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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Hans Hopfens Theater

und Leben gefährdet sind, das ist der preußische Gutsbesitzer und Reserve¬
leutnant Wolfgang von Warnow. Dieser Gruppe von Deutschen steht gegen¬
über die der Tscheche,?: der panslawistische Agitator im Nationalkostüm, Wenzel
Sedlaczek, dessen größter Schmerz es ist, schließlich zu erfahren, daß sein ihm
bis dahin unbekannter Vater ein Deutscher war, dessen Fanatismus das ganze
Haus der Heldenschrecks, in dem freilich nnr Frauen wohnen, tyrannisirt, der
seinem zehujührigcu Zögling Mucki schon die Parole "Huß -- Haß!" bei¬
gebracht hat und das Deutsche durch das Russische verdrängen will. Er ist
wahllos in seinen Mitteln; er will das deutsche Aschenbrödel Else heiraten,
obwohl sie ihn gar nicht liebt, und mit Hilfe ihres Reichtums will er sich
zum Herrn der Gegend machen. Ihn umgeben einige Strolche, eine drollig
deutsch radebrechende böhmische Köchin, und auf seiner Seite steht auch Anta,
die Frau des Hauses, ein eitles Weib, das er mit galanten Phrasen beherrscht.
Anta zieht ihre jüngere Tochter Libussa aus zweiter Ehe der Stieftochter Else
überall vor. Dies die Personen der Komödie -- keine sympathische Gesellschaft,
wie man sieht. Die Handlung nnn ist sehr verwickelt und wird nur durch
eine Reihe unglaublicher Voraussetzungen vom Flecke gebracht.

Wolfgang Warnow ist im Kriegsjahre 1866 als Schwerverwundeter ins
Haus der Anta gekommen. Else hat ihn gepflegt und sich in ihn verliebt.
Die schon damals berechnende Stiefmutter hat sie aber vom Bette Wolfgangs
in dem Augenblicke abberufen, wo er zu klarem Bewußtsein aus seinen Delirien
erwachte, und sie durch die damals erst dreizehnjährige Lrbussa ersetzt.
Erste spintisirte Voraussetzung! Nach zweijähriger Abwesenheit kehrt Wolfgang
uach Böhmen zurück, um sich die schöne Krankenwärterin als Eheweib heim¬
zuholen; er meint Else, deren Bild er unbestimmt behalten hat. Arka versucht
es nnn, Libussa dem Brautwerber unterzuschieben, das Zusammentreffen Elses
mit Wolfgang zu verhindern. Trotz dieser Bemühungen treffen Else und
Wolfgang dennoch zufällig in eben jener entlegenen Meierei zusammen, in die
das Aschenbrödel verbannt wurde, und sie verloben sich auf der Stelle mit
einander; sie lieben sich ja schon lange, lind nun eine neue Verwicklung.
In denselben dunkeln Räumen, wo die zwei Liebesleute zusammentreffen, hat
kurz vorher eine Zusammenkunft des Agitators Sedlaczek mit seinen Strolchen
stattgefunden; Wolfgang war unfreiwilliger Zeuge derselben; als er heraustrat,
kam es zu einer Rauferei, bei der er einen Messerstich in den Nacken erhielt.
Nun, nachdem er sich mit Eisen verlobt hat, fällt er bewußtlos infolge des Blut¬
verlustes nieder. Die Lage ist sehr kritisch. Der Weg zum Schloß ist weit.
Else kann den Ohnmächtigen nicht verlassen. Da erscheint Sedlaczek, der
versteckt der Liebesszene beigewohnt hat. Er ist nicht bloß politisch Wolfgangs
ärgster Feind, sondern auch sein Nebenbuhler in der Bewerbung um Eisen;
sein Vorteil ist es demnach nicht, Wolsggng zu retten: im Gegenteil. Wenn,
er nun doch helfen soll, so verspricht er dies nur unter der Bedingung, daß.


