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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Die lNnmienbildnisse von Rnbajat im Li Fajum

lUld den zwar wenig originellen, aber äußerst produktiven und vielseitigen
John Lydgate. Die folgenden Abschnitte sind den Anfängen der dramatischen
Dichtung, den: geistlichen Schauspiel, gewidmet, dessen Entwicklung bis zum
auglvuormaunischeu "Mysterium von Adam" im zwölften Jahrhundert verfolgt
wird. Das vorliegende Buch schließt mit einer vortrefflichen Charakteristik des
fünfzehnten Jahrhunderts, jeuer traurigen Lancaster-Ära, die, vom Geiste harter
Unduldsamkeit und blutiger Orthodoxie beherrscht, das Kulturleben Englands
auf nlleu Gebieten gehemmt hat und besouders der freien Entwicklung einer
nationalen Prosa hinderlich gewesen ist. "Wie unerfreuliche Kühle den Sonnen¬
aufgang ankündigt, so kochte in den finstersten Zeiten des Mittelalters kaum
so unerquickliche Luft, wie in denn Jahrhundert, wo das Mittelalter zu
Eude ging."

Ter Brink hat uns auch mit diesem Buche durch die fesselnde Form der
Darstellung und durch die erstaunliche Fülle des Inhalts in unausgesetzter
Spannung gehalten. Der wissenschaftliche Wert des Buches ist über jede Be¬
sprechung' erhaben; anch dieser Band wird, wie der erste, dem Studenten eine
sichere Grundlage für litterarische Arbeiten bieten; aber hervorgehoben muß
"och einmal werden, daß wir hiermit nicht nur ein fachmännisch gelehrtes,
sondern auch ein glänzend geschriebenes Werk besitzen, das jeder Gebildete mit
wahrem Genuß studiren wird. Hoffentlich läßt uns der Verfasser anf den fol¬
genden Teil nicht zu lange warten.




Die Numienbildnisse von Rubajat im Gi Fajum
von Lrnst Boetticher

s War ein kunstgeschichtliches Ereignis, als im Sommer 1888 in
München Mumienbildnisfe ausgestellt wurden, die im fernen Nil¬
lande, in der Oase El Fajum gefunden, Zeugnis ablegen von
einer ungeahnten Entwicklung der Porträtmalerei vor mehr als
zweitausend Jahren. Diese seitdem auch in Berlin ausgestellten
Bildnisse erwecken die allgemeinste Aufmerksamkeit, ja man darf sagen, sie regen
Künstler, Kuustgelehrte und Laien gleichermaßen auf. Für die Würdigung
chrer kunstgeschichtlichen Bedeutung machte ich im Sommer vorigen Jahres neue
Gesichtspunkte in der Tagespresse (Kölnische Zeitung) geltend. Da diese nicht


Die lNnmienbildnisse von Rnbajat im Li Fajum

lUld den zwar wenig originellen, aber äußerst produktiven und vielseitigen
John Lydgate. Die folgenden Abschnitte sind den Anfängen der dramatischen
Dichtung, den: geistlichen Schauspiel, gewidmet, dessen Entwicklung bis zum
auglvuormaunischeu „Mysterium von Adam" im zwölften Jahrhundert verfolgt
wird. Das vorliegende Buch schließt mit einer vortrefflichen Charakteristik des
fünfzehnten Jahrhunderts, jeuer traurigen Lancaster-Ära, die, vom Geiste harter
Unduldsamkeit und blutiger Orthodoxie beherrscht, das Kulturleben Englands
auf nlleu Gebieten gehemmt hat und besouders der freien Entwicklung einer
nationalen Prosa hinderlich gewesen ist. „Wie unerfreuliche Kühle den Sonnen¬
aufgang ankündigt, so kochte in den finstersten Zeiten des Mittelalters kaum
so unerquickliche Luft, wie in denn Jahrhundert, wo das Mittelalter zu
Eude ging."

