Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Amalie von Helwig Augen verlieren, denn ich bin davon überzeugt, daß sich außerordentliche Wenig später als Gentz tauchte am Hofe und in der Gesellschaft von Als er Thüringen wieder erreichte, fand er Amnlie von Jmhoff nicht in Amalie von Helwig Augen verlieren, denn ich bin davon überzeugt, daß sich außerordentliche Wenig später als Gentz tauchte am Hofe und in der Gesellschaft von Als er Thüringen wieder erreichte, fand er Amnlie von Jmhoff nicht in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204872"/> <fw type="header" place="top"> Amalie von Helwig</fw><lb/> <p xml:id="ID_344" prev="#ID_343"> Augen verlieren, denn ich bin davon überzeugt, daß sich außerordentliche<lb/> Kräfte in ihm vereinigen, doch fehlt ihm eine harmonische Ausbildung und<lb/> der tiefere sittliche Halt der Seele."</p><lb/> <p xml:id="ID_345"> Wenig später als Gentz tauchte am Hofe und in der Gesellschaft von<lb/> Weimar ein stattlicher schwedischer Artillerieoffizier Karl Helwig (ein geborner<lb/> Stralsunder) auf, damals Oberstleutnant und kurze Zeit darauf Oberst in<lb/> Diensten König Gustavs IV. Helwig war ein selbstgemachter Mann, der sich<lb/> durch eigne Kraft auf die Höhe der Bildung und der gesellschaftlichen Stellung<lb/> hinaufgearbeitet hatte, ein geistvoller, leidenschaftlich ehrgeiziger Soldat, ein<lb/> Mensch von großer Willensstärke, ja Schroffheit, dabei doch weich und zart<lb/> in seiner Sehnsucht uach Liebe und Veredlung und mit seinen mannigfachen<lb/> Bildungsinteressen ein echter Sohn seiner Zeit. Die Neigung, die er für<lb/> Amalie faßte, ward bald erwidert, einem unmittelbaren Bunde fürs Leben<lb/> stellten sich aber mancherlei Hindernisse entgegen. Helwig reiste auf dein Kontinent<lb/> in militärisch-politischen Aufträgen seines Königs, des fanatischen Hassers der<lb/> französischen Revolution und Napoleons I., er hatte zur Vermählung die<lb/> Bewilligung König Gustavs einzuholen. Amnlie von Jmhoff ward nicht nur<lb/> durch die Rücksicht auf eine Schwerkranke Mutter in Weimar gefesselt, sondern<lb/> wollte ihrem Geliebten auch Zeit zur Besinnung, zur Überlegung, zur Festigung<lb/> seines Entschlusses geben. Mit der Trennung der Liebenden im April 1802<lb/> begann ein lebhafter, wenngleich durch die Postverhältnisse der danulligen Zeit<lb/> erschwerter Briefwechsel, der diese Einblicke in die Seelen der beiden trefflichen<lb/> Menschen gewährt, aber in seinen Anfängen verrät, daß neben Eigenschaften<lb/> und Lebensrichtungen, die beide zu einander zogen, in beiden Naturen Elemente<lb/> vorhanden waren, die sich schwer zur Harmonie eines ganz glücklichen Ehe¬<lb/> bundes fügen. Amalie bemüht sich zunächst, einen Ton anzuschlagen, der ihrem<lb/> Geliebten noch immer volle Freiheit lasse» soll , ans ihren nebenhergeheudeu<lb/> Tngebnchanfzeichnnngeu fühlen wir freilich heraus, daß ihr ganzes Herz schon<lb/> an dem starken, trotzigen Manne hing. Helwig, der es kurz nachher durch die<lb/> besondre Gunst König Gustavs IV. erreichte, an die Spitze der schwedischen<lb/> Artillerie gestellt zu werde» (er erhielt einige Jahre später Rang und Amt als<lb/> Feldzeugmeister, ward auch geadelt), warb in immer entschieduerer Weise um die<lb/> Hand seiner Geliebten. Im Sommer 1803 gab ihm sein König neuen Urlaub<lb/> und die Erlaubnis, zu seiner Vermählung nach Deutschland zu gehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_346" next="#ID_347"> Als er Thüringen wieder erreichte, fand er Amnlie von Jmhoff nicht in<lb/> Weimar, sondern in dem kleinen, in der Nähe Eisenachs gelegenen Bade Ruhla.<lb/> Sie erklärte ihrem Bewerber, daß sie es nicht übers Herz bringen könne, die<lb/> dahinsiechende Mutter zu verlassen. Helwig sah selbst, daß ihre augenblickliche<lb/> Übersiedlung nach Schweden ein zu großes Opfer sei. Von einem Aufschub<lb/> der Heirat wollte er aber nichts mehr wissen, und so erbat Amalie die Ein¬<lb/> willigung ihrer Mutter zu einer stillen Hochzeit in Ruhla, die am 30. IM</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0141]
Amalie von Helwig
Augen verlieren, denn ich bin davon überzeugt, daß sich außerordentliche
Kräfte in ihm vereinigen, doch fehlt ihm eine harmonische Ausbildung und
der tiefere sittliche Halt der Seele."
