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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Geographische Handbücher

den Inseln u, s. f, auf der andern Seite zu erkennen sind. Hunderte von
Beispielen, von denen manche in breiterer Ausführung erscheinen, unterbrechen
die Gedankenentwicklung. Daß die dabei zur Erörterung kommenden Probleme
zu den fesselndsten gehören, die im weiten Gebiete der Geographie und der
Geschichte zu finden sind, wird man nicht bezweifeln, wenn man sich nur erinnern
null, daß seit Aristoteles und Thutchdides die kühnsten und umfassendsten Geister
sich immer von neuem zu ihnen hingezogen gefühlt haben. Daß aber die
Schwierigkeiten auf dieser Bahn gewaltige sind, wird ebensowenig zu übersehen
sein; handelt es sich doch darum, die ganze Erde zu umkreisen und dabei das
vielgestaltigste ihrer Geschöpfe, die Menschheit, in allen ihren Gliedern nie
aus dem Auge zu verlieren. Was das vorliegende Werk betrifft, fo können
wir es "mit seiner Fülle neu aufgestellter Probleme und deren Lösungsversuchen,
sowie den überaus zahlreichen methodischen Lichtblicken ein ähnliches Geschenk
für unsre Litteratur, wie Peschels "Neue Probleme" nennen" (Geographisches
Jahrbuch 1884 S. 677). Die Darstellung ist nichts weniger als trocken oder
steif, sie geht vielleicht eher an manchen Stellen in Originalität und Lebhaftigkeit
des Ausdruckes weiter, als im Interesse ruhiger Erörterung zu wünschen wäre.
Aber ebendeswegen lesen sich manche Kapitel des Buches geradezu spannend.

Julius Harns Klimatologie entwirft ein Bild der klimatischen Ver¬
hältnisse der ganzen Erde, dessen Grundlinien gebildet werden durch eine genaue
Darlegung der Gesetze, die die Verteilung der meteorischen Erscheinungen regeln,
während Licht und Schatten und Farben durch die lebendige Schilderung des
klimatjsH^ Thatbestandes geliefert werden. Der Schwerpunkt des Buches
liegt in diesen Beschreibungen, deren wir seit 20 Jahren eine lange Reihe in
den Bänden der Zeitschrift der "Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie"
aus der Feder des Verfassers dieses Handbuches haben erscheinen sehen. Nicht
üloß ausgedehntes Wissen und darauf begründete Fähigkeit der Kritik des
höchst ungleichartigen Beobachtungsmaterials, sondern auch Kunst der Dar¬
stellung, wie A. von Humboldt sie im gleichen Fache bewährte, gehört zur
Entwerfung solcher "klimatischen Landschaften." Hain besitzt diese Fähigkeiten
ü> hohem Grade, und manche Abschnitte auch seines gelehrten Buches lesen
sich geradezu fesselnd. Wenn man sich erinnert, daß der Wiener oder vielmehr
Dvblinger Meteorolog der Schöpfer der heute angenommenen Föhnthevrie ist,
daß aus seiner Feder wichtige Arbeiten über Wärmeabnahme in der Höhe ge¬
flossen sind, daß Nur ihm die derzeit richtigste Darstellung der klimatischen
Verhältnisse beider Halbkugeln und die logische Ausgestaltung der Theorie der
Passate und AntiPassate verdanken, braucht daneben die Gediegenheit der rein
wissenschaftlichen Abschnitte dieses Vnches über solares und physisches Klima,
Land- See- und Höhenklima. Hilfsmittel der Klimatographie (S. 1--228), die
der speziellen oder beschreibenden Klimatologie (S. 229--7S4) vormigehu, nicht
besonders betont zu werden.


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den Inseln u, s. f, auf der andern Seite zu erkennen sind. Hunderte von
Beispielen, von denen manche in breiterer Ausführung erscheinen, unterbrechen
die Gedankenentwicklung. Daß die dabei zur Erörterung kommenden Probleme
zu den fesselndsten gehören, die im weiten Gebiete der Geographie und der
Geschichte zu finden sind, wird man nicht bezweifeln, wenn man sich nur erinnern
null, daß seit Aristoteles und Thutchdides die kühnsten und umfassendsten Geister
sich immer von neuem zu ihnen hingezogen gefühlt haben. Daß aber die
Schwierigkeiten auf dieser Bahn gewaltige sind, wird ebensowenig zu übersehen
sein; handelt es sich doch darum, die ganze Erde zu umkreisen und dabei das
vielgestaltigste ihrer Geschöpfe, die Menschheit, in allen ihren Gliedern nie
aus dem Auge zu verlieren. Was das vorliegende Werk betrifft, fo können
wir es „mit seiner Fülle neu aufgestellter Probleme und deren Lösungsversuchen,
sowie den überaus zahlreichen methodischen Lichtblicken ein ähnliches Geschenk
für unsre Litteratur, wie Peschels »Neue Probleme« nennen" (Geographisches
Jahrbuch 1884 S. 677). Die Darstellung ist nichts weniger als trocken oder
steif, sie geht vielleicht eher an manchen Stellen in Originalität und Lebhaftigkeit
des Ausdruckes weiter, als im Interesse ruhiger Erörterung zu wünschen wäre.
Aber ebendeswegen lesen sich manche Kapitel des Buches geradezu spannend.

