Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.^.!er russische Geineindebesitz i>> der Gegenwart und Fabriken das gewünschte Leben, und schließlich trösteten sich die, die ihre Wie schon erwähnt, wurden die Zahlungen auf das den Baiern zugeteilte Nichts hat den russischen Bauern während der ganzen Zeit ihrer Frei¬ Auf die Frage, was daraus nun eigentlich werden wird, läßt sich nur Der russischen Regierung kann es ebensowenig wie jedem wirklichen ^.!er russische Geineindebesitz i>> der Gegenwart und Fabriken das gewünschte Leben, und schließlich trösteten sich die, die ihre Wie schon erwähnt, wurden die Zahlungen auf das den Baiern zugeteilte Nichts hat den russischen Bauern während der ganzen Zeit ihrer Frei¬ Auf die Frage, was daraus nun eigentlich werden wird, läßt sich nur Der russischen Regierung kann es ebensowenig wie jedem wirklichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0310" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205041"/> <fw type="header" place="top"> ^.!er russische Geineindebesitz i>> der Gegenwart</fw><lb/> <p xml:id="ID_818" prev="#ID_817"> und Fabriken das gewünschte Leben, und schließlich trösteten sich die, die ihre<lb/> Anteile entweder abgetreten hatten oder für ihre herangewachsenen Söhne oder<lb/> ans andern Gründen wieder einen Anteil wünschten, mit den früher erwähnten<lb/> Versprechungen der Banernfrennde, die ihnen von dem noch übrigen Gntslande<lb/> einen — und was die Hauptsache war — unentgeltlichen Anteil in Aussicht<lb/> stellten. Die Sache kam aber anders, als sich diese und alle diejenigen dachten,<lb/> die jeden unter den Bauern jahrelang verhöhnt hatten, der seine festgesetzten<lb/> Zahlungen leistete, und offen erklärt hatten, ohne jede Zahlung und Mühe gerade<lb/> so weit zu kommen, wie die, die so dumm wären, noch Geld sür einen Anteil<lb/> zu zahlen.</p><lb/> <p xml:id="ID_819"> Wie schon erwähnt, wurden die Zahlungen auf das den Baiern zugeteilte<lb/> Land ganz bedeutend ermäßigt, trotzdem daß die Getreide- und Bvdenpreife<lb/> bedeutend gestiegen waren, ferner verschlechterte sich die Lage in den Städten<lb/> und Fabriken, wodurch zahllose wieder in ihre Dörfer zurückgetrieben wurden,<lb/> und drittens erklärte der jetzige Kaiser bei seiner Krönung den Bnuern-<lb/> delegirten am 21. Mai 1883 aufs entschiedenste, daß auf eine weitere und<lb/> besonders unentgeltliche Zuteilung von Gutsland von nun an nicht mehr zu<lb/> rechnen sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_820"> Nichts hat den russischen Bauern während der ganzen Zeit ihrer Frei¬<lb/> heit eine solche Enttäuschung bereitet wie die eben erwähnte kaiserliche Er¬<lb/> klärung. Alle bis dahin und so lauge genährten Hoffnungen auf eilt mühe¬<lb/> loses Vesferwerden ihrer Lage hatte dieser 21. Mai zertrümmert, und wenn<lb/> sie sich auch damit trösteten, daß ihnen der nächste Kaiser das Gewünschte<lb/> sicher geben würde, da dieser ihrer Meinung ucich das unbedingte Recht besitzt,<lb/> über das Eigentum der Gutsbesitzer ganz nach Belieben zu verfügen, so ließ<lb/> sich doch während der Regierung des eben gekrönten nicht mehr darauf rechnen,<lb/> ohne Arbeit und Zahlung in den Besitz eines Banernhofes zu gelangen. Um<lb/> dahin zu kommen, blieb vorläufig nichts weiter übrig, als ohne Rücksicht aus<lb/> die Zahlungen und Ansprüche der bisherigen Besitzer des Gemeindelandes<lb/> dessen Umteilmig zu verlangen, aber über diesen Punkt waren die Besitzer<lb/> jetzt etwas andrer Meinung als früher, lind damit war natürlich auch die<lb/> Bemnlasfung zu dem erwähnten Streit vorhanden, der seiner ganzen Natur<lb/> nach mit jedem Jahre schärfer wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_821"> Auf