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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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des Reichs oder im Osten Frankreichs z" operiren genötigt wäre, wie oben
gezeigt, die im Warschauer Militürgouvernement verteilten Russen, unterstützt
durch die Natur des Terrains und die dortigen Festungen, vorläufig die
Deckung der westlichen und südwestlichen Grenze vom Riemen bis zum Vug
übernehmen können. Die im Militärgouvernement Kiew befindlichen 4 Divi¬
sionen (Teile des 11. und 12. Armeekorps), die in der letzten Zeit teilweise
gegen die galizische Grenze vorgeschoben worden sind, könnten infolge dessen
durch die 8 Divisionen, die im Militürgouvernement Wilna stehen, verstärkt
werden, und ihr Transport ließe sich auf den Eisenbahnlinien Wilna-Bielostock-
Brest-Litewski-Kowel und Minsk-Baranvuntsch-Luminetz-Rowilo leicht und
rasch bewirken. Endlich könnten. falls Rumäniens Haltung nicht Vorsichts¬
maßregeln erheischte, Teile der im Militärbezirke Odessa befindlichen 4 Divi¬
sionen nach der südöstlichen Grenze Galiziens abmarschiren. Bon alle" diesen
Truppen werden aber nur die 15 in den Militärgonvcruemeuts Warschau und
Wilna stehenden Divisionen binnen zehn Tagen den Übergang ans der Friedens-
in die Kriegsformativn bewerkstelligen können, die übrigen brauchen duzn viel
mehr Zeit. Der Transport der 3 Armeekorps von Wilna in das Konzentrirungs-
gebiet an der Linie Lnzk-Kamenee-Podolsk würde weitere fünf Tage in Anspruch
nehmen, und somit würden erst nach Verlauf von ungefähr fünfzehn Tagen
etwa 6 russische Armeekorps, von denen nur vollständig auf Kriegsfuß
gebracht sind, zur Verwendung gegen Osterreich bereit stehen. Letzteres dagegen
kann innren zwei Wochen sein gesamtes Heer mobil gemacht und vermöge
seines strategisch wohl angelegten Eisenbahnnetzes den Aufmarsch eines sehr
großen Teiles desselben an der nordöstlichen Grenze beendigt haben. Will
es nnn, diese anfängliche Überlegenheit benutzend, die Russen angreifen, so
wird es seine Feldarmee, soweit sie uicht zur Deckung Westgaliziens zurück¬
bleiben muß, hinter dem Dnjestr zusammenziehen, auf mehreren Straßen die
russische Grenze überschreiten und mit den Hauptträfteu einen Vorstoß nach
dem Dujepr wagen, während eine Abteilung des rechte" Flügels Kamenee-Podolst
einschließt und eine andere vom linken die Flanke deckt, die gegen die Be¬
festigungen bei Dnbno und Saslaw sowie gegen die Festung Luzk gekehrt ist.
Unsere Quelle nimmt auf Grund dieser Vermutungen an, daß ungefähr
sechzehn Tage nach erfolgter Kriegserklärung ans dein östlichen Kriegsschauplatze
auf der Linie Sokal-Kamenee-Podolsk 7 Kavalleriedivisionen und mindestens
10 bis 12 Armeekorps der Österreicher der gleichen Zahl russischer Kavallerie-
divisionen, den 8 vollständig auf Kriegsfuß gebrachten Divisionen oder 3 Armee¬
korps des Militärgouvernements Wilna und den noch nicht vollständig
moi'ilisirtcn Armeekorps der Gouvernements Kiew und Odessa, zusammen
ebenfalls 8 Divisionen, gegenüberstehen werden. Nach weiteren zwei Wochen
werden diese letzten, ihre Mobilmachung beendigt haben, und gleichzeitig können
ans d.n Militärgouvernenlents Petersburg, Moskau, Kasan und Charkow


