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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Aber Wilhelm! Wenn es nötig ist!

Laßt mich in Ruhe. Ich habe dem Hausfrieden zuliebe zwölf Bogen
Makulatur geschrieben, dn hast deine Studien, und ich will nun meine Ruhe haben.
Mag werden was will, ich thue uicht mehr mit.

Wilhelm war wirklich zu nichts zu bringen. Frau Laura verzweifelte. Doktor
Schlag höhnte, es half alles nichts. Wilhelm war bockbeinig geworden und ging
uicht einen Schritt mehr mit. ^> -> "- < ^

Und was meint ihr, daß aus der Geschichte geworden ist? Das Buch ist
gar uicht schlecht gegangen. Nächstens wird eine zweite Auflage nötig werden.

Der Einband hats gemacht.


-5 A


Litteratur
Zur christlichen Kultus- und Kulturgeschichte. Abhandlungen und Vorträge von
v. Paul Kleinere, Berlin, W. Hertz, 1889

In diesem Buche siud sieben Aufsähe des gelehrten Berliner Professors der
^heologie Kleinere vereinigt, in denen er es mit sehr erfreulichem Erfolg unter¬
nimmt, den Ertrag seiner gewissenhaften Studien den Gebildeten zugänglich zu
wachen, und zwar so, daß man recht gut noch die ernste Arbeit des Forschers
werte und sich dadurch gehoben fühlt.

Zuerst spricht er über die Aufänge der christlichen Beredsamkeit und zeigt,
^>ß man schon vor Origenes, insbesondre schon bei Klemens und Hippolytus, eine
Beredsamkeit findet, die von einer andern und höhern Natur ist, als die des
Eigenes. Zugleich wird anschaulich, wie auch in dieser Beziehung die griechisch-
römische Bildung auf das Christentum stark eingewirkt hat. Sodann werden wir
>n das erste Werden des deutschen Kirchenliedes eingeführt. An dritter Stelle
Micht der Verfasser vou den schweifenden Klerikern im Mittelalter und dem
ganzen Vagnntentum; es nimmt sich nach seiner Darstellung viel anständiger aus,
°is "c>es den landläufige" Darstellungen. Der vierte, fünfte und sechste Aufsatz
vchmideln Luther im Verhältnis zur Wissenschaft und ihrer Lehre, den Anteil der
Universität an der Vorbildung fürs öffentliche Leben, wobei der Verfasser ein fast
unbekanntes Projekt des Großen Kurfürsten, eine Universaluniversität betreffend,
^spricht, und die Beziehungen Friedrichs des Großen zur Stiftung der Universität
Berlin, wobei ebenfalls viel "euch dargeboten wird.

Der siebente Aufsatz ist der längste und hat eine Beziehung zu einer noch
"umer brennenden Frage. Er ist überschrieben: Grundsätze evangelischer Kirchen-
Erfassung (mit besondrer Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiet der deutschen
Deformation). Es ist eine Freude, so maßvolle und abgeklärte Ansichten über diesen
Ichwierigen Gegenstand zu lesen. Die schlimme Wendung der römischen Kirchen-


Aber Wilhelm! Wenn es nötig ist!

Laßt mich in Ruhe. Ich habe dem Hausfrieden zuliebe zwölf Bogen
Makulatur geschrieben, dn hast deine Studien, und ich will nun meine Ruhe haben.
Mag werden was will, ich thue uicht mehr mit.

Wilhelm war wirklich zu nichts zu bringen. Frau Laura verzweifelte. Doktor
Schlag höhnte, es half alles nichts. Wilhelm war bockbeinig geworden und ging
uicht einen Schritt mehr mit. ^> -> «- < ^

Und was meint ihr, daß aus der Geschichte geworden ist? Das Buch ist
gar uicht schlecht gegangen. Nächstens wird eine zweite Auflage nötig werden.

Der Einband hats gemacht.


-5 A


Litteratur
Zur christlichen Kultus- und Kulturgeschichte. Abhandlungen und Vorträge von
v. Paul Kleinere, Berlin, W. Hertz, 1889

In diesem Buche siud sieben Aufsähe des gelehrten Berliner Professors der
^heologie Kleinere vereinigt, in denen er es mit sehr erfreulichem Erfolg unter¬
nimmt, den Ertrag seiner gewissenhaften Studien den Gebildeten zugänglich zu
wachen, und zwar so, daß man recht gut noch die ernste Arbeit des Forschers
werte und sich dadurch gehoben fühlt.