die Frage, was daraus nun eigentlich werden wird, läßt sich nur<lb/> sagen, daß es unter den Slawophilen allerdings noch Heißsporne genug giebt,<lb/> die ohne Rücksicht auf alle bitteren Erfahrungen und die Zukunft ihren Weg<lb/> auch uoch weiter über Stock und Stein verfolgen, also den Gemeindebesitz auch<lb/> ferner zum Gegenstände jeder beliebigen Teilung machen möchten. Aber dazu<lb/> dürfte herzlich wenig Aussicht vorhanden sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_822" next="#ID_823"> Der russischen Regierung kann es ebensowenig wie jedem wirklichen<lb/> Kenner der russischen Bauern ein Geheimnis sein,'daß es das gefährlichste</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0310]
^.!er russische Geineindebesitz i>> der Gegenwart
und Fabriken das gewünschte Leben, und schließlich trösteten sich die, die ihre
Anteile entweder abgetreten hatten oder für ihre herangewachsenen Söhne oder
ans andern Gründen wieder einen Anteil wünschten, mit den früher erwähnten
Versprechungen der Banernfrennde, die ihnen von dem noch übrigen Gntslande
einen — und was die Hauptsache war — unentgeltlichen Anteil in Aussicht
stellten. Die Sache kam aber anders, als sich diese und alle diejenigen dachten,
die jeden unter den Bauern jahrelang verhöhnt hatten, der seine festgesetzten
Zahlungen leistete, und offen erklärt hatten, ohne jede Zahlung und Mühe gerade
so weit zu kommen, wie die, die so dumm wären, noch Geld sür einen Anteil
zu zahlen.
Wie schon erwähnt, wurden die Zahlungen auf das den Baiern zugeteilte
Land ganz bedeutend ermäßigt, trotzdem daß die Getreide- und Bvdenpreife
bedeutend gestiegen waren, ferner verschlechterte sich die Lage in den Städten
und Fabriken, wodurch zahllose wieder in ihre Dörfer zurückgetrieben wurden,
und drittens erklärte der jetzige Kaiser bei seiner Krönung den Bnuern-
delegirten am 21. Mai 1883 aufs entschiedenste, daß auf eine weitere und
besonders unentgeltliche Zuteilung von Gutsland von nun an nicht mehr zu
rechnen sei.
Nichts hat den russischen Bauern während der ganzen Zeit ihrer Frei¬
heit eine solche Enttäuschung bereitet wie die eben erwähnte kaiserliche Er¬
klärung. Alle bis dahin und so lauge genährten Hoffnungen auf eilt mühe¬
loses Vesferwerden ihrer Lage hatte dieser 21. Mai zertrümmert, und wenn
sie sich auch damit trösteten, daß ihnen der nächste Kaiser das Gewünschte
sicher geben würde, da dieser ihrer Meinung ucich das unbedingte Recht besitzt,
über das Eigentum der Gutsbesitzer ganz nach Belieben zu verfügen, so ließ
sich doch während der Regierung des eben gekrönten nicht mehr darauf rechnen,
ohne Arbeit und Zahlung in den Besitz eines Banernhofes zu gelangen. Um
dahin zu kommen, blieb vorläufig nichts weiter übrig, als ohne Rücksicht aus
die Zahlungen und Ansprüche der bisherigen Besitzer des Gemeindelandes
dessen Umteilmig zu verlangen, aber über diesen Punkt waren die Besitzer
jetzt etwas andrer Meinung als früher, lind damit war natürlich auch die
Bemnlasfung zu dem erwähnten Streit vorhanden, der seiner ganzen Natur
nach mit jedem Jahre schärfer wird.
Auf die Frage, was daraus nun eigentlich werden wird, läßt sich nur
sagen, daß es unter den Slawophilen allerdings noch Heißsporne genug giebt,
die ohne Rücksicht auf alle bitteren Erfahrungen und die Zukunft ihren Weg
auch uoch weiter über Stock und Stein verfolgen, also den Gemeindebesitz auch
ferner zum Gegenstände jeder beliebigen Teilung machen möchten. Aber dazu
dürfte herzlich wenig Aussicht vorhanden sein.
Der russischen Regierung kann es ebensowenig wie jedem wirklichen
Kenner der russischen Bauern ein Geheimnis sein,'daß es das gefährlichste
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