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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Das rauchfreie j)ulver

Wurde, nämlich durch Vorhalten von Schilden oder -- mer^clidNe allow -- Er¬
zeugung künstlicher Rauchwolken, so bleibt mir die sorgsamste Ausbeutung der
Geländevorteile zur Erreichung dieses Zweckes übrig, die übrigens auch den
beiden andern Truppengattungen nicht warm genug ans Herz gelegt werden
kann. Das Benehmen unsrer Truppen im Kampfe muß künftig dem der
Indianer ähnlich werden. Je mehr sie so fechten lernen, umso mehr werden
sie in der Lage sein, die Vorteile der Rauchfreiheit ohne ihre Nachteile zu ge¬
nießen. Daß Infanterie und Artillerie sich hierbei durch Geländcbearbeitung
helfen, wo sie irgend denkbar ist, ist natürlich. Indes glauben wir deshalb
nicht an sehr viel ausgedehntere Anwendung der Feldbefestigungen, als bisher
auf Grund der neuern Waffenverbesserungeu für notwendig erachtet wurde,
weil bei ihnen die Zweischneidigkeit des Einflusses der Rauchfreiheit wieder zur
Geltung kommt. Wenn nämlich diese Befestigungen nicht ganz vorzüglich aus¬
geführt werden, so schaden sie dein glücklichen Inhaber weit mehr dadurch, daß
sie seine Stellung dem Feinde infolge ihrer leichten Erkennbarkeit verraten,
als daß sie ihm durch ihre" Schlitz nützten. Der Angreifer, der den auf dem
gewachsenen Boden eingenisteten Verteidiger vielleicht kaum erkennen könnte,
findet in der Crete eines nufgeworfeuen Deckungswalles häufig ein ausgezeich¬
netes Ziel!

Aber nicht allein durch die eben besprochene Ausnutzung des Geländes,
auch durch entsprechende Art der Bekleidung muß das Verschwinden unsrer
Truppen im Gelände erleichtert werden. Die deutsche Armee besitzt gegen¬
wärtig viel zu auffallende Bekleidungs- und Ansrüstnugsstücke. Einen roten
Husaren sieht man als Glühwiirmchen ans zwei Kilometer im Gelände herum¬
streichen, die glänzenden Beschläge der Kopfbedeckungen blitzen im Sonnen¬
schein auf noch größere Entfernungen hin. Da ist Abhilfe nötig.

Ferner wird in Bezug auf den Aufklärn ngsdienst die Reiterei ihre Mann¬
schaften noch tüchtiger durchzubilden haben als bisher, mehr und verstärkte
Erkundigungstrupps (Patrouillen) aussenden und sie mit den schärfsten Fern¬
gläsern ausrüsten müssen. Die Hauptsache wird aber sein, daß sie ihren Leuten
die nötige moralische Widerstandskraft gegen die Folgen der Ranchfreihcit, die
wir besprochen haben, verleiht, lind dies führt uns schließlich zu einer Folge
des rauchfreien Pulvers, die wir bisher nur gestreift haben, obgleich sie von
vielen für die wichtigste gehalten wird. Wir "reinen den moralischen Einfluß.
Die Ansichten darüber gehen vollständig auseinander, eine Entscheidung aber
lst ohne die Erfahrung des Ernstkampfes unmöglich. Sicher dürfte soviel sein,
daß es nicht leicht sein wird, die Leute an dem Anblick der in Zukunft viel
deutlicher sichtbar werdenden furchtbaren Szenen der Schlacht zu gewöhnen,
aber ebenso sicher, daß bei dem Einzelnen dnrch die Rauchfreiheit das Bewußt¬
sein der Zusammengehörigkeit mit dein Ganzen gefördert wird. Jedenfalls
steht fest, daß die Zuknnftskämpfe sowohl hinsichtlich des Gebrauchs der kom-


Das rauchfreie j)ulver

Wurde, nämlich durch Vorhalten von Schilden oder — mer^clidNe allow — Er¬
zeugung künstlicher Rauchwolken, so bleibt mir die sorgsamste Ausbeutung der
Geländevorteile zur Erreichung dieses Zweckes übrig, die übrigens auch den
beiden andern Truppengattungen nicht warm genug ans Herz gelegt werden
kann. Das Benehmen unsrer Truppen im Kampfe muß künftig dem der
Indianer ähnlich werden. Je mehr sie so fechten lernen, umso mehr werden
sie in der Lage sein, die Vorteile der Rauchfreiheit ohne ihre Nachteile zu ge¬
nießen. Daß Infanterie und Artillerie sich hierbei durch Geländcbearbeitung
helfen, wo sie irgend denkbar ist, ist natürlich. Indes glauben wir deshalb
nicht an sehr viel ausgedehntere Anwendung der Feldbefestigungen, als bisher
auf Grund der neuern Waffenverbesserungeu für notwendig erachtet wurde,
weil bei ihnen die Zweischneidigkeit des Einflusses der Rauchfreiheit wieder zur
Geltung kommt. Wenn nämlich diese Befestigungen nicht ganz vorzüglich aus¬
geführt werden, so schaden sie dein glücklichen Inhaber weit mehr dadurch, daß
sie seine Stellung dem Feinde infolge ihrer leichten Erkennbarkeit verraten,
als daß sie ihm durch ihre» Schlitz nützten. Der Angreifer, der den auf dem
gewachsenen Boden eingenisteten Verteidiger vielleicht kaum erkennen könnte,
findet in der Crete eines nufgeworfeuen Deckungswalles häufig ein ausgezeich¬
netes Ziel!

