Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Amalie von L^elwig 1803 stattfand. Helwig verlebte mit seiner jungen Frau ein Paar beglückende Amalie von L^elwig 1803 stattfand. Helwig verlebte mit seiner jungen Frau ein Paar beglückende <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0142" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204873"/> <fw type="header" place="top"> Amalie von L^elwig</fw><lb/> <p xml:id="ID_347" prev="#ID_346" next="#ID_348"> 1803 stattfand. Helwig verlebte mit seiner jungen Frau ein Paar beglückende<lb/> Monate in Ruhla »ut darnach in Weimar. Im Oktober ging er dann, nach¬<lb/> dem er nährend der Wochen in der Jlmstadt dem Weimarischen Umgangs-<lb/> kreise seiner Gattin Mieder näher getreten war, nach Schweden zurück. Es<lb/> war el» schwerer Abschied, und schwere Tage folgten den Honigmonaten Ama-<lb/> liens. Im Dezember 1803 starb ihre Mutter, in denselben Tagen Herder, der<lb/> immer zu ihren treuesten Freunden gehört und sich ihres neuen Glückes noch<lb/> aufrichtig erfreut hatte. Sie fühlte mit der Mutter ihre eigne Pflicht- und<lb/> arbeitsvolle, aber doch so heitre Jugend scheiden. In den Tranermvnnten, die<lb/> nun folgten, sah Amalie der Geburt ihres ersten Kindes entgegen und schrieb<lb/> ihrem Gatten nach Stockholm: „Ich war in Gefahr, die Welt zu lieb zu ge¬<lb/> winnen, sie kam mir so schön vor, keine Furcht faßte mich an bei der Aus¬<lb/> sicht, dir einen Sohn, ihr einen Enkel zu schenken es wäre des Glückes<lb/> zu viel gewesen, Gott hat mit nur geteilt, jetzt werde ich nicht übermütig sein."<lb/> Sie lebte mit ihren Schwestern einen einsamen Winter, gegen Goethe und<lb/> Schiller verrät sie in ihren Briefen nach Stockholm eine gewisse Empfindlich¬<lb/> keit; ein Zusammentreffen mit Frau von Stuol und Benjamin Constant, den<lb/> gefeierten Gästen Weimars im Winter von 1803 ans 1804, bei Karoline von<lb/> Wolzogen, verlief ziemlich unerquicklich. So kamen für sie erst wieder frohere Tage<lb/> nach der glücklichen Entbindung von einer Tochter, deren Taufpate Schiller<lb/> wurde. Im September 1804 schieden dann Frau vou Helwig, ihr Gemahl und<lb/> die beiden jüngern Schwestern Amaliens ans Karl Augusts Residenz, um die<lb/> nach den damaligen Verbindungsmitteln und Begriffen weite und anstrengende<lb/> Reise nach Schweden anzutreten. Die Familie lies; sich in Stockholm nieder,<lb/> die junge Frau lebte sich rasch in die neuen Verhältnisse ein, sie gewann die<lb/> freundschaftliche Teilnahme hervorragender und liebenswürdiger Männer und<lb/> Frauen, der Rang und die besondre Stellung ihres Gemahls eröffneten ihr<lb/> die besten Kreise der schwedischen Hauptstadt, ihre hohe Bildung und der Reiz<lb/> ihrer Persönlichkeit wurden lebhaft empfunden. Sie selbst begann sich für<lb/> Schweden zu erwärmen, wenn ihr auch die Hof- und Adelsgesellschnft zum<lb/> Teil unheimlich blieb, in der das achtzehnte Jahrhundert, die Zeit der Adels-<lb/> parteiuugeu, der Verschwörungen, der politischen Intriguen und Morde noch<lb/> zahlreiche Typen und Spuren hinterlassen hatte. Daß unter den neuen<lb/> schwedischen Freunden aufstrebende Dichter und Mater nicht fehlten, braucht<lb/> kaum hervorgehoben zu werden; Amalie setzte die Ausübung der beiden Künste,<lb/> in denen sie sich seit ihrer Kindheit versucht hatte, auch in den neuen Ver¬<lb/> hältnissen eifrig fort. Hatte sie doch als Braut ihrem Verlobten nicht verhehlt,<lb/> daß ihre Gaben sie „immer in idealische Interessen ziehen" würden, daß sie nur<lb/> den Mann glücklich mache» könne, der liberal genug denke, ihr die künstlerische<lb/> Weiterbildung auch durch „den ungehinderten Umgang mit Personen zu ver¬<lb/> gönnen, welche ihr dazu behilflich und anregend" sein würden. Immer aber</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
