Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.Der I^r^eLLpwr Lei'mani-lo Befähigung zum Handhaben des geistigen Schwertes und Leitzeugs zu¬ Es konnte nicht ausbleiben, daß Melanchthon die ihm vor den Augen Der I^r^eLLpwr Lei'mani-lo Befähigung zum Handhaben des geistigen Schwertes und Leitzeugs zu¬ Es konnte nicht ausbleiben, daß Melanchthon die ihm vor den Augen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0187" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206186"/> <fw type="header" place="top"> Der I^r^eLLpwr Lei'mani-lo</fw><lb/> <p xml:id="ID_664" prev="#ID_663"> Befähigung zum Handhaben des geistigen Schwertes und Leitzeugs zu¬<lb/> gleich, des Wortes. Die Kirche zunächst, dann der Staat braucht vielmehr<lb/> tüchtige Diener, und die soll die Schule ausbilden. Ihre Zöglinge sollen nicht<lb/> Männer werden, denen es genügt, ein Mensch zu sein, ein ganzer Mensch,<lb/> sondern die auf der Kanzel und in der Kanzlei, in der Schulstube und als<lb/> Seelsorger ihre Pflicht mit Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit erfüllen können."</p><lb/> <p xml:id="ID_665" next="#ID_666"> Es konnte nicht ausbleiben, daß Melanchthon die ihm vor den Augen<lb/> stehende Schule an seinem Ideale maß und beurteilte, und für ihn als Universitäts¬<lb/> lehrer kamen dabei vorzüglich die Hochschulen in Betracht. Sein Urteil darüber<lb/> in der Oratio aäsrsuL 1lloiQu.ro. ?lÄv«zirtiuin lautet sehr abfällig. Sie sind<lb/> nicht von Päpsten, sondern vom Teufel gegründet, wie Wielif gesagt hat,<lb/> „Synagogen des Satans." Sie sind die Orte, „wo die Jünglinge, von Christo<lb/> weit entfernt, heidnischen Götzen geschlachtet werden. Das ergiebt sich schon<lb/> aus dem, was sie lehren. Nichts Nutzloseres als ihre Philosophie und ihre<lb/> Rechtswissenschaft, die der christlichen Lehre vollständig widerspricht. Niemand<lb/> soll für unterrichtet gelten, der nicht einen guten Teil seines Lebens an diese<lb/> alberne Philosophie verloren hat. Niemand soll ein öffentliches Amt bekleiden<lb/> können, der nicht ein Rechtsgelehrter, d. h. ein Zungendrescher und Windbeutel<lb/> ist. Was man kanonisches Recht nennt, ist nur die Tyrannei Roms. . . . Die<lb/> Theologie der Universitäten ist nichts als thörichte Verherrlichung von Nichtig¬<lb/> keiten, zusammcngeschustert (<zvQ8u.eg.s) aus der aristotelischen Philosophie und<lb/> dem abgeschmackten Rechte, das man als kanonisches bezeichnet, ein Wald von<lb/> Meinungen, die mit Christo nichts zu schaffen haben." Und mit der Lehre<lb/> stimmen die Sitten der Lernenden überein. „Die gegenwärtige Hochschule ist<lb/> ein Sumpf aller Laster, worin die Jugend durch die Nachsicht der Magister<lb/> in Üppigkeit und Sinnenlust untergeht. ..." Ebenso bedenklich sind die Gründe,<lb/> nach denen die Fakultät gewählt wird: den einen führen äußerer Glanz und<lb/> Ehrsucht zur Jurisprudenz, den andern treibt der Hunger zur Theologie.<lb/> Nirgends findet man mehr Gehässigkeit, nirgends sonst herrscht so unersättliche<lb/> Habgier, so viel Hochmut, Geschwollenheit und Aufgeblasenheit Ovariti»,, suxvr-<lb/> (ziliuw, trnnor «ze> tÄstus). Solche Schulen würden die Türken nicht ertragen;<lb/> wir aber dulden sie, weil sie eine Erfindung des Papstes, d. h. des Teufels<lb/> sind" u. s. w. Wir staunen über diese heftigen Ausdrücke und diese unbedingte<lb/> Verdammung der damaligen Hochschulen, zumal da der, der so hart urteilt,<lb/> sich den größten Teil seiner Bildung aus solchen erworben hat. Sie werden<lb/> aber begreiflich, wenn man sich ihren geschichtlichen Zusammenhang vergegen¬<lb/> wärtigt. Diese Äußerungen wurden 1521 gethan, wo Melanchthon sich in<lb/> vollständiger geistiger Abhängigkeit von Luther befand, der in seiner Schrift<lb/> „An den christlichen Adel deutscher Nation" ganz ähnliche Gedanken aus¬<lb/> spricht, und dessen unbedingte Verwerfung der mittelalterlichen Hochschulen eine<lb/> Phase in seinem Kampfe mit Rom ist. Er sah in ihnen die Hochburgen des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0187]
Der I^r^eLLpwr Lei'mani-lo
Befähigung zum Handhaben des geistigen Schwertes und Leitzeugs zu¬
gleich, des Wortes. Die Kirche zunächst, dann der Staat braucht vielmehr
tüchtige Diener, und die soll die Schule ausbilden. Ihre Zöglinge sollen nicht
Männer werden, denen es genügt, ein Mensch zu sein, ein ganzer Mensch,
sondern die auf der Kanzel und in der Kanzlei, in der Schulstube und als
Seelsorger ihre Pflicht mit Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit erfüllen können."
