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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Die Kündigung der Banknotenprivilegien

Länder Anlaß bietet, so wollen wir dabei durchaus nicht alle Kräfte, die ihr
angehören, gemeint haben. Es giebt eine Anzahl kapitalstarker, einflußreicher
und mit anstündiger Gesinnung geleiteter, den Geld- und Kapitalverkehr ver¬
mittelnder Kreditbanken und Bankiers, deren Thätigkeit einem wahren Be¬
dürfnis unsers Kulturlebens entspricht. Ihnen wollen wir durchaus nicht zu
nahe treten, gleichwie wir weit davon entfernt sind, die Verstaatlichung dieser
freien Bauten zu verlangen, wie es in neuerer Zeit mehrfach geschehen ist.
Anderseits bedenke man, wie groß in vielen Fällen für die, die Bankgeschäfte
betreiben, die Versuchung ist, zum eignen Vorteil das Interesse der Auftraggeber
zu verletzen, und daß es sich daraus erklärt, weshalb sich anerkanntermaßen in
diesem Geschäftszweige manches als vielfach geltender Brauch eingebürgert hat,
was in andern Geschäftsbetrieben als unzulässig befunden werden würde.

Wenn viele wichtige und durchschlagende der von uns hervorgehobenen
Bedenken gegen das Fortbestehen der Privatnvtenbnnken bisher in den Zeitungen
noch nicht erörtert und wohl auch > maßgebenden Kreisen gar nicht bekannt
geworden sind, so hat dies seinen Grund in der klugen Taktik der Anhänger der
Privatnotenbanken. Wie die deutschfreisinnige und sonstige Oppositionspresfe die
Wahrheiten, die ihrem Allleugnungs- und Verhetzungssystem widersprechen, tot¬
schweigt und dadurch ihren Lesern unterschlägt, so thut es auch die fast ausnahmslos
"deutschfreisinnige" Börse mit ihrem Anhange. Alles, was den Beherrschern der
Börse und der Großfinanz nicht gefällt, darf einfach in den Börsenblättern und
dein größten Teile der übrigen Zeitungen nicht erwähnt werden. Dagegen wird
alles eifrigst ausgeführt, was die so unterschlagncn Wahrheiten scheinbar widerlegt.

Wie würde aber auch das Fortbesteheulassen der jetzigen Privatnoten¬
banken, die ganz auf privatkapitalistischer Grundlage beruhend von einem
Teile der mächtigen Grvßfiuanz als Fangarme nußbraucht werden, der seit
der kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 immer mehr bethätigten
Sozialpolitik widersprechen, wonach'die Staatseinrichtungen gerade den Schwachen
und Minderkräftigen dienen sollen! Unsre Großindustrie ist mit Recht zu be¬
trächtlichen Leistungen im Sinne dieser Grundsätze herangezogen worden. Und
dem entgegen wollte mau unsre Großfinanz weiter bevorzugen, unsre Groß-
finauz, in deren Händen sich ungeheure, lawinenartig anschwellende, für unser
Staatswesen gefährlich groß werdende Einzelvermögen anhäufen, Vermögen, die
den Niesenvermögen der Vanderbilts, Gvnlds, MackahS u. s. w. zum Teil nicht
nachstehen, deren wahre Höhe aber bei der schlauen Bescheidenheit unsrer
fünfzig- bis tausendfachen Millionäre uur vou wenigen richtig erkannt wird!
Ist doch diese Unkenntnis der Grund, daß in den Staaten, wo eS noch an
der Pflicht der Selbsteinschätzuug zu den direkten Staatssteuern gebricht, die
Besitzer jeuer ungeheuer,: Vermögen uur verhältnismäßig geringe Steuern zahlen.