Grenzboten II 1889 S
Hans Hopfens Theater

und Leben gefährdet sind, das ist der preußische Gutsbesitzer und Reserve¬
leutnant Wolfgang von Warnow. Dieser Gruppe von Deutschen steht gegen¬
über die der Tscheche,?: der panslawistische Agitator im Nationalkostüm, Wenzel
Sedlaczek, dessen größter Schmerz es ist, schließlich zu erfahren, daß sein ihm
bis dahin unbekannter Vater ein Deutscher war, dessen Fanatismus das ganze
Haus der Heldenschrecks, in dem freilich nnr Frauen wohnen, tyrannisirt, der
seinem zehujührigcu Zögling Mucki schon die Parole „Huß — Haß!" bei¬
gebracht hat und das Deutsche durch das Russische verdrängen will. Er ist
wahllos in seinen Mitteln; er will das deutsche Aschenbrödel Else heiraten,
obwohl sie ihn gar nicht liebt, und mit Hilfe ihres Reichtums will er sich
zum Herrn der Gegend machen. Ihn umgeben einige Strolche, eine drollig
deutsch radebrechende böhmische Köchin, und auf seiner Seite steht auch Anta,
die Frau des Hauses, ein eitles Weib, das er mit galanten Phrasen beherrscht.
Anta zieht ihre jüngere Tochter Libussa aus zweiter Ehe der Stieftochter Else
überall vor. Dies die Personen der Komödie — keine sympathische Gesellschaft,
wie man sieht. Die Handlung nnn ist sehr verwickelt und wird nur durch
eine Reihe unglaublicher Voraussetzungen vom Flecke gebracht.

Wolfgang Warnow ist im Kriegsjahre 1866 als Schwerverwundeter ins
Haus der Anta gekommen. Else hat ihn gepflegt und sich in ihn verliebt.
Die schon damals berechnende Stiefmutter hat sie aber vom Bette Wolfgangs
in dem Augenblicke abberufen, wo er zu klarem Bewußtsein aus seinen Delirien
erwachte, und sie durch die damals erst dreizehnjährige Lrbussa ersetzt.
Erste spintisirte Voraussetzung! Nach zweijähriger Abwesenheit kehrt Wolfgang
uach Böhmen zurück, um sich die schöne Krankenwärterin als Eheweib heim¬
zuholen; er meint Else, deren Bild er unbestimmt behalten hat. Arka versucht
es nnn, Libussa dem Brautwerber unterzuschieben, das Zusammentreffen Elses
mit Wolfgang zu verhindern. Trotz dieser Bemühungen treffen Else und
Wolfgang dennoch zufällig in eben jener entlegenen Meierei zusammen, in die
das Aschenbrödel verbannt wurde, und sie verloben sich auf der Stelle mit
einander; sie lieben sich ja schon lange, lind nun eine neue Verwicklung.
In denselben dunkeln Räumen, wo die zwei Liebesleute zusammentreffen, hat
kurz vorher eine Zusammenkunft des Agitators Sedlaczek mit seinen Strolchen
stattgefunden; Wolfgang war unfreiwilliger Zeuge derselben; als er heraustrat,
kam es zu einer Rauferei, bei der er einen Messerstich in den Nacken erhielt.
Nun, nachdem er sich mit Eisen verlobt hat, fällt er bewußtlos infolge des Blut¬
verlustes nieder. Die Lage ist sehr kritisch. Der Weg zum Schloß ist weit.
Else kann den Ohnmächtigen nicht verlassen. Da erscheint Sedlaczek, der
versteckt der Liebesszene beigewohnt hat. Er ist nicht bloß politisch Wolfgangs
ärgster Feind, sondern auch sein Nebenbuhler in der Bewerbung um Eisen;
sein Vorteil ist es demnach nicht, Wolsggng zu retten: im Gegenteil. Wenn,
er nun doch helfen soll, so verspricht er dies nur unter der Bedingung, daß.


