Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Der russische Gemeindebesitz in der Gegenwart als bis zur Hälfte geKilt werden dürfen. Leider fehlt in diesen Kolonien die Daß die russische Regierung ans die allgemeine Einführung des kommunal- Zunächst fehlt den russischen Bauern in ihrer Gesamtheit die jahrhunderte¬ Schon unzählige male ist die riesige Anzahl der Feiertage -- die russischen Trotz des eben gesagten enthält der Entwicklungsprozeß, den der Gemeinde¬ Der russische Gemeindebesitz in der Gegenwart als bis zur Hälfte geKilt werden dürfen. Leider fehlt in diesen Kolonien die Daß die russische Regierung ans die allgemeine Einführung des kommunal- Zunächst fehlt den russischen Bauern in ihrer Gesamtheit die jahrhunderte¬ Schon unzählige male ist die riesige Anzahl der Feiertage — die russischen Trotz des eben gesagten enthält der Entwicklungsprozeß, den der Gemeinde¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0315" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205046"/> <fw type="header" place="top"> Der russische Gemeindebesitz in der Gegenwart</fw><lb/> <p xml:id="ID_837" prev="#ID_836"> als bis zur Hälfte geKilt werden dürfen. Leider fehlt in diesen Kolonien die<lb/> erwähnte Einrichtung für den überzähligen Nachwuchs, wodurch die südlichen<lb/> Kolonisten so mächtig geworden sind. Infolgedessen finden wir im Norden-<lb/> auch bereits viele Kolonisten ohne eigentlichen Besitz, die sür die wirklichen,<lb/> Wirte mehr eine Last als eine Hilfe sind, da Neid und Verbitterung bei den<lb/> Zurückgesetzten hier ebenso wie in allen gleichen Fällen ihre unangenehme<lb/> Rolle spielen.</p><lb/> <p xml:id="ID_838"> Daß die russische Regierung ans die allgemeine Einführung des kommunal-<lb/> Persönlichen Besitzes bei der endgiltigen Organisation des Bauernlandes los¬<lb/> steuert, dürfte keinem Zweifel unterliegen; aber auch daun, wenn alles dabei<lb/> vermieden wird, was sich bei der Besitzform in den deutschen Kolonien als<lb/> mangelhaft herausgestellt hat, ist es mehr als fraglich, ob die russischen Bauern<lb/> in ihrer Gesamtheit dahin kommen werden, wo sich die erwähnten Kolonisten<lb/> im Süden befinden. Bekanntlich ist es nicht immer dasselbe, wenn zwei<lb/> dasselbe thun, und nirgends dürfte dies so zutreffen, als im vorliegenden Falle.</p><lb/> <p xml:id="ID_839"> Zunächst fehlt den russischen Bauern in ihrer Gesamtheit die jahrhunderte¬<lb/> lange Schulung der dentschen in strenger Arbeit, Ordnung und Sparsamkeit,<lb/> und derartige Eigenschaften lassen sich keiner Bevölkerung in ein paar Wochen<lb/> oder Jahren beibringen. Weiter bedarf es sehr langer Zeit, um unter den<lb/> Bauern die Folgen der Verwilderung seit ihrer Befreiung anch nnr einiger¬<lb/> maßen wieder gut zu macheu. Nicht vergebens haben die Bauernfreunde mit<lb/> ihrer Presse und in Verbindung mit der Umsturzpartei fünfundzwanzig Jahre<lb/> agitirt, es werden mindestens fünfzig Jahre vergehen müssen, bis die<lb/> Spuren ihrer Thätigkeit verwischt sind, und schließlich stehen die zahllosen<lb/> Feiertage einem Emporkommen der russischen Baktern bis zur Höhe der deutscheu<lb/> überall hindernd im Wege.</p><lb/> <p xml:id="ID_840"> Schon unzählige male ist die riesige Anzahl der Feiertage — die russischen<lb/> Bauern haben zu den 120 offiziellen Kirchentagen noch eine ganze Masse<lb/> örtliche hinzugefügt — Gegenstand der öffentlichen und privaten Besprechung<lb/> gewesen, es ist aber, wenigstens jetzt, sehr wenig Allssicht vorhanden, daß in<lb/> dieser Beziehung irgend etwas geändert oder etwas gethan werden wird, um<lb/> eine Besserung anzubahnen; das Übergewicht der deutschen Kolonisten bleibt<lb/> deshalb unter allen Umständen bestehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_841" next="#ID_842"> Trotz