Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Kündigung der Banknotenprivilegien

Baierns liegt, die wir in ihren Gründen nicht zu fassen vermögen. Nach dein
Bankgesetze wurden 385 Millionen Mark steuerfreie Noten festgestellt. Davon
sollten ans bairische Banken 32 Millionen konunen. Das war verhältnis¬
mäßig schon sehr viel, da Baiern nnr den nennten oder zehnten Teil des
deutsche" Reiches bildet, und da doch in Vaiern nicht bloß dessen Notenbanken,
sondern auch die Geschäftsstellen der Reichsbank dem Verkehr dienen sollten.
Man traut seinen Augen uicht, wenn man solchen Verhältnissen gegenüber jene
Bestimmung in K 47 Abs. 3 des Bankgesetzes liest, man gewinnt daraus wie
ans andern ähnlichen bevorzugenden Sonderstellungen Baierns^) geradezu
die Ansicht, daß die Bniern allein Deutsche erster Klasse, die übrigen Deutschen
aber Neichsangehörige zweiter Klasse seien.

Zu unsrer Befriedigung wird uns mitgeteilt, daß gerade der bairischen Regie¬
rung nahestehende Personen betreffs der bevorstehenden Bankgesetzgebnng den Ver¬
dacht weit von sich weisen, Bniern wolle eine Sonderstellung für sich herausschlagen.

Wenn von manchen Seiten die Frage der Beseitigung des Neichspapier-
geldes und die Verleihung des Rechtes, an Stelle des Reichspapiergeldes
entsprechende kleine Noten auszugeben, an die Reichsbank mit der Frage der
Kündigung der bestehenden Bnnknotenprivilegien verquickt worden ist, so mochten
Nur diese Frage von den jetzigen Erörterungen ausgeschlossen sehen, damit nicht
ein neuer verwirrender Streitfall hereingebracht werde, der leicht in der
Entscheidung der Hauptfrage auf falsche Wege leiten könnte. Wie oft hat im
parlamentarischen Leben die Annahme eines neu aufgetauchten Nebenantrages
die Hauptentscheidung so durchbrechen helfen, daß sie ganz anders ausgefallen
ist, als gut war und als die Mehrheit ursprünglich wollte.

Auch Voransbestimmung der Grundsätze, nach denen von der Bank im
Kriegsfalle zu verfahren sei, halten wir für ein sehr bedenkliches und nicht
ini"der überflüssiges Unternehmen.

Unsers Wissens ist darüber gestritten worden, ob die ganze Frage der
Verlängerung oder Kündigung der Banknvtenprivilegien vor den Reichstag
gebracht werden müsse oder nicht. Nach 41 und 44 des Baukgesetzes könnte
es scheinen, als ob dem Bundesrate das Recht zustehe, die Nvtenprivilegien
allem ohne Befragung des Reichstages zu verlängern oder zu kündigen.
Allein abgesehen von der Entstehungsgeschichte des Bankgesetzes, wonach an¬
gesehene Parlamentarier dem Reichstage das Recht der Mitwirkung zuschreiben,
ist auch Absatz 3 von dz 47 des Bnnkgesetzes unsers Erachtens so zu deuten,
daß der Reichstag zustimmen müßte, wenn der Bundesrat eine Kündigung bis



Die Rcservatrcchte, die Bevorzugung vor Preußen bei Verteilung der französischen
Kriegskosten haben wir schon oben erwähnt. Man denke noch, das; Baiern allein bei Fest¬
stellung der Stimmen der einzelnen Staaten im Bundesrate eine Bevorzugung für sich heraus¬
gedrückt hat. Das ist das Land, das Friedrich der Große zweimal (l.779 und 1765) dem
Wittelsbacher Hanse und vor dein Aufgehen in Österreich bewahrt hat!
Die Kündigung der Banknotenprivilegien