Wie würde ferner das Fortbestehenlassen der Privntnvtenbauken unsrer
Eisenbahnpolitik, der grundsätzlichen Verstaatlichung unsrer Eisenbahnen, wider-


Die Kündigung der Banknotenprivilegien

Länder Anlaß bietet, so wollen wir dabei durchaus nicht alle Kräfte, die ihr
angehören, gemeint haben. Es giebt eine Anzahl kapitalstarker, einflußreicher
und mit anstündiger Gesinnung geleiteter, den Geld- und Kapitalverkehr ver¬
mittelnder Kreditbanken und Bankiers, deren Thätigkeit einem wahren Be¬
dürfnis unsers Kulturlebens entspricht. Ihnen wollen wir durchaus nicht zu
nahe treten, gleichwie wir weit davon entfernt sind, die Verstaatlichung dieser
freien Bauten zu verlangen, wie es in neuerer Zeit mehrfach geschehen ist.
Anderseits bedenke man, wie groß in vielen Fällen für die, die Bankgeschäfte
betreiben, die Versuchung ist, zum eignen Vorteil das Interesse der Auftraggeber
zu verletzen, und daß es sich daraus erklärt, weshalb sich anerkanntermaßen in
diesem Geschäftszweige manches als vielfach geltender Brauch eingebürgert hat,
was in andern Geschäftsbetrieben als unzulässig befunden werden würde.

Wenn viele wichtige und durchschlagende der von uns hervorgehobenen
Bedenken gegen das Fortbestehen der Privatnvtenbnnken bisher in den Zeitungen
noch nicht erörtert und wohl auch > maßgebenden Kreisen gar nicht bekannt
geworden sind, so hat dies seinen Grund in der klugen Taktik der Anhänger der
Privatnotenbanken. Wie die deutschfreisinnige und sonstige Oppositionspresfe die
Wahrheiten, die ihrem Allleugnungs- und Verhetzungssystem widersprechen, tot¬
schweigt und dadurch ihren Lesern unterschlägt, so thut es auch die fast ausnahmslos
„deutschfreisinnige" Börse mit ihrem Anhange. Alles, was den Beherrschern der
Börse und der Großfinanz nicht gefällt, darf einfach in den Börsenblättern und
dein größten Teile der übrigen Zeitungen nicht erwähnt werden. Dagegen wird
alles eifrigst ausgeführt, was die so unterschlagncn Wahrheiten scheinbar widerlegt.

Wie würde aber auch das Fortbesteheulassen der jetzigen Privatnoten¬
banken, die ganz auf privatkapitalistischer Grundlage beruhend von einem
Teile der mächtigen Grvßfiuanz als Fangarme nußbraucht werden, der seit
der kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 immer mehr bethätigten
Sozialpolitik widersprechen, wonach'die Staatseinrichtungen gerade den Schwachen
und Minderkräftigen dienen sollen! Unsre Großindustrie ist mit Recht zu be¬
trächtlichen Leistungen im Sinne dieser Grundsätze herangezogen worden. Und
dem entgegen wollte mau unsre Großfinanz weiter bevorzugen, unsre Groß-
finauz, in deren Händen sich ungeheure, lawinenartig anschwellende, für unser
Staatswesen gefährlich groß werdende Einzelvermögen anhäufen, Vermögen, die
den Niesenvermögen der Vanderbilts, Gvnlds, MackahS u. s. w. zum Teil nicht
nachstehen, deren wahre Höhe aber bei der schlauen Bescheidenheit unsrer
fünfzig- bis tausendfachen Millionäre uur vou wenigen richtig erkannt wird!
Ist doch diese Unkenntnis der Grund, daß in den Staaten, wo eS noch an
der Pflicht der Selbsteinschätzuug zu den direkten Staatssteuern gebricht, die
Besitzer jeuer ungeheuer,: Vermögen uur verhältnismäßig geringe Steuern zahlen.

Wie würde ferner das Fortbestehenlassen der Privntnvtenbauken unsrer
Eisenbahnpolitik, der grundsätzlichen Verstaatlichung unsrer Eisenbahnen, wider-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/123>, abgerufen am 22.12.2024.