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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Wolf Bcnidissin

nur, ich will Ihnen zum Lhon den Geist des Königs Wittekind einladen, Reibniz
hat mir nicht geschrieben, machen Sie ihm mein Compliment und er hätte nicht
Wort gehalten mit der Ucbcrschickung der ledernen Geldbeutel.

Sie werden nun schou wißen daß kein H. v. Beuluiz von unserm Hofe
presentirt ist in Wezlar, sondern ein Hannoveraner, ein Herr v. Bronner. Leben
Sie recht wohl, meine Liebe, empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter und Lottchen,
und behalten Sie Liebe für Sara und mich.


v. Grawmayr.

Sind Sie nicht in Weimar gewesen? sagen Sie mir doch etwas von Herders?
insbesondre von ihr die ich mehr liebe als ich es ihr bey so kurzer Bekanntschaft
äußern durfte.




Wolf Baudissin
M,. den 30. Januar 178")
von Robert u? aldmüller

in Monat Mai des Jahres der deutschen Erhebung, des Jahres.
1813, erhielt in Kopenhagen ein junger dänischer Legationsrnt
die Weisung, sofort mit dem dänischen Minister Kaas nach
Dresden zu reisen, wo zwischen Dänemark und Frankreich ein
^Bündnis mit Napoleon abgeschlossen werden sollte. Der junge
Mann, zwar in Kopenhagen geboren, aber aus holsteinischem Geschlechte, eilte
zum König und erklärte ihm ehrfurchtsvoll, daß er aus sehr ernsten Gewissens¬
bedenken diesen Auftrag nicht übernehmen könne. Der König wiederholte
seinen Befehl und schloß mit den Worten: "Glückliche Reise"! Der junge Mann
begab sich in großer Aufregung zu seinem Vater. Aber dieser, an soldatischen
Gehorsam gewöhnt, bedeutete ihm, der Staatsdiener habe zu gehorchen; nachher
könne er seine Entlassung nehmen. So wurde denn in Gesellschaft des
Ministers die Reise angetreten, zunächst zur See, dann weiter zu Lande. In
Rendsburg machte der Minister Nachtquartier; seinem Begleiter bewilligte
er ans dessen Bitte Urlaub bis zum folgenden Tage, wo beide in Altona
wieder zusammentreffen wollten. Im Hanse des Grafen Fritz Reventlow, zu dem ,
sich der Beurlaubte begab, reifte während einer schlaflosen Nacht ein Ver-
zweifluugsplau in ihm. Er verschaffte sich einen starken Hammer, trat damit
frühmorgens in das Zimmer des ebenfalls dort weilenden deutsch gesinnten
jungen Arztes Hegewisch, und bat ihn: "Zerbrechen Sie mit einem derben
Schlage meinen linken Oberarm: hier lege ich ihn über zwei Stühle"!


Wolf Bcnidissin

nur, ich will Ihnen zum Lhon den Geist des Königs Wittekind einladen, Reibniz
hat mir nicht geschrieben, machen Sie ihm mein Compliment und er hätte nicht
Wort gehalten mit der Ucbcrschickung der ledernen Geldbeutel.

Sie werden nun schou wißen daß kein H. v. Beuluiz von unserm Hofe
presentirt ist in Wezlar, sondern ein Hannoveraner, ein Herr v. Bronner. Leben
Sie recht wohl, meine Liebe, empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter und Lottchen,
und behalten Sie Liebe für Sara und mich.


v. Grawmayr.

Sind Sie nicht in Weimar gewesen? sagen Sie mir doch etwas von Herders?
insbesondre von ihr die ich mehr liebe als ich es ihr bey so kurzer Bekanntschaft
äußern durfte.




Wolf Baudissin
M,. den 30. Januar 178»)
von Robert u? aldmüller

in Monat Mai des Jahres der deutschen Erhebung, des Jahres.
1813, erhielt in Kopenhagen ein junger dänischer Legationsrnt
die Weisung, sofort mit dem dänischen Minister Kaas nach
Dresden zu reisen, wo zwischen Dänemark und Frankreich ein
^Bündnis mit Napoleon abgeschlossen werden sollte. Der junge
Mann, zwar in Kopenhagen geboren, aber aus holsteinischem Geschlechte, eilte
zum König und erklärte ihm ehrfurchtsvoll, daß er aus sehr ernsten Gewissens¬
bedenken diesen Auftrag nicht übernehmen könne. Der König wiederholte
seinen Befehl und schloß mit den Worten: „Glückliche Reise"! Der junge Mann
begab sich in großer Aufregung zu seinem Vater. Aber dieser, an soldatischen
Gehorsam gewöhnt, bedeutete ihm, der Staatsdiener habe zu gehorchen; nachher
könne er seine Entlassung nehmen. So wurde denn in Gesellschaft des
Ministers die Reise angetreten, zunächst zur See, dann weiter zu Lande. In
Rendsburg machte der Minister Nachtquartier; seinem Begleiter bewilligte
er ans dessen Bitte Urlaub bis zum folgenden Tage, wo beide in Altona
wieder zusammentreffen wollten. Im Hanse des Grafen Fritz Reventlow, zu dem ,
sich der Beurlaubte begab, reifte während einer schlaflosen Nacht ein Ver-
zweifluugsplau in ihm. Er verschaffte sich einen starken Hammer, trat damit
frühmorgens in das Zimmer des ebenfalls dort weilenden deutsch gesinnten
jungen Arztes Hegewisch, und bat ihn: „Zerbrechen Sie mit einem derben
Schlage meinen linken Oberarm: hier lege ich ihn über zwei Stühle"!


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/328>, abgerufen am 26.06.2024.