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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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und Pfarrer verwandelten, von Büchern, Flug- und Streitschriften, Katechismen,
Briefen und Gutachten ausging. Melanchthons Einfluß erstreckte sich durch
seine zahlreichen Lehrbücher über die bei weitem größere Hülste des deutschen
Reiches, und selbst der Katholizismus wurde davon berührt.

Insofern war es zunächst berechtigt, wenn der Verfasser einer neuen
Schrift über den großen Gehilfen lind Freund Luthers, die vor kurzem als
siebenter Band des Kehrbachschen Sammelwerkes Nonunumtn, L-ermimiav
Z?a>ö<1sK0AioÄ erschienen ist, ihr den Titel Philipp Melanchthon als ?r"e-
oextor (Zi-erinaniau gegeben hat. Es Ivar aber anch deshalb eine treffende
Bezeichnung, weil damit wirklich in Kürze der Inhalt des Buches angegeben ist.
Es soll weder eine Biographie noch eine allseitige Würdigung des Mannes sein,
dem es gilt. Von Melanchthons theologischen und juristischem Leistungen und
Verdiensten ist nur so weit die Rede, als es zum Verständnis seines Wesens und
Thuns als Lehrer erforderlich ist. Dagegen unterscheidet sich der Verfasser,
l>r. Karl Hartfelder, Professor am Gymnasium in Heidelberg, dadurch vor-
teilhaft von früheren Bearbeitern des Gegenstandes, daß er den "Lehrer Deutsch¬
lands" geschichtlich, d. h. im Zusammenhange mit seiner Zeit auffaßt und darstellt.
Arbeiten, wie sie von Planck und Schlvttmann geliefert wurden, haben unzweifel¬
haft ihren Wert, nur trennen sie Melanchthon zu sehr von den Vorgängern,
von denen er lernte, und von den Zeitgenossen, denen er zwar gab, aber anch
entnahm. Ein besondrer Mangel der frühern Bearbeiter ist ihre geringe
Kenntnis der humanistischen Bewegung, weil Melanchthon zunächst dieser und
dann erst der refvrmntorischen angehörte, und endlich war vielen von ihnen
die Geschichte des Schulwesens und vorzüglich der Hochschulen ein verschlossenes
Vues, und doch ist die Bedeutung Melanchthons als Einrichters und Um-
bildners höherer und niederer llnterrichtsaustalten nicht kleiner als die, die er
als Theolog beanspruchen kaun. Es ist ein entschiedenes Verdienst des Ver¬
fassers, diese Lücken auf Grund umfassender und gründlicher Studien mit
geschickter Hand ausgefüllt zu haben.

Sehr anschaulich schildert das erste Kapitel Melanchthons Bildungsgang
und geistige Entwicklung in Breiten, seiner pfälzischen Geburtsstadt, und in
Pforzheim. Das zweite berichtet in gleicher Weise über seine Studienzeit und
seiue Lehrer auf der Heidelberger Hochschule. Das dritte führt uns nach
Tübingen, wo Melanchthon von 1512 bis erst lernend, dann auch lehrend
verweilte, und wo damals die Scholastik in friedlichem Verein mit dein Huma-
nismus herrschte. Das vierte zeichnet ihn in seinen ersten Wittenberger Jahren,
zeigt sein Eintreten in die theologische Laufbahn und die Wandelung seiner
bisherigen Auffassung des Aristoteles. Ein weiterer Abschnitt schildert ihn als
akademischen Lehrer. Daran schließt sich ein Blick auf die Humanisten, die
mit ihm auch in dieser spätern Zeit freundschaftlichem Verkehr pflegte", eine
ebenso ausführliche, als lehrreiche und deshalb besonders dankenswerte


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und Pfarrer verwandelten, von Büchern, Flug- und Streitschriften, Katechismen,
Briefen und Gutachten ausging. Melanchthons Einfluß erstreckte sich durch
seine zahlreichen Lehrbücher über die bei weitem größere Hülste des deutschen
Reiches, und selbst der Katholizismus wurde davon berührt.

Insofern war es zunächst berechtigt, wenn der Verfasser einer neuen
Schrift über den großen Gehilfen lind Freund Luthers, die vor kurzem als
siebenter Band des Kehrbachschen Sammelwerkes Nonunumtn, L-ermimiav
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oextor (Zi-erinaniau gegeben hat. Es Ivar aber anch deshalb eine treffende
Bezeichnung, weil damit wirklich in Kürze der Inhalt des Buches angegeben ist.
Es soll weder eine Biographie noch eine allseitige Würdigung des Mannes sein,
dem es gilt. Von Melanchthons theologischen und juristischem Leistungen und
Verdiensten ist nur so weit die Rede, als es zum Verständnis seines Wesens und
Thuns als Lehrer erforderlich ist. Dagegen unterscheidet sich der Verfasser,
l>r. Karl Hartfelder, Professor am Gymnasium in Heidelberg, dadurch vor-
teilhaft von früheren Bearbeitern des Gegenstandes, daß er den „Lehrer Deutsch¬
lands" geschichtlich, d. h. im Zusammenhange mit seiner Zeit auffaßt und darstellt.
Arbeiten, wie sie von Planck und Schlvttmann geliefert wurden, haben unzweifel¬
haft ihren Wert, nur trennen sie Melanchthon zu sehr von den Vorgängern,
von denen er lernte, und von den Zeitgenossen, denen er zwar gab, aber anch
entnahm. Ein besondrer Mangel der frühern Bearbeiter ist ihre geringe
Kenntnis der humanistischen Bewegung, weil Melanchthon zunächst dieser und
dann erst der refvrmntorischen angehörte, und endlich war vielen von ihnen
die Geschichte des Schulwesens und vorzüglich der Hochschulen ein verschlossenes
Vues, und doch ist die Bedeutung Melanchthons als Einrichters und Um-
bildners höherer und niederer llnterrichtsaustalten nicht kleiner als die, die er
als Theolog beanspruchen kaun. Es ist ein entschiedenes Verdienst des Ver¬
fassers, diese Lücken auf Grund umfassender und gründlicher Studien mit
geschickter Hand ausgefüllt zu haben.