Ter Brink hat uns auch mit diesem Buche durch die fesselnde Form der
Darstellung und durch die erstaunliche Fülle des Inhalts in unausgesetzter
Spannung gehalten. Der wissenschaftliche Wert des Buches ist über jede Be¬
sprechung' erhaben; anch dieser Band wird, wie der erste, dem Studenten eine
sichere Grundlage für litterarische Arbeiten bieten; aber hervorgehoben muß
"och einmal werden, daß wir hiermit nicht nur ein fachmännisch gelehrtes,
sondern auch ein glänzend geschriebenes Werk besitzen, das jeder Gebildete mit
wahrem Genuß studiren wird. Hoffentlich läßt uns der Verfasser anf den fol¬
genden Teil nicht zu lange warten.




Die Numienbildnisse von Rubajat im Gi Fajum
von Lrnst Boetticher

s War ein kunstgeschichtliches Ereignis, als im Sommer 1888 in
München Mumienbildnisfe ausgestellt wurden, die im fernen Nil¬
lande, in der Oase El Fajum gefunden, Zeugnis ablegen von
einer ungeahnten Entwicklung der Porträtmalerei vor mehr als
zweitausend Jahren. Diese seitdem auch in Berlin ausgestellten
Bildnisse erwecken die allgemeinste Aufmerksamkeit, ja man darf sagen, sie regen
Künstler, Kuustgelehrte und Laien gleichermaßen auf. Für die Würdigung
chrer kunstgeschichtlichen Bedeutung machte ich im Sommer vorigen Jahres neue
Gesichtspunkte in der Tagespresse (Kölnische Zeitung) geltend. Da diese nicht


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[0525] Die lNnmienbildnisse von Rnbajat im Li Fajum lUld den zwar wenig originellen, aber äußerst produktiven und vielseitigen John Lydgate. Die folgenden Abschnitte sind den Anfängen der dramatischen Dichtung, den: geistlichen Schauspiel, gewidmet, dessen Entwicklung bis zum auglvuormaunischeu „Mysterium von Adam" im zwölften Jahrhundert verfolgt wird. Das vorliegende Buch schließt mit einer vortrefflichen Charakteristik des fünfzehnten Jahrhunderts, jeuer traurigen Lancaster-Ära, die, vom Geiste harter Unduldsamkeit und blutiger Orthodoxie beherrscht, das Kulturleben Englands auf nlleu Gebieten gehemmt hat und besouders der freien Entwicklung einer nationalen Prosa hinderlich gewesen ist. „Wie unerfreuliche Kühle den Sonnen¬ aufgang ankündigt, so kochte in den finstersten Zeiten des Mittelalters kaum so unerquickliche Luft, wie in denn Jahrhundert, wo das Mittelalter zu Eude ging." Ter Brink hat uns auch mit diesem Buche durch die fesselnde Form der Darstellung und durch die erstaunliche Fülle des Inhalts in unausgesetzter Spannung gehalten. Der wissenschaftliche Wert des Buches ist über jede Be¬ sprechung' erhaben; anch dieser Band wird, wie der erste, dem Studenten eine sichere Grundlage für litterarische Arbeiten bieten; aber hervorgehoben muß "och einmal werden, daß wir hiermit nicht nur ein fachmännisch gelehrtes, sondern auch ein glänzend geschriebenes Werk besitzen, das jeder Gebildete mit wahrem Genuß studiren wird. Hoffentlich läßt uns der Verfasser anf den fol¬ genden Teil nicht zu lange warten. Die Numienbildnisse von Rubajat im Gi Fajum von Lrnst Boetticher s War ein kunstgeschichtliches Ereignis, als im Sommer 1888 in München Mumienbildnisfe ausgestellt wurden, die im fernen Nil¬ lande, in der Oase El Fajum gefunden, Zeugnis ablegen von einer ungeahnten Entwicklung der Porträtmalerei vor mehr als zweitausend Jahren. Diese seitdem auch in Berlin ausgestellten Bildnisse erwecken die allgemeinste Aufmerksamkeit, ja man darf sagen, sie regen Künstler, Kuustgelehrte und Laien gleichermaßen auf. Für die Würdigung chrer kunstgeschichtlichen Bedeutung machte ich im Sommer vorigen Jahres neue Gesichtspunkte in der Tagespresse (Kölnische Zeitung) geltend. Da diese nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/525>, abgerufen am 29.06.2024.