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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Litteratur

Rupprecht von Wien nach Stuttgart geschickt, um dafür zu sorgen, daß "die sämt¬
lichen Korrespondenten, Mitarbeiter und Redakteure der Allgemeinen Zeitung, des
Morgenblattes und andrer den . . . unlauteren Sinn verratenden litterarischen
Erscheinungen mit dem Geiste der weisen österreichischen Zensurvorschristen näher
bekannt gemacht werden." Sein vier Seiten langes Schreiben an Cotta ist in der
That ein kostbares Aktenstück, zu dessen Charakterisirung hier nur eine Stelle
wiedergegeben werden soll: "Weit entfernt, der schnellsten Mitteilung aller Politischen
Ereignisse oder einer bescheidenen nud anständigen Erörterung politischer oder
wissenschaftlicher Gegenstände den mindesten Zwang auflegen zu wollen, muß >die
österreichische Regierung, diese väterlich europäische Hausmacht (!), jedem Gewalt¬
schritte fremd, in Rechts, Ordnung und Sitte Schirmung ergraut und erstarkt,
dennoch darauf dringen, und sie darf und wird hierzu den Beystand aller deutscheu
Bundesstaaten und der fremden Mächte kräftigst in Anspruch nehmen, daß nebst
der gebührenden Ehrfurcht für die katholische Religion und eine wechselseitige, alle
Reibung ausschließende Duldung der übrigen Religions-Parteyen künftig in poli¬
tischer Hinsicht allein uach den Grundsätzen der heiligen Allianz vorgegangen
werde n. s. w." -- Später bedürfte es keiner besondern Abordnung von Wien
mehr, König Ludwig nud seine Minister drangsalirten den Zeitungsverleger schon
genügend.

Durch die "Allgemeine Zeitung" kam Cotta auch in persönliche Berührung
mit Thiers, der eine Zeit lang für das deutsche Blatt korrcspondirte und den
deutschen Verleger bewog, Aktien des voustiwtionuöl zu erwerben.

Ausführlich sind in Schäffles Schrift Cottas Anteil an der Herstellung der
>vürttembergischen Verfassung und an der Gründung des Zollvereins behandelt.
Dem Verfasser hat sich aus den: ihm zugänglichen Quellen "fast bis zur Gewißheit
die Ueberzeugung aufgedrängt, daß das staatsmännisch-diplomntische Verdienst erster
Zolleinignng den jungen Königen Wilhelm I. von Württemberg und Ludwig I.
vou Baiern, sodann von Cotta, dem preußischen Finanzminister von Motz und
dem bairischen Finanzminister von Mieg, sowie dem preußischen Unterhändler
Eichhorn (vou Schäffle irrtümlich in den Adclsstand erhoben) vorwiegend gebührt."
Wir sind nicht in der Lage, diese Ueberzeugung ans ihre Richtigkeit hin zu Prüfen.
Daß aber Cotta in dieser Angelegenheit eine hervorragende Thätigkeit entwickelt
hat, geht aus deu sehr interessanten Mitteilungen der Schrift hervor.




Litteratur
chichti' des Fürsten Bismarck (1847 bis 1887) von Eduard Simon. Autorisirle
Zersetzung von O. Th, Alexander. Berlin, Verlag von C, Ulrich 6- Komp.. 1888

Nach seiner Form wie nach seinem Inhalte ist diese Arbeit nicht die
Weste unter den vielen Biographien nud Charakteristiken, in denen die


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Rupprecht von Wien nach Stuttgart geschickt, um dafür zu sorgen, daß „die sämt¬
lichen Korrespondenten, Mitarbeiter und Redakteure der Allgemeinen Zeitung, des
Morgenblattes und andrer den . . . unlauteren Sinn verratenden litterarischen
Erscheinungen mit dem Geiste der weisen österreichischen Zensurvorschristen näher
bekannt gemacht werden." Sein vier Seiten langes Schreiben an Cotta ist in der
That ein kostbares Aktenstück, zu dessen Charakterisirung hier nur eine Stelle
wiedergegeben werden soll: „Weit entfernt, der schnellsten Mitteilung aller Politischen
Ereignisse oder einer bescheidenen nud anständigen Erörterung politischer oder
wissenschaftlicher Gegenstände den mindesten Zwang auflegen zu wollen, muß >die
österreichische Regierung, diese väterlich europäische Hausmacht (!), jedem Gewalt¬
schritte fremd, in Rechts, Ordnung und Sitte Schirmung ergraut und erstarkt,
dennoch darauf dringen, und sie darf und wird hierzu den Beystand aller deutscheu
Bundesstaaten und der fremden Mächte kräftigst in Anspruch nehmen, daß nebst
der gebührenden Ehrfurcht für die katholische Religion und eine wechselseitige, alle
Reibung ausschließende Duldung der übrigen Religions-Parteyen künftig in poli¬
tischer Hinsicht allein uach den Grundsätzen der heiligen Allianz vorgegangen
werde n. s. w." — Später bedürfte es keiner besondern Abordnung von Wien
mehr, König Ludwig nud seine Minister drangsalirten den Zeitungsverleger schon
genügend.

