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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Mangel zum Stillstand und Feiern gezwungen, wodurch nicht nur die Ertrags¬
fähigkeit der Anlage beeinträchtigt wird und Besitzer wie Arbeiter geschädigt
werden, sondern auch die Maschinen empfindlich leiden!

Der natürliche Reichtum Englands besteht aber auch in seinem fruchtbaren,
allen Erzeugnissen der Landwirtschaft günstigen Boden. Nur wenige und nicht
weit ausgedehnte Strecken sind anbauunfähig, und diese wenigen dienen wiederum
Interessen, die einen bedeutenden Ertrag sichern. Die weiten Moore Schott¬
lands und die Sümpfe Irlands sind der Jagd wegen ein vielumworbener
Besitz, und gerade die unwirtlichsten Grafschaften von England und Wales
bergen im Schoße der Erde Reichtümer, die jede Anforderung an die Frucht¬
barkeit des Bodens deswegen aufheben, weil er thatsächlich ganz von mensch¬
lichen Wohnungen, Schienenwegen, Landstraßen, Fabrikanlagen u. s. w. bedeckt
ist. Es ist wahr, daß in neuester Zeit der Getreidebau in England bedeutend
abgenommen hat, aber man würde sehr irren, wenn man den Grund dazu
etwa in dem geringen Ertrage suchen wollte. England baut vorzügliches
Getreide, vor allem Weizen, Gerste und Hafer, aber die amerikanische und die
russische Einfuhr haben den englischen Landwirt gezwungen, sich fast aus¬
schließlich der Milch- und Viehwirtschaft zuzuwenden, auf welchem Gebiete er
noch einigermaßen erfolgreich konkurriren kann, da Milch, Fleisch und Butter
durch den Transport leiden. Daher ist es zu erklären, daß die Feldwirtschaft
mehr und mehr zurückgegangen und die Wiesenkultur an ihre Stelle getreten ist.

Zuletzt sei noch auf den bedeutenden Reichtum Englands an wertvollen
Mineralien aufmerksam gemacht. Daß dies ein außerordentlich wichtiger Um¬
stand in der Entwicklung der englischen Industrie gewesen ist, zeigt ein Blick
auf die Karte Englands. Da sehen wir auf einem Raum von wenigen
Quadratmeilen Stadt an Stadt gedrängt und ein schier sinnverwirrendes
Eisenbahnnetz ihrem Verkehr nnter einander sowie mit den übrigen Teilen des
Landes dienen. Wie bei uns, verdanken solche Städtegruppen dem Mineral-
reichtum der betreffenden Gegend ihr Bestehen, nur ist ihre Zahl in England
ungleich größer als in Deutschland, wie auch die einzelnen Glieder dieser Gruppen
größer sind als bei uns. Solche Verdichtungsmittelpunkte der Bevölkerung
finden wir in England besonders im Westen durch die Städte Sheffield,
Manchester, Leads, Bradford, Derby, Nottingham und Birmingham bezeichnet.
Ein scheinbar unerschöpflicher Reichtum an Steinkohlen und Eisenerzen, wo¬
gegen der unsrer Kohlen- und Eisenlager in Westfalen, der Rheinprovinz, in
Schlesien und in Sachsen verschwindend klein ist, erklärt diese Erscheinung,
erklärt es,, daß an solchen Punkten ein ungemein reges, gewerbliches Leben
erwacht, daß sie zu Mittelpunkten des Welthandels werden. Der Mineral¬
reichtum Englands allein wäre schon genügend, ohne die andern bereits er¬
wähnten, durch die Natur gegebenen Vorteile dieses Landes, eine Konkurrenz
auf dem Weltmarkte fast unmöglich zu machen.


Mangel zum Stillstand und Feiern gezwungen, wodurch nicht nur die Ertrags¬
fähigkeit der Anlage beeinträchtigt wird und Besitzer wie Arbeiter geschädigt
werden, sondern auch die Maschinen empfindlich leiden!

Der natürliche Reichtum Englands besteht aber auch in seinem fruchtbaren,
allen Erzeugnissen der Landwirtschaft günstigen Boden. Nur wenige und nicht
weit ausgedehnte Strecken sind anbauunfähig, und diese wenigen dienen wiederum
Interessen, die einen bedeutenden Ertrag sichern. Die weiten Moore Schott¬
lands und die Sümpfe Irlands sind der Jagd wegen ein vielumworbener
Besitz, und gerade die unwirtlichsten Grafschaften von England und Wales
bergen im Schoße der Erde Reichtümer, die jede Anforderung an die Frucht¬
barkeit des Bodens deswegen aufheben, weil er thatsächlich ganz von mensch¬
lichen Wohnungen, Schienenwegen, Landstraßen, Fabrikanlagen u. s. w. bedeckt
ist. Es ist wahr, daß in neuester Zeit der Getreidebau in England bedeutend
abgenommen hat, aber man würde sehr irren, wenn man den Grund dazu
etwa in dem geringen Ertrage suchen wollte. England baut vorzügliches
Getreide, vor allem Weizen, Gerste und Hafer, aber die amerikanische und die
russische Einfuhr haben den englischen Landwirt gezwungen, sich fast aus¬
schließlich der Milch- und Viehwirtschaft zuzuwenden, auf welchem Gebiete er
noch einigermaßen erfolgreich konkurriren kann, da Milch, Fleisch und Butter
durch den Transport leiden. Daher ist es zu erklären, daß die Feldwirtschaft
mehr und mehr zurückgegangen und die Wiesenkultur an ihre Stelle getreten ist.

Zuletzt sei noch auf den bedeutenden Reichtum Englands an wertvollen
Mineralien aufmerksam gemacht. Daß dies ein außerordentlich wichtiger Um¬
stand in der Entwicklung der englischen Industrie gewesen ist, zeigt ein Blick
auf die Karte Englands. Da sehen wir auf einem Raum von wenigen
Quadratmeilen Stadt an Stadt gedrängt und ein schier sinnverwirrendes
Eisenbahnnetz ihrem Verkehr nnter einander sowie mit den übrigen Teilen des
Landes dienen. Wie bei uns, verdanken solche Städtegruppen dem Mineral-
reichtum der betreffenden Gegend ihr Bestehen, nur ist ihre Zahl in England
ungleich größer als in Deutschland, wie auch die einzelnen Glieder dieser Gruppen
größer sind als bei uns. Solche Verdichtungsmittelpunkte der Bevölkerung
finden wir in England besonders im Westen durch die Städte Sheffield,
Manchester, Leads, Bradford, Derby, Nottingham und Birmingham bezeichnet.
Ein scheinbar unerschöpflicher Reichtum an Steinkohlen und Eisenerzen, wo¬
gegen der unsrer Kohlen- und Eisenlager in Westfalen, der Rheinprovinz, in
Schlesien und in Sachsen verschwindend klein ist, erklärt diese Erscheinung,
erklärt es,, daß an solchen Punkten ein ungemein reges, gewerbliches Leben
erwacht, daß sie zu Mittelpunkten des Welthandels werden. Der Mineral¬
reichtum Englands allein wäre schon genügend, ohne die andern bereits er¬
wähnten, durch die Natur gegebenen Vorteile dieses Landes, eine Konkurrenz
auf dem Weltmarkte fast unmöglich zu machen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/512>, abgerufen am 29.06.2024.