Grenzboten II 1889 S
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[0041] Hans Hopfens Theater und Leben gefährdet sind, das ist der preußische Gutsbesitzer und Reserve¬ leutnant Wolfgang von Warnow. Dieser Gruppe von Deutschen steht gegen¬ über die der Tscheche,?: der panslawistische Agitator im Nationalkostüm, Wenzel Sedlaczek, dessen größter Schmerz es ist, schließlich zu erfahren, daß sein ihm bis dahin unbekannter Vater ein Deutscher war, dessen Fanatismus das ganze Haus der Heldenschrecks, in dem freilich nnr Frauen wohnen, tyrannisirt, der seinem zehujührigcu Zögling Mucki schon die Parole „Huß — Haß!" bei¬ gebracht hat und das Deutsche durch das Russische verdrängen will. Er ist wahllos in seinen Mitteln; er will das deutsche Aschenbrödel Else heiraten, obwohl sie ihn gar nicht liebt, und mit Hilfe ihres Reichtums will er sich zum Herrn der Gegend machen. Ihn umgeben einige Strolche, eine drollig deutsch radebrechende böhmische Köchin, und auf seiner Seite steht auch Anta, die Frau des Hauses, ein eitles Weib, das er mit galanten Phrasen beherrscht. Anta zieht ihre jüngere Tochter Libussa aus zweiter Ehe der Stieftochter Else überall vor. Dies die Personen der Komödie — keine sympathische Gesellschaft, wie man sieht. Die Handlung nnn ist sehr verwickelt und wird nur durch eine Reihe unglaublicher Voraussetzungen vom Flecke gebracht. Wolfgang Warnow ist im Kriegsjahre 1866 als Schwerverwundeter ins Haus der Anta gekommen. Else hat ihn gepflegt und sich in ihn verliebt. Die schon damals berechnende Stiefmutter hat sie aber vom Bette Wolfgangs in dem Augenblicke abberufen, wo er zu klarem Bewußtsein aus seinen Delirien erwachte, und sie durch die damals erst dreizehnjährige Lrbussa ersetzt. Erste spintisirte Voraussetzung! Nach zweijähriger Abwesenheit kehrt Wolfgang uach Böhmen zurück, um sich die schöne Krankenwärterin als Eheweib heim¬ zuholen; er meint Else, deren Bild er unbestimmt behalten hat. Arka versucht es nnn, Libussa dem Brautwerber unterzuschieben, das Zusammentreffen Elses mit Wolfgang zu verhindern. Trotz dieser Bemühungen treffen Else und Wolfgang dennoch zufällig in eben jener entlegenen Meierei zusammen, in die das Aschenbrödel verbannt wurde, und sie verloben sich auf der Stelle mit einander; sie lieben sich ja schon lange, lind nun eine neue Verwicklung. In denselben dunkeln Räumen, wo die zwei Liebesleute zusammentreffen, hat kurz vorher eine Zusammenkunft des Agitators Sedlaczek mit seinen Strolchen stattgefunden; Wolfgang war unfreiwilliger Zeuge derselben; als er heraustrat, kam es zu einer Rauferei, bei der er einen Messerstich in den Nacken erhielt. Nun, nachdem er sich mit Eisen verlobt hat, fällt er bewußtlos infolge des Blut¬ verlustes nieder. Die Lage ist sehr kritisch. Der Weg zum Schloß ist weit. Else kann den Ohnmächtigen nicht verlassen. Da erscheint Sedlaczek, der versteckt der Liebesszene beigewohnt hat. Er ist nicht bloß politisch Wolfgangs ärgster Feind, sondern auch sein Nebenbuhler in der Bewerbung um Eisen; sein Vorteil ist es demnach nicht, Wolsggng zu retten: im Gegenteil. Wenn, er nun doch helfen soll, so verspricht er dies nur unter der Bedingung, daß. Grenzboten II 1889 S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/41>, abgerufen am 05.02.2025.