Es konnte nicht ausbleiben, daß Melanchthon die ihm vor den Augen
stehende Schule an seinem Ideale maß und beurteilte, und für ihn als Universitäts¬
lehrer kamen dabei vorzüglich die Hochschulen in Betracht. Sein Urteil darüber
in der Oratio aäsrsuL 1lloiQu.ro. ?lÄv«zirtiuin lautet sehr abfällig. Sie sind
nicht von Päpsten, sondern vom Teufel gegründet, wie Wielif gesagt hat,
„Synagogen des Satans." Sie sind die Orte, „wo die Jünglinge, von Christo
weit entfernt, heidnischen Götzen geschlachtet werden. Das ergiebt sich schon
aus dem, was sie lehren. Nichts Nutzloseres als ihre Philosophie und ihre
Rechtswissenschaft, die der christlichen Lehre vollständig widerspricht. Niemand
soll für unterrichtet gelten, der nicht einen guten Teil seines Lebens an diese
alberne Philosophie verloren hat. Niemand soll ein öffentliches Amt bekleiden
können, der nicht ein Rechtsgelehrter, d. h. ein Zungendrescher und Windbeutel
ist. Was man kanonisches Recht nennt, ist nur die Tyrannei Roms. . . . Die
Theologie der Universitäten ist nichts als thörichte Verherrlichung von Nichtig¬
keiten, zusammcngeschustert (<zvQ8u.eg.s) aus der aristotelischen Philosophie und
dem abgeschmackten Rechte, das man als kanonisches bezeichnet, ein Wald von
Meinungen, die mit Christo nichts zu schaffen haben." Und mit der Lehre
stimmen die Sitten der Lernenden überein. „Die gegenwärtige Hochschule ist
ein Sumpf aller Laster, worin die Jugend durch die Nachsicht der Magister
in Üppigkeit und Sinnenlust untergeht. ..." Ebenso bedenklich sind die Gründe,
nach denen die Fakultät gewählt wird: den einen führen äußerer Glanz und
Ehrsucht zur Jurisprudenz, den andern treibt der Hunger zur Theologie.
Nirgends findet man mehr Gehässigkeit, nirgends sonst herrscht so unersättliche
Habgier, so viel Hochmut, Geschwollenheit und Aufgeblasenheit Ovariti»,, suxvr-
(ziliuw, trnnor «ze> tÄstus). Solche Schulen würden die Türken nicht ertragen;
wir aber dulden sie, weil sie eine Erfindung des Papstes, d. h. des Teufels
sind" u. s. w. Wir staunen über diese heftigen Ausdrücke und diese unbedingte
Verdammung der damaligen Hochschulen, zumal da der, der so hart urteilt,
sich den größten Teil seiner Bildung aus solchen erworben hat. Sie werden
aber begreiflich, wenn man sich ihren geschichtlichen Zusammenhang vergegen¬
wärtigt. Diese Äußerungen wurden 1521 gethan, wo Melanchthon sich in
vollständiger geistiger Abhängigkeit von Luther befand, der in seiner Schrift
„An den christlichen Adel deutscher Nation" ganz ähnliche Gedanken aus¬
spricht, und dessen unbedingte Verwerfung der mittelalterlichen Hochschulen eine
Phase in seinem Kampfe mit Rom ist. Er sah in ihnen die Hochburgen des
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