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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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französische Sympathien vorhanden waren und lant ausgesprochen wurden.
Wie stark das im Jahre 1866 und in der darauf folgenden Zeit geschah, ist
den Ältern unter den Lesern noch frisch genug im Gedächtnisse. Doch diese
unliebsamen Erinnerungen sollen hier nicht weiter erörtert werde"; mögen sie
vergessen sein ans immer! Heutzutage ist das anders geworden. Nirgends im
weiten Deutschland ist die Liebe zum Vaterlande, die Begeisterung dafür wärmer
nud kräftiger als unter der mitivnnlgesinuten Bevölkerung Süddeutschlands.
Man sehe nur die wackern Pfälzer an, die seit langem keine andern Abgeordneten
in den Reichsag senden als reichstreue Patrioten! Und wie das Volk, so die
Fürsten. Entweder in Person oder vertreten durch den nächsten Agnaten standen
sie alle um den Thron des jugendkräftigen Kaisers, als er seinen ersten Reichs¬
tag eröffnete, und boten ein Bild dar, wie es dem deutschen Volke in Jahr¬
hunderten nicht gezeigt worden ist. Welch erhabenem, welch herzerfrenendern
Anblick kann es geben, als die markige, ritterliche Heldengestalt des Priuz-
regenten von Baiern unmittelbar neben dem in Jugendblüte strahlende" Kaiser
mit seinen klaren Augen und seinen festen und ernsten Zügen! Hohenzollern
und Wittelsbach Hemd in Hand! Und so alle die andern Vertreter!, des hohen
Adels deutscher Nation. Sie halten treu zu Kaiser und Reich, und Kaiser
und Reich hält sie. Mit Kaiser und Reich stehen sie unerschütterlich fest, sollte
auch halb Europa in Waffen heraustüruieu, das neue Reich zu zertrümmern.




Die Geschichte von dem kranken Königssohne
von F. Auntze (Schluß)

aber an die Autiochosgeschichte tritt ein Teil der uns auf¬
bewahrten orientalischen Legenden heran. Dn ist zunächst die
Erzählung zu nennen, die an den Namen des Arabers Avicenna
geknüpft ist, der als Philosoph und Arzt seiner Zeit weit und
breit berühmt war.") Der Herrscher von Georgien -- heißt es da ^
hatte einen kranken Neffen, dem kein Arzt zu helfen vermochte. Da zog
man den Avicenna zu Rate, der ans seineu Reisen zufällig ins Land gekommen



5) Er war geboren 980 n. Chr. Die hier mitgeteilte Erzählung findet sich bei Car-
donnr: N6I""Kos <is Is ultor-rtriro oriontslo II, S- 154.

französische Sympathien vorhanden waren und lant ausgesprochen wurden.
Wie stark das im Jahre 1866 und in der darauf folgenden Zeit geschah, ist
den Ältern unter den Lesern noch frisch genug im Gedächtnisse. Doch diese
unliebsamen Erinnerungen sollen hier nicht weiter erörtert werde»; mögen sie
vergessen sein ans immer! Heutzutage ist das anders geworden. Nirgends im
weiten Deutschland ist die Liebe zum Vaterlande, die Begeisterung dafür wärmer
nud kräftiger als unter der mitivnnlgesinuten Bevölkerung Süddeutschlands.
Man sehe nur die wackern Pfälzer an, die seit langem keine andern Abgeordneten
in den Reichsag senden als reichstreue Patrioten! Und wie das Volk, so die
Fürsten. Entweder in Person oder vertreten durch den nächsten Agnaten standen
sie alle um den Thron des jugendkräftigen Kaisers, als er seinen ersten Reichs¬
tag eröffnete, und boten ein Bild dar, wie es dem deutschen Volke in Jahr¬
hunderten nicht gezeigt worden ist. Welch erhabenem, welch herzerfrenendern
Anblick kann es geben, als die markige, ritterliche Heldengestalt des Priuz-
regenten von Baiern unmittelbar neben dem in Jugendblüte strahlende» Kaiser
mit seinen klaren Augen und seinen festen und ernsten Zügen! Hohenzollern
und Wittelsbach Hemd in Hand! Und so alle die andern Vertreter!, des hohen
Adels deutscher Nation. Sie halten treu zu Kaiser und Reich, und Kaiser
und Reich hält sie. Mit Kaiser und Reich stehen sie unerschütterlich fest, sollte
auch halb Europa in Waffen heraustüruieu, das neue Reich zu zertrümmern.




