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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.

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Amalio von helwig

gennchtigen Fürsprache Blüchers und des Prinzen August ward ihm dieser
Wunsch erst erfüllt, als unes dem siegreichen Feldzuge von 1815 Kaiser
Alexander von Rußland nach Berlin kam und ihm durch seinen Gesandten
Alopäns russische Dienste anbieten ließ. Da schrieb Helwig, der denn dach
lieber seine Kinder ans deutschem Baden aufwachsen sehen wollte, an König
Friedrich Wilhelm III. und erhielt alsbald zur Antwort, daß Se. Majestät
ihm den Charakter als Generalmajor !">. it>, "rlltö der Armee und bis zur wirk¬
lichen Verwendung eine" Jahresgehalt von zweitausend Thalern gewähren
wolle. Die Zukunft lichtete sich für das vielgeprüfte Paar, im Juli 1816
konnte Amalie mit ihrem allein noch lebenden Sohne Bror nach Berlin z"
dem sehnlich nach ihr verlangenden Gatten heimkehren; im Februar 1818
wurde ihr noch ein Töchterchen, Dorothea, geschenkt, dessen Paten Gneisenau
und die Prinzessin Wilhelm waren.

Während des letzten zweijährigen Aufenthalts in Schweden war die
Dichterin dem Kreise der schwedischen Romantiker noch näher getreten, als
früher. Sie als Deutsche brauchte ans den Unterschied, der zwischen den
..Phosphvristen" und der "gotischen Schule" bestand, nicht sonderlich z" achten,
sie war mit Atterbom, dem Herausgeber des "Phosphoros," wie mit dem
Herausgeber der "Iduna," Erik Gustav Geijer (der in der Biographie immer
Geyer heißt) aufrichtig befreundet. Aber ihrem innern Wesen und ihrer Kunst-
bildung standen natürlich die klareren und ans kräftigere Gestaltung gerichtete"
Gotiker (Teguör, Geifer, Aszelius, Beskow) entschiede" näher. Die lebhafte
Teilnahme an der aufstrebenden schwedischen Poesie, das innerste Verständnis,
das sie der Eigenart derselben entgegenbrachte, führten sie schließlich zu jener
Übersetzung des Tegnerschen "Frithjof," die, noch immer neu gedruckt, ihren
Namen in lebendigerein Andenken erhielt, als ihre eignen Gedichte.

Ihren Lebensabend verbrachte Amalie von Helwig mit ihrem Gemahl
in Berlin, wo sie in anregendem und lebhaftem Verkehr mit dem fürstlich
Rndziwillscheu Hanse, mit Gneisenau, mit Achin und Bettina von Arnim, mit
Hegel und seiner Frau und zahlreichen andern Männern und Frauen stand,
die ihren Charakter, ihr Talent, ihre Bildung und ihre reichen Lebenseindrücke
zu schätzen wußten. Der Hauptsache nach fiel dieser Lebensabend mit den
stillen Jahren der Restauration zusammen. Größere und kleinere Reisen nach
Weimar, Bahreuth und Nürnberg, "ach Schlesien, wo ihre jüngere Schwester
Luise (seit 1817 an einen Bnron von Kloch verheiratet) lebte, nach Dresden,
wo sie an eiuer Anzahl Bildern der Galerie ihre Kunst des Kopirens übte,
unterbrachen den Aufenthalt in der damals noch sehr stillen preußischen
Hauptstadt. Daß Amalie von Helwig bis zuletzt an den Eindrücken und der
Begeisterung ihrer Jugend festhielt, zeigt die Widmung ihrer Übertragung der
"Frithjosssage" an Goethe. Wenige Monate vor dem Heimgange des Meisters
starb die Schülerin am 17. Dezember 1831 zu Berlin,




Amalio von helwig

gennchtigen Fürsprache Blüchers und des Prinzen August ward ihm dieser
Wunsch erst erfüllt, als unes dem siegreichen Feldzuge von 1815 Kaiser
Alexander von Rußland nach Berlin kam und ihm durch seinen Gesandten
Alopäns russische Dienste anbieten ließ. Da schrieb Helwig, der denn dach
lieber seine Kinder ans deutschem Baden aufwachsen sehen wollte, an König
Friedrich Wilhelm III. und erhielt alsbald zur Antwort, daß Se. Majestät
ihm den Charakter als Generalmajor !">. it>, »rlltö der Armee und bis zur wirk¬
lichen Verwendung eine» Jahresgehalt von zweitausend Thalern gewähren
wolle. Die Zukunft lichtete sich für das vielgeprüfte Paar, im Juli 1816
konnte Amalie mit ihrem allein noch lebenden Sohne Bror nach Berlin z»
dem sehnlich nach ihr verlangenden Gatten heimkehren; im Februar 1818
wurde ihr noch ein Töchterchen, Dorothea, geschenkt, dessen Paten Gneisenau
und die Prinzessin Wilhelm waren.

Während des letzten zweijährigen Aufenthalts in Schweden war die
Dichterin dem Kreise der schwedischen Romantiker noch näher getreten, als
früher. Sie als Deutsche brauchte ans den Unterschied, der zwischen den
..Phosphvristen" und der „gotischen Schule" bestand, nicht sonderlich z» achten,
sie war mit Atterbom, dem Herausgeber des „Phosphoros," wie mit dem
Herausgeber der „Iduna," Erik Gustav Geijer (der in der Biographie immer
Geyer heißt) aufrichtig befreundet. Aber ihrem innern Wesen und ihrer Kunst-
bildung standen natürlich die klareren und ans kräftigere Gestaltung gerichtete»
Gotiker (Teguör, Geifer, Aszelius, Beskow) entschiede» näher. Die lebhafte
Teilnahme an der aufstrebenden schwedischen Poesie, das innerste Verständnis,
das sie der Eigenart derselben entgegenbrachte, führten sie schließlich zu jener
Übersetzung des Tegnerschen „Frithjof," die, noch immer neu gedruckt, ihren
Namen in lebendigerein Andenken erhielt, als ihre eignen Gedichte.

Ihren Lebensabend verbrachte Amalie von Helwig mit ihrem Gemahl
in Berlin, wo sie in anregendem und lebhaftem Verkehr mit dem fürstlich
Rndziwillscheu Hanse, mit Gneisenau, mit Achin und Bettina von Arnim, mit
Hegel und seiner Frau und zahlreichen andern Männern und Frauen stand,
die ihren Charakter, ihr Talent, ihre Bildung und ihre reichen Lebenseindrücke
zu schätzen wußten. Der Hauptsache nach fiel dieser Lebensabend mit den
stillen Jahren der Restauration zusammen. Größere und kleinere Reisen nach
Weimar, Bahreuth und Nürnberg, »ach Schlesien, wo ihre jüngere Schwester
Luise (seit 1817 an einen Bnron von Kloch verheiratet) lebte, nach Dresden,
wo sie an eiuer Anzahl Bildern der Galerie ihre Kunst des Kopirens übte,
unterbrachen den Aufenthalt in der damals noch sehr stillen preußischen
Hauptstadt. Daß Amalie von Helwig bis zuletzt an den Eindrücken und der
Begeisterung ihrer Jugend festhielt, zeigt die Widmung ihrer Übertragung der
„Frithjosssage" an Goethe. Wenige Monate vor dem Heimgange des Meisters
starb die Schülerin am 17. Dezember 1831 zu Berlin,




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204730/147>, abgerufen am 05.02.2025.