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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Plätzen, wo die Reichsbank keine Stellen hat. Da wird nnn gesagt, wenn
nur eine Reichsbank existire, würden jene Filialen schwer vermißt werden.
Ja wer behauptet denn, daß die Reichsbank dann, wenn sie die einzige Noten¬
bank wäre, an diesen Plätzen keine Filialen einrichten würde? Es sind das
doch Verkehrspunkte, die für das Nebeneinanderbestehen der Filialen von zwei
Notenbanken zu klein sind, und an denen die Reichsbank schon, als sie errichtet
wurde, Filialen von Prioatnoteubauken vorfand. Gewiß würde die Reichsbank,
wenn sie das Monopol der Bauknvtenemissivn hätte, wo nur immer möglich
Filialen errichten, gerade wie die Post durch Errichtung von Postämtern den
weitestgehenden Wünschen des Publikums entspricht.

Die verbrauchten Redensarten von der dein Publikum heilsamen Konkurrenz
zwischen Reichsbank und Privatnoteubanken wird jeder belächeln, der, wenn er
früher noch nicht einsichtig genug gewesen ist, wenigstens nach Verstaatlichung
fast sämtlicher Eisenbahnen einsehen gelernt hat, daß solche dem. Gemeinwohl
dienende Anstalten wie Post, Telegraphie, Eisenbahnen, mit denen die Noten¬
banken ans ganz gleicher Stufe stehen, nur dann völlig richtig und gerecht ver¬
waltet werden können, wenn sie Staats- oder Reichsanstalten sind. In
Schriften zu Gunsten der Privatnoteubanken wird geredet von dem befruchtenden
Einflüsse, den sie auf das Verkehrsleben ausüben n. f. w. Das sind billige
Redensarten, die nach etwas klingen, die aber, wie man bei einigermaßen sorg¬
fältigem Überlegen alsbald findet, in Wirklichkeit alles Sinnes ledig sind und
daher gegen die alleinige Reichsbank keinerlei Grund bringen oder auch uur
andeuten. Daß diese Befruchtung des Verkehrs durch die Privatnoteubanken,
wenn sich überhaupt darunter etwas vorstellen ließe, etwas sehr bedenkliches
wäre, möge man unter anderm daraus ermessen, daß diese Privatnotenbnnten
wiederholt bei längst zu erwartenden Konkursen von Schwiudelfirmen mit teil¬
weise riesigen Summen beteiligt gewesen sind und entsprechende Verluste gehabt
haben. Jeue Verkehrsbefruchtung ist meist die Einführung der oben ver¬
urteilten Einrichtung einzelne Kreditnehmer bevorzugender Zinssätze!

Diese Beleuchtung der ganzen Frage als einer solchen der innern Wirtschafts¬
politik - und zwar als eines Falles, wie die Nation durch übermächtige Kreise
die Großfinanz planmäßig ausgebeutet wird -- erinnert nu ein Seitenstück, das
sich in deu letzte" Jahren in einem großen Nachbarstaate abgespielt hat. Wir
meinen die Verlängerung des Privilegs der (fast ausschließlich in Rvthschildscheur
Besitze befindlichen) Kniser-Ferdinands-Nordbahn durch die österreichische Re¬
gierung. Ganz vergleichbar würde es sein, wenn jetzt im deutschen Reiche den
Privatnoteubanken ihre Privilegien gelassen würden. Das ist aber undenkbar,
den" nach unsrer Meinung ist das deutsche Reich, sind seine Staatsmänner
der Plutvkrcitie uoch nicht zinspflichtig.

Wenn wir in diesem Aufsatz einen Teil der Bedenken andeuten, zu denen
das Verhalten unsrer Großfinanz vielleicht noch nicht so sehr wie der andrer


Plätzen, wo die Reichsbank keine Stellen hat. Da wird nnn gesagt, wenn
nur eine Reichsbank existire, würden jene Filialen schwer vermißt werden.
Ja wer behauptet denn, daß die Reichsbank dann, wenn sie die einzige Noten¬
bank wäre, an diesen Plätzen keine Filialen einrichten würde? Es sind das
doch Verkehrspunkte, die für das Nebeneinanderbestehen der Filialen von zwei
Notenbanken zu klein sind, und an denen die Reichsbank schon, als sie errichtet
wurde, Filialen von Prioatnoteubauken vorfand. Gewiß würde die Reichsbank,
wenn sie das Monopol der Bauknvtenemissivn hätte, wo nur immer möglich
Filialen errichten, gerade wie die Post durch Errichtung von Postämtern den
weitestgehenden Wünschen des Publikums entspricht.

Die verbrauchten Redensarten von der dein Publikum heilsamen Konkurrenz
zwischen Reichsbank und Privatnoteubanken wird jeder belächeln, der, wenn er
früher noch nicht einsichtig genug gewesen ist, wenigstens nach Verstaatlichung
fast sämtlicher Eisenbahnen einsehen gelernt hat, daß solche dem. Gemeinwohl
dienende Anstalten wie Post, Telegraphie, Eisenbahnen, mit denen die Noten¬
banken ans ganz gleicher Stufe stehen, nur dann völlig richtig und gerecht ver¬
waltet werden können, wenn sie Staats- oder Reichsanstalten sind. In
Schriften zu Gunsten der Privatnoteubanken wird geredet von dem befruchtenden
Einflüsse, den sie auf das Verkehrsleben ausüben n. f. w. Das sind billige
Redensarten, die nach etwas klingen, die aber, wie man bei einigermaßen sorg¬
fältigem Überlegen alsbald findet, in Wirklichkeit alles Sinnes ledig sind und
daher gegen die alleinige Reichsbank keinerlei Grund bringen oder auch uur
andeuten. Daß diese Befruchtung des Verkehrs durch die Privatnoteubanken,
wenn sich überhaupt darunter etwas vorstellen ließe, etwas sehr bedenkliches
wäre, möge man unter anderm daraus ermessen, daß diese Privatnotenbnnten
wiederholt bei längst zu erwartenden Konkursen von Schwiudelfirmen mit teil¬
weise riesigen Summen beteiligt gewesen sind und entsprechende Verluste gehabt
haben. Jeue Verkehrsbefruchtung ist meist die Einführung der oben ver¬
urteilten Einrichtung einzelne Kreditnehmer bevorzugender Zinssätze!

