Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Wiener Litteratur Studium der Rechte geschickt, ist er von diesem enterbe worden, da er es vor¬ Der andern Geschichte "Der schwarze Heiland" mangelt es nicht nu phan¬ Wiener Litteratur Studium der Rechte geschickt, ist er von diesem enterbe worden, da er es vor¬ Der andern Geschichte „Der schwarze Heiland" mangelt es nicht nu phan¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204967"/> <fw type="header" place="top"> Wiener Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_615" prev="#ID_614"> Studium der Rechte geschickt, ist er von diesem enterbe worden, da er es vor¬<lb/> gezogen hat, in Paris Litteratur zu studiren und als dolloinieri für Zeitungen<lb/> zu schreiben. Er kehrte dann nach Alerandrien zurück, wo er sich durch Korre¬<lb/> spondenzen an große Pariser Blätter in der politisch bewegten Zeit des Khe-<lb/> dive Ismail und durch Unterricht im Arabischen bei Europäern deu Lebens¬<lb/> unterhalt erwarb. Aber zuweilen trat Ebbe ein: die Politik feierte, Schüler<lb/> kamen nicht. Da lebte Klat von Gedichten, die er für die Volkssänger Kairos<lb/> schrieb, die außerordentlichen Erfolg damit erzielten. Aber Klat hatte höhere,<lb/> ideale Ziele. Ein geborner, aber in Europa gebildeter Ägypter, fühlte er<lb/> schmerzlich die barbarische Herrschaft, die unter Ismail das Volk nussog. Er<lb/> begann durch Flugblätter, die er auf eigne Kosten drucken ließ, politische Fragen<lb/> in die Meuge zu .werfen, und seine ebenso klugen als scharfen Angriffe lenkten<lb/> bald die Aufmerksamkeit der Regierung ans ihn. Sie ließ ebenfalls Flugblätter<lb/> in ihrem Sinne drucken, und eine Weile hatte es den Anschein, als wollte<lb/> ein frisches politisches Leben in dem faulen Ägypten erblühn. Da verliebte<lb/> sich Klat zum Unglück in eine schwedische Gymnastikerin, eine bildschöne junge<lb/> Person, die mit ihrer Truppe in Kairo Vorstellungen gab. Nun war es mit<lb/> allen vaterländischen Idealen vorbei, Klat schmachtete in den Fesseln des<lb/> schönen Kraftweibes, schloß sich ihrer Truppe an, erniedrigte sich sogar zum<lb/> Clown, und sein unruhiges Gewissen betäubte er im Haschischgenuß. Aber<lb/> der Erzähler laßt ihn nicht untergehn, sondern dichtet etwas unwahrscheinlich<lb/> weiter. Als ein leidenschaftlicher Haschischraucher gelangt Klat nach Kairo<lb/> zurück; wegen hochverräterischer Äußerungen, die er im Haschischrausche gethan,<lb/> wird er ius Irrenhaus gesperrt. Die zwei Jahre, die er dort zubringt, sind<lb/> eine Zeit schwerer Buße und innerer Läuterung für ihn. Zufällig wird er<lb/> beim Besuch der Frau des englischen Bevollmächtigten entdeckt und hierauf<lb/> entlassen. Er heiratet sogar noch seine jener Schwedin zu liebe verlassene Braut<lb/> Farida.</p><lb/> <p xml:id="ID_616" next="#ID_617"> Der andern Geschichte „Der schwarze Heiland" mangelt es nicht nu phan¬<lb/> tastischer Größe. Ihr Schauplatz ist eine einsam bei Massauas gelegene Missions¬<lb/> anstalt. Dort werdeu Negerknaben christlich erzogen und in allerlei Handwerken<lb/> unterrichtet; die begabtesten sogar zum Priesteramte herangebildet. Der Pförtner<lb/> der Anstalt, ein verbrecherischer Malteser, der sein Gnadenbrod genießt, hat<lb/> mit dem Negernovizeu Lorenzo Streit gehabt, weswegen er seiner Stelle ent¬<lb/> hoben werden soll. Zuvor rächt er sich in maßloser Weise. Er steht mit<lb/> Sklavenhändlern in Verbindung, denen die Mission ein Dorn im Auge ist.<lb/> Er unternimmt es, ihnen die ganze Schule auszuliefern. Die Abwesenheit des<lb/> Vorstehers benutzt er, um die Negerknaben in der Kirche selbst zu berauschen;<lb/> die wilde Negernatur bricht in ihnen dnrch, und sie sind bereit zu fliehen. Dn<lb/> stellt sich ihnen Lorenzo in den Weg. Seine Bitten, seine Drohungen nützen<lb/> nichts; der elende Malteser stachelt sie so weit auf, daß sie im Fuselransche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0236]