des Reichs oder im Osten Frankreichs z» operiren genötigt wäre, wie oben
gezeigt, die im Warschauer Militürgouvernement verteilten Russen, unterstützt
durch die Natur des Terrains und die dortigen Festungen, vorläufig die
Deckung der westlichen und südwestlichen Grenze vom Riemen bis zum Vug
übernehmen können. Die im Militärgouvernement Kiew befindlichen 4 Divi¬
sionen (Teile des 11. und 12. Armeekorps), die in der letzten Zeit teilweise
gegen die galizische Grenze vorgeschoben worden sind, könnten infolge dessen
durch die 8 Divisionen, die im Militürgouvernement Wilna stehen, verstärkt
werden, und ihr Transport ließe sich auf den Eisenbahnlinien Wilna-Bielostock-
Brest-Litewski-Kowel und Minsk-Baranvuntsch-Luminetz-Rowilo leicht und
rasch bewirken. Endlich könnten. falls Rumäniens Haltung nicht Vorsichts¬
maßregeln erheischte, Teile der im Militärbezirke Odessa befindlichen 4 Divi¬
sionen nach der südöstlichen Grenze Galiziens abmarschiren. Bon alle» diesen
Truppen werden aber nur die 15 in den Militärgonvcruemeuts Warschau und
Wilna stehenden Divisionen binnen zehn Tagen den Übergang ans der Friedens-
in die Kriegsformativn bewerkstelligen können, die übrigen brauchen duzn viel
mehr Zeit. Der Transport der 3 Armeekorps von Wilna in das Konzentrirungs-
gebiet an der Linie Lnzk-Kamenee-Podolsk würde weitere fünf Tage in Anspruch
nehmen, und somit würden erst nach Verlauf von ungefähr fünfzehn Tagen
etwa 6 russische Armeekorps, von denen nur vollständig auf Kriegsfuß
gebracht sind, zur Verwendung gegen Osterreich bereit stehen. Letzteres dagegen
kann innren zwei Wochen sein gesamtes Heer mobil gemacht und vermöge
seines strategisch wohl angelegten Eisenbahnnetzes den Aufmarsch eines sehr
großen Teiles desselben an der nordöstlichen Grenze beendigt haben. Will
es nnn, diese anfängliche Überlegenheit benutzend, die Russen angreifen, so
wird es seine Feldarmee, soweit sie uicht zur Deckung Westgaliziens zurück¬
bleiben muß, hinter dem Dnjestr zusammenziehen, auf mehreren Straßen die
russische Grenze überschreiten und mit den Hauptträfteu einen Vorstoß nach
dem Dujepr wagen, während eine Abteilung des rechte» Flügels Kamenee-Podolst
einschließt und eine andere vom linken die Flanke deckt, die gegen die Be¬
festigungen bei Dnbno und Saslaw sowie gegen die Festung Luzk gekehrt ist.
Unsere Quelle nimmt auf Grund dieser Vermutungen an, daß ungefähr
sechzehn Tage nach erfolgter Kriegserklärung ans dein östlichen Kriegsschauplatze
auf der Linie Sokal-Kamenee-Podolsk 7 Kavalleriedivisionen und mindestens
10 bis 12 Armeekorps der Österreicher der gleichen Zahl russischer Kavallerie-
divisionen, den 8 vollständig auf Kriegsfuß gebrachten Divisionen oder 3 Armee¬
korps des Militärgouvernements Wilna und den noch nicht vollständig
moi'ilisirtcn Armeekorps der Gouvernements Kiew und Odessa, zusammen
ebenfalls 8 Divisionen, gegenüberstehen werden. Nach weiteren zwei Wochen
werden diese letzten, ihre Mobilmachung beendigt haben, und gleichzeitig können
ans d.n Militärgouvernenlents Petersburg, Moskau, Kasan und Charkow


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[0062] des Reichs oder im Osten Frankreichs z» operiren genötigt wäre, wie oben gezeigt, die im Warschauer Militürgouvernement verteilten Russen, unterstützt durch die Natur des Terrains und die dortigen Festungen, vorläufig die Deckung der westlichen und südwestlichen Grenze vom Riemen bis zum Vug übernehmen können. Die im Militärgouvernement Kiew befindlichen 4 Divi¬ sionen (Teile des 11. und 12. Armeekorps), die in der letzten Zeit teilweise gegen die galizische Grenze vorgeschoben worden sind, könnten infolge dessen durch die 8 Divisionen, die im Militürgouvernement Wilna stehen, verstärkt werden, und ihr Transport ließe sich auf den Eisenbahnlinien Wilna-Bielostock- Brest-Litewski-Kowel und Minsk-Baranvuntsch-Luminetz-Rowilo leicht und rasch bewirken. Endlich könnten. falls Rumäniens Haltung nicht Vorsichts¬ maßregeln erheischte, Teile der im Militärbezirke Odessa befindlichen 4 Divi¬ sionen nach der südöstlichen Grenze Galiziens abmarschiren. Bon alle» diesen Truppen werden aber nur die 15 in den Militärgonvcruemeuts Warschau und Wilna stehenden Divisionen binnen zehn Tagen den Übergang ans der Friedens- in die Kriegsformativn bewerkstelligen können, die übrigen brauchen duzn viel mehr Zeit. Der Transport der 3 Armeekorps von Wilna in das Konzentrirungs- gebiet an der Linie Lnzk-Kamenee-Podolsk würde weitere fünf Tage in Anspruch nehmen, und somit würden erst nach Verlauf von ungefähr fünfzehn Tagen etwa 6 russische Armeekorps, von denen nur vollständig auf Kriegsfuß gebracht sind, zur Verwendung gegen Osterreich bereit stehen. Letzteres dagegen kann innren zwei Wochen sein gesamtes Heer mobil gemacht und vermöge seines strategisch wohl angelegten Eisenbahnnetzes den Aufmarsch eines sehr großen Teiles desselben an der nordöstlichen Grenze beendigt haben. Will es nnn, diese anfängliche Überlegenheit benutzend, die Russen angreifen, so wird es seine Feldarmee, soweit sie uicht zur Deckung Westgaliziens zurück¬ bleiben muß, hinter dem Dnjestr zusammenziehen, auf mehreren Straßen die russische Grenze überschreiten und mit den Hauptträfteu einen Vorstoß nach dem Dujepr wagen, während eine Abteilung des rechte» Flügels Kamenee-Podolst einschließt und eine andere vom linken die Flanke deckt, die gegen die Be¬ festigungen bei Dnbno und Saslaw sowie gegen die Festung Luzk gekehrt ist. Unsere Quelle nimmt auf Grund dieser Vermutungen an, daß ungefähr sechzehn Tage nach erfolgter Kriegserklärung ans dein östlichen Kriegsschauplatze auf der Linie Sokal-Kamenee-Podolsk 7 Kavalleriedivisionen und mindestens 10 bis 12 Armeekorps der Österreicher der gleichen Zahl russischer Kavallerie- divisionen, den 8 vollständig auf Kriegsfuß gebrachten Divisionen oder 3 Armee¬ korps des Militärgouvernements Wilna und den noch nicht vollständig moi'ilisirtcn Armeekorps der Gouvernements Kiew und Odessa, zusammen ebenfalls 8 Divisionen, gegenüberstehen werden. Nach weiteren zwei Wochen werden diese letzten, ihre Mobilmachung beendigt haben, und gleichzeitig können ans d.n Militärgouvernenlents Petersburg, Moskau, Kasan und Charkow

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/62>, abgerufen am 05.02.2025.