Baierns liegt, die wir in ihren Gründen nicht zu fassen vermögen. Nach dein
Bankgesetze wurden 385 Millionen Mark steuerfreie Noten festgestellt. Davon
sollten ans bairische Banken 32 Millionen konunen. Das war verhältnis¬
mäßig schon sehr viel, da Baiern nnr den nennten oder zehnten Teil des
deutsche» Reiches bildet, und da doch in Vaiern nicht bloß dessen Notenbanken,
sondern auch die Geschäftsstellen der Reichsbank dem Verkehr dienen sollten.
Man traut seinen Augen uicht, wenn man solchen Verhältnissen gegenüber jene
Bestimmung in K 47 Abs. 3 des Bankgesetzes liest, man gewinnt daraus wie
ans andern ähnlichen bevorzugenden Sonderstellungen Baierns^) geradezu
die Ansicht, daß die Bniern allein Deutsche erster Klasse, die übrigen Deutschen
aber Neichsangehörige zweiter Klasse seien.

Zu unsrer Befriedigung wird uns mitgeteilt, daß gerade der bairischen Regie¬
rung nahestehende Personen betreffs der bevorstehenden Bankgesetzgebnng den Ver¬
dacht weit von sich weisen, Bniern wolle eine Sonderstellung für sich herausschlagen.

Wenn von manchen Seiten die Frage der Beseitigung des Neichspapier-
geldes und die Verleihung des Rechtes, an Stelle des Reichspapiergeldes
entsprechende kleine Noten auszugeben, an die Reichsbank mit der Frage der
Kündigung der bestehenden Bnnknotenprivilegien verquickt worden ist, so mochten
Nur diese Frage von den jetzigen Erörterungen ausgeschlossen sehen, damit nicht
ein neuer verwirrender Streitfall hereingebracht werde, der leicht in der
Entscheidung der Hauptfrage auf falsche Wege leiten könnte. Wie oft hat im
parlamentarischen Leben die Annahme eines neu aufgetauchten Nebenantrages
die Hauptentscheidung so durchbrechen helfen, daß sie ganz anders ausgefallen
ist, als gut war und als die Mehrheit ursprünglich wollte.

Auch Voransbestimmung der Grundsätze, nach denen von der Bank im
Kriegsfalle zu verfahren sei, halten wir für ein sehr bedenkliches und nicht
ini»der überflüssiges Unternehmen.

Unsers Wissens ist darüber gestritten worden, ob die ganze Frage der
Verlängerung oder Kündigung der Banknvtenprivilegien vor den Reichstag
gebracht werden müsse oder nicht. Nach 41 und 44 des Baukgesetzes könnte
es scheinen, als ob dem Bundesrate das Recht zustehe, die Nvtenprivilegien
allem ohne Befragung des Reichstages zu verlängern oder zu kündigen.
Allein abgesehen von der Entstehungsgeschichte des Bankgesetzes, wonach an¬
gesehene Parlamentarier dem Reichstage das Recht der Mitwirkung zuschreiben,
ist auch Absatz 3 von dz 47 des Bnnkgesetzes unsers Erachtens so zu deuten,
daß der Reichstag zustimmen müßte, wenn der Bundesrat eine Kündigung bis



