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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Die Mumienbildnisse von Nubajat im Li Fajum

unbeachtet geblieben siud, so darf ihre weitere Ausführung wohl ebenfalls
giinstiger Aufnahnre gewärtig sein.

Der Fundort dieser Mumieubildnisse ist eine als Massengrab benutzte
Felsenhöhle bei Nubajat in der großen, von einer Verzweigung des Nils be¬
wässerten Oase El Fajum, die westlich vom Nilthal jenseits der libyschen
Höhen zwischen dein 29. und 30. Grade nördlicher Breite liegt. In diesem
gesegneten, durch eine Zweigbahn mit dem Nilthnl verbundenen Landstriche
blüht auch heute eine reiche Bvdenknltur. Im Altertum war die Bewässerung
besser, das beweisen ein altes Seebecken und alte, jetzt trockene Kanäle, und
demgemäß ist mich der Anbau höher entwickelt und die in Städten und Dörfern
lebende Bevölkerung dichter gewesen. Die Begräbnisstätten des Landes muß
mau natürlich seiner alten Bevölkerung zuschreibe", was jedoch uicht aus¬
schließt, daß auch Fremde, die im Lande, und Einheimische, die in der Fremde
starben, in einer dieser Begräbnisstätten beigesetzt worden sind. So ergiebt
sich aus einer griechischen Inschrift, die auf einem bei einer Mumie gefundnen
Holztäfelchen steht, daß diese Mumie aus einem Flecken Philadelphos zu Kahn
in den Hafen von Kerle, einem kleinen Orte nahe bei Nubajat, gebracht
worden ist.

Bekanntlich hat ein Wiener Großhändler, Herr Theodor Graf, der in
Ägypten eine Kommcmdite seines Wiener Hauses unterhält, die Bilder an
sich gebracht. Die Auffindung derselben in dem oben erwähnten Felsengrabe
dürfte durch die Angaben der Grafschen Agenten genügend verbürgt sein. Es
ist vielleicht zu bedauern, daß ein wissenschaftlich beglaubigter Fundbericht, wie
er gewünscht zu werden Pflegt, nicht vorliegt, aber Zweifel an der Echtheit
der Bilder sind augenscheinlich, und wie allgemein anerkennt ist, ausgeschlossen.
Der Grad ihrer Erhaltung läßt vermuten, daß die Gräber, denen sie angehört
haben, erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit geplündert worden sind, wie dies
durch räuberische Araber, Fellcchs und andre Unberufene noch immer geschieht.
Einerseits wäre es die höchste Zeit, daß diesem Raubbau auf Altertümer auch
in Ägypten ein Ziel gesetzt würde, anderseits aber läßt sich nicht verkennen,
daß wir ohne ihn und ohne das hohe Interesse des Herrn Graf für Alter¬
tümer, die seine Agenten ihm zutragen, nicht im Besitze der uns jetzt so außer¬
ordentlich anregenden Kunstdenkmäler wären, die, wenn auch nicht die ersten
dieser Art, doch an Kunstwert die schon längst im Louvre befindlichen der¬
selben Gattung, sowie ähnliche im Vritish Museum auftauchende übertreffe".
Das British Museum hat jetzt eine große Zahl Bildnisse von ganz derselben
Gattung wie die von Nubajat von Mr. Flinders Peerie, dem im Auftrage
des DA/xt. VxvImAtion ^uncl unermüdlich thätigen Forscher, erworben und
mit 25 Pfund das Stück bezahlt, doch sollen auch diese deu besten der
Grafschen Sammlung nicht gleichkommen. Mr. Flinders Peerie hat sie zu
Hnwara (nicht weit von Nubnjat) in einem von ihm ausgegrabenen alten


Die Mumienbildnisse von Nubajat im Li Fajum

unbeachtet geblieben siud, so darf ihre weitere Ausführung wohl ebenfalls
giinstiger Aufnahnre gewärtig sein.

Der Fundort dieser Mumieubildnisse ist eine als Massengrab benutzte
Felsenhöhle bei Nubajat in der großen, von einer Verzweigung des Nils be¬
wässerten Oase El Fajum, die westlich vom Nilthal jenseits der libyschen
Höhen zwischen dein 29. und 30. Grade nördlicher Breite liegt. In diesem
gesegneten, durch eine Zweigbahn mit dem Nilthnl verbundenen Landstriche
blüht auch heute eine reiche Bvdenknltur. Im Altertum war die Bewässerung
besser, das beweisen ein altes Seebecken und alte, jetzt trockene Kanäle, und
demgemäß ist mich der Anbau höher entwickelt und die in Städten und Dörfern
lebende Bevölkerung dichter gewesen. Die Begräbnisstätten des Landes muß
mau natürlich seiner alten Bevölkerung zuschreibe», was jedoch uicht aus¬
schließt, daß auch Fremde, die im Lande, und Einheimische, die in der Fremde
starben, in einer dieser Begräbnisstätten beigesetzt worden sind. So ergiebt
sich aus einer griechischen Inschrift, die auf einem bei einer Mumie gefundnen
Holztäfelchen steht, daß diese Mumie aus einem Flecken Philadelphos zu Kahn
in den Hafen von Kerle, einem kleinen Orte nahe bei Nubajat, gebracht
worden ist.

