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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland und die Südafrikanische Republik

war früher 8 Prozent, hat sich jedoch, seitdem die genannten beiden Banken
den ihrigen ans 9 bis 10 Prozent erhöhten, auf dieselbe Hohe erhoben. Für
tausende Rechnungen berechneten die Banken 7 Prozent. Aufgefallen ist, daß
deutsche Banken Wechsel oder Anweisungen auf englische mit Vorliebe in
französischer Sprache aufstellten -- ein Verfahren, das selbstverständlich Nach¬
teile im Gefolge hat. Gerügt wird endlich, daß es deutsche Handelshäuser
oft nicht für der Mühe wert hielten, anf Anfragen, die von hier ans an sie
ergingen, zu antworten oder wenigstens den Empfang des Briefes anzuzeigen.
Wollte man sich nach diesen konsularischen Winken und Ratschlägen richten, so
wäre ein reichlicher Anteil am Handel mit dem Oranje-Freistaat den deutsche"
Fabrikanten und Kaufleuten schon für eine nahe Zukunft mit Sicherheit zu
versprechen.

Die Südafrikanische Republik hat mit Großbritannien einen Staatsver¬
trag (27. Februar 1884), mit dem Oranje-Freistaat einen Freuudschaftsvertrag
(17. August 1886) und mit Portugal (le. Dezember 1875), Frankreich (27. Juli
1887) und dem Deutschen Reiche (22. Januar 1885) Handelsverträge ab¬
geschlossen. Ein Auszug des Wichtigsten aus dem letztgenannten möge unsre
Mitteilungen über jenen zukunftsreichen und für unsre Auswanderung, unsre
Industrie und unsern Handel bedeutsamen Staat, der für uns vielleicht bald
auch in andrer Hinsicht Wert gewinnen wird, abschließen. Es heißt darin:
1. Artikel: Zwischen dem Deutschen Reiche und der südafrikanischen Republik
soll fortdauernd Friede und Freundschaft und zwischen den Angehörigen der
beiden Länder Freiheit des Handels bestehen. Die Angehörigen eines jeden
der vertragschließenden Teile sollen in dem Gebiete des andern hinsichtlich der
Ausübung ihrer Religion sowie in Bezug auf Handel und Gewerbebetrieb die¬
selben Rechte und Begünstigungen aller Art genießen, welche den Inländern
zustehen oder zustehen werden, und keinen andern Abgaben, Auflagen, Beschrän¬
kungen oder Verpflichtungen unterliegen als denjenigen, welchen die Ange¬
hörigen der meistbegünstigten Nation unterworfen sind oder sein werdeu." Der
2. Artikel spricht den Deutschen in der südafrikanischen Republik und den
Bürgern der letztern in Deutschland in Betreff der Wahl ihres Wohnsitzes,
ihres Reifens, ihres Handels, ihres Erwerbes und Besitzes von Vermögen
und ihrer Verfügung über solches gleiche Rechte mit den Inländern zu. Der
'Z. bestimmt, daß sie wie diese volle Freiheit haben sollen, ihre Geschäfte ent¬
weder in Person oder durch selbst erwählte Agenten zu regeln, ohne verpflichtet
zu sein, hierfür bevorrechtigten Einzelnen oder Körperschaften eine Schadlos-
haltung oder Vergütung zu entrichten, die nicht auch von den Inländern zu
zahlen wäre. Sie sollen ferner nach diesem Artikel freien Zutritt zu den Ge¬
richten haben und bei Verteidigung ihrer Rechte alle Befreiungen und Vor¬
rechte genießen, deren sich die Inländer erfreuen. Im 4. Artikel heißt es:
"Aktiengesellschaften und sonstige kommerzielle, industrielle oder finanzielle


Deutschland und die Südafrikanische Republik

war früher 8 Prozent, hat sich jedoch, seitdem die genannten beiden Banken
den ihrigen ans 9 bis 10 Prozent erhöhten, auf dieselbe Hohe erhoben. Für
tausende Rechnungen berechneten die Banken 7 Prozent. Aufgefallen ist, daß
deutsche Banken Wechsel oder Anweisungen auf englische mit Vorliebe in
französischer Sprache aufstellten — ein Verfahren, das selbstverständlich Nach¬
teile im Gefolge hat. Gerügt wird endlich, daß es deutsche Handelshäuser
oft nicht für der Mühe wert hielten, anf Anfragen, die von hier ans an sie
ergingen, zu antworten oder wenigstens den Empfang des Briefes anzuzeigen.
Wollte man sich nach diesen konsularischen Winken und Ratschlägen richten, so
wäre ein reichlicher Anteil am Handel mit dem Oranje-Freistaat den deutsche»
Fabrikanten und Kaufleuten schon für eine nahe Zukunft mit Sicherheit zu
versprechen.

