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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Die Kündigung der Vanknotenprivilegien
(Schluß)

egen die Einrichtung einer reinen Neichsbank haben einige Leute
die Behauptung angeführt, bei einem unglücklichen Kriege mit
dem Auslande würde das Kapital einer solchen Bank leichter der
Beschlagnahme des Feindes unterliegen als das Kapital einer
durch Privatmittel gebildeten Bank. Abgesehen nnn von dein
Zweifel, ob ein siegreicher Feind sich die Mühe nehmen würde, so seine Unter¬
schiede zu machen, müssen wir uns für unfähig bekennen, mit den Verfechtern
solcher Bedenken uns in einen Streit einzulassen, wenigstens soweit diese Be¬
denken von deu heldenmütigen Seelen herrühren, die sich vor überseeischen
Nasenstübern heillos fürchten und dadurch uns schon unheilbare Verluste zu¬
gefügt haben.

Auch deu Grund können wir nicht gelten lassen, daß eine Reichsbnnk mit
Privatkapital nicht so leicht dem Mißbrauch durch die Reichsregierung würde aus¬
gesetzt sein, wie ein reines Reichsinstitut. Bei einem solchen würde allerdings der
35 des Bankgesetzes nicht anwendbar sein, wonach den Geschäften der Reichs¬
bank mit den Finanzverwaltungen des Reiches oder der Einzelstaaten der
Zentralausschuß zustimmen muß. Eine entsprechende gesetzliche Bestimmung,
wonach etwa dem Reichstage ein Mitwirkungsrecht gewahrt würde, müßte
solche Bedenken erledigen. Außerdem halten wir jene Bestimmung in 8 35 des
Bankgesetzes nicht für besonders wertvoll; gegenüber einer in Geldbedrüngnis
befindlichen kräftigen Reichsregierung würde selbst der Zentralausschuß nicht
widerstandsfähig sein. Auch können wir nach allen mit der Negierung des Reiches
und der Einzelstaaten gemachten Erfahrungen bezüglich budget- und sonst ver¬
fassungsmäßig geführter Finanzverwaltung zu ihnen das beste Vertrauen hegen,
sodaß es nicht gerechtfertigt wäre, an lehrmeinungsmäßigem Mißtrauen die Schaf¬
fung eines sonst nützlichen und notwendigen Reichsinstituts scheitern zu lassen.

Haben wir lediglich eine Neichsbank als reines Neichsinstitut, so kann sie
auch zur Beschleunigung der Germanisirung von Elsaß-Lothringen viel bei¬
tragen. Sie wird den Firmen, die in ihrer Buchführung u. s. w. französische
Sprache und französisches Münzsystem anwenden, dieses Versälle" sehr bald
dadurch abgewöhnen können, daß sie nicht bloß mit solchen Frnuzöslingen selbst
keine Geschäfte macht, sondern auch leine Wechsel ankauft, auf denen irgend




Die Kündigung der Vanknotenprivilegien
(Schluß)

egen die Einrichtung einer reinen Neichsbank haben einige Leute
die Behauptung angeführt, bei einem unglücklichen Kriege mit
dem Auslande würde das Kapital einer solchen Bank leichter der
Beschlagnahme des Feindes unterliegen als das Kapital einer
durch Privatmittel gebildeten Bank. Abgesehen nnn von dein
Zweifel, ob ein siegreicher Feind sich die Mühe nehmen würde, so seine Unter¬
schiede zu machen, müssen wir uns für unfähig bekennen, mit den Verfechtern
solcher Bedenken uns in einen Streit einzulassen, wenigstens soweit diese Be¬
denken von deu heldenmütigen Seelen herrühren, die sich vor überseeischen
Nasenstübern heillos fürchten und dadurch uns schon unheilbare Verluste zu¬
gefügt haben.