Bekanntlich hat ein Wiener Großhändler, Herr Theodor Graf, der in
Ägypten eine Kommcmdite seines Wiener Hauses unterhält, die Bilder an
sich gebracht. Die Auffindung derselben in dem oben erwähnten Felsengrabe
dürfte durch die Angaben der Grafschen Agenten genügend verbürgt sein. Es
ist vielleicht zu bedauern, daß ein wissenschaftlich beglaubigter Fundbericht, wie
er gewünscht zu werden Pflegt, nicht vorliegt, aber Zweifel an der Echtheit
der Bilder sind augenscheinlich, und wie allgemein anerkennt ist, ausgeschlossen.
Der Grad ihrer Erhaltung läßt vermuten, daß die Gräber, denen sie angehört
haben, erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit geplündert worden sind, wie dies
durch räuberische Araber, Fellcchs und andre Unberufene noch immer geschieht.
Einerseits wäre es die höchste Zeit, daß diesem Raubbau auf Altertümer auch
in Ägypten ein Ziel gesetzt würde, anderseits aber läßt sich nicht verkennen,
daß wir ohne ihn und ohne das hohe Interesse des Herrn Graf für Alter¬
tümer, die seine Agenten ihm zutragen, nicht im Besitze der uns jetzt so außer¬
ordentlich anregenden Kunstdenkmäler wären, die, wenn auch nicht die ersten
dieser Art, doch an Kunstwert die schon längst im Louvre befindlichen der¬
selben Gattung, sowie ähnliche im Vritish Museum auftauchende übertreffe».
Das British Museum hat jetzt eine große Zahl Bildnisse von ganz derselben
Gattung wie die von Nubajat von Mr. Flinders Peerie, dem im Auftrage
des DA/xt. VxvImAtion ^uncl unermüdlich thätigen Forscher, erworben und
mit 25 Pfund das Stück bezahlt, doch sollen auch diese deu besten der
Grafschen Sammlung nicht gleichkommen. Mr. Flinders Peerie hat sie zu
Hnwara (nicht weit von Nubnjat) in einem von ihm ausgegrabenen alten


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[0526] Die Mumienbildnisse von Nubajat im Li Fajum unbeachtet geblieben siud, so darf ihre weitere Ausführung wohl ebenfalls giinstiger Aufnahnre gewärtig sein. Der Fundort dieser Mumieubildnisse ist eine als Massengrab benutzte Felsenhöhle bei Nubajat in der großen, von einer Verzweigung des Nils be¬ wässerten Oase El Fajum, die westlich vom Nilthal jenseits der libyschen Höhen zwischen dein 29. und 30. Grade nördlicher Breite liegt. In diesem gesegneten, durch eine Zweigbahn mit dem Nilthnl verbundenen Landstriche blüht auch heute eine reiche Bvdenknltur. Im Altertum war die Bewässerung besser, das beweisen ein altes Seebecken und alte, jetzt trockene Kanäle, und demgemäß ist mich der Anbau höher entwickelt und die in Städten und Dörfern lebende Bevölkerung dichter gewesen. Die Begräbnisstätten des Landes muß mau natürlich seiner alten Bevölkerung zuschreibe», was jedoch uicht aus¬ schließt, daß auch Fremde, die im Lande, und Einheimische, die in der Fremde starben, in einer dieser Begräbnisstätten beigesetzt worden sind. So ergiebt sich aus einer griechischen Inschrift, die auf einem bei einer Mumie gefundnen Holztäfelchen steht, daß diese Mumie aus einem Flecken Philadelphos zu Kahn in den Hafen von Kerle, einem kleinen Orte nahe bei Nubajat, gebracht worden ist. Bekanntlich hat ein Wiener Großhändler, Herr Theodor Graf, der in Ägypten eine Kommcmdite seines Wiener Hauses unterhält, die Bilder an sich gebracht. Die Auffindung derselben in dem oben erwähnten Felsengrabe dürfte durch die Angaben der Grafschen Agenten genügend verbürgt sein. Es ist vielleicht zu bedauern, daß ein wissenschaftlich beglaubigter Fundbericht, wie er gewünscht zu werden Pflegt, nicht vorliegt, aber Zweifel an der Echtheit der Bilder sind augenscheinlich, und wie allgemein anerkennt ist, ausgeschlossen. Der Grad ihrer Erhaltung läßt vermuten, daß die Gräber, denen sie angehört haben, erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit geplündert worden sind, wie dies durch räuberische Araber, Fellcchs und andre Unberufene noch immer geschieht. Einerseits wäre es die höchste Zeit, daß diesem Raubbau auf Altertümer auch in Ägypten ein Ziel gesetzt würde, anderseits aber läßt sich nicht verkennen, daß wir ohne ihn und ohne das hohe Interesse des Herrn Graf für Alter¬ tümer, die seine Agenten ihm zutragen, nicht im Besitze der uns jetzt so außer¬ ordentlich anregenden Kunstdenkmäler wären, die, wenn auch nicht die ersten dieser Art, doch an Kunstwert die schon längst im Louvre befindlichen der¬ selben Gattung, sowie ähnliche im Vritish Museum auftauchende übertreffe». Das British Museum hat jetzt eine große Zahl Bildnisse von ganz derselben Gattung wie die von Nubajat von Mr. Flinders Peerie, dem im Auftrage des DA/xt. VxvImAtion ^uncl unermüdlich thätigen Forscher, erworben und mit 25 Pfund das Stück bezahlt, doch sollen auch diese deu besten der Grafschen Sammlung nicht gleichkommen. Mr. Flinders Peerie hat sie zu Hnwara (nicht weit von Nubnjat) in einem von ihm ausgegrabenen alten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/526>, abgerufen am 29.06.2024.