des eben gesagten enthält der Entwicklungsprozeß, den der Gemeinde¬<lb/> besitz gegenwärtig durchmacht, seine große Bedeutung. Nicht allein, daß durch<lb/> die Weigerung der gegenwärtigen Besitzer, das zugeteilte Vauernland noch ferner<lb/> zum Gegenstande beliebiger Teilungen zu machen, die schon so häufig gerügten<lb/> wirtschaftlichen Folgen dieser Teilungen wegfallen, die ganzen Verhältnisse der<lb/> Bauern erhalten durch die Konsolidirung von Grund und Boden auch eine<lb/> andre Gestalt, und das ist der frühern Wirtschaft gegenüber schon ein be¬<lb/> deutender Gewinn, besonders in einer Zeit wie der gegenwärtigen, wo sich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0315]
Der russische Gemeindebesitz in der Gegenwart
als bis zur Hälfte geKilt werden dürfen. Leider fehlt in diesen Kolonien die
erwähnte Einrichtung für den überzähligen Nachwuchs, wodurch die südlichen
Kolonisten so mächtig geworden sind. Infolgedessen finden wir im Norden-
auch bereits viele Kolonisten ohne eigentlichen Besitz, die sür die wirklichen,
Wirte mehr eine Last als eine Hilfe sind, da Neid und Verbitterung bei den
Zurückgesetzten hier ebenso wie in allen gleichen Fällen ihre unangenehme
Rolle spielen.
Daß die russische Regierung ans die allgemeine Einführung des kommunal-
Persönlichen Besitzes bei der endgiltigen Organisation des Bauernlandes los¬
steuert, dürfte keinem Zweifel unterliegen; aber auch daun, wenn alles dabei
vermieden wird, was sich bei der Besitzform in den deutschen Kolonien als
mangelhaft herausgestellt hat, ist es mehr als fraglich, ob die russischen Bauern
in ihrer Gesamtheit dahin kommen werden, wo sich die erwähnten Kolonisten
im Süden befinden. Bekanntlich ist es nicht immer dasselbe, wenn zwei
dasselbe thun, und nirgends dürfte dies so zutreffen, als im vorliegenden Falle.
Zunächst fehlt den russischen Bauern in ihrer Gesamtheit die jahrhunderte¬
lange Schulung der dentschen in strenger Arbeit, Ordnung und Sparsamkeit,
und derartige Eigenschaften lassen sich keiner Bevölkerung in ein paar Wochen
oder Jahren beibringen. Weiter bedarf es sehr langer Zeit, um unter den
Bauern die Folgen der Verwilderung seit ihrer Befreiung anch nnr einiger¬
maßen wieder gut zu macheu. Nicht vergebens haben die Bauernfreunde mit
ihrer Presse und in Verbindung mit der Umsturzpartei fünfundzwanzig Jahre
agitirt, es werden mindestens fünfzig Jahre vergehen müssen, bis die
Spuren ihrer Thätigkeit verwischt sind, und schließlich stehen die zahllosen
Feiertage einem Emporkommen der russischen Baktern bis zur Höhe der deutscheu
überall hindernd im Wege.
Schon unzählige male ist die riesige Anzahl der Feiertage — die russischen
Bauern haben zu den 120 offiziellen Kirchentagen noch eine ganze Masse
örtliche hinzugefügt — Gegenstand der öffentlichen und privaten Besprechung
gewesen, es ist aber, wenigstens jetzt, sehr wenig Allssicht vorhanden, daß in
dieser Beziehung irgend etwas geändert oder etwas gethan werden wird, um
eine Besserung anzubahnen; das Übergewicht der deutschen Kolonisten bleibt
deshalb unter allen Umständen bestehen.
Trotz des eben gesagten enthält der Entwicklungsprozeß, den der Gemeinde¬
besitz gegenwärtig durchmacht, seine große Bedeutung. Nicht allein, daß durch
die Weigerung der gegenwärtigen Besitzer, das zugeteilte Vauernland noch ferner
zum Gegenstande beliebiger Teilungen zu machen, die schon so häufig gerügten
wirtschaftlichen Folgen dieser Teilungen wegfallen, die ganzen Verhältnisse der
Bauern erhalten durch die Konsolidirung von Grund und Boden auch eine
andre Gestalt, und das ist der frühern Wirtschaft gegenüber schon ein be¬
deutender Gewinn, besonders in einer Zeit wie der gegenwärtigen, wo sich
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