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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Nie Kündigung der Banknotenprivilegien

welcher Reichsaugehörige unter den frühern Wechselverpflichteten sich der fran¬
zösischen Sprache oder französischer Rechnungsweise bedient hat.*)

Auch könnte die Neichsbank, wenn sie alleinige Notenbank wäre, gar manche
Maßregel zur Ausschließung und Unterdrückung unsolider Geschäftsverhältnisse,
z. B. von Reitwechseln, ergreifen, Maßregeln, die ihr beim Vorhandensein noch
andrer Notenbanken teils wegen deren Wettbewerbes, teils wegen unvollständiger
Übersicht über das Kreditbedürfnis und die Kreditansprüche aller einzelnen
Kreditnehmer nicht oder nicht in ausreichendem Umfange zu Gebote stehen.

Nach dieser Begründung unsrer Ansichten und Anträge gehen wir uun
dazu über, die wesentlichsten Gründe, mit denen wir die jetzigen Einrichtungen
verteidigt gefunden haben, im einzelnen zu widerlegen.

Es ist uns nicht unbekannt, wie auf besondre Anregung manche kauf¬
männische und gewerbliche Vertretungen das Fortbestehen der Privilegien der
Privatnvtenbaukeu eifrigst befürwortet habe". In mit rührender Bescheidenheit
haben diese Herren für die Privatnotenbauken sogar Erweiterungen ihrer
Privilegien beantragt! Aber wie waren die Kommissionen zusammengesetzt, die
solche Anträge stellten? Es waren die Verwaltungsräte und Günstlinge der
Privatnvtenbaukeu selbst, die auf diese Weise in willkürlich zusammengesetzter
Weise die wunderbarsten Beschlüsse faßten. Solche Giltachten haben wahrlich
noch weniger Wert, als eine Masseupetitiou mit unzähligen Unterschriften von
Leuten, die des Inhalts wie der Gründe unkundig sind.

Und was für eine Begründung haben diese Befürworter der Privat¬
notenbanken ihren Anträgen zu geben gewagt? Sie sagen, die Reichsbank sei
zu bureaukratisch, folge mit ihren Entschließungen nicht rasch genug den Verkehrs¬
bedürfnissen, weil diese oft größer seien, als daß sie von den einzelnen Zweig-
anstalten selbständig berücksichtigt werden könnten. Das ist einfach nicht wahr.
Der Kredit, den die Reichsbank gewährt, ist immer so wohl erwogen und sorg¬
fältig geprüft, daß er der Kreditwürdigkeit entspricht. Die einzelnen Zweig¬
anstalten haben auch eine ganz hinreichende Selbständigkeit, um allen be¬
rechtigten Anforderungen zu genügen. Das zeigt sich an all den Orten, wo
Privatuvteubaukeu nicht bestehen. Dahin gehören namentlich die preußische"
Provinzen mit hochentwickelter Industrie. In ihnen hätte sich längst das Be¬
dürfnis von Privatuvteubaukeu neben der Neichsbank herausstellen müssen, wenn
ein solches überhaupt bestünde.

Verschiedne größere Privatnotenbanken unterhalten Filialen an kleinern



Als Beispiel diene folgender uns selbst vorgekommene Fall. Eine große Elsnsser
Firma hatte ans einen Abnehmer in Berlin einen Wechsel in französischer Sprache gezogen
Der Bezogne verweigerte Zahlung und gab dem Protestnvtnr als Grund den Gebrauch der
französischen Sprache an, sodaß dieser Grund in der Prvtestnrkuude erwähnt wurde. Bon
dn ab hat der Elsasser Aussteller jenem Bezoguen und andern Geschäftsfreunden gegenüber
sich allenthalben der deutsche" Sprache bedient.
Grenzl'öden IV 188" 15
Nie Kündigung der Banknotenprivilegien

welcher Reichsaugehörige unter den frühern Wechselverpflichteten sich der fran¬
zösischen Sprache oder französischer Rechnungsweise bedient hat.*)

Auch könnte die Neichsbank, wenn sie alleinige Notenbank wäre, gar manche
Maßregel zur Ausschließung und Unterdrückung unsolider Geschäftsverhältnisse,
z. B. von Reitwechseln, ergreifen, Maßregeln, die ihr beim Vorhandensein noch
andrer Notenbanken teils wegen deren Wettbewerbes, teils wegen unvollständiger
Übersicht über das Kreditbedürfnis und die Kreditansprüche aller einzelnen
Kreditnehmer nicht oder nicht in ausreichendem Umfange zu Gebote stehen.

Nach dieser Begründung unsrer Ansichten und Anträge gehen wir uun
dazu über, die wesentlichsten Gründe, mit denen wir die jetzigen Einrichtungen
verteidigt gefunden haben, im einzelnen zu widerlegen.

Es ist uns nicht unbekannt, wie auf besondre Anregung manche kauf¬
männische und gewerbliche Vertretungen das Fortbestehen der Privilegien der
Privatnvtenbaukeu eifrigst befürwortet habe». In mit rührender Bescheidenheit
haben diese Herren für die Privatnotenbauken sogar Erweiterungen ihrer
Privilegien beantragt! Aber wie waren die Kommissionen zusammengesetzt, die
solche Anträge stellten? Es waren die Verwaltungsräte und Günstlinge der
Privatnvtenbaukeu selbst, die auf diese Weise in willkürlich zusammengesetzter
Weise die wunderbarsten Beschlüsse faßten. Solche Giltachten haben wahrlich
noch weniger Wert, als eine Masseupetitiou mit unzähligen Unterschriften von
Leuten, die des Inhalts wie der Gründe unkundig sind.

Und was für eine Begründung haben diese Befürworter der Privat¬
notenbanken ihren Anträgen zu geben gewagt? Sie sagen, die Reichsbank sei
zu bureaukratisch, folge mit ihren Entschließungen nicht rasch genug den Verkehrs¬
bedürfnissen, weil diese oft größer seien, als daß sie von den einzelnen Zweig-
anstalten selbständig berücksichtigt werden könnten. Das ist einfach nicht wahr.
Der Kredit, den die Reichsbank gewährt, ist immer so wohl erwogen und sorg¬
fältig geprüft, daß er der Kreditwürdigkeit entspricht. Die einzelnen Zweig¬
anstalten haben auch eine ganz hinreichende Selbständigkeit, um allen be¬
rechtigten Anforderungen zu genügen. Das zeigt sich an all den Orten, wo
Privatuvteubaukeu nicht bestehen. Dahin gehören namentlich die preußische»
Provinzen mit hochentwickelter Industrie. In ihnen hätte sich längst das Be¬
dürfnis von Privatuvteubaukeu neben der Neichsbank herausstellen müssen, wenn
ein solches überhaupt bestünde.

Verschiedne größere Privatnotenbanken unterhalten Filialen an kleinern



Als Beispiel diene folgender uns selbst vorgekommene Fall. Eine große Elsnsser
Firma hatte ans einen Abnehmer in Berlin einen Wechsel in französischer Sprache gezogen
Der Bezogne verweigerte Zahlung und gab dem Protestnvtnr als Grund den Gebrauch der
französischen Sprache an, sodaß dieser Grund in der Prvtestnrkuude erwähnt wurde. Bon
dn ab hat der Elsasser Aussteller jenem Bezoguen und andern Geschäftsfreunden gegenüber
sich allenthalben der deutsche» Sprache bedient.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/121>, abgerufen am 30.06.2024.