Amalie von L^elwig
1803 stattfand. Helwig verlebte mit seiner jungen Frau ein Paar beglückende
Monate in Ruhla »ut darnach in Weimar. Im Oktober ging er dann, nach¬
dem er nährend der Wochen in der Jlmstadt dem Weimarischen Umgangs-
kreise seiner Gattin Mieder näher getreten war, nach Schweden zurück. Es
war el» schwerer Abschied, und schwere Tage folgten den Honigmonaten Ama-
liens. Im Dezember 1803 starb ihre Mutter, in denselben Tagen Herder, der
immer zu ihren treuesten Freunden gehört und sich ihres neuen Glückes noch
aufrichtig erfreut hatte. Sie fühlte mit der Mutter ihre eigne Pflicht- und
arbeitsvolle, aber doch so heitre Jugend scheiden. In den Tranermvnnten, die
nun folgten, sah Amalie der Geburt ihres ersten Kindes entgegen und schrieb
ihrem Gatten nach Stockholm: „Ich war in Gefahr, die Welt zu lieb zu ge¬
winnen, sie kam mir so schön vor, keine Furcht faßte mich an bei der Aus¬
sicht, dir einen Sohn, ihr einen Enkel zu schenken es wäre des Glückes
zu viel gewesen, Gott hat mit nur geteilt, jetzt werde ich nicht übermütig sein."
Sie lebte mit ihren Schwestern einen einsamen Winter, gegen Goethe und
Schiller verrät sie in ihren Briefen nach Stockholm eine gewisse Empfindlich¬
keit; ein Zusammentreffen mit Frau von Stuol und Benjamin Constant, den
gefeierten Gästen Weimars im Winter von 1803 ans 1804, bei Karoline von
Wolzogen, verlief ziemlich unerquicklich. So kamen für sie erst wieder frohere Tage
nach der glücklichen Entbindung von einer Tochter, deren Taufpate Schiller
wurde. Im September 1804 schieden dann Frau vou Helwig, ihr Gemahl und
die beiden jüngern Schwestern Amaliens ans Karl Augusts Residenz, um die
nach den damaligen Verbindungsmitteln und Begriffen weite und anstrengende
Reise nach Schweden anzutreten. Die Familie lies; sich in Stockholm nieder,
die junge Frau lebte sich rasch in die neuen Verhältnisse ein, sie gewann die
freundschaftliche Teilnahme hervorragender und liebenswürdiger Männer und
Frauen, der Rang und die besondre Stellung ihres Gemahls eröffneten ihr
die besten Kreise der schwedischen Hauptstadt, ihre hohe Bildung und der Reiz
ihrer Persönlichkeit wurden lebhaft empfunden. Sie selbst begann sich für
Schweden zu erwärmen, wenn ihr auch die Hof- und Adelsgesellschnft zum
Teil unheimlich blieb, in der das achtzehnte Jahrhundert, die Zeit der Adels-
parteiuugeu, der Verschwörungen, der politischen Intriguen und Morde noch
zahlreiche Typen und Spuren hinterlassen hatte. Daß unter den neuen
schwedischen Freunden aufstrebende Dichter und Mater nicht fehlten, braucht
kaum hervorgehoben zu werden; Amalie setzte die Ausübung der beiden Künste,
in denen sie sich seit ihrer Kindheit versucht hatte, auch in den neuen Ver¬
hältnissen eifrig fort. Hatte sie doch als Braut ihrem Verlobten nicht verhehlt,
daß ihre Gaben sie „immer in idealische Interessen ziehen" würden, daß sie nur
den Mann glücklich mache» könne, der liberal genug denke, ihr die künstlerische
Weiterbildung auch durch „den ungehinderten Umgang mit Personen zu ver¬
gönnen, welche ihr dazu behilflich und anregend" sein würden. Immer aber
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