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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Die Kündigung der Banknotenprivilegien

spreche"! Diese hat man im wesentlichen durchgeführt, aber nicht um finanzieller
Vorteile willen, die mich, die Folge der Maßregel gewesen sind, zum Teil wohl
ans Gründen der stärkern Wehrhaftigkeit des Landes, wiewohl die Privat-
eisenbnhnverwaltnngen im letzten großen Kriege ihren Pflichten in anerkennens¬
werter Weise genügt haben, hauptsächlich aber, weil man mit Recht derartige
dem allgemeinen Interesse dienende Einrichtungen der Willkür der Privnt-
verwaltung, die dein Grundsätze gleichmäßiger Behandlung aller Staats¬
angehörigen nie ganz vollständig entsprechen werden und können, nicht mehr
überlassen wollte, und weil man ausschließen wollte, daß einzelne Bahn-
verwaltnngen ans Sonderinteresse eine dem Wohle des ganzen Reiches schädliche
Tarifpolitik treiben könnten.

Es gilt nun noch einen ganz eigenartigen Einwand gegen unsre oben
entwickelten Ansichten abzuthun. Man behauptet, in Bezug auf die bairische
Notenbank bestehe ein bairisches Reservatrecht, das durch die Reichsgesetz-
gebung nicht berührt werden dürfe. Der Einwand ist so unbegründet und
aller Kenntnis unsrer Berfassnng wie des Bankgesetzes baar, daß wir ihn um-
soweniger beachten würden, als er sich zunächst in untergeordneten Zeitungen
von ausgesprochen partiknlaristischer Färbung ans Tageslicht gewagt hat, wenn
nicht ernstere und anständigere Druckschriften ihn abgedruckt hätten, und zwar
ohne den Versuch einer Widerlegung und ohne ein Wort der Mißbilligung.

In Art. 4 Ziffer 4 der Reichsverfassung ist das Bankwesen ganz all¬
gemein der Reichsgesetzgebung unterstellt. Es ist dort von einem Neservatrecht
Baierns kein Wort gesagt, wie in Ziffer 1, 8 und 10 des Art. 4 wegen der
Heimath- und Niederlasfungsverhältnisfe, des Eisenbahnwesens, des Post- und
Tclegraphenwesens. Aber auch aus dem Bankgesetze vom 14. März 1875
selbst geht hervor, daß die dort in H 47 Abs. Z Baiern eingeräumte gro߬
artige Bevorzugung nur so lauge gelte" soll, als die übrigen Privntnvteu-
baukeu die Konzession fortbehnlten. Dort ist gesagt: "Die bairische Regie¬
rung ist berechtigt, bis zum Höchstbetrage von siebzig Millionen Mark die
Befugnis zur Ausgabe von Banknoten für die in Baiern bestehende Notenbank
zu erweitern oder diese Befugnis einer andern Bank zu erteilen, sofern die
Bank sich den Bestimmungen des H 44 unterwirft." Und H 44 besagt in
Abs. 1 Ur. 7: "Die Bank willigt ein, daß ihre Befugnis zur Ausgabe von
Banknoten zu den in ^ 41 bezeichneten Terminen durch Beschluß der Landes¬
regierung oder des Bundesrates mit einjähriger Kündigungsfrist aufgehoben
werden könne, ohne daß ihr ein Anspruch auf irgend welche Entschädigung
zustünde." Also das Notenemissionsrecht der bäuerischen Notenbank ist, ent¬
sprechend dem allgemeinen Grundsatze in 1 Abs. 1 des Bankgesetzes, nicht fester
und unantastbarer als das der übrigen Privatnvteubauleu und der Neichsbank.

Hierbei "eng übrigens der Verwunderung Ausdruck verliehen werden, daß
in jener Bestimmung in 47 Abs. des Bankgesetzes wieder eine Bevorzugung


Die Kündigung der Banknotenprivilegien

spreche»! Diese hat man im wesentlichen durchgeführt, aber nicht um finanzieller
Vorteile willen, die mich, die Folge der Maßregel gewesen sind, zum Teil wohl
ans Gründen der stärkern Wehrhaftigkeit des Landes, wiewohl die Privat-
eisenbnhnverwaltnngen im letzten großen Kriege ihren Pflichten in anerkennens¬
werter Weise genügt haben, hauptsächlich aber, weil man mit Recht derartige
dem allgemeinen Interesse dienende Einrichtungen der Willkür der Privnt-
verwaltung, die dein Grundsätze gleichmäßiger Behandlung aller Staats¬
angehörigen nie ganz vollständig entsprechen werden und können, nicht mehr
überlassen wollte, und weil man ausschließen wollte, daß einzelne Bahn-
verwaltnngen ans Sonderinteresse eine dem Wohle des ganzen Reiches schädliche
Tarifpolitik treiben könnten.

Es gilt nun noch einen ganz eigenartigen Einwand gegen unsre oben
entwickelten Ansichten abzuthun. Man behauptet, in Bezug auf die bairische
Notenbank bestehe ein bairisches Reservatrecht, das durch die Reichsgesetz-
gebung nicht berührt werden dürfe. Der Einwand ist so unbegründet und
aller Kenntnis unsrer Berfassnng wie des Bankgesetzes baar, daß wir ihn um-
soweniger beachten würden, als er sich zunächst in untergeordneten Zeitungen
von ausgesprochen partiknlaristischer Färbung ans Tageslicht gewagt hat, wenn
nicht ernstere und anständigere Druckschriften ihn abgedruckt hätten, und zwar
ohne den Versuch einer Widerlegung und ohne ein Wort der Mißbilligung.

In Art. 4 Ziffer 4 der Reichsverfassung ist das Bankwesen ganz all¬
gemein der Reichsgesetzgebung unterstellt. Es ist dort von einem Neservatrecht
Baierns kein Wort gesagt, wie in Ziffer 1, 8 und 10 des Art. 4 wegen der
Heimath- und Niederlasfungsverhältnisfe, des Eisenbahnwesens, des Post- und
Tclegraphenwesens. Aber auch aus dem Bankgesetze vom 14. März 1875
selbst geht hervor, daß die dort in H 47 Abs. Z Baiern eingeräumte gro߬
artige Bevorzugung nur so lauge gelte» soll, als die übrigen Privntnvteu-
baukeu die Konzession fortbehnlten. Dort ist gesagt: „Die bairische Regie¬
rung ist berechtigt, bis zum Höchstbetrage von siebzig Millionen Mark die
Befugnis zur Ausgabe von Banknoten für die in Baiern bestehende Notenbank
zu erweitern oder diese Befugnis einer andern Bank zu erteilen, sofern die
Bank sich den Bestimmungen des H 44 unterwirft." Und H 44 besagt in
Abs. 1 Ur. 7: „Die Bank willigt ein, daß ihre Befugnis zur Ausgabe von
Banknoten zu den in ^ 41 bezeichneten Terminen durch Beschluß der Landes¬
regierung oder des Bundesrates mit einjähriger Kündigungsfrist aufgehoben
werden könne, ohne daß ihr ein Anspruch auf irgend welche Entschädigung
zustünde." Also das Notenemissionsrecht der bäuerischen Notenbank ist, ent¬
sprechend dem allgemeinen Grundsatze in 1 Abs. 1 des Bankgesetzes, nicht fester
und unantastbarer als das der übrigen Privatnvteubauleu und der Neichsbank.

Hierbei »eng übrigens der Verwunderung Ausdruck verliehen werden, daß
in jener Bestimmung in 47 Abs. des Bankgesetzes wieder eine Bevorzugung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/124>, abgerufen am 30.06.2024.