Die Rcservatrcchte, die Bevorzugung vor Preußen bei Verteilung der französischen
Kriegskosten haben wir schon oben erwähnt. Man denke noch, das; Baiern allein bei Fest¬
stellung der Stimmen der einzelnen Staaten im Bundesrate eine Bevorzugung für sich heraus¬
gedrückt hat. Das ist das Land, das Friedrich der Große zweimal (l.779 und 1765) dem
Wittelsbacher Hanse und vor dein Aufgehen in Österreich bewahrt hat!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0125" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/206124"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Kündigung der Banknotenprivilegien</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_453" prev="#ID_452"> Baierns liegt, die wir in ihren Gründen nicht zu fassen vermögen. Nach dein<lb/>
Bankgesetze wurden 385 Millionen Mark steuerfreie Noten festgestellt. Davon<lb/>
sollten ans bairische Banken 32 Millionen konunen. Das war verhältnis¬<lb/>
mäßig schon sehr viel, da Baiern nnr den nennten oder zehnten Teil des<lb/>
deutsche» Reiches bildet, und da doch in Vaiern nicht bloß dessen Notenbanken,<lb/>
sondern auch die Geschäftsstellen der Reichsbank dem Verkehr dienen sollten.<lb/>
Man traut seinen Augen uicht, wenn man solchen Verhältnissen gegenüber jene<lb/>
Bestimmung in K 47 Abs. 3 des Bankgesetzes liest, man gewinnt daraus wie<lb/>
ans andern ähnlichen bevorzugenden Sonderstellungen Baierns^) geradezu<lb/>
die Ansicht, daß die Bniern allein Deutsche erster Klasse, die übrigen Deutschen<lb/>
aber Neichsangehörige zweiter Klasse seien.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_454"> Zu unsrer Befriedigung wird uns mitgeteilt, daß gerade der bairischen Regie¬<lb/>
rung nahestehende Personen betreffs der bevorstehenden Bankgesetzgebnng den Ver¬<lb/>
dacht weit von sich weisen, Bniern wolle eine Sonderstellung für sich herausschlagen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_455"> Wenn von manchen Seiten die Frage der Beseitigung des Neichspapier-<lb/>
geldes und die Verleihung des Rechtes, an Stelle des Reichspapiergeldes<lb/>
entsprechende kleine Noten auszugeben, an die Reichsbank mit der Frage der<lb/>
Kündigung der bestehenden Bnnknotenprivilegien verquickt worden ist, so mochten<lb/>
Nur diese Frage von den jetzigen Erörterungen ausgeschlossen sehen, damit nicht<lb/>
ein neuer verwirrender Streitfall hereingebracht werde, der leicht in der<lb/>
Entscheidung der Hauptfrage auf falsche Wege leiten könnte. Wie oft hat im<lb/>
parlamentarischen Leben die Annahme eines neu aufgetauchten Nebenantrages<lb/>
die Hauptentscheidung so durchbrechen helfen, daß sie ganz anders ausgefallen<lb/>
ist, als gut war und als die Mehrheit ursprünglich wollte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_456"> Auch Voransbestimmung der Grundsätze, nach denen von der Bank im<lb/>
Kriegsfalle zu verfahren sei, halten wir für ein sehr bedenkliches und nicht<lb/>
ini»der überflüssiges Unternehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_457" next="#ID_458"> Unsers Wissens ist darüber gestritten worden, ob die ganze Frage der<lb/>
Verlängerung oder Kündigung der Banknvtenprivilegien vor den Reichstag<lb/>
gebracht werden müsse oder nicht. Nach 41 und 44 des Baukgesetzes könnte<lb/>
es scheinen, als ob dem Bundesrate das Recht zustehe, die Nvtenprivilegien<lb/>
allem ohne Befragung des Reichstages zu verlängern oder zu kündigen.<lb/>
Allein abgesehen von der Entstehungsgeschichte des Bankgesetzes, wonach an¬<lb/>
gesehene Parlamentarier dem Reichstage das Recht der Mitwirkung zuschreiben,<lb/>
ist auch Absatz 3 von dz 47 des Bnnkgesetzes unsers Erachtens so zu deuten,<lb/>
daß der Reichstag zustimmen müßte, wenn der Bundesrat eine Kündigung bis</p><lb/>
