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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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stehe, heißt es (11, 5), bei des Kaisers Leibwache und werde späterhin als
Gefangener wahrscheinlich unter Martern getötet werde" (III, 9.). Dann ruft
Zriny noch einmal aus, das Vaterland gelte ihm mehr als des Sohnes Leben.
"III, 10). Seine Frau steht dabei; sie kann nichts von der Gefangennehmung,
nichts vou dem Martertod de5 Sohnes wissen, und doch erkundigt sie sich
nicht mit einem Worte nach einer sie so nahe berührenden Familienangelegenheit.

Solche Härten hätte sich selbst ein Anfänger nicht erlaubt, wenn seine
Gedanken nicht beeinflußt wordeu wnreu durch -- eine zweite, wesentliche
Quelle. Wir konnten eine solche Vorlage schon ans der große" Schafsens¬
geschwindigkeit vermuten. Die Vermutung wird zur Gewißheit, und jene
Härten erklären sich.

Diese Vorlage ist ein Werk des heute ganz vergessenen Dichters F. A.
C. Werthes. Über sein Leben hier nur einige Mitteilungen. Er war am
12. Oktober 1748 zu Butteuhausen in Württemberg geboren. Bekannt mit
den Göttinger Hainbündlern, wurde er 1781 Professor der italienischen Litte¬
ratur zu Stuttgart, lebte von 1784--1794 in Pest und privatisirte seit 1797
in Stuttgart, wo er das Regierungsblatt leitete und als Hofrat 1817 starb.
Er hat "Hirtenlieder" und "Lieder eines Mädchens" gedichtet, mit italienischen
Übersetzungen, wie der Werke des Gozzi, sich befaßt und vor allein viele Dramen
geschrieben; ich nenne nur "Rudolf von Habslmrg" l775>, "Deukaliou" 1777,
"Hermione", "Die Klause." Körner kannte ihn schon genauer, wie er dem: seiner
Zeit ziemlich bekannt gewesen sein muß. Als Körner noch den Plan eines
"Konradin" im Auge hatte, schwebte ihm offenbar das Drama jenes Werthes
aus den, Jahre 1800 vor: "Conradin vou Schwaben," wenn auch sein Versuch
dazu, der Monolog der Hedwig, leine Spuren eines näheren Einflusses be¬
kundet.

Nun kam er aber mit diesem Geiste in nähere Berührung. Auf seiner
Suche nach Stoffen muß er auch die Bibliothek des k. k. Hofburgtheaters
durchgemustert haben, wo ihm in einem größern Sammelbande verschiedene
Schauspiele aufstießen. Darunter entdeckte er das Büchlein des Werthes mit
dnn Titel, den ich hier genau hersetze, weil er noch nirgends vollständig ver¬
öffentlicht wordeu ist, und Exemplare zu den größten Seltenheiten gehören:^)

Niklas Zrini > oder die > Belagerung vou Sigeth, > Ein > historisches
Trauerspiel ! in drey Aufzügen. > Von j Friedrich August Clemens Werthes. >
(Vignette: ein Medaillon mit dem nach rechts gewandten Bilde Zrinis, das
Mit Eichenlaub geschmückt ist. Darüber gekreuzte Lanzen, Schild, Keule.) j
Wien, j Bey Johann Paul Krauß > 179(X > 8°. 85 Seiten.



*) Ein Exemplar im Körner-Museum zu Dresden, Geschenk des Geh. Rats Vlassak,
Aschen mit dein Stempel des Hofbnrgthcaiers, gewiß eine Dublette. Die Bibliotheken von
Berlin. Dresden, Leipzig besitzen das Buch nicht.
Grenzboten I 1889 28

stehe, heißt es (11, 5), bei des Kaisers Leibwache und werde späterhin als
Gefangener wahrscheinlich unter Martern getötet werde» (III, 9.). Dann ruft
Zriny noch einmal aus, das Vaterland gelte ihm mehr als des Sohnes Leben.
«III, 10). Seine Frau steht dabei; sie kann nichts von der Gefangennehmung,
nichts vou dem Martertod de5 Sohnes wissen, und doch erkundigt sie sich
nicht mit einem Worte nach einer sie so nahe berührenden Familienangelegenheit.

Solche Härten hätte sich selbst ein Anfänger nicht erlaubt, wenn seine
Gedanken nicht beeinflußt wordeu wnreu durch — eine zweite, wesentliche
Quelle. Wir konnten eine solche Vorlage schon ans der große» Schafsens¬
geschwindigkeit vermuten. Die Vermutung wird zur Gewißheit, und jene
Härten erklären sich.

Diese Vorlage ist ein Werk des heute ganz vergessenen Dichters F. A.
C. Werthes. Über sein Leben hier nur einige Mitteilungen. Er war am
12. Oktober 1748 zu Butteuhausen in Württemberg geboren. Bekannt mit
den Göttinger Hainbündlern, wurde er 1781 Professor der italienischen Litte¬
ratur zu Stuttgart, lebte von 1784—1794 in Pest und privatisirte seit 1797
in Stuttgart, wo er das Regierungsblatt leitete und als Hofrat 1817 starb.
Er hat „Hirtenlieder" und „Lieder eines Mädchens" gedichtet, mit italienischen
Übersetzungen, wie der Werke des Gozzi, sich befaßt und vor allein viele Dramen
geschrieben; ich nenne nur „Rudolf von Habslmrg" l775>, „Deukaliou" 1777,
„Hermione", „Die Klause." Körner kannte ihn schon genauer, wie er dem: seiner
Zeit ziemlich bekannt gewesen sein muß. Als Körner noch den Plan eines
„Konradin" im Auge hatte, schwebte ihm offenbar das Drama jenes Werthes
aus den, Jahre 1800 vor: „Conradin vou Schwaben," wenn auch sein Versuch
dazu, der Monolog der Hedwig, leine Spuren eines näheren Einflusses be¬
kundet.

Nun kam er aber mit diesem Geiste in nähere Berührung. Auf seiner
Suche nach Stoffen muß er auch die Bibliothek des k. k. Hofburgtheaters
durchgemustert haben, wo ihm in einem größern Sammelbande verschiedene
Schauspiele aufstießen. Darunter entdeckte er das Büchlein des Werthes mit
dnn Titel, den ich hier genau hersetze, weil er noch nirgends vollständig ver¬
öffentlicht wordeu ist, und Exemplare zu den größten Seltenheiten gehören:^)

Niklas Zrini > oder die > Belagerung vou Sigeth, > Ein > historisches
Trauerspiel ! in drey Aufzügen. > Von j Friedrich August Clemens Werthes. >
(Vignette: ein Medaillon mit dem nach rechts gewandten Bilde Zrinis, das
Mit Eichenlaub geschmückt ist. Darüber gekreuzte Lanzen, Schild, Keule.) j
Wien, j Bey Johann Paul Krauß > 179(X > 8°. 85 Seiten.



*) Ein Exemplar im Körner-Museum zu Dresden, Geschenk des Geh. Rats Vlassak,
Aschen mit dein Stempel des Hofbnrgthcaiers, gewiß eine Dublette. Die Bibliotheken von
Berlin. Dresden, Leipzig besitzen das Buch nicht.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/185>, abgerufen am 29.06.2024.