Diese Beleuchtung der ganzen Frage als einer solchen der innern Wirtschafts¬
politik - und zwar als eines Falles, wie die Nation durch übermächtige Kreise
die Großfinanz planmäßig ausgebeutet wird — erinnert nu ein Seitenstück, das
sich in deu letzte» Jahren in einem großen Nachbarstaate abgespielt hat. Wir
meinen die Verlängerung des Privilegs der (fast ausschließlich in Rvthschildscheur
Besitze befindlichen) Kniser-Ferdinands-Nordbahn durch die österreichische Re¬
gierung. Ganz vergleichbar würde es sein, wenn jetzt im deutschen Reiche den
Privatnoteubanken ihre Privilegien gelassen würden. Das ist aber undenkbar,
den» nach unsrer Meinung ist das deutsche Reich, sind seine Staatsmänner
der Plutvkrcitie uoch nicht zinspflichtig.

Wenn wir in diesem Aufsatz einen Teil der Bedenken andeuten, zu denen
das Verhalten unsrer Großfinanz vielleicht noch nicht so sehr wie der andrer


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[0122] Plätzen, wo die Reichsbank keine Stellen hat. Da wird nnn gesagt, wenn nur eine Reichsbank existire, würden jene Filialen schwer vermißt werden. Ja wer behauptet denn, daß die Reichsbank dann, wenn sie die einzige Noten¬ bank wäre, an diesen Plätzen keine Filialen einrichten würde? Es sind das doch Verkehrspunkte, die für das Nebeneinanderbestehen der Filialen von zwei Notenbanken zu klein sind, und an denen die Reichsbank schon, als sie errichtet wurde, Filialen von Prioatnoteubauken vorfand. Gewiß würde die Reichsbank, wenn sie das Monopol der Bauknvtenemissivn hätte, wo nur immer möglich Filialen errichten, gerade wie die Post durch Errichtung von Postämtern den weitestgehenden Wünschen des Publikums entspricht. Die verbrauchten Redensarten von der dein Publikum heilsamen Konkurrenz zwischen Reichsbank und Privatnoteubanken wird jeder belächeln, der, wenn er früher noch nicht einsichtig genug gewesen ist, wenigstens nach Verstaatlichung fast sämtlicher Eisenbahnen einsehen gelernt hat, daß solche dem. Gemeinwohl dienende Anstalten wie Post, Telegraphie, Eisenbahnen, mit denen die Noten¬ banken ans ganz gleicher Stufe stehen, nur dann völlig richtig und gerecht ver¬ waltet werden können, wenn sie Staats- oder Reichsanstalten sind. In Schriften zu Gunsten der Privatnoteubanken wird geredet von dem befruchtenden Einflüsse, den sie auf das Verkehrsleben ausüben n. f. w. Das sind billige Redensarten, die nach etwas klingen, die aber, wie man bei einigermaßen sorg¬ fältigem Überlegen alsbald findet, in Wirklichkeit alles Sinnes ledig sind und daher gegen die alleinige Reichsbank keinerlei Grund bringen oder auch uur andeuten. Daß diese Befruchtung des Verkehrs durch die Privatnoteubanken, wenn sich überhaupt darunter etwas vorstellen ließe, etwas sehr bedenkliches wäre, möge man unter anderm daraus ermessen, daß diese Privatnotenbnnten wiederholt bei längst zu erwartenden Konkursen von Schwiudelfirmen mit teil¬ weise riesigen Summen beteiligt gewesen sind und entsprechende Verluste gehabt haben. Jeue Verkehrsbefruchtung ist meist die Einführung der oben ver¬ urteilten Einrichtung einzelne Kreditnehmer bevorzugender Zinssätze! Diese Beleuchtung der ganzen Frage als einer solchen der innern Wirtschafts¬ politik - und zwar als eines Falles, wie die Nation durch übermächtige Kreise die Großfinanz planmäßig ausgebeutet wird — erinnert nu ein Seitenstück, das sich in deu letzte» Jahren in einem großen Nachbarstaate abgespielt hat. Wir meinen die Verlängerung des Privilegs der (fast ausschließlich in Rvthschildscheur Besitze befindlichen) Kniser-Ferdinands-Nordbahn durch die österreichische Re¬ gierung. Ganz vergleichbar würde es sein, wenn jetzt im deutschen Reiche den Privatnoteubanken ihre Privilegien gelassen würden. Das ist aber undenkbar, den» nach unsrer Meinung ist das deutsche Reich, sind seine Staatsmänner der Plutvkrcitie uoch nicht zinspflichtig. Wenn wir in diesem Aufsatz einen Teil der Bedenken andeuten, zu denen das Verhalten unsrer Großfinanz vielleicht noch nicht so sehr wie der andrer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/122>, abgerufen am 30.06.2024.