Auch deu Grund können wir nicht gelten lassen, daß eine Reichsbnnk mit
Privatkapital nicht so leicht dem Mißbrauch durch die Reichsregierung würde aus¬
gesetzt sein, wie ein reines Reichsinstitut. Bei einem solchen würde allerdings der
35 des Bankgesetzes nicht anwendbar sein, wonach den Geschäften der Reichs¬
bank mit den Finanzverwaltungen des Reiches oder der Einzelstaaten der
Zentralausschuß zustimmen muß. Eine entsprechende gesetzliche Bestimmung,
wonach etwa dem Reichstage ein Mitwirkungsrecht gewahrt würde, müßte
solche Bedenken erledigen. Außerdem halten wir jene Bestimmung in 8 35 des
Bankgesetzes nicht für besonders wertvoll; gegenüber einer in Geldbedrüngnis
befindlichen kräftigen Reichsregierung würde selbst der Zentralausschuß nicht
widerstandsfähig sein. Auch können wir nach allen mit der Negierung des Reiches
und der Einzelstaaten gemachten Erfahrungen bezüglich budget- und sonst ver¬
fassungsmäßig geführter Finanzverwaltung zu ihnen das beste Vertrauen hegen,
sodaß es nicht gerechtfertigt wäre, an lehrmeinungsmäßigem Mißtrauen die Schaf¬
fung eines sonst nützlichen und notwendigen Reichsinstituts scheitern zu lassen.

Haben wir lediglich eine Neichsbank als reines Neichsinstitut, so kann sie
auch zur Beschleunigung der Germanisirung von Elsaß-Lothringen viel bei¬
tragen. Sie wird den Firmen, die in ihrer Buchführung u. s. w. französische
Sprache und französisches Münzsystem anwenden, dieses Versälle» sehr bald
dadurch abgewöhnen können, daß sie nicht bloß mit solchen Frnuzöslingen selbst
keine Geschäfte macht, sondern auch leine Wechsel ankauft, auf denen irgend


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[0120] [Abbildung] Die Kündigung der Vanknotenprivilegien (Schluß) egen die Einrichtung einer reinen Neichsbank haben einige Leute die Behauptung angeführt, bei einem unglücklichen Kriege mit dem Auslande würde das Kapital einer solchen Bank leichter der Beschlagnahme des Feindes unterliegen als das Kapital einer durch Privatmittel gebildeten Bank. Abgesehen nnn von dein Zweifel, ob ein siegreicher Feind sich die Mühe nehmen würde, so seine Unter¬ schiede zu machen, müssen wir uns für unfähig bekennen, mit den Verfechtern solcher Bedenken uns in einen Streit einzulassen, wenigstens soweit diese Be¬ denken von deu heldenmütigen Seelen herrühren, die sich vor überseeischen Nasenstübern heillos fürchten und dadurch uns schon unheilbare Verluste zu¬ gefügt haben. Auch deu Grund können wir nicht gelten lassen, daß eine Reichsbnnk mit Privatkapital nicht so leicht dem Mißbrauch durch die Reichsregierung würde aus¬ gesetzt sein, wie ein reines Reichsinstitut. Bei einem solchen würde allerdings der 35 des Bankgesetzes nicht anwendbar sein, wonach den Geschäften der Reichs¬ bank mit den Finanzverwaltungen des Reiches oder der Einzelstaaten der Zentralausschuß zustimmen muß. Eine entsprechende gesetzliche Bestimmung, wonach etwa dem Reichstage ein Mitwirkungsrecht gewahrt würde, müßte solche Bedenken erledigen. Außerdem halten wir jene Bestimmung in 8 35 des Bankgesetzes nicht für besonders wertvoll; gegenüber einer in Geldbedrüngnis befindlichen kräftigen Reichsregierung würde selbst der Zentralausschuß nicht widerstandsfähig sein. Auch können wir nach allen mit der Negierung des Reiches und der Einzelstaaten gemachten Erfahrungen bezüglich budget- und sonst ver¬ fassungsmäßig geführter Finanzverwaltung zu ihnen das beste Vertrauen hegen, sodaß es nicht gerechtfertigt wäre, an lehrmeinungsmäßigem Mißtrauen die Schaf¬ fung eines sonst nützlichen und notwendigen Reichsinstituts scheitern zu lassen. Haben wir lediglich eine Neichsbank als reines Neichsinstitut, so kann sie auch zur Beschleunigung der Germanisirung von Elsaß-Lothringen viel bei¬ tragen. Sie wird den Firmen, die in ihrer Buchführung u. s. w. französische Sprache und französisches Münzsystem anwenden, dieses Versälle» sehr bald dadurch abgewöhnen können, daß sie nicht bloß mit solchen Frnuzöslingen selbst keine Geschäfte macht, sondern auch leine Wechsel ankauft, auf denen irgend

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/120>, abgerufen am 30.06.2024.