Aber nicht allein durch die eben besprochene Ausnutzung des Geländes,
auch durch entsprechende Art der Bekleidung muß das Verschwinden unsrer
Truppen im Gelände erleichtert werden. Die deutsche Armee besitzt gegen¬
wärtig viel zu auffallende Bekleidungs- und Ansrüstnugsstücke. Einen roten
Husaren sieht man als Glühwiirmchen ans zwei Kilometer im Gelände herum¬
streichen, die glänzenden Beschläge der Kopfbedeckungen blitzen im Sonnen¬
schein auf noch größere Entfernungen hin. Da ist Abhilfe nötig.

Ferner wird in Bezug auf den Aufklärn ngsdienst die Reiterei ihre Mann¬
schaften noch tüchtiger durchzubilden haben als bisher, mehr und verstärkte
Erkundigungstrupps (Patrouillen) aussenden und sie mit den schärfsten Fern¬
gläsern ausrüsten müssen. Die Hauptsache wird aber sein, daß sie ihren Leuten
die nötige moralische Widerstandskraft gegen die Folgen der Ranchfreihcit, die
wir besprochen haben, verleiht, lind dies führt uns schließlich zu einer Folge
des rauchfreien Pulvers, die wir bisher nur gestreift haben, obgleich sie von
vielen für die wichtigste gehalten wird. Wir »reinen den moralischen Einfluß.
Die Ansichten darüber gehen vollständig auseinander, eine Entscheidung aber
lst ohne die Erfahrung des Ernstkampfes unmöglich. Sicher dürfte soviel sein,
daß es nicht leicht sein wird, die Leute an dem Anblick der in Zukunft viel
deutlicher sichtbar werdenden furchtbaren Szenen der Schlacht zu gewöhnen,
aber ebenso sicher, daß bei dem Einzelnen dnrch die Rauchfreiheit das Bewußt¬
sein der Zusammengehörigkeit mit dein Ganzen gefördert wird. Jedenfalls
steht fest, daß die Zuknnftskämpfe sowohl hinsichtlich des Gebrauchs der kom-


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[0319] Das rauchfreie j)ulver Wurde, nämlich durch Vorhalten von Schilden oder — mer^clidNe allow — Er¬ zeugung künstlicher Rauchwolken, so bleibt mir die sorgsamste Ausbeutung der Geländevorteile zur Erreichung dieses Zweckes übrig, die übrigens auch den beiden andern Truppengattungen nicht warm genug ans Herz gelegt werden kann. Das Benehmen unsrer Truppen im Kampfe muß künftig dem der Indianer ähnlich werden. Je mehr sie so fechten lernen, umso mehr werden sie in der Lage sein, die Vorteile der Rauchfreiheit ohne ihre Nachteile zu ge¬ nießen. Daß Infanterie und Artillerie sich hierbei durch Geländcbearbeitung helfen, wo sie irgend denkbar ist, ist natürlich. Indes glauben wir deshalb nicht an sehr viel ausgedehntere Anwendung der Feldbefestigungen, als bisher auf Grund der neuern Waffenverbesserungeu für notwendig erachtet wurde, weil bei ihnen die Zweischneidigkeit des Einflusses der Rauchfreiheit wieder zur Geltung kommt. Wenn nämlich diese Befestigungen nicht ganz vorzüglich aus¬ geführt werden, so schaden sie dein glücklichen Inhaber weit mehr dadurch, daß sie seine Stellung dem Feinde infolge ihrer leichten Erkennbarkeit verraten, als daß sie ihm durch ihre» Schlitz nützten. Der Angreifer, der den auf dem gewachsenen Boden eingenisteten Verteidiger vielleicht kaum erkennen könnte, findet in der Crete eines nufgeworfeuen Deckungswalles häufig ein ausgezeich¬ netes Ziel! Aber nicht allein durch die eben besprochene Ausnutzung des Geländes, auch durch entsprechende Art der Bekleidung muß das Verschwinden unsrer Truppen im Gelände erleichtert werden. Die deutsche Armee besitzt gegen¬ wärtig viel zu auffallende Bekleidungs- und Ansrüstnugsstücke. Einen roten Husaren sieht man als Glühwiirmchen ans zwei Kilometer im Gelände herum¬ streichen, die glänzenden Beschläge der Kopfbedeckungen blitzen im Sonnen¬ schein auf noch größere Entfernungen hin. Da ist Abhilfe nötig. Ferner wird in Bezug auf den Aufklärn ngsdienst die Reiterei ihre Mann¬ schaften noch tüchtiger durchzubilden haben als bisher, mehr und verstärkte Erkundigungstrupps (Patrouillen) aussenden und sie mit den schärfsten Fern¬ gläsern ausrüsten müssen. Die Hauptsache wird aber sein, daß sie ihren Leuten die nötige moralische Widerstandskraft gegen die Folgen der Ranchfreihcit, die wir besprochen haben, verleiht, lind dies führt uns schließlich zu einer Folge des rauchfreien Pulvers, die wir bisher nur gestreift haben, obgleich sie von vielen für die wichtigste gehalten wird. Wir »reinen den moralischen Einfluß. Die Ansichten darüber gehen vollständig auseinander, eine Entscheidung aber lst ohne die Erfahrung des Ernstkampfes unmöglich. Sicher dürfte soviel sein, daß es nicht leicht sein wird, die Leute an dem Anblick der in Zukunft viel deutlicher sichtbar werdenden furchtbaren Szenen der Schlacht zu gewöhnen, aber ebenso sicher, daß bei dem Einzelnen dnrch die Rauchfreiheit das Bewußt¬ sein der Zusammengehörigkeit mit dein Ganzen gefördert wird. Jedenfalls steht fest, daß die Zuknnftskämpfe sowohl hinsichtlich des Gebrauchs der kom-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/319>, abgerufen am 02.07.2024.