Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Bruuetiüre, Caro, Mvntvgnt, Faguet, Fournel u. a., an Sainte-Beuve mit
geringern oder größer,! Abweichungen Weiß, Pvntmartin, Jules Lemaitre; an
Taine die ganze Schule der Naturalisten. Von allen sind in der letzten Zeit
besonders fruchtbar gewesen: Brnnetiöre, Fagnet und Jules Lemaitre. In
frühern Abhandlungen haben wir ihrer bereits Erwähnung gethan und ge¬
denken auch später noch auf sie zurückzukommen. Jedenfalls sei gleich hier
hervorgehoben, daß sie alle von dem hohen Ernst ihrer Aufgabe erfüllt sind
und nicht ans der Kritik eine Waffe schmieden, um vorgefaßte Meinungen zu
verteidigen oder unliebsame Gegner niederzustoßen -- wie es Zola in seinen
kritischen "Sauhieben" thut. Es gehört denn doch ein gutes Teil Verbohrtheit
dazu, um sich zu dem Ausrufe zu versteigen: 1^ livnnoliciruz vivrs. on 1^
MxuWizns ne vivra xas, Solon <in'e11s aovsxtsm on qu'eilf rs^sttors. notirs mv-
tnocio. I^Ä Kvnuoli<zuo naturaliste! 0N "zllo No 8vrg. Wir fürchten,
sie wird auch mit dem Naturalismus nicht bestehen können.

Neben diesen Kritikern treibt uoch eine ganze Schar kleiner Spukgeister
ihr Unwesen auf dem französischen Parnaß. Jeder geschichtlichen Auffassung
bar, frei von dem Ballast philosophischer Bildung, betrachten sie das Feld der
Kritik als eine Stätte, auf der sie den sonst nicht unterzubringenden Schutt
herausgebuddelten Esprits abladen können; unfähig, dem Geistesfluge eines
wahren Dichters, wenn auch nur mit den Augen, zu folgen, unfähig, sich dem
Zauber einer großen Persönlichkeit hinzugeben, finden sie ihre kritische Be¬
friedigung nach einem treffende" Worte Cappves darin, ä'6Monor Jos yusnes
clss lions, nonr ^ eMLrvlivr clvs vuess.

Schade, daß eine ganze Reihe deutscher Kunstrichter sich gerade diese
litterarischen Troßbuben zum Vorbilde nimmt! Sie sind die o^gnsurs, von
denen auch die hämischen und albernen Angriffe auf die ihnen unverständliche
philologische Behandlungsweise der Litteraturgeschichte ausgehen, aus jene neue,
schon von Sainte-Beroe angekündigte und gefürchtete Schule, in der -- wie
sie meinen -- die Gelehrsamkeit Ersatz für den Mangel an Ideen und Talent
bieten foll, die sich auf der Jagd nach Jneditis absetze und die Eigenschaften
des esnrit kranyais unter dem xvcbintiKrnö Agrininriqaö zu ersticken drohe. Es
ist diesen Chauvinisten entsetzlich, daß Taine sagen kann: I)s 1780--1830
l'^llönnin^s g. vrocluit, doues8 los lave-L av notrs K^ö nistoricius, se psnäant
um äonll-Äöelcz snvoro, sisnäant um siöolö vent-fers, notrs ^rg-mani aMirs sera
6s les ro^snssr. Das klingt ihnen wie ein Majestätsverbrechen am ssprit,
lrM^ais.

