Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Die Folgen der Novelle Mannes? Er hat gar keine!" Sie macht versteckte Ausfälle gegen ihren Mann, Da kommt unvermutet Atlung schon wieder zurück. Er ist übler Laune "Der Fischteich!" fährt's Björnson aus dein Munde. Es ist der Blick Wir wollen nicht im einzelnen weiter verfolgen, mit welchen Qualen Grenzboten II 18LS M
Die Folgen der Novelle Mannes? Er hat gar keine!" Sie macht versteckte Ausfälle gegen ihren Mann, Da kommt unvermutet Atlung schon wieder zurück. Er ist übler Laune „Der Fischteich!" fährt's Björnson aus dein Munde. Es ist der Blick Wir wollen nicht im einzelnen weiter verfolgen, mit welchen Qualen Grenzboten II 18LS M
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Die Folgen der Novelle
Mannes? Er hat gar keine!" Sie macht versteckte Ausfälle gegen ihren Mann,
und Björnson denkt, sie sei nicht die erste Frau, die das thue, und will wieder
fort. Aber sie läßt ihn nicht. Jetzt endlich kommt das Geheimnis! Nein,
noch nicht! Sie sagt, sie habe in der Regel nie einen großen Wunsch, lind
bei dem, den sie jetzt habe, treffe es sich günstig, daß gerade Björnson ge¬
kommen sei. Er müsse ihr helfen, denn auf ihn wurde auch ,,Er" hören. Björnson
kann nicht anders als ihr zu Willen zu fein. Aber was es ist, erfahren wir
immer noch nicht. Sie sprechen über anderes, über Slina, die als blaugrüner
Carlo Dolci gespenstisch ub- und znschwebt, immer mehr Lampen hereinträgt —
mehreremal zwei Stück — und es eigentlich mit jeder dunkler im Zimmer
macht, „Und um wollt ihr Männer uns obendrein den Glauben um die
Unsterblichkeit nehmen," sagt Fran Atlnng, und das „obendrein" ist Björnson
nicht klar. Er hat es aber selbst gedichtet. Es ist ihr, als sie heute dnrch
den Part zu dem Sterbenden fuhr, eingefallen, der Schnee, dieser feine Weiße
„Staub" über den entlaubten Bäume» sei doch das schönste Bild von der
Unsterblichkeitshoffnung, die sich auf die Erde senke. Aber Björnson macht
ihr klar, daß der Schnee allerdings vom Himmel sinke, aber doch erst voll
der Erde komme. Sie thut, als höre sie es nicht. Ihr ist es doch wie
Poesie der Ewigkeit. Die Stelle ist unverständlich, aber nie ist „Sie" Björnson
so schön vorgekommen, als in diesem Augenblicke.
Da kommt unvermutet Atlung schon wieder zurück. Er ist übler Laune
und spricht von der Unart der Knaben. Er habe ihnen die Unke versprochen,
„doch," fügt er — das Geheimnis! — hinzu, „hier ist etwas anderes als die
Unke nötig." Entsetzen liegt über ihr und ihrem Gesicht! „Jetzt will ich's
dir sagen" — vernichtend kommt es heraus — „die Jungens sollen morgen schon
aus dem Haus!" Da ist es: das Geheimnisvolle, das Gespenst im Hause, das
Fürchterliche, der Knotenpunkt der Novelle, der Knalleffekt. Sie sinkt langsam
aufs Sopha, ganz langsam u. s. w. „Das Wohl der Jungens ist dir hoffent¬
lich so angelegen, Amalie, daß du dich hineinfindest" n. s. w. „Aber er tödtet sie
jn," denkt Björsvn, „wenn er fortfährt! Hat er denn keine Augen für sie?"
Es ist eine höchst tragische Situation — Schnee, Staub, Unsterblichkeit, un¬
gezogene Jungen, eine gespenstische Stütze der Hausfrau, mindestens acht
Lampen und alles dunkel! — Die Katastrophe naht! Slina tritt ein. „Was
giebt's, Slina?" Sie antwortet nicht sogleich n. s. w. ^ endlich sagt sie:
„Die Knaben." Diese sind nicht zu finden. Im Hause nicht, im Hofe nicht,
in der Fabrik nicht, nirgends.
„Der Fischteich!" fährt's Björnson aus dein Munde. Es ist der Blick
des Sehers, der sich in der höchsten dramatischen Spannung gewöhnlich bei
einer der mithaudeludeu Figuren einstellt. Fürchterlich!
Wir wollen nicht im einzelnen weiter verfolgen, mit welchen Qualen
lllln alle Beteiligten in den nächtlichen Part Hinansstürzen, Björnson sich
Grenzboten II 18LS M
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