Wiener Litteratur
Studium der Rechte geschickt, ist er von diesem enterbe worden, da er es vor¬
gezogen hat, in Paris Litteratur zu studiren und als dolloinieri für Zeitungen
zu schreiben. Er kehrte dann nach Alerandrien zurück, wo er sich durch Korre¬
spondenzen an große Pariser Blätter in der politisch bewegten Zeit des Khe-
dive Ismail und durch Unterricht im Arabischen bei Europäern deu Lebens¬
unterhalt erwarb. Aber zuweilen trat Ebbe ein: die Politik feierte, Schüler
kamen nicht. Da lebte Klat von Gedichten, die er für die Volkssänger Kairos
schrieb, die außerordentlichen Erfolg damit erzielten. Aber Klat hatte höhere,
ideale Ziele. Ein geborner, aber in Europa gebildeter Ägypter, fühlte er
schmerzlich die barbarische Herrschaft, die unter Ismail das Volk nussog. Er
begann durch Flugblätter, die er auf eigne Kosten drucken ließ, politische Fragen
in die Meuge zu .werfen, und seine ebenso klugen als scharfen Angriffe lenkten
bald die Aufmerksamkeit der Regierung ans ihn. Sie ließ ebenfalls Flugblätter
in ihrem Sinne drucken, und eine Weile hatte es den Anschein, als wollte
ein frisches politisches Leben in dem faulen Ägypten erblühn. Da verliebte
sich Klat zum Unglück in eine schwedische Gymnastikerin, eine bildschöne junge
Person, die mit ihrer Truppe in Kairo Vorstellungen gab. Nun war es mit
allen vaterländischen Idealen vorbei, Klat schmachtete in den Fesseln des
schönen Kraftweibes, schloß sich ihrer Truppe an, erniedrigte sich sogar zum
Clown, und sein unruhiges Gewissen betäubte er im Haschischgenuß. Aber
der Erzähler laßt ihn nicht untergehn, sondern dichtet etwas unwahrscheinlich
weiter. Als ein leidenschaftlicher Haschischraucher gelangt Klat nach Kairo
zurück; wegen hochverräterischer Äußerungen, die er im Haschischrausche gethan,
wird er ius Irrenhaus gesperrt. Die zwei Jahre, die er dort zubringt, sind
eine Zeit schwerer Buße und innerer Läuterung für ihn. Zufällig wird er
beim Besuch der Frau des englischen Bevollmächtigten entdeckt und hierauf
entlassen. Er heiratet sogar noch seine jener Schwedin zu liebe verlassene Braut
Farida.
Der andern Geschichte „Der schwarze Heiland" mangelt es nicht nu phan¬
tastischer Größe. Ihr Schauplatz ist eine einsam bei Massauas gelegene Missions¬
anstalt. Dort werdeu Negerknaben christlich erzogen und in allerlei Handwerken
unterrichtet; die begabtesten sogar zum Priesteramte herangebildet. Der Pförtner
der Anstalt, ein verbrecherischer Malteser, der sein Gnadenbrod genießt, hat
mit dem Negernovizeu Lorenzo Streit gehabt, weswegen er seiner Stelle ent¬
hoben werden soll. Zuvor rächt er sich in maßloser Weise. Er steht mit
Sklavenhändlern in Verbindung, denen die Mission ein Dorn im Auge ist.
Er unternimmt es, ihnen die ganze Schule auszuliefern. Die Abwesenheit des
Vorstehers benutzt er, um die Negerknaben in der Kirche selbst zu berauschen;
die wilde Negernatur bricht in ihnen dnrch, und sie sind bereit zu fliehen. Dn
stellt sich ihnen Lorenzo in den Weg. Seine Bitten, seine Drohungen nützen
nichts; der elende Malteser stachelt sie so weit auf, daß sie im Fuselransche
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