Sehr anschaulich schildert das erste Kapitel Melanchthons Bildungsgang
und geistige Entwicklung in Breiten, seiner pfälzischen Geburtsstadt, und in
Pforzheim. Das zweite berichtet in gleicher Weise über seine Studienzeit und
seiue Lehrer auf der Heidelberger Hochschule. Das dritte führt uns nach
Tübingen, wo Melanchthon von 1512 bis erst lernend, dann auch lehrend
verweilte, und wo damals die Scholastik in friedlichem Verein mit dein Huma-
nismus herrschte. Das vierte zeichnet ihn in seinen ersten Wittenberger Jahren,
zeigt sein Eintreten in die theologische Laufbahn und die Wandelung seiner
bisherigen Auffassung des Aristoteles. Ein weiterer Abschnitt schildert ihn als
akademischen Lehrer. Daran schließt sich ein Blick auf die Humanisten, die
mit ihm auch in dieser spätern Zeit freundschaftlichem Verkehr pflegte», eine
ebenso ausführliche, als lehrreiche und deshalb besonders dankenswerte


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[0184] Der M^e^i-Moi' (^el'n>ain!>e und Pfarrer verwandelten, von Büchern, Flug- und Streitschriften, Katechismen, Briefen und Gutachten ausging. Melanchthons Einfluß erstreckte sich durch seine zahlreichen Lehrbücher über die bei weitem größere Hülste des deutschen Reiches, und selbst der Katholizismus wurde davon berührt. Insofern war es zunächst berechtigt, wenn der Verfasser einer neuen Schrift über den großen Gehilfen lind Freund Luthers, die vor kurzem als siebenter Band des Kehrbachschen Sammelwerkes Nonunumtn, L-ermimiav Z?a>ö<1sK0AioÄ erschienen ist, ihr den Titel Philipp Melanchthon als ?r»e- oextor (Zi-erinaniau gegeben hat. Es Ivar aber anch deshalb eine treffende Bezeichnung, weil damit wirklich in Kürze der Inhalt des Buches angegeben ist. Es soll weder eine Biographie noch eine allseitige Würdigung des Mannes sein, dem es gilt. Von Melanchthons theologischen und juristischem Leistungen und Verdiensten ist nur so weit die Rede, als es zum Verständnis seines Wesens und Thuns als Lehrer erforderlich ist. Dagegen unterscheidet sich der Verfasser, l>r. Karl Hartfelder, Professor am Gymnasium in Heidelberg, dadurch vor- teilhaft von früheren Bearbeitern des Gegenstandes, daß er den „Lehrer Deutsch¬ lands" geschichtlich, d. h. im Zusammenhange mit seiner Zeit auffaßt und darstellt. Arbeiten, wie sie von Planck und Schlvttmann geliefert wurden, haben unzweifel¬ haft ihren Wert, nur trennen sie Melanchthon zu sehr von den Vorgängern, von denen er lernte, und von den Zeitgenossen, denen er zwar gab, aber anch entnahm. Ein besondrer Mangel der frühern Bearbeiter ist ihre geringe Kenntnis der humanistischen Bewegung, weil Melanchthon zunächst dieser und dann erst der refvrmntorischen angehörte, und endlich war vielen von ihnen die Geschichte des Schulwesens und vorzüglich der Hochschulen ein verschlossenes Vues, und doch ist die Bedeutung Melanchthons als Einrichters und Um- bildners höherer und niederer llnterrichtsaustalten nicht kleiner als die, die er als Theolog beanspruchen kaun. Es ist ein entschiedenes Verdienst des Ver¬ fassers, diese Lücken auf Grund umfassender und gründlicher Studien mit geschickter Hand ausgefüllt zu haben. Sehr anschaulich schildert das erste Kapitel Melanchthons Bildungsgang und geistige Entwicklung in Breiten, seiner pfälzischen Geburtsstadt, und in Pforzheim. Das zweite berichtet in gleicher Weise über seine Studienzeit und seiue Lehrer auf der Heidelberger Hochschule. Das dritte führt uns nach Tübingen, wo Melanchthon von 1512 bis erst lernend, dann auch lehrend verweilte, und wo damals die Scholastik in friedlichem Verein mit dein Huma- nismus herrschte. Das vierte zeichnet ihn in seinen ersten Wittenberger Jahren, zeigt sein Eintreten in die theologische Laufbahn und die Wandelung seiner bisherigen Auffassung des Aristoteles. Ein weiterer Abschnitt schildert ihn als akademischen Lehrer. Daran schließt sich ein Blick auf die Humanisten, die mit ihm auch in dieser spätern Zeit freundschaftlichem Verkehr pflegte», eine ebenso ausführliche, als lehrreiche und deshalb besonders dankenswerte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/184>, abgerufen am 30.06.2024.