Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.Gedichten 1809 S. 239 ff, mit simizersiörenden Fehlern), als Vertreter des
Die Herrlichkeit und Kraft der Vorzeit, bis zu Arminius zurück, wird mahnend
also immer noch das Ziel von Opitz her, aber nun in höchster, ungeahnter
Also Krieg angesagt, ein heiliger Krieg, aber nur Geisteskrieg (Eichendorff schrieb Noch mehr wie weltentrücktes Träumen, wie der Traum einer geistbe¬ Gedichten 1809 S. 239 ff, mit simizersiörenden Fehlern), als Vertreter des
Die Herrlichkeit und Kraft der Vorzeit, bis zu Arminius zurück, wird mahnend
also immer noch das Ziel von Opitz her, aber nun in höchster, ungeahnter
Also Krieg angesagt, ein heiliger Krieg, aber nur Geisteskrieg (Eichendorff schrieb Noch mehr wie weltentrücktes Träumen, wie der Traum einer geistbe¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0086" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289209"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_318" prev="#ID_317" next="#ID_319"> Gedichten 1809 S. 239 ff, mit simizersiörenden Fehlern), als Vertreter des<lb/> Kreises der jugendlichen kühnen Weltverbesserer oder Weltvollender, die in der<lb/> Zeitschrift predigend lind orakelnd philosophirten. Er hebt zürnend an:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_26" type="poem"> <l> Vergaßt auf ewig Ihr der hohen Ahnen,<lb/> Ihr uneins all, an Stumpfheit alle gleich,<lb/> Gelehrte, Layen, Herrn und Unterthanen!</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_319" prev="#ID_318" next="#ID_320"> Die Herrlichkeit und Kraft der Vorzeit, bis zu Arminius zurück, wird mahnend<lb/> ausgemalt, auf politisches Thun zwar verzichtet, aber aus Kunst, Wissenschaft,<lb/> Religion, Philosophie ein neuer Weltbau aufgeführt, der eben jetzt im deutschen<lb/> Geist erstehe. Als „Meister" erscheint Goethe, als „Priester der Natur," der<lb/> zur „Hierarchie der Kunst" sein Werde spreche. Gezürnt wird mit den Stumpfen,<lb/> die noch nicht merken, „daß sich der Nacht ein Weltall neu entrissen."<lb/> Wem aber die Augen geöffnet sind, der „muß im Mittelpunkt den Erdgeist<lb/> fassen," der sieht „des Menschengeistes kühnen Weltenbau," auch eine Wunder¬<lb/> pflanze genannt, in die aller bisher erworbenen Bildung Mark strömt, auch ein<lb/> Tempel, eine Kirche:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_27" type="poem"> <l> Wahl seid Ihr taub, sonst hörtet Ihr mein Rufen!<lb/> Der Tempel grünt in euch, in euch noch leben<lb/> Die Kräfte, so das Alterthum erschufen.<lb/> Dringt, Jüngling', ein! Ernennt durch tapfres Streben<lb/> Euch selbst zu Herrn und Fürsten jeder Kunst,<lb/> So wird die Kirche sichtbar sich erheben...<lb/> Entflammt die ganze Welt zu einer Brunst u, s. w,<lb/> Europas Geist erlosch, in Deutschland fließt<lb/> Der Quell der neuen Zeit u. f. w.,</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_320" prev="#ID_319" next="#ID_321"> also immer noch das Ziel von Opitz her, aber nun in höchster, ungeahnter<lb/> Vollendung, Erhöhung und Ausweitung, nahe vor den Händen schwebend oder<lb/> erreicht, und der deutsche Geist nun nicht mehr bloß Europa ebenbürtig, sondern<lb/> sein Lehrer und Führer zurück oder vorwärts zum goldnen Alter, denn dieser<lb/> Gedanke aus dem Anfang des neuen Aufschwunges wirkt auch noch darin.<lb/> Am Schluß:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_28" type="poem"> <l> Bleibt jung, gedenkt der Ahnen, das Fantom<lb/> Der trägen todten Meng' ist nur ein Splitter,<lb/> So dämmen will der Zeiten Riesenstrom.