Nun, solange Männer wie Lvon Gautier lind Gnston Paris an der Spitze
der philologischen Kritik stehen, hat Frankreich von dieser Seite her für den
französischen Genius nichts zu fürchten. Aber an den verwünschten Gedanken
wird es sich nachgerade gewöhnen müssen, daß der weltbeherrschende ssorll
1riM?>8 seine Rolle ausgespielt hat, daß mit der "intellektuellen Effloreszenz"


Bruuetiüre, Caro, Mvntvgnt, Faguet, Fournel u. a., an Sainte-Beuve mit
geringern oder größer,! Abweichungen Weiß, Pvntmartin, Jules Lemaitre; an
Taine die ganze Schule der Naturalisten. Von allen sind in der letzten Zeit
besonders fruchtbar gewesen: Brnnetiöre, Fagnet und Jules Lemaitre. In
frühern Abhandlungen haben wir ihrer bereits Erwähnung gethan und ge¬
denken auch später noch auf sie zurückzukommen. Jedenfalls sei gleich hier
hervorgehoben, daß sie alle von dem hohen Ernst ihrer Aufgabe erfüllt sind
und nicht ans der Kritik eine Waffe schmieden, um vorgefaßte Meinungen zu
verteidigen oder unliebsame Gegner niederzustoßen — wie es Zola in seinen
kritischen „Sauhieben" thut. Es gehört denn doch ein gutes Teil Verbohrtheit
dazu, um sich zu dem Ausrufe zu versteigen: 1^ livnnoliciruz vivrs. on 1^
MxuWizns ne vivra xas, Solon <in'e11s aovsxtsm on qu'eilf rs^sttors. notirs mv-
tnocio. I^Ä Kvnuoli<zuo naturaliste! 0N «zllo No 8vrg. Wir fürchten,
sie wird auch mit dem Naturalismus nicht bestehen können.

Neben diesen Kritikern treibt uoch eine ganze Schar kleiner Spukgeister
ihr Unwesen auf dem französischen Parnaß. Jeder geschichtlichen Auffassung
bar, frei von dem Ballast philosophischer Bildung, betrachten sie das Feld der
Kritik als eine Stätte, auf der sie den sonst nicht unterzubringenden Schutt
herausgebuddelten Esprits abladen können; unfähig, dem Geistesfluge eines
wahren Dichters, wenn auch nur mit den Augen, zu folgen, unfähig, sich dem
Zauber einer großen Persönlichkeit hinzugeben, finden sie ihre kritische Be¬
friedigung nach einem treffende» Worte Cappves darin, ä'6Monor Jos yusnes
clss lions, nonr ^ eMLrvlivr clvs vuess.

Schade, daß eine ganze Reihe deutscher Kunstrichter sich gerade diese
litterarischen Troßbuben zum Vorbilde nimmt! Sie sind die o^gnsurs, von
denen auch die hämischen und albernen Angriffe auf die ihnen unverständliche
philologische Behandlungsweise der Litteraturgeschichte ausgehen, aus jene neue,
schon von Sainte-Beroe angekündigte und gefürchtete Schule, in der — wie
sie meinen — die Gelehrsamkeit Ersatz für den Mangel an Ideen und Talent
bieten foll, die sich auf der Jagd nach Jneditis absetze und die Eigenschaften
des esnrit kranyais unter dem xvcbintiKrnö Agrininriqaö zu ersticken drohe. Es
ist diesen Chauvinisten entsetzlich, daß Taine sagen kann: I)s 1780—1830
l'^llönnin^s g. vrocluit, doues8 los lave-L av notrs K^ö nistoricius, se psnäant
um äonll-Äöelcz snvoro, sisnäant um siöolö vent-fers, notrs ^rg-mani aMirs sera
6s les ro^snssr. Das klingt ihnen wie ein Majestätsverbrechen am ssprit,
lrM^ais.

Nun, solange Männer wie Lvon Gautier lind Gnston Paris an der Spitze
der philologischen Kritik stehen, hat Frankreich von dieser Seite her für den
französischen Genius nichts zu fürchten. Aber an den verwünschten Gedanken
wird es sich nachgerade gewöhnen müssen, daß der weltbeherrschende ssorll
1riM?>8 seine Rolle ausgespielt hat, daß mit der „intellektuellen Effloreszenz"


