Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Nationalzeit, örtliche oder Weltzeit? von L. I- Böttcher jie Frage, die hier besprochen werden soll,") scheint auf den ersten Wie die Frage nach der llhrzeit schon in die gewöhnlichsten Fälle unsers Nun, es ist bekannt genug, daß diese Ungleichheit in Wahrheit gar nicht Noch weit auffallender wird dieselbe Erscheinung beim Zurücklegen längerer Ruch einem Vortrage, gehalten in der Gemeinnützigen Gesellschaft in Leipzig am
29. März 1889. Nationalzeit, örtliche oder Weltzeit? von L. I- Böttcher jie Frage, die hier besprochen werden soll,") scheint auf den ersten Wie die Frage nach der llhrzeit schon in die gewöhnlichsten Fälle unsers Nun, es ist bekannt genug, daß diese Ungleichheit in Wahrheit gar nicht Noch weit auffallender wird dieselbe Erscheinung beim Zurücklegen längerer Ruch einem Vortrage, gehalten in der Gemeinnützigen Gesellschaft in Leipzig am
29. März 1889. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0325" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205056"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341849_204730/figures/grenzboten_341849_204730_205056_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Nationalzeit, örtliche oder Weltzeit?<lb/><note type="byline"> von L. I- Böttcher</note></head><lb/> <p xml:id="ID_876"> jie Frage, die hier besprochen werden soll,") scheint auf den ersten<lb/> Blick mehr vor die Sternwarten oder allenfalls vor die Ham¬<lb/> burger Seewarte zu gehören als vor die Leser dieser Blätter.<lb/> Aber hoffentlich gelingt es mir, zu zeigen, daß dieser Gegenstand,<lb/> dem in den letzten Jahren die Regierungen fast aller Länder des<lb/> Erdballs eine ernste Aufmerksamkeit zugewendet haben (in zwei großen Kongressen<lb/> in Rom 1883 und in Washington 1884), zwar für die Astronomie, die Geo¬<lb/> graphie und selbst die Geschichte bedeutsam genug ist, daß er aber seine eigentliche<lb/> und hauptsächliche Wichtigkeit gerade im wirtschaftlichen Volksleben äußert, in<lb/> Handel und Schifffahrt, Eisenbahnwesen und Telegraphie.</p><lb/> <p xml:id="ID_877"> Wie die Frage nach der llhrzeit schon in die gewöhnlichsten Fälle unsers<lb/> Alltagslebens eingreift, dafür diene nnr ein Beispiel. Wir wollen von Leipzig<lb/> nach Dresden fahren. Rand dein jetzigen Fahrpläne fährt hier der schnellste<lb/> Zttg abends 6 Uhr 15 Minuten ab und ist 8 Uhr 24 Minuten in Dresden;<lb/> er fährt somit 2 Stunden und 9 Minuten. Wollen wir zur Rückfahrt wieder<lb/> die schnellste Gelegenheit wählen, so bietet sich nur der Zug früh 8 Uhr<lb/> 37 Minuten, der uns schon 10 Uhr 34 Minuten nach Leipzig zurückbringt,<lb/> also in 2 Stunden weniger 3 Minuten. Demnach hätten wir zur Rückfahrt<lb/> volle 12 Minuten weniger Zeit gebraucht, als zur Hinfahrt. Das wäre ein<lb/> Zehntel der ganzen Fahrzeit, und mit Recht würde man fragen: Wozu diese<lb/> sonderbare Ungleichheit hin und her?</p><lb/> <p xml:id="ID_878"> Nun, es ist bekannt genug, daß diese Ungleichheit in Wahrheit gar nicht<lb/> besteht. Die Fahrzeit ist beidemal genau dieselbe, nämlich 2 Stunden 3 Minuten,<lb/> und daß Nur bei der Hinfahrt nach Dresden scheinbar 6 Minuten später an¬<lb/> kommen, bei der Rückfahrt scheinbar K Minuten früher, liegt bloß daran, daß<lb/> in Dresden eine andre Uhr gilt. Das aber rührt wieder davon her, daß zu<lb/> unsern Dresdener Landsleuten alle Morgen die liebe Sonne 6 Minuten früher<lb/> kommt als zu uus.</p><lb/> <p xml:id="ID_879" next="#ID_880"> Noch weit auffallender wird dieselbe Erscheinung beim Zurücklegen längerer<lb/> Wege nach Ost oder West. Gesetzt, ein Berliner will nach Königsberg fahren.</p><lb/> <note xml:id="FID_39" place="foot"> Ruch einem Vortrage, gehalten in der Gemeinnützigen Gesellschaft in Leipzig am<lb/> 29. März 1889.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0325]
[Abbildung]
Nationalzeit, örtliche oder Weltzeit?
von L. I- Böttcher
jie Frage, die hier besprochen werden soll,") scheint auf den ersten
Blick mehr vor die Sternwarten oder allenfalls vor die Ham¬
burger Seewarte zu gehören als vor die Leser dieser Blätter.
Aber hoffentlich gelingt es mir, zu zeigen, daß dieser Gegenstand,
dem in den letzten Jahren die Regierungen fast aller Länder des
Erdballs eine ernste Aufmerksamkeit zugewendet haben (in zwei großen Kongressen
in Rom 1883 und in Washington 1884), zwar für die Astronomie, die Geo¬
graphie und selbst die Geschichte bedeutsam genug ist, daß er aber seine eigentliche
und hauptsächliche Wichtigkeit gerade im wirtschaftlichen Volksleben äußert, in
Handel und Schifffahrt, Eisenbahnwesen und Telegraphie.
Wie die Frage nach der llhrzeit schon in die gewöhnlichsten Fälle unsers
Alltagslebens eingreift, dafür diene nnr ein Beispiel. Wir wollen von Leipzig
nach Dresden fahren. Rand dein jetzigen Fahrpläne fährt hier der schnellste
Zttg abends 6 Uhr 15 Minuten ab und ist 8 Uhr 24 Minuten in Dresden;
er fährt somit 2 Stunden und 9 Minuten. Wollen wir zur Rückfahrt wieder
die schnellste Gelegenheit wählen, so bietet sich nur der Zug früh 8 Uhr
37 Minuten, der uns schon 10 Uhr 34 Minuten nach Leipzig zurückbringt,
also in 2 Stunden weniger 3 Minuten. Demnach hätten wir zur Rückfahrt
volle 12 Minuten weniger Zeit gebraucht, als zur Hinfahrt. Das wäre ein
Zehntel der ganzen Fahrzeit, und mit Recht würde man fragen: Wozu diese
sonderbare Ungleichheit hin und her?
Nun, es ist bekannt genug, daß diese Ungleichheit in Wahrheit gar nicht
besteht. Die Fahrzeit ist beidemal genau dieselbe, nämlich 2 Stunden 3 Minuten,
und daß Nur bei der Hinfahrt nach Dresden scheinbar 6 Minuten später an¬
kommen, bei der Rückfahrt scheinbar K Minuten früher, liegt bloß daran, daß
in Dresden eine andre Uhr gilt. Das aber rührt wieder davon her, daß zu
unsern Dresdener Landsleuten alle Morgen die liebe Sonne 6 Minuten früher
kommt als zu uus.
Noch weit auffallender wird dieselbe Erscheinung beim Zurücklegen längerer
Wege nach Ost oder West. Gesetzt, ein Berliner will nach Königsberg fahren.
Ruch einem Vortrage, gehalten in der Gemeinnützigen Gesellschaft in Leipzig am
29. März 1889.
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