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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland und die Südafrikanische Republik

Mooiflusse, der zu allen Jahreszeiten ein gefülltes Bett hat, von dem aus
sich bei der Niedrigkeit der Ufer die Umgebung berieseln läßt, wozu bereits
Anstalten getroffen sind. "Oberhalb einer Biegung des Flusses hat man einen
Kanal abgezweigt und das unterhalb desselben 25 Fuß über dem Mooi ge¬
legene Land dergestalt in etwa 500 Grundstücke abgeteilt, daß immer 10 oder
20 ein großes Viereck bilden, das von breiten, sich rechtwinklich kreuzenden
Straßen durchschnitten wird. Sämtliche Grundstücke können wöchentlich drei
Stunden mit dem Kanalwasser berieselt werden, sodaß sie selbst in trocknen
Jahren immer die nötige Feuchtigkeit behalten. Das übrige Wasser fließt durch
die Straßen nach den Wiesen und Schilfbüschen am Flußufer ab, und die
trockne und reine Luft der Gegend verhindert, daß der sumpfig bleibende Ufer¬
boden Fieber erzeugt." Jedes dieser Grundstücke kann bequem eine Familie
ernähren. Seine Ackerflächen sind mit Weizen, Gerste oder Hafer, später mit
Mais bestellt, seine Gärten mit Obst- und Blaugummibäumen bepflanzt. Das
Getreide wird von einer Maschine gedroschen und in den Wasfermühlen ober¬
halb der Stadt in Mehl verwandelt. Die Felder liefern jedes Jahr zwei
Ernten. Das Obst, meist Äpfel, geht in Hunderten von Wagen nach benach¬
barten Bezirken, die von hier auch Tabak beziehen, der in ganz Südafrika
gern geraucht und dem in der Kapkolonie gebauten vorgezogen wird. Auch
Tabak wird jährlich, wenn die Produzenten es wollen, zweimal geerntet.

In den wohlbewässerten und geschützt liegenden Bezirken nördlich von
Magaliesberg würden deutsche Ansiedler gute Geschäfte machen. Insbesondre
würde sich die Anlage von Kaffee- und Baumwolleupflanzungen durch reiche
Beträge lohnen. Die dem Utrechter Bezirk benachbarten beiden Landdrosteien,
in denen Vryburg der Hauptort ist, und die früher das Gebiet der Neuen
Republik bildeten, welche jetzt mit der südafrikanischen Republik vereinigt
ist, zeigen schöne Gegenden und einen für den Ackerbau und die Zucht
von Hornvieh überaus empfehlenswerten Boden. Der Küstenbezirk ist weit
heißer und weniger gesund als das Hochland. Doch hat auch hier der
Einwanderer kaum viel vom Fieber zu fürchten, wenn er sich nicht ohne
dringende Not der Glut der Mittagssonne aussetzt, kein Wasser, fondern nur
Thee und Kaffee trinkt und sich im Genusse von spirituösen der Mäßigkeit
befleißigt. Fröste kommen im Transvaallande nur im Gebirge und auf dem
Hochfelde vor, wo der Boden zwar nicht so fruchtbar wie im Buschfelde ist,
aber dem Vieh herrliche Weideplätze bietet. Der nach der Küste zu gelegene
Landstrich eignet sich, soweit er überhaupt fruchtbar ist, zum Anbau von Kaffee,
Zuckerrohr, Baumwolle und Indigo, sowie von Südfrüchten. Die farbigen Ein-
gebornen bauen Mais, Kaffernkorn, Bohnen, Kürbisse und Melonen, hin und
wieder auch etwas Zuckerrohr. Die einheimischen Haustiere sind das Schaf und
die Ziege, die aber keine Milch giebt. Von den aus Europa hierher verpflanzten
Haustieren gedeihen das Rind und das Pferd vortrefflich.


Grenzboten I 1889 16
Deutschland und die Südafrikanische Republik

Mooiflusse, der zu allen Jahreszeiten ein gefülltes Bett hat, von dem aus
sich bei der Niedrigkeit der Ufer die Umgebung berieseln läßt, wozu bereits
Anstalten getroffen sind. „Oberhalb einer Biegung des Flusses hat man einen
Kanal abgezweigt und das unterhalb desselben 25 Fuß über dem Mooi ge¬
legene Land dergestalt in etwa 500 Grundstücke abgeteilt, daß immer 10 oder
20 ein großes Viereck bilden, das von breiten, sich rechtwinklich kreuzenden
Straßen durchschnitten wird. Sämtliche Grundstücke können wöchentlich drei
Stunden mit dem Kanalwasser berieselt werden, sodaß sie selbst in trocknen
Jahren immer die nötige Feuchtigkeit behalten. Das übrige Wasser fließt durch
die Straßen nach den Wiesen und Schilfbüschen am Flußufer ab, und die
trockne und reine Luft der Gegend verhindert, daß der sumpfig bleibende Ufer¬
boden Fieber erzeugt." Jedes dieser Grundstücke kann bequem eine Familie
ernähren. Seine Ackerflächen sind mit Weizen, Gerste oder Hafer, später mit
Mais bestellt, seine Gärten mit Obst- und Blaugummibäumen bepflanzt. Das
Getreide wird von einer Maschine gedroschen und in den Wasfermühlen ober¬
halb der Stadt in Mehl verwandelt. Die Felder liefern jedes Jahr zwei
Ernten. Das Obst, meist Äpfel, geht in Hunderten von Wagen nach benach¬
barten Bezirken, die von hier auch Tabak beziehen, der in ganz Südafrika
gern geraucht und dem in der Kapkolonie gebauten vorgezogen wird. Auch
Tabak wird jährlich, wenn die Produzenten es wollen, zweimal geerntet.