Zuerst spricht er über die Aufänge der christlichen Beredsamkeit und zeigt,
^>ß man schon vor Origenes, insbesondre schon bei Klemens und Hippolytus, eine
Beredsamkeit findet, die von einer andern und höhern Natur ist, als die des
Eigenes. Zugleich wird anschaulich, wie auch in dieser Beziehung die griechisch-
römische Bildung auf das Christentum stark eingewirkt hat. Sodann werden wir
>n das erste Werden des deutschen Kirchenliedes eingeführt. An dritter Stelle
Micht der Verfasser vou den schweifenden Klerikern im Mittelalter und dem
ganzen Vagnntentum; es nimmt sich nach seiner Darstellung viel anständiger aus,
°is „c>es den landläufige» Darstellungen. Der vierte, fünfte und sechste Aufsatz
vchmideln Luther im Verhältnis zur Wissenschaft und ihrer Lehre, den Anteil der
Universität an der Vorbildung fürs öffentliche Leben, wobei der Verfasser ein fast
unbekanntes Projekt des Großen Kurfürsten, eine Universaluniversität betreffend,
^spricht, und die Beziehungen Friedrichs des Großen zur Stiftung der Universität
Berlin, wobei ebenfalls viel »euch dargeboten wird.

Der siebente Aufsatz ist der längste und hat eine Beziehung zu einer noch
"umer brennenden Frage. Er ist überschrieben: Grundsätze evangelischer Kirchen-
Erfassung (mit besondrer Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiet der deutschen
Deformation). Es ist eine Freude, so maßvolle und abgeklärte Ansichten über diesen
Ichwierigen Gegenstand zu lesen. Die schlimme Wendung der römischen Kirchen-


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[0397] Aber Wilhelm! Wenn es nötig ist! Laßt mich in Ruhe. Ich habe dem Hausfrieden zuliebe zwölf Bogen Makulatur geschrieben, dn hast deine Studien, und ich will nun meine Ruhe haben. Mag werden was will, ich thue uicht mehr mit. Wilhelm war wirklich zu nichts zu bringen. Frau Laura verzweifelte. Doktor Schlag höhnte, es half alles nichts. Wilhelm war bockbeinig geworden und ging uicht einen Schritt mehr mit. ^> -> «- < ^ Und was meint ihr, daß aus der Geschichte geworden ist? Das Buch ist gar uicht schlecht gegangen. Nächstens wird eine zweite Auflage nötig werden. Der Einband hats gemacht. -5 A Litteratur Zur christlichen Kultus- und Kulturgeschichte. Abhandlungen und Vorträge von v. Paul Kleinere, Berlin, W. Hertz, 1889 In diesem Buche siud sieben Aufsähe des gelehrten Berliner Professors der ^heologie Kleinere vereinigt, in denen er es mit sehr erfreulichem Erfolg unter¬ nimmt, den Ertrag seiner gewissenhaften Studien den Gebildeten zugänglich zu wachen, und zwar so, daß man recht gut noch die ernste Arbeit des Forschers werte und sich dadurch gehoben fühlt. Zuerst spricht er über die Aufänge der christlichen Beredsamkeit und zeigt, ^>ß man schon vor Origenes, insbesondre schon bei Klemens und Hippolytus, eine Beredsamkeit findet, die von einer andern und höhern Natur ist, als die des Eigenes. Zugleich wird anschaulich, wie auch in dieser Beziehung die griechisch- römische Bildung auf das Christentum stark eingewirkt hat. Sodann werden wir >n das erste Werden des deutschen Kirchenliedes eingeführt. An dritter Stelle Micht der Verfasser vou den schweifenden Klerikern im Mittelalter und dem ganzen Vagnntentum; es nimmt sich nach seiner Darstellung viel anständiger aus, °is „c>es den landläufige» Darstellungen. Der vierte, fünfte und sechste Aufsatz vchmideln Luther im Verhältnis zur Wissenschaft und ihrer Lehre, den Anteil der Universität an der Vorbildung fürs öffentliche Leben, wobei der Verfasser ein fast unbekanntes Projekt des Großen Kurfürsten, eine Universaluniversität betreffend, ^spricht, und die Beziehungen Friedrichs des Großen zur Stiftung der Universität Berlin, wobei ebenfalls viel »euch dargeboten wird. Der siebente Aufsatz ist der längste und hat eine Beziehung zu einer noch "umer brennenden Frage. Er ist überschrieben: Grundsätze evangelischer Kirchen- Erfassung (mit besondrer Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiet der deutschen Deformation). Es ist eine Freude, so maßvolle und abgeklärte Ansichten über diesen Ichwierigen Gegenstand zu lesen. Die schlimme Wendung der römischen Kirchen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/397>, abgerufen am 26.06.2024.