Die Geschichte von dem kranken Königssohne
von F. Auntze (Schluß)

aber an die Autiochosgeschichte tritt ein Teil der uns auf¬
bewahrten orientalischen Legenden heran. Dn ist zunächst die
Erzählung zu nennen, die an den Namen des Arabers Avicenna
geknüpft ist, der als Philosoph und Arzt seiner Zeit weit und
breit berühmt war.") Der Herrscher von Georgien — heißt es da ^
hatte einen kranken Neffen, dem kein Arzt zu helfen vermochte. Da zog
man den Avicenna zu Rate, der ans seineu Reisen zufällig ins Land gekommen



5) Er war geboren 980 n. Chr. Die hier mitgeteilte Erzählung findet sich bei Car-
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[0272] französische Sympathien vorhanden waren und lant ausgesprochen wurden. Wie stark das im Jahre 1866 und in der darauf folgenden Zeit geschah, ist den Ältern unter den Lesern noch frisch genug im Gedächtnisse. Doch diese unliebsamen Erinnerungen sollen hier nicht weiter erörtert werde»; mögen sie vergessen sein ans immer! Heutzutage ist das anders geworden. Nirgends im weiten Deutschland ist die Liebe zum Vaterlande, die Begeisterung dafür wärmer nud kräftiger als unter der mitivnnlgesinuten Bevölkerung Süddeutschlands. Man sehe nur die wackern Pfälzer an, die seit langem keine andern Abgeordneten in den Reichsag senden als reichstreue Patrioten! Und wie das Volk, so die Fürsten. Entweder in Person oder vertreten durch den nächsten Agnaten standen sie alle um den Thron des jugendkräftigen Kaisers, als er seinen ersten Reichs¬ tag eröffnete, und boten ein Bild dar, wie es dem deutschen Volke in Jahr¬ hunderten nicht gezeigt worden ist. Welch erhabenem, welch herzerfrenendern Anblick kann es geben, als die markige, ritterliche Heldengestalt des Priuz- regenten von Baiern unmittelbar neben dem in Jugendblüte strahlende» Kaiser mit seinen klaren Augen und seinen festen und ernsten Zügen! Hohenzollern und Wittelsbach Hemd in Hand! Und so alle die andern Vertreter!, des hohen Adels deutscher Nation. Sie halten treu zu Kaiser und Reich, und Kaiser und Reich hält sie. Mit Kaiser und Reich stehen sie unerschütterlich fest, sollte auch halb Europa in Waffen heraustüruieu, das neue Reich zu zertrümmern. Die Geschichte von dem kranken Königssohne von F. Auntze (Schluß) aber an die Autiochosgeschichte tritt ein Teil der uns auf¬ bewahrten orientalischen Legenden heran. Dn ist zunächst die Erzählung zu nennen, die an den Namen des Arabers Avicenna geknüpft ist, der als Philosoph und Arzt seiner Zeit weit und breit berühmt war.") Der Herrscher von Georgien — heißt es da ^ hatte einen kranken Neffen, dem kein Arzt zu helfen vermochte. Da zog man den Avicenna zu Rate, der ans seineu Reisen zufällig ins Land gekommen 5) Er war geboren 980 n. Chr. Die hier mitgeteilte Erzählung findet sich bei Car- donnr: N6I»„Kos <is Is ultor-rtriro oriontslo II, S- 154.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/272>, abgerufen am 26.06.2024.