<lb/> Des Geistes heil'gen Krieg kämpft treu wie Ritter.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_321" prev="#ID_320"> Also Krieg angesagt, ein heiliger Krieg, aber nur Geisteskrieg (Eichendorff schrieb<lb/> ein Spiel „Krieg den Philistern"), ohne sichtbare Ahnung der nahen Zeit, wo<lb/> wirklicher Krieg furchtbar blutig nötig wurde, auch ein heiliger Krieg, für den<lb/> Th. Körner das Stichwort der jungen Kunstwelt aussprach, wie mit seinem<lb/> Blute geschrieben: „Laßt mich der Kunst ein Vaterland erfechten!"</p><lb/> <p xml:id="ID_322" next="#ID_323"> Noch mehr wie weltentrücktes Träumen, wie der Traum einer geistbe¬<lb/> rauschenden Sommernacht, klingt dasselbe, eben auch im Jahre 1800, bei No-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0086]
Gedichten 1809 S. 239 ff, mit simizersiörenden Fehlern), als Vertreter des
Kreises der jugendlichen kühnen Weltverbesserer oder Weltvollender, die in der
Zeitschrift predigend lind orakelnd philosophirten. Er hebt zürnend an:
Vergaßt auf ewig Ihr der hohen Ahnen,
Ihr uneins all, an Stumpfheit alle gleich,
Gelehrte, Layen, Herrn und Unterthanen!
Die Herrlichkeit und Kraft der Vorzeit, bis zu Arminius zurück, wird mahnend
ausgemalt, auf politisches Thun zwar verzichtet, aber aus Kunst, Wissenschaft,
Religion, Philosophie ein neuer Weltbau aufgeführt, der eben jetzt im deutschen
Geist erstehe. Als „Meister" erscheint Goethe, als „Priester der Natur," der
zur „Hierarchie der Kunst" sein Werde spreche. Gezürnt wird mit den Stumpfen,
die noch nicht merken, „daß sich der Nacht ein Weltall neu entrissen."
Wem aber die Augen geöffnet sind, der „muß im Mittelpunkt den Erdgeist
fassen," der sieht „des Menschengeistes kühnen Weltenbau," auch eine Wunder¬
pflanze genannt, in die aller bisher erworbenen Bildung Mark strömt, auch ein
Tempel, eine Kirche:
Wahl seid Ihr taub, sonst hörtet Ihr mein Rufen!
Der Tempel grünt in euch, in euch noch leben
Die Kräfte, so das Alterthum erschufen.
Dringt, Jüngling', ein! Ernennt durch tapfres Streben
Euch selbst zu Herrn und Fürsten jeder Kunst,
So wird die Kirche sichtbar sich erheben...
Entflammt die ganze Welt zu einer Brunst u, s. w,
Europas Geist erlosch, in Deutschland fließt
Der Quell der neuen Zeit u. f. w.,
also immer noch das Ziel von Opitz her, aber nun in höchster, ungeahnter
Vollendung, Erhöhung und Ausweitung, nahe vor den Händen schwebend oder
erreicht, und der deutsche Geist nun nicht mehr bloß Europa ebenbürtig, sondern
sein Lehrer und Führer zurück oder vorwärts zum goldnen Alter, denn dieser
Gedanke aus dem Anfang des neuen Aufschwunges wirkt auch noch darin.
Am Schluß:
Bleibt jung, gedenkt der Ahnen, das Fantom
Der trägen todten Meng' ist nur ein Splitter,
So dämmen will der Zeiten Riesenstrom.
Des Geistes heil'gen Krieg kämpft treu wie Ritter.
Also Krieg angesagt, ein heiliger Krieg, aber nur Geisteskrieg (Eichendorff schrieb
ein Spiel „Krieg den Philistern"), ohne sichtbare Ahnung der nahen Zeit, wo
wirklicher Krieg furchtbar blutig nötig wurde, auch ein heiliger Krieg, für den
Th. Körner das Stichwort der jungen Kunstwelt aussprach, wie mit seinem
Blute geschrieben: „Laßt mich der Kunst ein Vaterland erfechten!"
Noch mehr wie weltentrücktes Träumen, wie der Traum einer geistbe¬
rauschenden Sommernacht, klingt dasselbe, eben auch im Jahre 1800, bei No-
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