Julius Harns Klimatologie entwirft ein Bild der klimatischen Ver¬
hältnisse der ganzen Erde, dessen Grundlinien gebildet werden durch eine genaue
Darlegung der Gesetze, die die Verteilung der meteorischen Erscheinungen regeln,
während Licht und Schatten und Farben durch die lebendige Schilderung des
klimatjsH^ Thatbestandes geliefert werden. Der Schwerpunkt des Buches
liegt in diesen Beschreibungen, deren wir seit 20 Jahren eine lange Reihe in
den Bänden der Zeitschrift der „Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie"
aus der Feder des Verfassers dieses Handbuches haben erscheinen sehen. Nicht
üloß ausgedehntes Wissen und darauf begründete Fähigkeit der Kritik des
höchst ungleichartigen Beobachtungsmaterials, sondern auch Kunst der Dar¬
stellung, wie A. von Humboldt sie im gleichen Fache bewährte, gehört zur
Entwerfung solcher „klimatischen Landschaften." Hain besitzt diese Fähigkeiten
ü> hohem Grade, und manche Abschnitte auch seines gelehrten Buches lesen
sich geradezu fesselnd. Wenn man sich erinnert, daß der Wiener oder vielmehr
Dvblinger Meteorolog der Schöpfer der heute angenommenen Föhnthevrie ist,
daß aus seiner Feder wichtige Arbeiten über Wärmeabnahme in der Höhe ge¬
flossen sind, daß Nur ihm die derzeit richtigste Darstellung der klimatischen
Verhältnisse beider Halbkugeln und die logische Ausgestaltung der Theorie der
Passate und AntiPassate verdanken, braucht daneben die Gediegenheit der rein
wissenschaftlichen Abschnitte dieses Vnches über solares und physisches Klima,
Land- See- und Höhenklima. Hilfsmittel der Klimatographie (S. 1—228), die
der speziellen oder beschreibenden Klimatologie (S. 229--7S4) vormigehu, nicht
besonders betont zu werden.


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[0341] Geographische Handbücher den Inseln u, s. f, auf der andern Seite zu erkennen sind. Hunderte von Beispielen, von denen manche in breiterer Ausführung erscheinen, unterbrechen die Gedankenentwicklung. Daß die dabei zur Erörterung kommenden Probleme zu den fesselndsten gehören, die im weiten Gebiete der Geographie und der Geschichte zu finden sind, wird man nicht bezweifeln, wenn man sich nur erinnern null, daß seit Aristoteles und Thutchdides die kühnsten und umfassendsten Geister sich immer von neuem zu ihnen hingezogen gefühlt haben. Daß aber die Schwierigkeiten auf dieser Bahn gewaltige sind, wird ebensowenig zu übersehen sein; handelt es sich doch darum, die ganze Erde zu umkreisen und dabei das vielgestaltigste ihrer Geschöpfe, die Menschheit, in allen ihren Gliedern nie aus dem Auge zu verlieren. Was das vorliegende Werk betrifft, fo können wir es „mit seiner Fülle neu aufgestellter Probleme und deren Lösungsversuchen, sowie den überaus zahlreichen methodischen Lichtblicken ein ähnliches Geschenk für unsre Litteratur, wie Peschels »Neue Probleme« nennen" (Geographisches Jahrbuch 1884 S. 677). Die Darstellung ist nichts weniger als trocken oder steif, sie geht vielleicht eher an manchen Stellen in Originalität und Lebhaftigkeit des Ausdruckes weiter, als im Interesse ruhiger Erörterung zu wünschen wäre. Aber ebendeswegen lesen sich manche Kapitel des Buches geradezu spannend. Julius Harns Klimatologie entwirft ein Bild der klimatischen Ver¬ hältnisse der ganzen Erde, dessen Grundlinien gebildet werden durch eine genaue Darlegung der Gesetze, die die Verteilung der meteorischen Erscheinungen regeln, während Licht und Schatten und Farben durch die lebendige Schilderung des klimatjsH^ Thatbestandes geliefert werden. Der Schwerpunkt des Buches liegt in diesen Beschreibungen, deren wir seit 20 Jahren eine lange Reihe in den Bänden der Zeitschrift der „Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie" aus der Feder des Verfassers dieses Handbuches haben erscheinen sehen. Nicht üloß ausgedehntes Wissen und darauf begründete Fähigkeit der Kritik des höchst ungleichartigen Beobachtungsmaterials, sondern auch Kunst der Dar¬ stellung, wie A. von Humboldt sie im gleichen Fache bewährte, gehört zur Entwerfung solcher „klimatischen Landschaften." Hain besitzt diese Fähigkeiten ü> hohem Grade, und manche Abschnitte auch seines gelehrten Buches lesen sich geradezu fesselnd. Wenn man sich erinnert, daß der Wiener oder vielmehr Dvblinger Meteorolog der Schöpfer der heute angenommenen Föhnthevrie ist, daß aus seiner Feder wichtige Arbeiten über Wärmeabnahme in der Höhe ge¬ flossen sind, daß Nur ihm die derzeit richtigste Darstellung der klimatischen Verhältnisse beider Halbkugeln und die logische Ausgestaltung der Theorie der Passate und AntiPassate verdanken, braucht daneben die Gediegenheit der rein wissenschaftlichen Abschnitte dieses Vnches über solares und physisches Klima, Land- See- und Höhenklima. Hilfsmittel der Klimatographie (S. 1—228), die der speziellen oder beschreibenden Klimatologie (S. 229--7S4) vormigehu, nicht besonders betont zu werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/341>, abgerufen am 26.06.2024.