Durch die „Allgemeine Zeitung" kam Cotta auch in persönliche Berührung
mit Thiers, der eine Zeit lang für das deutsche Blatt korrcspondirte und den
deutschen Verleger bewog, Aktien des voustiwtionuöl zu erwerben.

Ausführlich sind in Schäffles Schrift Cottas Anteil an der Herstellung der
>vürttembergischen Verfassung und an der Gründung des Zollvereins behandelt.
Dem Verfasser hat sich aus den: ihm zugänglichen Quellen „fast bis zur Gewißheit
die Ueberzeugung aufgedrängt, daß das staatsmännisch-diplomntische Verdienst erster
Zolleinignng den jungen Königen Wilhelm I. von Württemberg und Ludwig I.
vou Baiern, sodann von Cotta, dem preußischen Finanzminister von Motz und
dem bairischen Finanzminister von Mieg, sowie dem preußischen Unterhändler
Eichhorn (vou Schäffle irrtümlich in den Adclsstand erhoben) vorwiegend gebührt."
Wir sind nicht in der Lage, diese Ueberzeugung ans ihre Richtigkeit hin zu Prüfen.
Daß aber Cotta in dieser Angelegenheit eine hervorragende Thätigkeit entwickelt
hat, geht aus deu sehr interessanten Mitteilungen der Schrift hervor.




Litteratur
chichti' des Fürsten Bismarck (1847 bis 1887) von Eduard Simon. Autorisirle
Zersetzung von O. Th, Alexander. Berlin, Verlag von C, Ulrich 6- Komp.. 1888

Nach seiner Form wie nach seinem Inhalte ist diese Arbeit nicht die
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[0109] Litteratur Rupprecht von Wien nach Stuttgart geschickt, um dafür zu sorgen, daß „die sämt¬ lichen Korrespondenten, Mitarbeiter und Redakteure der Allgemeinen Zeitung, des Morgenblattes und andrer den . . . unlauteren Sinn verratenden litterarischen Erscheinungen mit dem Geiste der weisen österreichischen Zensurvorschristen näher bekannt gemacht werden." Sein vier Seiten langes Schreiben an Cotta ist in der That ein kostbares Aktenstück, zu dessen Charakterisirung hier nur eine Stelle wiedergegeben werden soll: „Weit entfernt, der schnellsten Mitteilung aller Politischen Ereignisse oder einer bescheidenen nud anständigen Erörterung politischer oder wissenschaftlicher Gegenstände den mindesten Zwang auflegen zu wollen, muß >die österreichische Regierung, diese väterlich europäische Hausmacht (!), jedem Gewalt¬ schritte fremd, in Rechts, Ordnung und Sitte Schirmung ergraut und erstarkt, dennoch darauf dringen, und sie darf und wird hierzu den Beystand aller deutscheu Bundesstaaten und der fremden Mächte kräftigst in Anspruch nehmen, daß nebst der gebührenden Ehrfurcht für die katholische Religion und eine wechselseitige, alle Reibung ausschließende Duldung der übrigen Religions-Parteyen künftig in poli¬ tischer Hinsicht allein uach den Grundsätzen der heiligen Allianz vorgegangen werde n. s. w." — Später bedürfte es keiner besondern Abordnung von Wien mehr, König Ludwig nud seine Minister drangsalirten den Zeitungsverleger schon genügend. Durch die „Allgemeine Zeitung" kam Cotta auch in persönliche Berührung mit Thiers, der eine Zeit lang für das deutsche Blatt korrcspondirte und den deutschen Verleger bewog, Aktien des voustiwtionuöl zu erwerben. Ausführlich sind in Schäffles Schrift Cottas Anteil an der Herstellung der >vürttembergischen Verfassung und an der Gründung des Zollvereins behandelt. Dem Verfasser hat sich aus den: ihm zugänglichen Quellen „fast bis zur Gewißheit die Ueberzeugung aufgedrängt, daß das staatsmännisch-diplomntische Verdienst erster Zolleinignng den jungen Königen Wilhelm I. von Württemberg und Ludwig I. vou Baiern, sodann von Cotta, dem preußischen Finanzminister von Motz und dem bairischen Finanzminister von Mieg, sowie dem preußischen Unterhändler Eichhorn (vou Schäffle irrtümlich in den Adclsstand erhoben) vorwiegend gebührt." Wir sind nicht in der Lage, diese Ueberzeugung ans ihre Richtigkeit hin zu Prüfen. Daß aber Cotta in dieser Angelegenheit eine hervorragende Thätigkeit entwickelt hat, geht aus deu sehr interessanten Mitteilungen der Schrift hervor. Litteratur chichti' des Fürsten Bismarck (1847 bis 1887) von Eduard Simon. Autorisirle Zersetzung von O. Th, Alexander. Berlin, Verlag von C, Ulrich 6- Komp.. 1888 Nach seiner Form wie nach seinem Inhalte ist diese Arbeit nicht die Weste unter den vielen Biographien nud Charakteristiken, in denen die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/109>, abgerufen am 29.06.2024.