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0192" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204281"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_577" prev="#ID_576"> Bruuetiüre, Caro, Mvntvgnt, Faguet, Fournel u. a., an Sainte-Beuve mit<lb/>
geringern oder größer,! Abweichungen Weiß, Pvntmartin, Jules Lemaitre; an<lb/>
Taine die ganze Schule der Naturalisten. Von allen sind in der letzten Zeit<lb/>
besonders fruchtbar gewesen: Brnnetiöre, Fagnet und Jules Lemaitre. In<lb/>
frühern Abhandlungen haben wir ihrer bereits Erwähnung gethan und ge¬<lb/>
denken auch später noch auf sie zurückzukommen. Jedenfalls sei gleich hier<lb/>
hervorgehoben, daß sie alle von dem hohen Ernst ihrer Aufgabe erfüllt sind<lb/>
und nicht ans der Kritik eine Waffe schmieden, um vorgefaßte Meinungen zu<lb/>
verteidigen oder unliebsame Gegner niederzustoßen &#x2014; wie es Zola in seinen<lb/>
kritischen &#x201E;Sauhieben" thut. Es gehört denn doch ein gutes Teil Verbohrtheit<lb/>
dazu, um sich zu dem Ausrufe zu versteigen: 1^ livnnoliciruz vivrs. on 1^<lb/>
MxuWizns ne vivra xas, Solon &lt;in'e11s aovsxtsm on qu'eilf rs^sttors. notirs mv-<lb/>
tnocio.  I^Ä Kvnuoli&lt;zuo    naturaliste! 0N «zllo No 8vrg. Wir fürchten,<lb/>
sie wird auch mit dem Naturalismus nicht bestehen können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_578"> Neben diesen Kritikern treibt uoch eine ganze Schar kleiner Spukgeister<lb/>
ihr Unwesen auf dem französischen Parnaß. Jeder geschichtlichen Auffassung<lb/>
bar, frei von dem Ballast philosophischer Bildung, betrachten sie das Feld der<lb/>
Kritik als eine Stätte, auf der sie den sonst nicht unterzubringenden Schutt<lb/>
herausgebuddelten Esprits abladen können; unfähig, dem Geistesfluge eines<lb/>
wahren Dichters, wenn auch nur mit den Augen, zu folgen, unfähig, sich dem<lb/>
Zauber einer großen Persönlichkeit hinzugeben, finden sie ihre kritische Be¬<lb/>
friedigung nach einem treffende» Worte Cappves darin, ä'6Monor Jos yusnes<lb/>
clss lions, nonr ^ eMLrvlivr clvs vuess.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_579"> Schade, daß eine ganze Reihe deutscher Kunstrichter sich gerade diese<lb/>
litterarischen Troßbuben zum Vorbilde nimmt! Sie sind die o^gnsurs, von<lb/>
denen auch die hämischen und albernen Angriffe auf die ihnen unverständliche<lb/>
philologische Behandlungsweise der Litteraturgeschichte ausgehen, aus jene neue,<lb/>
schon von Sainte-Beroe angekündigte und gefürchtete Schule, in der &#x2014; wie<lb/>
sie meinen &#x2014; die Gelehrsamkeit Ersatz für den Mangel an Ideen und Talent<lb/>
bieten foll, die sich auf der Jagd nach Jneditis absetze und die Eigenschaften<lb/>
des esnrit kranyais unter dem xvcbintiKrnö Agrininriqaö zu ersticken drohe. Es<lb/>
ist diesen Chauvinisten entsetzlich, daß Taine sagen kann: I)s 1780&#x2014;1830<lb/>
l'^llönnin^s g. vrocluit, doues8 los lave-L av notrs K^ö nistoricius, se psnäant<lb/>
um äonll-Äöelcz snvoro, sisnäant um siöolö vent-fers, notrs ^rg-mani aMirs sera<lb/>
6s les ro^snssr. Das klingt ihnen wie ein Majestätsverbrechen am ssprit,<lb/>
lrM^ais.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_580" next="#ID_581"> Nun, solange Männer wie Lvon Gautier lind Gnston Paris an der Spitze<lb/>
der philologischen Kritik stehen, hat Frankreich von dieser Seite her für den<lb/>