Wenig später als Gentz tauchte am Hofe und in der Gesellschaft von
Weimar ein stattlicher schwedischer Artillerieoffizier Karl Helwig (ein geborner
Stralsunder) auf, damals Oberstleutnant und kurze Zeit darauf Oberst in
Diensten König Gustavs IV. Helwig war ein selbstgemachter Mann, der sich
durch eigne Kraft auf die Höhe der Bildung und der gesellschaftlichen Stellung
hinaufgearbeitet hatte, ein geistvoller, leidenschaftlich ehrgeiziger Soldat, ein
Mensch von großer Willensstärke, ja Schroffheit, dabei doch weich und zart
in seiner Sehnsucht uach Liebe und Veredlung und mit seinen mannigfachen
Bildungsinteressen ein echter Sohn seiner Zeit. Die Neigung, die er für
Amalie faßte, ward bald erwidert, einem unmittelbaren Bunde fürs Leben
stellten sich aber mancherlei Hindernisse entgegen. Helwig reiste auf dein Kontinent
in militärisch-politischen Aufträgen seines Königs, des fanatischen Hassers der
französischen Revolution und Napoleons I., er hatte zur Vermählung die
Bewilligung König Gustavs einzuholen. Amnlie von Jmhoff ward nicht nur
durch die Rücksicht auf eine Schwerkranke Mutter in Weimar gefesselt, sondern
wollte ihrem Geliebten auch Zeit zur Besinnung, zur Überlegung, zur Festigung
seines Entschlusses geben. Mit der Trennung der Liebenden im April 1802
begann ein lebhafter, wenngleich durch die Postverhältnisse der danulligen Zeit
erschwerter Briefwechsel, der diese Einblicke in die Seelen der beiden trefflichen
Menschen gewährt, aber in seinen Anfängen verrät, daß neben Eigenschaften
und Lebensrichtungen, die beide zu einander zogen, in beiden Naturen Elemente
vorhanden waren, die sich schwer zur Harmonie eines ganz glücklichen Ehe¬
bundes fügen. Amalie bemüht sich zunächst, einen Ton anzuschlagen, der ihrem
Geliebten noch immer volle Freiheit lasse» soll , ans ihren nebenhergeheudeu
Tngebnchanfzeichnnngeu fühlen wir freilich heraus, daß ihr ganzes Herz schon
an dem starken, trotzigen Manne hing. Helwig, der es kurz nachher durch die
besondre Gunst König Gustavs IV. erreichte, an die Spitze der schwedischen
Artillerie gestellt zu werde» (er erhielt einige Jahre später Rang und Amt als
Feldzeugmeister, ward auch geadelt), warb in immer entschieduerer Weise um die
Hand seiner Geliebten. Im Sommer 1803 gab ihm sein König neuen Urlaub
und die Erlaubnis, zu seiner Vermählung nach Deutschland zu gehen.
Als er Thüringen wieder erreichte, fand er Amnlie von Jmhoff nicht in
Weimar, sondern in dem kleinen, in der Nähe Eisenachs gelegenen Bade Ruhla.
Sie erklärte ihrem Bewerber, daß sie es nicht übers Herz bringen könne, die
dahinsiechende Mutter zu verlassen. Helwig sah selbst, daß ihre augenblickliche
Übersiedlung nach Schweden ein zu großes Opfer sei. Von einem Aufschub
der Heirat wollte er aber nichts mehr wissen, und so erbat Amalie die Ein¬
willigung ihrer Mutter zu einer stillen Hochzeit in Ruhla, die am 30. IM
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