange
zu schauen.

Wir können uns zum Schluß nicht enthalten, noch ein Wort über die
Form der drei Flugschriften zu sagen. Um kurz zu sein, sie geben alle ein
trauriges Zeugnis, wie sehr die politische Schriftstellerei in unsrer Zeit und
besonders in Österreich darniederliegt. Ganz abgesehen davon, daß sie von
Fremdwörtern wimmeln, ergehen sie sich alle -- am meisten aber "Neu¬
österreich" -- in höchst geschraubten Wendungen und erlauben sich geradezu
Unrichtigkeiten. Von Beredsamkeit ist in keiner einzigen auch nur ein schwacher
Hauch; die eine ist farblos, die andre bombastisch-geschwätzig, die dritte
.....- noch die beste -- vvrnehmthuerisch und salbungsvoll. Die großen Vor-


Flugschriften aus Österreich

die aus ihrer Mitte hervorgegangen»! Regierungen gethan haben, um das
Machtgebiet der deutschen Sprache zu schlitzen. Die Stremayrische Sprachen¬
verordnung könne doch unmöglich alle Befestigungen mit einem Schlage zer¬
stört haben. „Es bedürfte einer genauen statistischen Untersuchung um fest¬
zustellen, ob das Machtgebiet der deutsche» Sprache größere Verluste erlitten
hat unter den frühern Ministerien oder unter dem Ministerium Tcmffe. Von
größter Wichtigkeit ist jedoch der Umstand, daß unter dein Ministerium Taafse
nur ein Prozeß sich fortsetzte, der längst im Gange war."

Wir gehen hier nicht auf eine Kritik dieser Ausführungen ein, es kommt
uns hier nur darauf an, einige von den in Österreich vorhnndnen politischen
Richtungen zu kennzeichnen. Hier vernehmen wir, wie die Negierung selbst
die Dinge ansieht oder angesehen wissen will. Es widerspricht durchaus
dem, was der Verfasser von „Nenösterreich" darüber sagt. Wenn wir nun
auch zugeben, daß das Ministerium! nicht alle seine Absichten in die Welt
hinausschreien wird, so mögen wir doch auch nicht denken, daß sie sich
für das Gegenteil von dein ausgeben wolle, was sie wirklich ist. Sie
stünde dann einzig da unter allen Regierungen in Europa. Soviel dürfen
wir aus dieser offiziösen Kundgebung doch entnehmen, daß sie nicht auf,
Slawisirung Österreichs, auf eine Vernichtung des deutschen Elementes
ausgeht.

Es erübrigt noch der Nachweis, daß wir es hier wirklich mit einer
offiziösen Kundgebung zu thun haben. Der Ton des Ganzen ist apolv-
getisch, die Verdienste des Ministeriums Taafse auf dein Gebiete des Finanz-
und Verkehrswesens sowie der sozialen Gesetzgebung werden hoch gerühmt und
nicht mir von Erfolgen gesprochen, die Graf Taaffe als Staatsmann zu ver¬
zeichnen habe, sondern auch von seinen „Reformen im Geiste reiner Menschliche
teil (Sonntagsruhe) die für ausgedehnte Bevölkerungsklassen dauernd wohl¬
thätig sich erweisen." Er habe sich in den Dienst einer großen Sache gestellt,
sodciß ihm die Sympathien aller gesichert seien, die an dein österreichische»
Gedanken festhalten, und wie bisher, werde ihm fortan seine Mission die Kraft
verleihen, der Zeit und ihre» Ereignissen mutig und selbstvertrauend ins Ange
zu schauen.

Wir können uns zum Schluß nicht enthalten, noch ein Wort über die
Form der drei Flugschriften zu sagen. Um kurz zu sein, sie geben alle ein
trauriges Zeugnis, wie sehr die politische Schriftstellerei in unsrer Zeit und
besonders in Österreich darniederliegt. Ganz abgesehen davon, daß sie von
Fremdwörtern wimmeln, ergehen sie sich alle — am meisten aber „Neu¬
österreich" — in höchst geschraubten Wendungen und erlauben sich geradezu
Unrichtigkeiten. Von Beredsamkeit ist in keiner einzigen auch nur ein schwacher
Hauch; die eine ist farblos, die andre bombastisch-geschwätzig, die dritte
.....- noch die beste — vvrnehmthuerisch und salbungsvoll. Die großen Vor-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/370>, abgerufen am 22.12.2024.