französischen Genius nichts zu fürchten. Aber an den verwünschten Gedanken<lb/>
wird es sich nachgerade gewöhnen müssen, daß der weltbeherrschende ssorll<lb/>
1riM?&gt;8 seine Rolle ausgespielt hat, daß mit der &#x201E;intellektuellen Effloreszenz"</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0192] Bruuetiüre, Caro, Mvntvgnt, Faguet, Fournel u. a., an Sainte-Beuve mit geringern oder größer,! Abweichungen Weiß, Pvntmartin, Jules Lemaitre; an Taine die ganze Schule der Naturalisten. Von allen sind in der letzten Zeit besonders fruchtbar gewesen: Brnnetiöre, Fagnet und Jules Lemaitre. In frühern Abhandlungen haben wir ihrer bereits Erwähnung gethan und ge¬ denken auch später noch auf sie zurückzukommen. Jedenfalls sei gleich hier hervorgehoben, daß sie alle von dem hohen Ernst ihrer Aufgabe erfüllt sind und nicht ans der Kritik eine Waffe schmieden, um vorgefaßte Meinungen zu verteidigen oder unliebsame Gegner niederzustoßen — wie es Zola in seinen kritischen „Sauhieben" thut. Es gehört denn doch ein gutes Teil Verbohrtheit dazu, um sich zu dem Ausrufe zu versteigen: 1^ livnnoliciruz vivrs. on 1^ MxuWizns ne vivra xas, Solon <in'e11s aovsxtsm on qu'eilf rs^sttors. notirs mv- tnocio. I^Ä Kvnuoli<zuo naturaliste! 0N «zllo No 8vrg. Wir fürchten, sie wird auch mit dem Naturalismus nicht bestehen können. Neben diesen Kritikern treibt uoch eine ganze Schar kleiner Spukgeister ihr Unwesen auf dem französischen Parnaß. Jeder geschichtlichen Auffassung bar, frei von dem Ballast philosophischer Bildung, betrachten sie das Feld der Kritik als eine Stätte, auf der sie den sonst nicht unterzubringenden Schutt herausgebuddelten Esprits abladen können; unfähig, dem Geistesfluge eines wahren Dichters, wenn auch nur mit den Augen, zu folgen, unfähig, sich dem Zauber einer großen Persönlichkeit hinzugeben, finden sie ihre kritische Be¬ friedigung nach einem treffende» Worte Cappves darin, ä'6Monor Jos yusnes clss lions, nonr ^ eMLrvlivr clvs vuess. Schade, daß eine ganze Reihe deutscher Kunstrichter sich gerade diese litterarischen Troßbuben zum Vorbilde nimmt! Sie sind die o^gnsurs, von denen auch die hämischen und albernen Angriffe auf die ihnen unverständliche philologische Behandlungsweise der Litteraturgeschichte ausgehen, aus jene neue, schon von Sainte-Beroe angekündigte und gefürchtete Schule, in der — wie sie meinen — die Gelehrsamkeit Ersatz für den Mangel an Ideen und Talent bieten foll, die sich auf der Jagd nach Jneditis absetze und die Eigenschaften des esnrit kranyais unter dem xvcbintiKrnö Agrininriqaö zu ersticken drohe. Es ist diesen Chauvinisten entsetzlich, daß Taine sagen kann: I)s 1780—1830 l'^llönnin^s g. vrocluit, doues8 los lave-L av notrs K^ö nistoricius, se psnäant um äonll-Äöelcz snvoro, sisnäant um siöolö vent-fers, notrs ^rg-mani aMirs sera 6s les ro^snssr. Das klingt ihnen wie ein Majestätsverbrechen am ssprit, lrM^ais. Nun, solange Männer wie Lvon Gautier lind Gnston Paris an der Spitze der philologischen Kritik stehen, hat Frankreich von dieser Seite her für den französischen Genius nichts zu fürchten. Aber an den verwünschten Gedanken wird es sich nachgerade gewöhnen müssen, daß der weltbeherrschende ssorll 1riM?>8 seine Rolle ausgespielt hat, daß mit der „intellektuellen Effloreszenz"

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/192
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/192>, abgerufen am 29.06.2024.