          <note xml:id="FID_22" place="foot"> Die Rcservatrcchte, die Bevorzugung vor Preußen bei Verteilung der französischen<lb/>
Kriegskosten haben wir schon oben erwähnt. Man denke noch, das; Baiern allein bei Fest¬<lb/>
stellung der Stimmen der einzelnen Staaten im Bundesrate eine Bevorzugung für sich heraus¬<lb/>
gedrückt hat. Das ist das Land, das Friedrich der Große zweimal (l.779 und 1765) dem<lb/>
Wittelsbacher Hanse und vor dein Aufgehen in Österreich bewahrt hat!</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0125] Die Kündigung der Banknotenprivilegien Baierns liegt, die wir in ihren Gründen nicht zu fassen vermögen. Nach dein Bankgesetze wurden 385 Millionen Mark steuerfreie Noten festgestellt. Davon sollten ans bairische Banken 32 Millionen konunen. Das war verhältnis¬ mäßig schon sehr viel, da Baiern nnr den nennten oder zehnten Teil des deutsche» Reiches bildet, und da doch in Vaiern nicht bloß dessen Notenbanken, sondern auch die Geschäftsstellen der Reichsbank dem Verkehr dienen sollten. Man traut seinen Augen uicht, wenn man solchen Verhältnissen gegenüber jene Bestimmung in K 47 Abs. 3 des Bankgesetzes liest, man gewinnt daraus wie ans andern ähnlichen bevorzugenden Sonderstellungen Baierns^) geradezu die Ansicht, daß die Bniern allein Deutsche erster Klasse, die übrigen Deutschen aber Neichsangehörige zweiter Klasse seien. Zu unsrer Befriedigung wird uns mitgeteilt, daß gerade der bairischen Regie¬ rung nahestehende Personen betreffs der bevorstehenden Bankgesetzgebnng den Ver¬ dacht weit von sich weisen, Bniern wolle eine Sonderstellung für sich herausschlagen. Wenn von manchen Seiten die Frage der Beseitigung des Neichspapier- geldes und die Verleihung des Rechtes, an Stelle des Reichspapiergeldes entsprechende kleine Noten auszugeben, an die Reichsbank mit der Frage der Kündigung der bestehenden Bnnknotenprivilegien verquickt worden ist, so mochten Nur diese Frage von den jetzigen Erörterungen ausgeschlossen sehen, damit nicht ein neuer verwirrender Streitfall hereingebracht werde, der leicht in der Entscheidung der Hauptfrage auf falsche Wege leiten könnte. Wie oft hat im parlamentarischen Leben die Annahme eines neu aufgetauchten Nebenantrages die Hauptentscheidung so durchbrechen helfen, daß sie ganz anders ausgefallen ist, als gut war und als die Mehrheit ursprünglich wollte. Auch Voransbestimmung der Grundsätze, nach denen von der Bank im Kriegsfalle zu verfahren sei, halten wir für ein sehr bedenkliches und nicht ini»der überflüssiges Unternehmen. Unsers Wissens ist darüber gestritten worden, ob die ganze Frage der Verlängerung oder Kündigung der Banknvtenprivilegien vor den Reichstag gebracht werden müsse oder nicht. Nach 41 und 44 des Baukgesetzes könnte es scheinen, als ob dem Bundesrate das Recht zustehe, die Nvtenprivilegien allem ohne Befragung des Reichstages zu verlängern oder zu kündigen. Allein abgesehen von der Entstehungsgeschichte des Bankgesetzes, wonach an¬ gesehene Parlamentarier dem Reichstage das Recht der Mitwirkung zuschreiben, ist auch Absatz 3 von dz 47 des Bnnkgesetzes unsers Erachtens so zu deuten, daß der Reichstag zustimmen müßte, wenn der Bundesrat eine Kündigung bis Die Rcservatrcchte, die Bevorzugung vor Preußen bei Verteilung der französischen Kriegskosten haben wir schon oben erwähnt. Man denke noch, das; Baiern allein bei Fest¬ stellung der Stimmen der einzelnen Staaten im Bundesrate eine Bevorzugung für sich heraus¬ gedrückt hat. Das ist das Land, das Friedrich der Große zweimal (l.779 und 1765) dem Wittelsbacher Hanse und vor dein Aufgehen in Österreich bewahrt hat!

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/125
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/125>, abgerufen am 30.06.2024.