Die Südafrikanische Republik hat mit Großbritannien einen Staatsver¬
trag (27. Februar 1884), mit dem Oranje-Freistaat einen Freuudschaftsvertrag
(17. August 1886) und mit Portugal (le. Dezember 1875), Frankreich (27. Juli
1887) und dem Deutschen Reiche (22. Januar 1885) Handelsverträge ab¬
geschlossen. Ein Auszug des Wichtigsten aus dem letztgenannten möge unsre
Mitteilungen über jenen zukunftsreichen und für unsre Auswanderung, unsre
Industrie und unsern Handel bedeutsamen Staat, der für uns vielleicht bald
auch in andrer Hinsicht Wert gewinnen wird, abschließen. Es heißt darin:
1. Artikel: Zwischen dem Deutschen Reiche und der südafrikanischen Republik
soll fortdauernd Friede und Freundschaft und zwischen den Angehörigen der
beiden Länder Freiheit des Handels bestehen. Die Angehörigen eines jeden
der vertragschließenden Teile sollen in dem Gebiete des andern hinsichtlich der
Ausübung ihrer Religion sowie in Bezug auf Handel und Gewerbebetrieb die¬
selben Rechte und Begünstigungen aller Art genießen, welche den Inländern
zustehen oder zustehen werden, und keinen andern Abgaben, Auflagen, Beschrän¬
kungen oder Verpflichtungen unterliegen als denjenigen, welchen die Ange¬
hörigen der meistbegünstigten Nation unterworfen sind oder sein werdeu." Der
2. Artikel spricht den Deutschen in der südafrikanischen Republik und den
Bürgern der letztern in Deutschland in Betreff der Wahl ihres Wohnsitzes,
ihres Reifens, ihres Handels, ihres Erwerbes und Besitzes von Vermögen
und ihrer Verfügung über solches gleiche Rechte mit den Inländern zu. Der
'Z. bestimmt, daß sie wie diese volle Freiheit haben sollen, ihre Geschäfte ent¬
weder in Person oder durch selbst erwählte Agenten zu regeln, ohne verpflichtet
zu sein, hierfür bevorrechtigten Einzelnen oder Körperschaften eine Schadlos-
haltung oder Vergütung zu entrichten, die nicht auch von den Inländern zu
zahlen wäre. Sie sollen ferner nach diesem Artikel freien Zutritt zu den Ge¬
richten haben und bei Verteidigung ihrer Rechte alle Befreiungen und Vor¬
rechte genießen, deren sich die Inländer erfreuen. Im 4. Artikel heißt es:
„Aktiengesellschaften und sonstige kommerzielle, industrielle oder finanzielle


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[0176] Deutschland und die Südafrikanische Republik war früher 8 Prozent, hat sich jedoch, seitdem die genannten beiden Banken den ihrigen ans 9 bis 10 Prozent erhöhten, auf dieselbe Hohe erhoben. Für tausende Rechnungen berechneten die Banken 7 Prozent. Aufgefallen ist, daß deutsche Banken Wechsel oder Anweisungen auf englische mit Vorliebe in französischer Sprache aufstellten — ein Verfahren, das selbstverständlich Nach¬ teile im Gefolge hat. Gerügt wird endlich, daß es deutsche Handelshäuser oft nicht für der Mühe wert hielten, anf Anfragen, die von hier ans an sie ergingen, zu antworten oder wenigstens den Empfang des Briefes anzuzeigen. Wollte man sich nach diesen konsularischen Winken und Ratschlägen richten, so wäre ein reichlicher Anteil am Handel mit dem Oranje-Freistaat den deutsche» Fabrikanten und Kaufleuten schon für eine nahe Zukunft mit Sicherheit zu versprechen. Die Südafrikanische Republik hat mit Großbritannien einen Staatsver¬ trag (27. Februar 1884), mit dem Oranje-Freistaat einen Freuudschaftsvertrag (17. August 1886) und mit Portugal (le. Dezember 1875), Frankreich (27. Juli 1887) und dem Deutschen Reiche (22. Januar 1885) Handelsverträge ab¬ geschlossen. Ein Auszug des Wichtigsten aus dem letztgenannten möge unsre Mitteilungen über jenen zukunftsreichen und für unsre Auswanderung, unsre Industrie und unsern Handel bedeutsamen Staat, der für uns vielleicht bald auch in andrer Hinsicht Wert gewinnen wird, abschließen. Es heißt darin: 1. Artikel: Zwischen dem Deutschen Reiche und der südafrikanischen Republik soll fortdauernd Friede und Freundschaft und zwischen den Angehörigen der beiden Länder Freiheit des Handels bestehen. Die Angehörigen eines jeden der vertragschließenden Teile sollen in dem Gebiete des andern hinsichtlich der Ausübung ihrer Religion sowie in Bezug auf Handel und Gewerbebetrieb die¬ selben Rechte und Begünstigungen aller Art genießen, welche den Inländern zustehen oder zustehen werden, und keinen andern Abgaben, Auflagen, Beschrän¬ kungen oder Verpflichtungen unterliegen als denjenigen, welchen die Ange¬ hörigen der meistbegünstigten Nation unterworfen sind oder sein werdeu." Der 2. Artikel spricht den Deutschen in der südafrikanischen Republik und den Bürgern der letztern in Deutschland in Betreff der Wahl ihres Wohnsitzes, ihres Reifens, ihres Handels, ihres Erwerbes und Besitzes von Vermögen und ihrer Verfügung über solches gleiche Rechte mit den Inländern zu. Der 'Z. bestimmt, daß sie wie diese volle Freiheit haben sollen, ihre Geschäfte ent¬ weder in Person oder durch selbst erwählte Agenten zu regeln, ohne verpflichtet zu sein, hierfür bevorrechtigten Einzelnen oder Körperschaften eine Schadlos- haltung oder Vergütung zu entrichten, die nicht auch von den Inländern zu zahlen wäre. Sie sollen ferner nach diesem Artikel freien Zutritt zu den Ge¬ richten haben und bei Verteidigung ihrer Rechte alle Befreiungen und Vor¬ rechte genießen, deren sich die Inländer erfreuen. Im 4. Artikel heißt es: „Aktiengesellschaften und sonstige kommerzielle, industrielle oder finanzielle

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/176>, abgerufen am 29.06.2024.