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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Augsburger Schmalzbnefe

Die Summe, die in Nom gefordert wurde, war übrigens viel Geld. Die
gesamten städtischen Ausgaben im Jahre 1483 beliefen sich ans nicht viel über
15 000 Dukaten; ein Mehr von 300 Dukaten fiel da schon start ins Gewicht,
und zu einem solchen Opfer war der Rat noch nicht bereit sich zu entschließen.

Im Herbst 1483 zogen zwei Nugsburger Abgesandte nach Rom, ein
Ratsherr und ein Geistlicher, die nnter andern: mich den Auftrag hatten, den
gewünschten Fastendispens möglichst billig zu erhandeln. Am 23. Dezember 1483
schrieb der Rat, sie mochten allen Fleiß daran setzen, um den genauesten Preis
zu erforsche" ("bey was gellt es zum nächsten zu erlangen wär"), und die
Mahnung ward in einem Schreiben vom 25. Februar 1484 noch einmal an¬
gelegentlichst in Erinnerung gebracht. Allein die Gesandten kamen im Frühjahr
wieder nach Augsburg, und die Sache rückte nicht von der Stelle.

Deu 12. August 1484 starb Sixtus IV., doch der neue Papst, Innocenz VIII.,
zeigte sich nicht gefügiger. Die Stadt hatte damals als Sachwalter und
Vertrauensperson in Rom einen geistlichen Herrn, Magister Paul Köler,
Pfarrer von Egk, bestellt, der gleich für mehrere Jahre seinen Wohnsitz dort
aufschlug. Dieser meldete in einem Berichte vom 17. April 1485, Papst
Innocenz wolle sich ans eine Dispensbulle, wie man sie in Augsburg begehre
und die die Angelegenheit zu einem endgiltigen Abschluß bringe, durchaus nicht
einlassen. Er mache vielmehr einen andern Vorschlag: jeder Bewohner der
Stadt möge für seine eigne Person einen Ablaß kaufen, wobei als Maß der
Zahlung der Geldwert der Nahrung, die jeder an einem bestimmten Tage im
Jahre zu sich nehme, anzusehen sein sollte. Die eine Hälfte von dem anf diese
Weise eingehenden Gelde sollte dann zum Ban und zur Erhaltung der Augs¬
burger Kirchen, die andre Hälfte zur Erneuerung der Se. Petersbnsilika in
Nom verwendet werden; für seinen Teil aber beanspruche der Papst mindestens
400 Dukaten und für die Ausfertigung der Bulle noch einmal 100 Dukaten obendrein.

Auf diese Bedingungen konnte mild wollte man in Augsburg selbstver¬
ständlich nicht eingehen, schon deshalb nicht, weil sich daraus aller Voraussicht
nach eine dauernde und regelmäßige Abgabe an Rom oder doch wenigstens An¬
sprüche auf eine solche entwickelt haben würden, die dann wieder hätten abgekauft
werden müssen. Die Herren scheinen indes doch allmählich zu der Einsicht
gelangt zu sein, daß mit weiteren Zögern und Aufschieben nicht nur nichts zu
gewinnen sei, sondern der Preis der Bulle sich eher noch steigern werde. Auch
hatten sie unterdessen infolge der Gesandtschaften, die nach Rom geschickt, und
der Verhandlungen, die dort geführt worden waren, reichlich Gelegenheit gehabt,
sich an größere Nebeuausgaben zu gewöhnen. So waren z. B., ganz abgesehen
von einer Menge kleinerer Posten, im Jahre 1484 den 24. Januar 100, den
3. April 280, den 9. Juli 102, und 1485 den 22. Januar 304 den
7. September 84 und den 8. Oktober 105 Dukaten von Augsburg nach Rom
gezahlt worden. Das härtete allmählich ab. Kurz, man raffte sich endlich


Augsburger Schmalzbnefe

Die Summe, die in Nom gefordert wurde, war übrigens viel Geld. Die
gesamten städtischen Ausgaben im Jahre 1483 beliefen sich ans nicht viel über
15 000 Dukaten; ein Mehr von 300 Dukaten fiel da schon start ins Gewicht,
und zu einem solchen Opfer war der Rat noch nicht bereit sich zu entschließen.

Im Herbst 1483 zogen zwei Nugsburger Abgesandte nach Rom, ein
Ratsherr und ein Geistlicher, die nnter andern: mich den Auftrag hatten, den
gewünschten Fastendispens möglichst billig zu erhandeln. Am 23. Dezember 1483
schrieb der Rat, sie mochten allen Fleiß daran setzen, um den genauesten Preis
zu erforsche» („bey was gellt es zum nächsten zu erlangen wär"), und die
Mahnung ward in einem Schreiben vom 25. Februar 1484 noch einmal an¬
gelegentlichst in Erinnerung gebracht. Allein die Gesandten kamen im Frühjahr
wieder nach Augsburg, und die Sache rückte nicht von der Stelle.

Deu 12. August 1484 starb Sixtus IV., doch der neue Papst, Innocenz VIII.,
zeigte sich nicht gefügiger. Die Stadt hatte damals als Sachwalter und
Vertrauensperson in Rom einen geistlichen Herrn, Magister Paul Köler,
Pfarrer von Egk, bestellt, der gleich für mehrere Jahre seinen Wohnsitz dort
aufschlug. Dieser meldete in einem Berichte vom 17. April 1485, Papst
Innocenz wolle sich ans eine Dispensbulle, wie man sie in Augsburg begehre
und die die Angelegenheit zu einem endgiltigen Abschluß bringe, durchaus nicht
einlassen. Er mache vielmehr einen andern Vorschlag: jeder Bewohner der
Stadt möge für seine eigne Person einen Ablaß kaufen, wobei als Maß der
Zahlung der Geldwert der Nahrung, die jeder an einem bestimmten Tage im
Jahre zu sich nehme, anzusehen sein sollte. Die eine Hälfte von dem anf diese
Weise eingehenden Gelde sollte dann zum Ban und zur Erhaltung der Augs¬
burger Kirchen, die andre Hälfte zur Erneuerung der Se. Petersbnsilika in
Nom verwendet werden; für seinen Teil aber beanspruche der Papst mindestens
400 Dukaten und für die Ausfertigung der Bulle noch einmal 100 Dukaten obendrein.

Auf diese Bedingungen konnte mild wollte man in Augsburg selbstver¬
ständlich nicht eingehen, schon deshalb nicht, weil sich daraus aller Voraussicht
nach eine dauernde und regelmäßige Abgabe an Rom oder doch wenigstens An¬
sprüche auf eine solche entwickelt haben würden, die dann wieder hätten abgekauft
werden müssen. Die Herren scheinen indes doch allmählich zu der Einsicht
gelangt zu sein, daß mit weiteren Zögern und Aufschieben nicht nur nichts zu
gewinnen sei, sondern der Preis der Bulle sich eher noch steigern werde. Auch
hatten sie unterdessen infolge der Gesandtschaften, die nach Rom geschickt, und
der Verhandlungen, die dort geführt worden waren, reichlich Gelegenheit gehabt,
sich an größere Nebeuausgaben zu gewöhnen. So waren z. B., ganz abgesehen
von einer Menge kleinerer Posten, im Jahre 1484 den 24. Januar 100, den
3. April 280, den 9. Juli 102, und 1485 den 22. Januar 304 den
7. September 84 und den 8. Oktober 105 Dukaten von Augsburg nach Rom
gezahlt worden. Das härtete allmählich ab. Kurz, man raffte sich endlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/323>, abgerufen am 05.02.2025.