In den wohlbewässerten und geschützt liegenden Bezirken nördlich von
Magaliesberg würden deutsche Ansiedler gute Geschäfte machen. Insbesondre
würde sich die Anlage von Kaffee- und Baumwolleupflanzungen durch reiche
Beträge lohnen. Die dem Utrechter Bezirk benachbarten beiden Landdrosteien,
in denen Vryburg der Hauptort ist, und die früher das Gebiet der Neuen
Republik bildeten, welche jetzt mit der südafrikanischen Republik vereinigt
ist, zeigen schöne Gegenden und einen für den Ackerbau und die Zucht
von Hornvieh überaus empfehlenswerten Boden. Der Küstenbezirk ist weit
heißer und weniger gesund als das Hochland. Doch hat auch hier der
Einwanderer kaum viel vom Fieber zu fürchten, wenn er sich nicht ohne
dringende Not der Glut der Mittagssonne aussetzt, kein Wasser, fondern nur
Thee und Kaffee trinkt und sich im Genusse von spirituösen der Mäßigkeit
befleißigt. Fröste kommen im Transvaallande nur im Gebirge und auf dem
Hochfelde vor, wo der Boden zwar nicht so fruchtbar wie im Buschfelde ist,
aber dem Vieh herrliche Weideplätze bietet. Der nach der Küste zu gelegene
Landstrich eignet sich, soweit er überhaupt fruchtbar ist, zum Anbau von Kaffee,
Zuckerrohr, Baumwolle und Indigo, sowie von Südfrüchten. Die farbigen Ein-
gebornen bauen Mais, Kaffernkorn, Bohnen, Kürbisse und Melonen, hin und
wieder auch etwas Zuckerrohr. Die einheimischen Haustiere sind das Schaf und
die Ziege, die aber keine Milch giebt. Von den aus Europa hierher verpflanzten
Haustieren gedeihen das Rind und das Pferd vortrefflich.


Grenzboten I 1889 16
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[0129] Deutschland und die Südafrikanische Republik Mooiflusse, der zu allen Jahreszeiten ein gefülltes Bett hat, von dem aus sich bei der Niedrigkeit der Ufer die Umgebung berieseln läßt, wozu bereits Anstalten getroffen sind. „Oberhalb einer Biegung des Flusses hat man einen Kanal abgezweigt und das unterhalb desselben 25 Fuß über dem Mooi ge¬ legene Land dergestalt in etwa 500 Grundstücke abgeteilt, daß immer 10 oder 20 ein großes Viereck bilden, das von breiten, sich rechtwinklich kreuzenden Straßen durchschnitten wird. Sämtliche Grundstücke können wöchentlich drei Stunden mit dem Kanalwasser berieselt werden, sodaß sie selbst in trocknen Jahren immer die nötige Feuchtigkeit behalten. Das übrige Wasser fließt durch die Straßen nach den Wiesen und Schilfbüschen am Flußufer ab, und die trockne und reine Luft der Gegend verhindert, daß der sumpfig bleibende Ufer¬ boden Fieber erzeugt." Jedes dieser Grundstücke kann bequem eine Familie ernähren. Seine Ackerflächen sind mit Weizen, Gerste oder Hafer, später mit Mais bestellt, seine Gärten mit Obst- und Blaugummibäumen bepflanzt. Das Getreide wird von einer Maschine gedroschen und in den Wasfermühlen ober¬ halb der Stadt in Mehl verwandelt. Die Felder liefern jedes Jahr zwei Ernten. Das Obst, meist Äpfel, geht in Hunderten von Wagen nach benach¬ barten Bezirken, die von hier auch Tabak beziehen, der in ganz Südafrika gern geraucht und dem in der Kapkolonie gebauten vorgezogen wird. Auch Tabak wird jährlich, wenn die Produzenten es wollen, zweimal geerntet. In den wohlbewässerten und geschützt liegenden Bezirken nördlich von Magaliesberg würden deutsche Ansiedler gute Geschäfte machen. Insbesondre würde sich die Anlage von Kaffee- und Baumwolleupflanzungen durch reiche Beträge lohnen. Die dem Utrechter Bezirk benachbarten beiden Landdrosteien, in denen Vryburg der Hauptort ist, und die früher das Gebiet der Neuen Republik bildeten, welche jetzt mit der südafrikanischen Republik vereinigt ist, zeigen schöne Gegenden und einen für den Ackerbau und die Zucht von Hornvieh überaus empfehlenswerten Boden. Der Küstenbezirk ist weit heißer und weniger gesund als das Hochland. Doch hat auch hier der Einwanderer kaum viel vom Fieber zu fürchten, wenn er sich nicht ohne dringende Not der Glut der Mittagssonne aussetzt, kein Wasser, fondern nur Thee und Kaffee trinkt und sich im Genusse von spirituösen der Mäßigkeit befleißigt. Fröste kommen im Transvaallande nur im Gebirge und auf dem Hochfelde vor, wo der Boden zwar nicht so fruchtbar wie im Buschfelde ist, aber dem Vieh herrliche Weideplätze bietet. Der nach der Küste zu gelegene Landstrich eignet sich, soweit er überhaupt fruchtbar ist, zum Anbau von Kaffee, Zuckerrohr, Baumwolle und Indigo, sowie von Südfrüchten. Die farbigen Ein- gebornen bauen Mais, Kaffernkorn, Bohnen, Kürbisse und Melonen, hin und wieder auch etwas Zuckerrohr. Die einheimischen Haustiere sind das Schaf und die Ziege, die aber keine Milch giebt. Von den aus Europa hierher verpflanzten Haustieren gedeihen das Rind und das Pferd vortrefflich. Grenzboten I 1889 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/129>, abgerufen am 28.09.2024.